Am 21. Dezember 2012 geht die Welt unter. So haben es die alten Maya prophezeit, wie mittlerweile jedes Schulkind weiß. Oder fällt diese Katastrophe laut Mayainschrift doch erst auf den 23. Dezember? Für eine todsichere Vorhersage ist diese Ungenauigkeit im Datum doch etwas verwirrend. Wie verhält man sich denn, wenn man am 21.12. bestens auf den Untergang vorbereitet ist – Zeitungsabonnements abbestellt, Versicherungen und Steuern bezahlt, Testament geschrieben – und nichts passiert? Diese Unsicherheit ist für Quetzal Grund genug, sich ebenfalls dem Thema Maya und Maya-Prophezeiung zu widmen. Allerdings gedenken wir gleich eine Serie daraus zu machen, idealerweise eine, die auch im Jahr 2013 weitergehen kann. Uns geht es nämlich wie den Maya: Wir wissen, dass es eine Prophezeiung über eine für Dezember 2012 anberaumte globale Katastrophe nicht gibt. Und wir wissen auch, dass die alten Maya viel klüger waren als jene, die ihnen jetzt diese Weltuntergangsprognose andichten wollen. Allein ihr Wissen auf den Gebieten der Mathematik und Astronomie lässt uns noch heute staunen. Deshalb wollen wir uns in den nächsten Monaten auch weniger mit apokalyptischen Prophezeiungen beschäftigen, sondern mit den Leistungen dieser altamerikanischen Hochkultur. Zum Auftakt unserer Serie soll zunächst die Einordnung der klassischen Mayakultur als Hochkultur anhand einiger relevanter Merkmale belegt werden. Es folgen dann etwa im Monatsrhythmus Beiträge zu verschiedenen Themen wie unter anderem zur Mayahandschrift codex dresdensis, zum Buch der Maya-Mythologie Poopol Wuuj und selbstverständlich zum Kalendersystem der Maya und zum allgegenwärtigen Mythos 2012.
Wer hat sie noch nicht gesehen, die Bilder von gigantischen Pyramiden mitten im Dschungel von Mexiko, Guatemala, Belize, Honduras und El Salvador? Sie entstanden in einem Zeitraum zwischen dem Anfang unserer christlichen Zeitrechnung und der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts. Auf der Grundlage der hier zu erörternden Merkmale benennt man die Zeitspanne von etwa 300 bis 900 als klassische Mayazeit. In jener Phase hat dieses antike Volk Besonderes geleistet, wovon die Pyramiden lediglich den offensichtlichsten Part darstellen. Am Ende des 9. Jahrhunderts kam es jedoch zum Zusammenbruch der großen Zentren im damaligen Hauptsiedlungsgebiet der Maya von Westhonduras über Belize, Petén bis Chiapas.
Insgesamt bauten die Maya tausende Pyramiden, wobei die höchsten in Tikal und El Mirador bis zu 70 Meter hoch sind. In einigen Gebäuden gibt es Labyrinthe, Geheimgänge oder Gräber. Das wohl bekannteste Grab ist jenes des großen Pakal von Palenque im dortigen Tempel der Inschriften. Hervorhebenswert ist die Tatsache, dass man bisher keine Indizien für die Verwendung von Metallwerkzeugen oder auch von Rädern gefunden hat, wodurch die Errichtung der monumentalen Bauwerke in einem ganz anderen Licht erscheint.
Dass die Maya exzellente Steinmetze waren, ist durchgängig im gesamten Mayaland nachvollziehbar. In Copán (Honduras) trieben sie diesbezügliche Fertigkeiten zu einer einzigartigen Perfektion. Auf Stelen und Steinblöcken verewigten sie insbesondere gegen Ende ihrer klassischen Zeit tief dreidimensionale Inschriften und Skulpturen. In den ersten Jahrhunderten überwogen große Stuckmasken, wie wir sie nicht nur in Copán, sondern auch in Tikal, Calakmul, El Mirador usw. anhand freigelegter alter Bauwerke bewundern können. Hingegen bietet die Stadt der Grünen Steine, Yaxchilán, unverwechselbare Türsturzgravuren, die bedauerlicherweise zum Teil in ferne Museen in New York oder London verfrachtet wurden.
Bonampak gilt mit seinen 144 m² relativ gut erhaltenen, farbig dargestellten Szenarien mit pompösen Zeremonien und Siegesfeiern als die Stadt der Wandmalerei. Inwieweit das bisher noch nicht umfassend erforschte San Bartolo diesen Ruf streitig machen kann, ist noch ungewiss. Auf jeden Fall sind die dortigen Wandmalereien viel älter als jene in Bonampak.
Derartige großflächige Gemälde existierten sicher vielfach. Ihre Kunstfertigkeit stellten die Maya auch tausendfach auf bemalten Keramikgefäßen sowie in Muschel-, Knochen- und Jadebearbeitungen unter Beweis. Zum kulturellen Reichtum gehörten auch Musik, Tanz, und wahrscheinlich auch Dichtung.
Auch in der Buchmalerei waren die Maya Spitze. Das sind übrigens Miniaturmalereien, die oft perfekte Proportionen zeigen. Am bekanntesten sind diverse Seiten aus dem Dresdner Codex. Leider sind viele derartige Codices von den Spaniern während der Konquista vernichtet worden – in einer Gründlichkeit, dass es heute nur noch den Dresdner, den Pariser, den Madrider sowie den allerdings hinsichtlich seiner Echtheit umstrittenen Grolier-Codex in Mexiko-City gibt.
Sowohl die Codices als auch zahlreiche Inschriften auf Stelen, Tempelwänden, Treppen, Keramiken usw. zeugen von einem sehr komplexen Schriftsystem, mit dessen Hilfe die Schreiber beliebige Informationen eindeutig festhalten konnten. Neben entsprechenden Ansätzen bei den Olmeken haben die Maya als einzige prähispanische Kultur eine derart hoch entwickelte phonetische Schrift hervorgebracht, welche Silben- sowie Wortzeichen umfasst, wobei insgesamt etwa 1000 Symbole in Gebrauch waren.
Die Maya haben eine der faszinierendsten und umfassendsten Mythologien hervorgebracht, perfekt abgestimmt auf ihre lokalen Besonderheiten, nahtlos übergehend in ihre Geschichte und im Einklang befindlich mit einem im Kontext ihrer Gegebenheiten plausiblen holistischen Weltbild. Wir profitieren von dem glücklichen Umstand, dass der größte Teil dieses komplexen Wissens kurz nach der Konquista schriftlich, in Mayasprache, festgehalten wurde. Dieses Werk ist bekannt als das Poopol Wuuj, das Buch des Rates. Von Jens Rohark wurde es in mehrjähriger Arbeit aus der Originalsprache ins Deutsche übersetzt, illustriert und kommentiert, sodass die mitunter abstrakten und zum großen Teil in einer sehr bildhaften Symbolsprache verfassten Inhalte heute jedem zugänglich sind.
Einzigartig und unter anderen antiken Hochkulturen unerreicht ist das Kalendersystem der Maya mit seinen Bestandteilen Tzolkin, Haab und Lange Zählung. Wie im diesbezüglichen Standardwerk „Faszination 2012 – Das Buch zum Mayakalender“ ausführlich dargelegt, ist der Mayakalender sehr eng verflochten mit einer obsessiv betriebenen Astronomie sowie einer zur Erfassung der astronomischen Gegebenheiten ausgeklügelten Mathematik. Gleichungen, die die synodischen Umlaufzeiten der Planeten in Beziehung setzen oder Tafeln, die Voraussagen für Jahrhunderte zulassen, sogar mit Korrekturgliedern, die das Defizit nicht vorhandener Dezimalzahlen kompensieren, versetzen uns in Erstaunen. Noch heute beißen sich die Experten die Zähne an manchen Rechentafeln der Maya aus. Unumstritten ist, dass die Maya Mondphasen, Planetenkonjunktionen und Finsternisse mit großer Genauigkeit prognostizieren konnten. Gebäude, welche astronomisch motiviert angeordnet oder ausgerichtet wurden und dadurch Resultat und Voraussetzung präziser astronomischer Beobachtung waren, gab es zuhauf.
Der Umfang dieses ersten Beitrages lässt es leider nicht zu, weitere oder gar tiefer gehende Betrachtungen anzustellen. Der Schluss, dass die übrigens auch mehrschichtig strukturierte Mayagesellschaft den Hochkulturen zuzuordnen ist, darf dennoch als offensichtlich gelten. Obgleich die aufgezählten kulturellen Höchstleistungen in allen Stadtstaaten vorzufinden sind, bestand zu keiner Zeit ein geeintes Mayareich, wohl aber Bündnisse insbesondere um die Machtzentren Tikal und Calakmul herum. Durch familiäre Verflechtungen, Allianzen, Handelsbeziehungen oder auch Kriegszüge vollzog sich ein beständiger Kulturaustausch. Am Anfang der Klassik gab es durch Eroberung bedingte Einflüsse aus der Teotihuacan-Kultur. Allgemein bekannt sind auch die Spuren der in Chichén Itzá eingewanderten Toltekenkultur.
http://www.faszination2012.de
http://www.faszination-maya.de
Wer nun Interesse hat, sein Wissen über die historische Mayakultur zu vertiefen, hat diese Möglichkeit bei den Vorträgen von Mario Krygier. Diese finden im Planetarium in Halle/ Saale auf der Peißnitzinsel statt.
Hier nun die Vortragstermine mit den zugehörigen Themen:
12.02.2012 14.30 Uhr Ein Ballspiel um Leben und Tod, 16 Uhr Die Geheimnisse des Dresdner Codex
11.03.2012 14.30 Uhr Der Sonnentempel von Palenque, 16 Uhr Poopol Wuuj- Das geheime Buch der Maya
15.04.2012 14.30 Uhr Die außergewöhnliche Mathematik der Maya, 16 Uhr Hieroglyphen und ausgewählte Datumsinschriften
13.05.2012 14.30 Uhr Legenden der Maya und Azteken zum Weltuntergang, 16 Uhr Der geniale Mayakalender
10.06.2012 14.30 Uhr Das 2012- Zeugnis, 16 Uhr Weltuntergangsszenarien auf dem Prüfstand