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Bolivien: Märsche und Einkapselungen gegen die Krise
Die Zahl der an Covid-19 Erkrankten steigt immer stärker, selbst das Staatsoberhaupt ist infiziert, das Gesundheitssystem droht zusammenzubrechen, Menschen sterben auf der Straße. Die Polizei sammelte in den letzten Tagen mehr als 200 Leichen ein, von denen vier Fünftel mit Corona infiziert waren. Es ist wie ein Déja-vu; doch ist hier nicht von Ecuador die Rede und auch nicht von Brasilien, sondern von Bolivien. Als hätte der Andenstaat nicht genug Probleme ist in den letzten Wochen ein rasanter Anstieg der Infektionen mit dem Corona-Virus zu verzeichnen. Dabei schien das Land zunächst alles richtig gemacht zu haben. Bereits wenige Tage nach der Bestätigung des ersten Erkrankten am 10. März wurden die Grenzen des Landes geschlossen, Beziehungen zwischen den Departements auf den wirtschaftlichen Austausch beschränkt. Am 22. März erließ die Interimsregierung per Dekret eine Quarantäne mit strenger Ausgangssperre; die zunächst für zwei Wochen geplante Maßnahme wurde mehrmals verlängert. Im Mai wagte man dann regional erste Lockerungen, im Landesmaßstab waren die Fallzahlen moderat, stärker betroffen waren lediglich die Tieflanddepartements, insbesondere Santa Cruz. Doch Anfang Mai nahm die Pandemie an Fahrt auf. Die Fallzahlen haben sich bis heute mehr als verzehnfacht, woran auch die Einschränkungen für die Feiern zum Neujahrsfest der Aymara nichts änderten. Mittlerweile greift man zu einer Maßnahme, die bisher wohl nur den Chinesen als Maßnahme gegen Corona zugetraut wurde – den Einkapselungen (encapsulamientos). Immer wieder werden ganze Ortschaften für mehrere Tage von der Außenwelt abgeriegelt, die Häuser dürfen nicht verlassen werden und lediglich Krankenwagen, Polizei und Militär dürfen sich in der Öffentlichkeit bewegen. Während des encapsulamiento ziehen Gesundheitsbrigaden von Haus zu Haus, um Kranke zu identifizieren. Zuletzt traf es Oruro, das ab letztem Freitag für vier Tage „eingekapselt“ war. Bolivien mit seinen gut elf Millionen Einwohnern zählt inzwischen mehr als 71.000 bestätigte Covid-19-Fälle und 2.647 Todesfälle. Allein gestern registrierte man 1.752 Neuerkrankungen. Der Schwerpunkt der Pandemie verlagert sich immer mehr vom Osten in den Westen des Landes, den stärksten Anstieg der Fälle gibt es in La Paz und Cochabamba. Die angespannte politische Lage nach dem Sturz von Evo Morales und der Einsetzung einer Interimsregierung macht die Bekämpfung der Pandemie nicht einfacher, da die politischen Lager sich gegenseitig blockieren. Die Interimsregierung versucht nach wie vor, den MAS auszugrenzen und zu kriminalisieren. Einem für gestern geplanten Treffen zwischen MAS und Minister Yerko Núñez blieben die beiden MAS-Vertreter fern, nachdem sie von Núñez‘ Präsidentschaftsministerium als Verschwörer bezeichnet worden waren. Die Gewerkschaftszentrale (COB) rief dieser Tage zu einer Mobilisierung gegen den für Oktober geplanten Wahltermin auf; die ersten Märsche gab es heute in El Alto. Der MAS verweigert indes die Zustimmung zu internationalen Krediten, weil die Regierung keine genauen Angaben über deren geplante Verwendung liefert. Nach dem Korruptionsskandal im Zusammenhang mit dem Kauf von spanischen Beatmungsgeräten scheint das verständlich, doch ohne Kredite wird das Land die Krise kaum meistern können, deren Höhepunkt übrigens erst Ende August/Anfang September erwartet wird. Derweil registriert man im Land einen Run auf Medikamente, sofern diese noch erschwinglich sind. Ein absoluter Bestseller ist übrigens Chlordioxid, das von Wunderheilern als wirksames Mittel gegen Covid-19 angeboten wird (Bild: https://www.minsalud.gob.bo).
Paraguay: Das andere COVID 19-Wunder
Drei COVID 19-Wunder – Nicaragua, Cuba und Uruguay – kennen wir schon in Lateinamerika. Paraguay ist mit 3.629 der Gesamtfälle (19.07.2020) das lateinamerikanische Land auf der Liste mit den viertwenigsten Infizierten. Bei den Corona-Toten pro eine Million Einwohner rangiert es an letzter Stelle im Lateinamerika-Ranking, ist hier also sogar am günstigsten aufgestellt: Es hat nur 12. Für die anderen von Corona wenig betroffenen Länder hatten wir gute Erklärungen parat: Cuba hat ein bemerkenswertes Gesundheits- und Sozialsystem, Uruguay verfügt darüber hinaus noch über geringe Armutszahlen und ein gut ausgebautes demokratisches Staatswesen, und für Nicaragua … kann einfach die Zählweise bezweifelt werden. Aber Paraguay, das hat doch nichts davon! Stimmt. Das Land gibt in der Region zudem am wenigsten für Soziales aus und hat ein besonders schlechtes Gesundheitssystem. Hier muss es also anders funktionieren! Aber wie? Zunächst weiß das Land vorteilhafte Bedingungen zu vermelden, die sonst nur schwerlich als positiv einzuschätzen sind: Es ist isoliert, eine „von Land umgebene Insel“ (Roa Bastos), was internationale Flüge und Tourismus betrifft. Mit China pflegt es keine diplomatischen Beziehungen, sondern nur mit Taiwan. Es zählt auch verhältnismäßig wenige Einwohner, von denen eine Minderheit in den Städten lebt. Und es hat eine schnelle, wirksame und konsistente Anti-Corona-Politik betrieben und diese auch erfolgreich kommuniziert: Es war am 7. März 2020 eines der ersten Länder, die eine Quarantäne deklariert haben. Am 20. März herrschte bereits ein vollständiger Lockdown – bis zum 3. Mai. Mundschutz, physische Distanz, obligatorisches Fiebermessen, Händewaschen und Schuhreinigen vor den Läden werden bis heute nicht in Frage gestellt. Für aus Corona-gefährdeten Gebieten, insbesondere aus Brasilien Einreisende gibt es „Gesundheitshotels“, in denen diese nach ihrer Einreise 14 Tage bleiben müssen. So weit, so gut. Und der Pferdefuß? Es sind Füße, nicht nur ein Fuß: Zur Absicherung wird in Paraguay auch eine ihre Rechte missbrauchende Polizei eingesetzt. Die Grenze ist in Schlüsselabschnitten militarisiert. Es werden verfassungsmäßige Rechte verletzt, mithin ohne das System der Checks and Balances einzuhalten. Der Gesundheitsnotstand beruht auf einem Gesundheitsgesetz, das in den diktatorischen 1980er Jahren unter dem berüchtigten Stroessner-Regime verabschiedet worden war. Überhaupt, so heißt es, sei eine aus Stroessner-Zeiten überkommene Angst vor Strafe ein Motiv zur strikten Befolgung der Gesundheitsmaßnahmen. Autoritarismus als beste Grundlage für Epidemie-Bekämpfung? Aber auch Uruguays Ergebnisse sind gut, und dieses Land hat eine bestens funktionierende Demokratie! Also im Zweifel doch lieber Uruguay! Oder wirkt auch hier eher erinnerter Autoritarismus als Demokratie, so wie in Paraguay? Schwer vorstellbar. Ach, und nicht zu vergessen, die Corona-Kurven in Paraguay steigen, sogar exponentiell, und bei der der Zahl der Corona-Tests pro eine Million Einwohner steht das Land recht schlecht da – es gehört nur zur zweiten Hälfte der Länder Lateinamerikas. Auch hier ist Uruguay das erfolgreichere Beispiel. Erst die Zukunft wird wohl diesen – natürlich imaginären – Wettbewerb entscheiden (Bild_cc_wiki).
Lateinamerika: Wichtige Ziele der Agenda 2030 sind unerreichbar
In den Jahren von 2000 bis 2014 sank die Zahl der Menschen, die in Lateinamerika und der Karibik an Hunger leiden, um fast die Hälfte auf. Als die UNO ihre 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung beschloss, die am 1.1.2016 in Kraft traten, war diese positive Entwicklung aber bereits zum Stillstand gekommen. Die Ziele 1 und 2 der sogenannten Agenda 2030 lauten Keine Armut und Null Hunger. Was seit mehreren Jahren klar ist, hat der UNO-Bericht zum „Stand der Ernährungssicherheit und Ernährung in der Welt 2020“ bestätigt: Die lateinamerikanischen und karibischen Länder werden diese beiden Nachhaltigkeitsziele nicht erreichen. Entgegen der hochgesteckten Vereinbarung werden Hunger und Armut in der Region noch zunehmen. Der kürzlich veröffentlichte Bericht der Vereinten Nationen prognostiziert einen Anstieg der Hunger leidenden Menschen in Lateinamerika und der Karibik bis zum Jahr 2030 auf 67 Millionen. Das sind drei Viertel mehr als im Jahr 2014, bevor die Agenda 2030 beschlossen wurde. Gleichzeitig, so warnt der Bericht, nimmt die Zahl der Fettleibigen deutlich zu. Das ist nur scheinbar ein Widerspruch. In der Region liegen die Kosten für eine ausreichende Ernährung pro Person mit 1,6 Dollar um etwa ein Drittel höher als im weltweiten Durchschnitt. Für die Gewährleistung einer nicht nur hinsichtlich der Kalorien ausreichenden, sondern auch gesunden Ernährung, die alle wichtigen Nährstoffe liefert, müssen allerdings 3,98 Dollar aufgebracht werden. Das ist das Dreifache dessen, was Menschen, die unter der Armutsgrenze leben, täglich für ihre Ernährung aufbringen können. Mehr als 100 Millionen Einwohner der Region können sich eine ausgewogenen Ernährung schlicht nicht leisten. Das Erschreckende an diesen Zahlen zur Ernährungssicherheit in Lateinamerika und der Karibik ist die Tatsache, dass die neuen Entwicklungen durch die Covid-19-Pandemie noch nicht berücksichtigt werden konnten. Verschiedenen Prognosen zufolge wird infolge der Coronakrise das regionale Bruttoinlandsprodukt um 7,2 Prozent sinken (Weltbank) und die Zahl der Armen nimmt um 29 Millionen zu (CEPAL) (Bild: http://www.fao.org/).
Die Monroe-Doktrin: Totgesagte leben länger*

Am 2. Dezember 1823 hielt US-Präsident James Monroe eine Rede zur Lage der Nation vor dem Kongress. Zwei Jahre zuvor hatte Mexiko seine Unabhängigkeit von Spanien verkündet und in Südamerika zeichnete sich die militärische Niederlage der iberischen Kolonialmacht ab. Monroe warnte die europäischen Staaten vor dem Versuch ...
Argentinien: Ehemaliger Präsident Carlos Menem wird 90 Jahre alt
Heute vollendet der ehemalige Präsident Carlos Saúl Menem sein neunzigstes Lebensjahr. Menem begann seine Laufbahn als Politiker 1973, als er zum Gouverneur seiner Heimatprovinz La Rioja gewählt wurde. Auch wenn Menem zunächst eher fortschrittliche Maßnahmen ergriff, unterstützte er nach dem Tod von Präsident Juan Domingo Perón 1974 den konservativen Flügel der Partido Justicialista (PJ) – was jedoch nicht ausreichte, um die Zustimmung der Putschisten 1976 zu bekommen. Nach der Rückkehr zur Demokratie 1983 wurde er erneut zum Gouverneur gewählt. Mithilfe einer antiimperialistischen Rhetorik und nicht zuletzt der Vereinnahmung der Figur des Ángel Vicente Chacho Peñaloza (1798-1863), der aus seiner Provinz stammte und eine der wichtigsten Figuren der Montonero-Bewegung im Kampf gegen den Zentralismus von Buenos Aires war, erhielt er bei den Präsidentschaftswahlen 1989 die Stimmen nicht nur der am stärksten benachteiligten Schichten und linksorientierten Sektoren, sondern auch der Oligarchie. Bereits in den ersten Monaten seiner Amtszeit begann seine Regierung mit der Einleitung neoliberaler Maßnahmen. Die schonungslose Umsetzung von Verordnungen auf Grundlage des Washington-Konsensus – sogenannte „fleischliche Beziehungen“ mit den USA – wurde damals vom Weltwährungsfonds als vorbildlich gelobt. Dazu zählt das „Gesetz zur Staatsreform“, welches die Privatisierung und Auflösung staatseigener Unternehmen regelte und die von der Junta begonnene Demontage des Industriestaates fortsetzte. Demzufolge wurden unter dem Motto „den Staat zu verschlanken, um die Heimat zu vergrößern“ strategische Unternehmen u.a. der Energie- und Kommunikationsbranche, Rüstungsbetriebe, Trinkwasser- und Stromversorgung sowie Verkehrsmittel im Einvernehmen mit den anderen Mehrheitsparteien verschleudert. Die Änderung der Verfassung ermöglichte es Menem, 1995 wieder zu kandidieren und bis 1999 an der Macht zu halten. Deshalb und u.a. aufgrund der Auswirkungen der Konvertibilität, der Verdreifachung der Auslandsschulden, der Abhängigkeit der Judikative von der Exekutive und unzählbarer Fälle von Korruption unter der gesamten politischen Führungsschicht zählt Menems marionettenhafte Amtszeit (1989-1999) zu den katastrophalsten der politischen Geschichte des Landes. Dennoch agierte er zwischen 2001 und 2003 als Vorsitzender der Mehrheitspartei PJ und ist seit 2005 Senator seiner Provinz. Derzeit gehört er zum regierenden Bündnis Frente de Todos. (Bild: Quetzal-Redaktion_solebiasatti).
La Noche Triste – Schlüsselmoment der Eroberung Mexikos durch die Spanier

Vor 500 Jahren – in der Nacht vom 30. Juni zum 1. Juli 1520 – flüchtete Hernán Cortés mit seinen Truppen aus der aztekischen Hauptstadt Tenochtitlán. 600 Spanier und mehrere Tausend Tlaxcalteken, die die Nachhut bildeten, wurden in der Noche Triste (dt.: traurige Nacht) von den Mexica, wie sich die Azteken selbst nannten, getötet. Nur 400 Spanier, alle verwundet, entkamen mit knapper ...
Deutschland/USA/Kolumbien: Carlos Lehder – not welcome!
Seit dem 16. Juni 2020 sind wir in Deutschland einer mehr. Carlos Lehder Rivas, neben Escobar, Gacha und den Ochoas einer der großen Drogenbosse des Medellín-Kartells, ist an diesem Tag in Frankfurt/Main gelandet, als freier Mann. Alles ging mit rechten Dingen, ja rechtsstaatlich zu: Durch seinen deutschen Vater ist Lehder deutscher Staatsbürger, und er hat seine Strafe im US-amerikanischen Strafvollzug abgesessen. Das ihm 1988, nach seiner Auslieferung in die USA, auferlegte Strafmaß betrug „lebenslang + 135 Jahre Haft“. Da er jedoch als Kronzeuge gegen Panamas Ex-Präsidenten und Drogenhändler Manuel Noriega ausgesagt hatte, wurde er in ein Zeugenschutzprogramm aufgenommen, und ihm wurde die Haftstrafe reduziert, auf 55 Jahre, so hieß es damals. Auf keinen Fall sollte er länger im Strafvollzug sitzen als Noriega. Das kam anders. Am Ende belief sich Lehders tatsächliches Strafmaß auf 30 Jahre. In der Bundesrepublik ist ein solch‘ hohes Strafmaß nicht möglich. Für Lehder mag noch das alte, weichere US-Strafrecht gegolten haben, nach dem es üblich war, nur einen Teil der Gefängnisstrafe absitzen zu müssen. Lehder wurde als Sohn einer kolumbianischen Schönheitskönigin und eines deutschen Ingenieurs geboren. Seine Drogenkarriere begann er als capo des Kartells von Pereira/Armenia. Seine größten Geschäfte – er soll die USA mit fast vier Tonnen (!) Kokain beliefert haben – wickelte er von der nicht weit von Florida entfernten Insel der Bahamas, Norman Cay, ab, die er extra für diese Zwecke gekauft hatte, und von der er Transportflugzeuge voll von Kokain in den Himmel und dann in die USA schickte. Rund 10.000 $ zahlte er monatlich an die Regierung der Bahamas Schweigegeld. Er prahlte damit, aus einem Kilo Coca-Blätter ein Kilo Gold gemacht zu haben. 1982 stand er auf der Liste der acht reichsten Personen der Welt. Später war er im Medellín-Kartell aktiv. Im Februar 1987 wurde er auf seinem Gut Guarne im Osten Antioquias verhaftet. Es heißt, Escobar selbst habe der Antidrogenbehörde den Tipp gegeben. Der war mit Lehder nie warm geworden, denn dessen Redseligkeit und Drogensucht störten ihn. Lehder, voll von Bazuco, soll sich seiner Lage erst im Flugzeug in die USA bewusst geworden sein. 1983 hatte er in seiner kolumbianischen Heimat Armenia das Movimiento Latino Nacional gegründet, das später den Namen Los Extraditables annahm, anti-yankeeistische Positionen verkündete und sogar einige Abgeordnete stellte. Fürderhin gab sich diese Bewegung, die in Quindío, Armenia und La Tebaida Sitze in der örtlichen Legislative erreichte, den Namen Movimiento Latino Socialista und publizierte die Zeitschrift Quindío Libre. Zumindest einen Wachmann hat Lehder eigenhändig erschossen. Doch auch für die politischen Morde des Medellín-Kartells in Kolumbien trägt er (Mit)Verantwortung: Darunter waren, als prominenteste Opfer, der Innenminister Rodrigo Lara Bonilla und der Präsidentschaftskandidat der Liberalen Partei Luis Carlos Galán. Lehders Drogenhandel mit den daraus resultierenden Opfern kommt auf seiner Verbrechensliste hinzu. Er ist ein Bewunderer von Che Guevara, John Lennon und Hitler und errichtete auf seinem Anwesen in Antioquia eine nackte Bronzestatue Lennons, der er einen Nazihelm aufsetzte. Deutschland hat Lehder nun aufgenommen. Er soll schwerkrank sein. Keine seiner Straftaten hat er je gestanden. Bis zum Juni 2020 hatte er Deutschland nie betreten, auch Verwandte hat er hier nicht. Die Söhne von Lara und Galán hätten es weitaus lieber gesehen, wenn er aus den USA nach Kolumbien ausgeliefert worden wäre, um sich dort für alle Straftaten zu verantworten. Lehders Straftaten seien schließlich Verbrechen gegen die Menschlichkeit und gehörten vor die entsprechenden Gerichte. Zumindest vor eine Wahrheitskommission solle er gestellt werden. Deutschland und Kolumbien haben aber kein Auslieferungsabkommen. Schließlich können humanitäre Gründe zur Geltung gebracht werden. Es ist wie es ist. Glücklich muss man darüber nicht sein. Not welcome, Carlos Lehder! (Bildquelle: CC_wiki).
Lateinamerika: Indigene Völker und COVID-19
Die „Bewegung der indigenen Völker, Gemeinschaften und Organisationen“ in Mexiko teilte mit, dass die Letalität von mit dem Corona-Virus infizierten indigenen Personen um etwa 70 Prozent höher liegt als im Landesdurchschnitt. Das verwundert insofern nicht, als die originäre Bevölkerung zu den ärmsten des Landes gehört. Der Gesundheitszustand Indigener ist schlechter, sie leiden häufiger an chronischen Krankheiten und verfügen über einen deutlich geringeren Zugang zu einer guten Gesundheitsversorgung; ganz gleich, ob sie in traditionellen Gemeinschaften oder in Städten leben. Dieses Schicksal teilen sie mit allen originären Völkern Lateinamerikas. Trotz der besonders gefährdeten Situation der Indigenen haben es die Regierungen des Kontinents bisher weitgehend versäumt, Maßnahmen gegen COVID-19 zu ergreifen, die spezifisch für diese Völker sind. In einigen Ländern scheint es der Fall zu sein, Brasilien ist nur ein Beispiel, dass die Coronakrise genutzt wird, die Schutzmaßnahmen für indigene Völker zu vernachlässigen und Landraub und Vertreibung ungehemmter durchzusetzen. Nach wie vor dringen Landbesetzer oder Holzfäller weitgehend ungehindert in Siedlungsgebiete de Indigenen ein – und schleppen nicht selten das Virus ein, auch die Morde an indigenen Aktivisten gehen weiter. Aufgrund des Landraubs und der Nutzung des Wassers für den Bergbau fehlt es oft an Wasser, und dort, wo noch ein Zugang besteht, ist dieses oft kontaminiert. Schon aus diesem Grunde ist die Einhaltung von Hygienemaßnahmen oft nicht möglich. In vielen Regionen des Kontinents haben die indigenen Gemeinschaften daher eigene Maßnahmen ergriffen, um sich zu schützen. Diese reichen von Einreisebeschränkungen über die verstärkte Nutzung traditioneller Heilpflanzen bis hin zu Informationskampagnen über das Virus in ihren eigenen Sprachen. Darüber hinaus aktivieren sie Solidaritätsnetzwerke zwischen verschiedenen Völkern, die sich bereits bei früheren Epidemien bewährt hatten. Diese Maßnahmen werden nicht selten von den Behörden behindert; so etwa in Chile, wo Vertreter der Mapuche verhaftet wurden, als sie versuchten, zum Schutz ihrer Gemeinschaften die Einreise Fremder in Mapuche-Territorium zu verhindern. Die jetzt von vielen Regierungen aufgelegten Programme zur Unterstützung der angeschlagenen Wirtschaft lassen eine weitere Verschlechterung der Situation der indigenen Völker befürchten. Verfolgen diese Maßnahmen doch in expliziter Form eine Politik des Extraktivismus, die in besonderer Weise die Territorien der indigenen Gemeinschaften und damit deren Überleben bedroht (Bildquelle: Anderson-Riedel_PR).
Notfall Mexico City – Ich mag es, Unfälle zu sehen

Der Nationale Gesundheitsrat Mexikos (Consejo Nacional de Salud) führte 2015 erstmals eine landesweite Prüfung des Rettungssystems durch, in deren Rahmen alle Rettungswagen kontrolliert wurden. Ein Vertreter des Gesundheitsrates stellte gegenüber der Zeitung El Universal fest, es gebe sehr viele Ambulanzen, die der Norm 034 nicht ...
Lateinamerika: Der kolumbianische George Floyd heißt Anderson Arboleda
Am 19. Mai wurde der 21-jährige Anderson Arboleda bei einer Polizeikontrolle so stark am Kopf verletzt, dass er drei Tage später an seinen Verletzungen starb. Arboleda soll gegen die Quarantänebestimmungen verstoßen haben, er trug keine Maske. Bekannt wurde dieser Tod infolge Polizeigewalt erst neun Tage später, genaugenommen als eine unmittelbare Folge der weltweiten Proteste nach dem Tod Afroamerikaners George Floyd. Anderson Arboleda war Kolumbianer, und er war schwarz. Ebenfalls am 19. Mai wurde in Rio de Janeiro der 14-jährige João Pedro Pinto während einer Polizeiaktion gegen Drogenhändler erschossen; die Polizisten hatten das Haus beschossen, in dem sich der unbeteiligte Junge befand. Auch er war schwarz. Aktivisten weisen darauf hin, dass es zahlreiche weitere Fälle gibt. Ebenso wie in Kolumbien ist auch in auch in anderen Ländern Lateinamerikas die Ermordung des Afroamerikaners Floyd durch einen weißen Polizisten Anlass den alltäglichen Rassismus im eigenen Land wieder sichtbar zu machen. In Lateinamerika, so zeigen Studien, besteht ein enger Zusammenhang zwischen Hautfarbe und sozialer Lage: Je dunkler ihre Hautfarbe, desto eher ist die Person arm und hat eine niedrige Schulbildung. Afrokolumbianer haben ein um zehn Prozent höheres Risiko, von Polizisten kontrolliert zu werden als ihre weißen Landsleute. Eine Besonderheit des Rassismus in Lateinamerika, so Aurora Vergara, Direktorin des Zentrums für afrodiasporische Studien der Icesi-Universität in Cali, sei seine Verleugnung. Man tue so, als gäbe es ihn nicht. Dabei hat der Rassismus auf dem Kontinent zumeist eine komplexere Struktur als in den USA, die Diskriminierung zielt nicht allein auf die Hautfarbe, sondern auch auf die ethnische Herkunft oder soziale Klasse. Aktivisten der Antirassimusbewegung hoffen jetzt, dass die von der Mobilisierung in den Vereinigten Staaten inspirierte Auseinandersetzung mit Polizeigewalt auch dazu führt, die alltägliche Rassen- und Klassendiskriminierung ins öffentliche Bewusstsein zu bringen (Bildquelle: claudia-cardoso_CC).