In den letzten Jahren hat sich die Archäologie der Diktatur zu einem neuen Forschungsgebiet in Uruguay entwickelt und dem sozialen Engagement der öffentlichen Universität neues Leben eingehaucht. Die archäologische Untersuchung von materiellen Hinterlassenschaften, die mit Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Verbindung stehen, die während der letzten zivil-militärischen Diktatur (1973-1985) durch den Staatsterrorismus begangen wurden, hat ein vielfältiges Potenzial: Einerseits, um das Recht auf Wahrheit (Hinterlassenschaften als Forschungsquelle) und symbolische Wiedergutmachung (Hinterlassenschaften als Räume des kollektiven Gedächtnisses) zu fördern. Andererseits im Hinblick auf Gerechtigkeit im Rahmen von Prozessen wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit (materielle Hinterlassenschaften als gerichtliche Beweismittel). Die folgenden Abschnitte geben einen Überblick über die Aktivitäten im Zusammenhang mit der anthropologischen Suche nach Massengräbern und der Exhumierung menschlicher Überreste sowie der archäologischen Erfassung von Orten, die als geheime Haftanstalten während der Diktatur dienten. Dies unterstreicht den bedeutenden Beitrag von Forschungsteams der öffentlichen Universität bei der Suche nach Wahrheit, Wiedergutmachung und der Suche nach Gerechtigkeit.
Nationale Sicherheitsdoktrin im internationalen Kontext
Zwischen den 1960er und 1990er Jahren wurden in verschiedenen südamerikanischen Ländern (u. a. Paraguay, Brasilien, Argentinien, Bolivien, Chile, Uruguay) in einem internationalen Kontext, der durch den Kalten Krieg und die kubanische Revolution geprägt war, repressive Militärdiktaturen eingesetzt, um das neoliberale Wirtschaftssystem durchzusetzen und den „Vormarsch des Kommunismus“ einzudämmen. Infolgedessen wurde ein Großteil des Subkontinents als Hinterhof der Vereinigten Staaten konsolidiert. Wie sich im Laufe der Zeit herausstellte, hat die US-Regierung diese Diktaturen gefördert. Im Falle Uruguays war die Furcht der Oligarchien vor der Ausbreitung des Kommunismus durchaus begründet. Seit den 1960er Jahren gab es tiefgreifende Verbindungen zwischen den kommunistischen Parteien verschiedener Länder Lateinamerikas und anderer Organisationen zur Verteidigung der Patria Grande. Ein Beispiel dafür ist die Konsolidierung der Junta de Coordinación Revolucionaria im Jahr 1974, die Guerillaorganisationen aus Argentinien (Ejército Revolucionario del Pueblo – PRT), Bolivien (Ejército de Liberación Nacional – ELN), Chile (Movimiento de Izquierda Revolucionaria – MIR) und Uruguay (Movimiento de Liberación Nacional-Tupamaros – MLN-T) zusammenführte (Marchesi 2017).
Vor diesem Hintergrund setzte die US-Außenpolitik die National Security Doctrine durch. Zusammengefasst handelte es sich dabei um eine Politik, die Begriffe wie Staat, Entwicklung, Aufstandsbekämpfung und nationaler Sicherheit umfasste. Ihre Umsetzung basierte auf einer tief verwurzelten antikommunistischen Grundhaltung der lokalen Eliten, der Vorstellung eines vermeintlichen Feindes im Inneren und der angeblichen Notwendigkeit, bedrohte westliche beziehungsweise christliche Werte verteidigen zu müssen. Die Nationale Sicherheitsdoktrin inspirierte die Operationen der Streitkräfte, die an der Spitze der lateinamerikanischen Diktaturen standen, und unterstützte die neuen hegemonialen Prozesse, die im Gange waren – beispielsweise das sogenannte „Neue Uruguay“ und der „Nationale Reorganisationsprozess“ im Nachbarland Argentinien.
Wie jegliche hegemoniale Ordnung hatte sie auch eine Kehrseite, die auf einer gewaltsamen und systematischen Unterdrückung beruhte, wie es sie noch nie zuvor in der Region gegeben hatte. Sie baute jedoch an früheren Erfahrungen mit Orten der Massengefangenschaft und völkermörderischen Praktiken auf, die im heutigen Gebiet Uruguays seit dem 17. Jahrhundert gegen verschiedene Bevölkerungsgruppen verhängt wurden. Bevölkerungsgruppen wie die Ureinwohner und die aus Afrika verschleppten Sklaven wurden damals als negative Begleiterscheinungen der kolonialen Ordnung empfunden. In diesem Kontext entstanden weltweit „Disziplinargesellschaften“ (Deleuze 2006) und die Entwicklung biopolitischer beziehungsweise nekropolitischer Interventionen (Mbembe 2011). Ein qualitativer Wandel in der Entwicklung der Konzentrationsmechanismen und der Nekropolitik vollzog sich ab dem 19. Jahrhundert. Dies geschah im Zusammenhang mit der „zweiten Sklaverei“ oder, wie im Falle Uruguays und Argentiniens, mit den genozidalen Praktiken an der indigenen Bevölkerung, die sogar bis Mitte des 20. Jahrhunderts andauerten.
Das gewaltsame Verschwindenlassen von Menschen ist eine weitere Maßnahme, die sich bereits in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts beobachten lässt. Diese richtete sich hauptsächlich gegen Mitglieder der anarchistischen Arbeiterbewegung und wurde vor allem von der Polizei und paramilitärischen Kräften durchgeführt. Diese repressiven Praktiken wurden insbesondere durch die französische Armee entwickelt. Sie führte zunächst in Indochina und danach in Algerien, wo antikoloniale Kriege im Gange waren, neue Konzeptionen ein, die sich später auch in Südamerika während der Diktaturen in den 1970er und 1980er Jahren beobachten lassen. Dazu zählen die Aufteilung der Gebiete in Militärzonen zur besseren Kontrolle der Bevölkerung, die Entwicklung von Geheimdienst- und Verhörmethoden sowie die Folter und das Verschwindenlassen gefangener Aufständischer. Diese Methoden wurden systematisch durch das konterrevolutionäre US-Ausbildungsprogramm der School of the Americas (SOA) in Panama verbreitet. Offiziere der Streitkräfte und Polizeikräfte vieler Länder kamen in die SOA, um sich in der Aufstandsbekämpfung und der „wissenschaftlichen Folter“ ausbilden zu lassen. Letztere, der nach dem Zweiten Weltkrieg von Psychiatern und Psychologen entwickelt worden war, wurde im Kubark-Handbuch der CIA zusammengefasst. Diese Methode basiert auf der sensorischen Veränderung der entführten Personen, ihrer Entmenschlichung und der Zerstörung ihrer Identität.
Auch wenn sich die Koordinierung zwischen den lateinamerikanischen Diktaturen bezüglich der Unterdrückung des „inneren Feindes“ ab Ende der 1960er Jahre entwickelte, wurde sie erst Ende 1975 in Santiago de Chile institutionalisiert. Ein in der chilenischen Hauptstadt stattgefundenes Treffen, an dem Vertreter der Geheimdienste Argentiniens, Boliviens, Chiles, Paraguays und Uruguays teilnahmen, gilt als Geburtsstätte des Plan Cóndor. Das Netz von Praktiken und Institutionen zur Ausschaltung politischer Gegner:innen (sowohl bewaffneter als auch unbewaffneter Organisationen) führte dazu, dass Geheimdienstagenten eines Landes auch im Ausland agierten und Entführungen, Folterungen und Ermordungen durchführen dürften – sogar von Menschen, die in Europa und den USA im Exil lebten. Darüber hinaus wurden zahlreiche entführte Personen mit Geheimflügen zwischen den Ländern der Condor-Zone ausgetauscht (Lessa 2022; McSherry 2009).
Die Parallelen und Konvergenzen in den repressiven Praktiken all dieser Diktaturen stellen keinen Zufall dar. Im Gegenteil, die Repressionskräfte erhielten ihre Anweisungen und Inspirationen von denselben Meistern. Dies zeigt sich beispielsweise in der bereits erwähnten Aufteilung des Territoriums in militärische Zonen und in der Auffassung, dass die Bürger:innen potenziell innere Feinde waren, die den Virus des Marxismus verbreiten könnten – seien es sich Studierende, Gewerkschafter:innen oder Guerillakämpfer:innen. Die repressiven Vorgehensweisen wurden in der Regel von gemeinsamen Kräften (Streitkräfte und Polizei) in einem Netz von geheimen Haftanstalten, den Centros Clandestinos de Detención (CCD), durchgeführt. Dort wurden Meschen entführt, durch ständiges Abdecken mit Kapuzen sensorisch abgeschottet und in winzige Zellen gesperrt, durch die Verwendung von Nummern und Farbcodes anstelle ihrer Namen entmenschlicht und systematisch gefoltert sowie sexuell missbraucht.
Allerdings gibt es für jedes Land Besonderheiten. Im Falle Argentiniens beispielsweise dienten viele der CCD als Tötungsorte, wobei die Leichen anschließend in Massengräber auf Friedhöfen beziehungsweise an geheimen Orten beseitigt oder aus Flugzeugen in den Río de la Plata geworfen wurden. Im uruguayischen Fall wurden jedoch die meisten der verschwundenen Häftlinge nach ihrer Zeit im CCD entweder freigelassen oder als politische Gefangene eingestuft und in politische Gefängnisse der Streitkräfte verlegt, wo sie der Militärjustiz unterworfen wurden (Marín 2014).
In Uruguay ging die mit der Liberalisierung der Wirtschaft verbundene Krise Hand in Hand mit repressiven Praktiken, die vor dem Putsch 1973 eingeführt und organisiert wurden. Bereits in den 1960er Jahren wurde zunehmend über die Notwendigkeit gesprochen, einen internen Krieg gegen den pro-kubanischen Marxismus zu führen, der die traditionelle (patriotische und katholische) Grundlage Uruguays zerstören wolle. Während der Regierung von Jorge Pacheco Areco (1967–1972) wurde zur Unterdrückung von Arbeiter:innen, Studierenden und Andersdenkenden das Instrument der Medidas Prontas de Seguridad verwendet – ein Rechtsmittel, das die Aufhebung verfassungsmäßiger Garantien beinhaltete. Die zivilen Behörden delegierten die Repression zunehmend an die Streitkräfte, so dass in der Praxis ein „dreckiger Krieg“ inmitten der Demokratie institutionalisiert wurde.
1971 wurde die Koordinierungsstelle für antisubversive Operationen (span.: Organismo Coordinador de Operaciones Antisubversivas – OCOA) mit Geheimdienstagenten aus den Streitkräften und der Polizei gegründet. Dadurch wurden Streiks von Arbeiter:innen und Studierenden brutal unterdrückt, drastische Wirtschaftsanpassungen durchgeführt und die Guerilla bekämpft – wobei Grundrechte wie das Recht auf freie Meinungsäußerung, das Versammlungsrecht und das Recht auf freie Meinungsäußerung eingeschränkt wurden. Darüber hinaus wurden Banken und Fleischverarbeitungsbetriebe militarisiert und Offiziere der Armee mit ihrer Leitung betraut. Tausende von Beschäftigten wurden nach Militärrecht verurteilt und wegen Streiks in Gefängnissen eingesperrt. Im selben Jahr leitete das Militär Operationen gegen die Guerilla und mehrere linke Parteien und Gruppen wurden verboten. Gleichzeitig nahmen Morde, Entführungen und Folterungen von Studenten und Gewerkschaftsaktivisten zu. Im darauffolgenden Jahr erklärte der Präsident Juan María Bordaberry (1972–1976) im Rahmen des Kampfes gegen die Guerilla des MLN-T den internen Kriegszustand, führte die Militärjustiz für Zivilisten ein und setzte zahlreiche Verfassungsgarantien außer Kraft – aus dem demokratisch gewählten Präsidenten wurde ein Diktator. Die individuellen Freiheiten waren somit bereits vor dem Staatsstreich im Juni 1973 stark eingeschränkt und Unterdrückungsmethoden wie die Folter von Gefangenen waren im südamerikanischen Land weit verbreitet. Der unbefristete Generalstreik der Arbeiterbewegung, mit dem gegen den Putsch Widerstand geleistet wurde, dauerte am Längsten in den Arbeitervierteln der Hauptstadt Montevideo. Erst 1985 konnte die Demokratie wiederhergestellt werden (Caetano/ Rilla 1998; Vescovi 2003).
Die langen Jahre der Diktatur und derer Folgen
Ab 1974, in der Anfangsphase der Diktatur und als die Guerilla der Tupamaros bereits vollständig zerschlagen war, übernahm die Koordinierungsstelle OCOA eine zentrale Rolle bei der Repression, wobei das Land in vier Militärzonen aufgeteilt wurde. Die OCOA führte den Kampf gegen die so genannten Subversiven – eine Bezeichnung, die sich auf kommunistische Aktivist:innen bezog. Diese, wie der Gründer der OCOA, General Esteban Cristi, selbst einräumte, waren damals die einzigen, die über eine ausreichende Organisation und territoriale Präsenz verfügten, um „die Mission der Streitkräfte zu stören“ (Rico 2008). Ab 1975 begann die OCOA im Rahmen des bereits erwähnten Plan Cóndor eine Reihe von geheimen Operationen gegen die kommunistische Bewegung zu entwickeln, wie beispielsweise den Plan Morgan. Mit dem Aufstieg der OCOA änderte sich das repressive Muster der Diktatur, insbesondere in der OCOA 1, die mit der Militärzone 1 verbunden war und aus den Bezirken Montevideo und Canelones bestand, wo sich der Großteil der Kämpfe der Arbeiter:innen und Studierenden Uruguays konzentrierte (Blixen/ Patiño 2018).
In diesem Zusammenhang und in Anbetracht der Rolle, die die CCD als grundlegendes Instrument zur Klassifizierung und Durchsetzung des autoritären und totalitären Regimes spielten, könnte einerseits eine „Konzentrationsphase“ zwischen 1968 und 1975, die die Grenzen zwischen Demokratie und Diktatur überschreitet, und andererseits eine „geheime Konzentrationsphase“, die den Zeitraum zwischen 1975 und 1985 umfasst, unterschieden werden (Marín/ Tomasini 2019; Marín et al. 2020). 1975 begann der Einsatz von geheimen Haftanstalten-CCD, im Volksmund „Höllen“ genannt, in denen die Häftlinge unter brutaler Folter verhört wurden und meist mehrere Monate lang als „Verschwundene“ eingesperrt waren. Nach dem illegalen Aufenthalt in den CCD wurden die Inhaftierte in der Regel vor ein Militärgericht gebracht und anschließend in politische Gefängnisse überführt. In dieser Instanz wurde ihr Status legalisiert, d. h. sie wurden von Entführt-Desaparecidos zu politischen Gefangenen.
Was diese Art „Wege der Gefangenschaft“ betrifft, so wurde meist die letzte Etappe, die der politischen Gefangenschaft, Gegenstand der Forschung. Auf dieser Grundlage lässt sich die Zahl der politischen Gefangenen auf etwa 5000 (Männer und Frauen) schätzen. Die ersten Etappen dieser Wege, die den Entführungen im CCD entsprechen, wurden jedoch kaum untersucht. Die Zahlen der Desaparecidos schwanken zwischen 25.000 und 50.000. Mit diesen Zahlen ist Uruguay das Land der Condor-Zone mit der höchsten Zahl an politischen Gefangenen im Verhältnis zur Bevölkerungszahl (SERPAJ 1989). All dies zeigt auch, wie wichtig die Formalisierung des Plan Cóndor für die Aufrechterhaltung einer repressiven Zusammenarbeit war, die mindestens seit 1973 im Gange war, und welchen Stellenwert sie für die Homogenisierung der repressiven Technologien, die allmählich eingesetzt wurden, hatte. Auf diesem Grund soll die Entwicklung der CCD ab 1975 im Rahmen von Operationen, die in erster Linie darauf abzielten, die kommunistische Militanz und die kommunistischen Apparate zu vernichten, im Vordergrund stehen (Rico 2008).
Die CCD als Orte der Repression
Ausgehend von einem vielfältigen und bisher wenig erforschten Netz von CCD innerhalb der Militärzone 1 kam es zwischen 1975 und 1977 zu einer Spezialisierung der Haftanstalten – beispielsweise mit der Verlegung der CCD an den nordwestlichen Stadtrand Montevideos. Die genutzten Gebäude wurden an den Massencharakter der Entführungen angepasst, für die eine organisierte und bürokratisierte Repressionstechnik unerlässlich war. Dies ist der Fall der CCD 300 Carlos, Infierno Grande, La Fábrica, die sich in einem Schuppen des Material- und Waffendienstes (Servicio de Material y Armamento – SMA) befindet, einer Kaserne, die von anderen Kasernen umgeben ist (Infanteriebataillon 13 und Ingenieurskaserne Nr. 5). Aus der Angliederung der militärischen Areale ergab sich ein großes Areal, in deren Zentrum sich das erwähnte CCD befand. Dorthin wurden im Zeitraum von 1975 bis 1977 zahlreiche kommunistische Aktivist:innen eingeliefert. Dieser Ort war wiederum mit anderen Gebäuden verbunden, die ebenfalls als geheime Haftanstalten genutzt worden waren und als Übergang zwischen den CCD und den politischen Gefängnissen dienten (Marín et al. 2020). Im angrenzenden Infanteriebataillon wurden zwei geheime Gräber mit den sterblichen Überresten von zwei Aktivisten der Kommunistischen Partei Uruguays (PCU) exhumiert und identifiziert (López Mazz 2006).
In den Sektoren der Militärzone 1, in denen es keine Kasernen gab, wurden die CCD von der Polizei betrieben – allerdings unter der Aufsicht der Streitkräfte. Dies ist der Fall der CCD Los Vagones in der Stadt Canelones, wo systematische Folterungen in zwei Eisenbahngüterwaggons durchgeführt wurden. Diese waren 1975 mit Kränen auf die Rückseite eines Stadtparks gebracht worden (Marín et al. 2019). Die im CCD 300 Carlos inhaftierten Kommunist:innen wurden Anfang 1977 zusammen mit den Folterinstrumenten und -geräten in die CCD Base Roberto beziehungsweise CCD Base Trébol verlegt. Dabei handelt es sich um eine Haftanstalt, die sich im Gebäude von La Tablada Nacional befindet, dem ehemaligen Viehmarkt, der den An- und Verkauf von Vieh im Lande zentralisierte. Auch wenn dieses Gefängnis in einer ländlichen Gegend liegt, ist es durch Straßen und Hauptverkehrsstraßen sehr gut an die Hauptstadt angebunden – und der Flughafen ist weniger als zwei km entfernt. Dieses CCD gilt als das wichtigste der uruguayischen Diktatur sowohl anhand der Anzahl an Entführten als auch wegen der langen Dauer seiner Existenz – mindestens bis 1984.
Da es bislang keine offiziellen Untersuchungen über die Zahl der im CCD entführten Personen gibt, haben ehemalige Gefangenen und Angehörige von Desaparecidos, die seit einigen Jahren in einer Kommission (Comisión de Memoria de La Tablada – CO.ME.TA.) organisiert sind, damit begonnen, eine Zählung durchzuführen. Schätzungen zufolge wurden dort mindestens 400 Personen eingesperrt, zumeist Studierende und Arbeiter:innen, die mit der PCU und der Kommunistischen Jugend (Unión de Juventudes Comunistas – UJC) verbunden sind. Dabei handelt sich um den Ort, an dem die meisten Verschwundene in Uruguay zuletzt gesehen wurden. Selbst wenn das CCD 300 Carlos und Base Roberto von der allmächtigen OCOA betreut wurden, liegt der Unterschied zwischen den beiden darin, dass die Base Roberto als ihr geheimes Hauptquartier fungierte. Dort wurden die Akten der politischen Parteien und das Radio für die Entführungsoperationen aufbewahrt, sowie die den Opfern gestohlenen Gegenstände, Möbel und Fahrzeuge gelagert (Marín et al. 2020).
Zu einer Archäologie der Diktatur
Inoffizielle Grabstätten und geheime CCD waren, wie bereits ausgeführt, die besonderen Merkmale der Diktatur 1973–1985. Das Vorhandensein von geheimen, nicht lokalisierten Gräbern beziehungsweise Massengräbern und Ex-CCD sowie der damit verbundene Mangel an schriftlichen Unterlagen über diese Stätten und der Pakt des Schweigens zwischen den Tätern haben dazu geführt, dass Methoden der Archäologie in Anspruch genommen werden mussten (Siehe Tabelle). Diese Disziplin, die sich auf die Dokumentation vergangener menschlicher Handlungen hauptsächlich anhand ihrer materiellen Hinterlassenschaften stützt, hat sich als sehr wichtig erwiesen, um die Opfer und deren Angehörigen bei ihren Forderungen nach Wahrheit, Erinnerung und Gerechtigkeit zu unterstützen.
Jahr | Archäologische Maßnahme | Hauptergebnisse | Literatur |
2005-2023 | Grabung hinsichtlich der Suche nach Desaparecidos auf dem Gelände des Batallón 13 und des Servicio de Material y Armamento (Ex-CCD 300 Carlos) | Lokalisierung, Exhumierung und Identifizierung von sterblichen Überresten von drei politischen Gefangenen | López Mazz 2006; 2012b; Lusiardo et al. 2015 |
2007-2023 | Grabung hinsichtlich der Suche nach Desaparecidos auf dem Areal des Ex-CCD Base Roberto (La Tablada Nacional) | – | López Mazz 2006; 2012b; Lusiardo et al. 2015 |
2017-2023 | Stratigrafisch- und Multiskalen-Analyse vom Gebäude des Ex-CCD Base Roberto | Historische Interpretation der Bauphasen des Baukomplexes, Raumanalyse und archäologische Erfassung des Ex-CCD | Marín Suárez et al. 2020; Marín Suárez et al. 2022; García Correa/ de Austria Millán 2023 |
2017-2023 | Historisch-archäologische Untersuchung und fachliche Begleitung der Musealisierung des Ex-CCD Los Vagones | Historische Interpretation der Bauphasen des Baukomplexes, Raumanalyse und archäologische Erfassung des Ex-CCD | Marín et al. 2019 |
2018 | Untersuchung des Ex-CCD Casona de Palmar/ Casona SID | Archäologische Untersuchung der Wände und Sondierungen im Hof des Ex-CCD | Nadal/ Collazo 2018 |
2021 | 3D-Projekt „CCD 300 Carlos Virtual“ | Forschung zur Entwicklung eines virtuellen Modells des Ex-CCD | http://300carlosvirtual.uy |
Tabelle: Aufstellung der zeitgeschichtlich archäologischen Maßnahmen in Uruguay (2005–2023)
In diesem Sinne eröffnet einerseits der Nürnberger Prozess (1945–1946) bekanntlich die Ära des Dokuments, in der die nationalsozialistischen Verbrechen gegen die Menschlichkeit in erster Linie durch die Analyse schriftlicher Unterlagen beurteilt wurden. Andererseits ist der Prozess gegen den SS-Obersturmbannführer Adolf Eichmann (1961) mit der Geburt der Ära der Zeugenaussagen und des memorialist turn verbunden. Die Ermittlungen und Prozesse gegen den Staatsterrorismus im Kontext der lateinamerikanischen Diktaturen geben wiederum den Auftakt für die Geburt einer neuen forensischen Ethik und Politik, bei der bestimmte Spezialisten materielle Hinterlassenschaften als Beweise für die begangenen Verbrechen zum Sprechen bringen (Keenan/ Weizman 2015).
Dieses neue Paradigma der forensischen Anthropologie mit seiner besonderen Kombination von archäologischer Theorie und Methodik mit biologischer Anthropologie und Gerichtsmedizin entwickelte sich vor allem 1984 im Zusammenhang mit der Untersuchungen, die die Nationale Kommission für verschwundene Personen (CONADEP) in Argentinien, beauftragt hatte. In Chile wurde am Ende der Diktatur 1990 ebenfalls eine Wahrheitskommission eingerichtet (span.: Comisión de Verdad y Reconciliación), die 2004 durch die Nationale Kommission für politische Gefangene und Folter (span.: Comisión Nacional sobre Prisión Política y Tortura) ergänzt wurde (Cáceres 1992; Cohen 1992; Salado/ Fondebrider 2008; VVAA 1996; 2011). Der Schwerpunkt der aufkommenden Anthropologie und forensischen Archäologie in Argentinien und Chile lag jedoch fast ausschließlich auf dem Auffinden und der Exhumierung menschlicher Überreste von Desaparecidos – wobei das breite Spektrum an materiellen Hinterlassenschaften im Zusammenhang mit anderen Verbrechen gegen die Menschlichkeit (u. a. Entführung, Folter und sexuelle Gewalt) und mit repressiven Aspekten, die in der Materialität der CCD und der politischen Gefängnissen stecken, bislang kaum berücksichtigt wurden (Marín und Rosignoli 2020).
Die Aufarbeitung der Verbrechen der Diktatur in Uruguay erfolgte wesentlich später als in den oben genannten Fällen Chiles und Argentiniens. Dies hängt eng mit dem zwischen den Militärs und den wichtigsten politischen Parteien vereinbarten Übergang, dem Fehlen von Wahrheitskommissionen und der Verabschiedung eines Gesetzes zur Straffreiheit im Jahr nach der Wiederherstellung der Demokratie im Jahr 1986 zusammen. Paradoxerweise verpflichtete dasselbe Gesetz, das als „Gesetz über das Erlöschen der Strafansprüche des Staates“1 bezeichnet wurde und die Verfolgung von Verbrechen gegen die Menschlichkeit verhinderte, den Staat dazu, die menschlichen Überreste von verschwundenen Häftlingen zu suchen und zu identifizieren.2
Ausgehend von den ersten Forderungen nach Wahrheit, Gedenken und Gerechtigkeit für die Opfer in den ersten Jahren der Wiederherstellung der Demokratie 1985 kam es zu einer Verdrängung der jüngsten Vergangenheit, zum Schweigen der Opfer und zur Durchsetzung der Idee der Versöhnung sowie der Nichtaufarbeitung der Vergangenheit durch die politische Klasse. Doch der unermüdliche Kampf der Opfer- und Angehörigenorganisationen sowie der Menschenrechtsorganisationen brachte diese Fragen wieder in die öffentliche Debatte zurück – vor allem ab 1995 mit dem Beginn des so genannten „Schweigemarsches“, der jedes Jahr am 20. Mai auf der Hauptstraße von Montevideo stattfindet und bei dem der ca. 200 inhaftierten und verschwundenen Uruguayer gedacht wird. Außerdem fand in jenen Jahren das erste Treffen zwischen einem uruguayischen Präsidenten und der Vereinigung der Mütter und Angehörigen von inhaftierten und verschwundenen Uruguayern statt. Dies führte 2000–2003 zur Einsetzung einer Kommission für den Frieden (span.: Comisión para la Paz), einer von der Exekutive angeordneten Untersuchung. Diese lässt sich jedoch nicht als Wahrheitskommission einstufen, da sie von der Auffassung der Streitkräfte ausgeht, dass es keine menschlichen Überreste zu suchen gebe, da diese in den letzten Jahren der Diktatur exhumiert, verbrannt und in den Río de la Plata geworfen worden seien (Allier 2010).
Mit dem Amtsantritt von Tabaré Vázquez, der ersten Mitte-Links-Regierung des Landes, im Jahr 2005 begann eine neue Phase im Kampf um Erinnerung, Wahrheit und Gerechtigkeit für Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Uruguay. Im Auftrag der Regierung wurde die Universidad de la República (UdelaR), die öffentliche Universität Uruguays, aufgefordert, zwei Forschungsteams einzurichten: Einerseits ein Team, das für die historische und archivarische Forschung zuständig war, andererseits die Forschungsgruppe für forensische Anthropologie (GIAF), die sich mit der Suche nach menschlichen Überresten befasst (Allier 2010; López Mazz 2006b; 2012).
Die Untersuchungen der GIAF wurden vor Gericht erst 2011 mit dem Urteil „Gelman vs. Uruguay“3 des Interamerikanischen Gerichtshofs für Menschenrechte berücksichtigt, das den uruguayischen Staat zwang, sein Straffreiheitsgesetz zu überarbeiten (Lessa 2014). Eines der wichtigsten Probleme, das die GIAF hatte, war die unzureichende Kommunikation mit dem Team der Historiker, wodurch es sich von dem für diese Art von Forschung notwendigen interdisziplinären Ansatz entfernte. Darüber hinaus konzentrierte sich ihre Aufgabe ausschließlich auf die Suche nach Desaparecidos und ließ andere materielle Hinterlassenschaften beziehungsweise Spuren im Zusammenhang mit Verbrechen gegen die Menschlichkeit eher beiseite – für die der uruguayische Fall paradoxerweise besonders kennzeichnend ist: Entführungen, illegale Inhaftierungen, Folter und sexuelle Gewalt.
Paradigmatisch sind in diesem Sinne die jahrelangen archäologischen Arbeiten, die an den beiden wichtigsten Ex-CCD des Landes (300 Carlos und Base Roberto) durchgeführt wurden. In keinem dieser Fälle hat die GIAF diese Orte aus der Perspektive der so genannten Archäologie der Architektur oder forensischen Architektur, die sich auf die Raumanalyse fokussieren, untersucht (Mañana Borrazás et al. 2002, Zarankin/ Niro 2006). Nicht zuletzt zeichnet sich die GIAF unter den lateinamerikanischen Teams für forensische Anthropologie dadurch aus, dass sie zu den am wenigsten unabhängigen und am stärksten politisch kontrollierten gehört. Während die UdelaR der GIAF eine gewisse Unabhängigkeit und die Möglichkeit zur akademischen Entwicklung dieses neuen Forschungsbereichs einräumte, wurde sie 2016 aus der Universität herausgelöst. Seitdem hat dieses Team eine institutionelle Reise angetreten, bei der es unter die direkte Kontrolle der Exekutive kam. Seit 2019 ist es in die Nationale Menschenrechtsbehörde4 integriert, die unter der konservativen Regierung Luis Lacalle Pous einen Vorstand hat, der eher wenig Interesse an der Entwicklung beziehungsweise Unterstützung dieser Art von Untersuchungen zeigt (Dutrénit 2017; Marín 2016; Marín/ Rosignoli 2020).
Parallel zu der institutionellen Entwicklung des anthropologischen Teams begann 2015 eine neue Phase der öffentlichen Kämpfe um Erinnerung, Wahrheit und Gerechtigkeit, die als „Territorialisierung der Erinnerung“ bezeichnet werden kann (Marín und Cordo 2015). Dank des Einflusses der NGO Memoria Abierta5 in Argentinien und der Arbeit des Museo de la Memoria6 in Montevideo wurde die Forderung nach der Wiederherstellung und Aktivierung des Erbes der ehemaligen Repressionsorte der Diktatur immer lauter.
Es ist bemerkenswert, dass viele dieser Orte immer noch unter militärischer Kontrolle stehen (wie beispielsweise das Ex-CCD 300 Carlos), beziehungsweise wieder als Gefängnisse für Minderjährige und Erwachsene genutzt werden (wie im Fall des Ex-CCD La Tablada Nacional und die Gefängnisse, wo während der Diktatur politische Gefangene eingesperrt worden waren). Der Kampf des Volkes um die Erinnerung begann den Raum der Hauptstraße von Montevideo zu überschreiten, um sich auf einen großen Teil des Landes auszudehnen. Kurz darauf, im Jahr 2018, wurde das Gesetz über „Stätten der historischen Erinnerung an die jüngste Vergangenheit“ verabschiedet.7
Die zur UdelaR gehörende Interdisziplinäre Gruppe Espacialidad y Memoria begleitet den Prozess von „Territorialisierung“ der Erinnerung seit 2017 – beispielsweise in den Ex-CCD Los Vagones und La Tablada Nacional, die durch das jüngste Gesetz 2019 offiziell als Erinnerungsort katalogisiert wurden. Der Fall des Ex-CCD La Tablada Nacional ist bemerkenswert, da es von einem Komitee verwaltet wird, das sich aus verschiedenen Vereinigungen zusammensetzt, u. a. einem Kollektiv von Überlebenden, dem Kollektiv der Angehörigen von Desaparecidos und verschiedenen Nachbarschaftskollektiven, Sportvereinen und der Salesianischen Sozialarbeit sowie der bereits erwähnten Forschungsgruppe (García Correa et al. 2021).
Die Teilnahme dieses Forschungsteams findet im Rahmen des Programms Critical University Extension statt, das der Zentralvorstand der UdelaR definiert hat als „die Suche nach einer gleichberechtigten Zusammenarbeit zwischen universitären und anderen Akteuren, die einen Dialog führen und ihr jeweiliges Wissen im Dienste gesellschaftlich wertvoller Ziele kombinieren, wobei den Problemen der am meisten benachteiligten Sektoren Priorität eingeräumt wird“ (Viñar 2015). Die Betonung auf Kritik zielt darauf ab, sich von traditionellen Formen wie Outreach und Technologietransfer abzugrenzen, um vielmehr die Rolle der Universität neu zu positionieren, indem u. a. das Wissen der Bevölkerung anerkannt beziehungsweise die Gemeinschaft durchaus als legitimer Akteur akzeptiert wird (Tomassino/ Cano 2016). Diese Art der Forschung beziehungsweise diese erkenntnistheoretische Stellung fällt in die Parameter der so genannten „historischen Archäologie der Repression und des Widerstands“ (Zarankin et al. 2012). Diese Perspektive untersucht und verknüpft unterschiedliche materielle Hinterlassenschaften, Unterlagen, menschliche Handlungen und Aussagen. Ein solches Herangehen gewinnt an Bedeutung im Kontext der archäologischen Untersuchung zu Staatsverbrechen, in denen es um unterschiedliche Formen der Wahrheit und um die Spuren von Gewalt geht (Tejerizo et al. 2020).
Schlußbemerkungen
Es ist zu bedenken, dass es sich bei den Diktaturen um Kontexte handelt, in denen Unterlagen spärlich sind oder noch nicht freigegeben wurden, und in denen das Gedächtnis der Opfer der CCD durch die sensorischen Veränderungen, die sie während ihrer Gefangenschaft erlitten haben, geprägt ist. In diesen Fällen kommt den materiellen Spuren an den Orten eine besondere Bedeutung nicht nur als historische beziehungsweise archäologische Quelle, sondern ebenso als Grundlage für kollektive Erinnerungen sowie als gerichtlicher Beweis für die begangenen Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu. Dieser stützt sich auf eine interdisziplinäre Perspektive, die als „Integrale Forensische Anthropologie“ (Marín/ Rosignoli 2020) bezeichnet wird. Sie berücksichtigt eine breite Palette materieller Spuren, die mit den verschiedenen Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Verbindung stehen. Die Spuren dieser Verbrechen, wie sie im Römischen Statut des Internationalen Strafgerichtshofes definiert sind,8 reichen von Gegenständen (Funden und Befunden) bis hin zu Landschaften – einschließlich der wichtigen Rolle repressiver Architekturen sowie selbstverständlich der menschlichen Überreste von Desaparecidos.
Die in Uruguay durchgeführten archäologischen Untersuchungen stützen sich auch auf die Empfehlungen des Joinet-Berichts (United Nations 1997). Darin werden drei Grundsätze festgelegt, die die Staaten den Opfern von Menschenrechtsverletzungen garantieren müssen: das Recht auf Wissen, das Recht auf Gerechtigkeit und das Recht auf Wiedergutmachung. Das Mercosur-Institut für Menschenrechtspolitik (Instituto de Políticas Públicas en Derechos Humanos – IPPDH) stellt in einem Dokument über die öffentliche Politik in Bezug auf Gedenkstätten fest, dass die Staaten im Rahmen dieser allgemeinen Festlegungen verpflichtet seien, die gerichtlichen, rechtlichen, administrativen oder sonstigen Entscheidungen zu treffen, die erforderlich sind, um die materielle Sicherung der Orte, an denen schwere Menschenrechtsverletzungen begangen wurden, zu gewährleisten, da sie relevantes Beweismaterial in Gerichtsverfahren liefern können. Zu diesem Zweck sei es notwendig, die Empfehlungen von Expert:innen zu berücksichtigen (IPPDH 2012, S. 8). In diesem Sinne wird die materielle Erhaltung der Stätten, an denen Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen wurden, als eine Maßnahme zur Gewährleistung des Rechts auf Wissen, des Rechts auf Gerechtigkeit und des Rechts auf Wiedergutmachung anerkannt.
Beispiel dafür ist, was in den letzten Jahren im Ex-CCD Los Vagones geschah. Da offizielle Untersuchungen bislang ausstehen, weil es keine Informationen über verschwundenen Personen, die mit diesem Ort in Verbindung gebracht werden, bekannt sind, beauftragte – wie oben ausgeführt – eine Vereinigung von ehemaligen politischen Gefangenen die archäologische Erfassung von materiellen Überresten des Ex-CCD, um auf dieser Basis die Anerkennung dieser Stätte als Erinnerungsort fordern zu können. So begann einerseits die Vereinigung, die dorthin verschleppten Personen zu befragen und zu interviewen. Andererseits führte ein archäologisches Team eine umfassende historische und archäologische Untersuchung durch. Im Rahmen dieser Forschung wurden Dokumente und Luftaufnahmen analysiert und Interviews mit Überlebenden geführt, sowie stratigrafische Ausgrabungen auf dem Areal des Ex-CCD und eine archäologisch-architektonische Analyse der Mauer durchgeführt (Marín et al. 2019).
Es ist abschließend hervorzuheben, dass die Justiz als Folge dieser Untersuchung beschloss, ein Gerichtsverfahren wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit gegen die drei Polizeibeamten zu eröffnen, die dieses CCD im Zeitraum zwischen 1975 und 1980 leiteten. 2022 konnte der Prozess gegen den einzigen noch lebenden der drei Offiziere stattfinden – da einer davon gestorben war und der andere Selbstmord begangen hatte. Die Archäolog:innen des Forschungsteams nahmen als archäologische Sachverständige an diesem Prozess teil. In diesem Zusammenhang legten sie materielle Beweise vor, die den Zweck und den Bau der CCD für die systematische Folterung von kommunistischen und sozialistischen Aktivisten belegen. Der Angeklagte wurde wegen der Folterverbrechen zu neun Jahren Gefängnis verurteilt.
Literatur:
Allier Montagno, E.: Batallas por la memoria. Los usos políticos del pasado reciente en Uruguay. Montevideo 2010
Blixen, S./ Patiño, N.: Un modelo de guerra sucia. El rol operativo del OCOA en la represión. Montevideo 2018
Cáceres, I.: Arqueología, Antropología y Derechos Humanos, in: Boletín de la Sociedad Chilena de Arqueología, 15, 1992, S. 15–18
Caetano, G./ Rilla, J.: Breve historia de la dictadura (1973–1985). Montevideo 1998
Cohen Salama, M.: Tumbas anónimas. Informe sobre la identificación de víctimas de la represión ilegal. Buenos Aires 1992
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Bildquellen: [1] J.M.López Mazz; [2-4] C. Marín Suárez; [5] A. de Austria Millán
Fußnoten:
1 Ley de caducidad de la pretensión punitiva del Estado, Nr. 15848 https://www.impo.com.uy/bases/leyes/15848-1986/1 (Abruf am 15.12.2023)
2 https://www.impo.com.uy/bases/leyes/15848-1986/4 (Abruf am 15.12.2023)
3 https://www.corteidh.or.cr/docs/casos/articulos/seriec_221_ing.pdf (Abruf am 15.12.2023)
4 https://www.gub.uy/institucion-nacional-derechos-humanos-uruguay/institucional/estructura-del-organismo/institucion-nacional-derechos-humanos-defensoria-del-pueblo#:~:text=La%20Instituci%C3%B3n%20Nacional%20de%20Derechos,su%20relaci%C3%B3n%20con%20el%20Estado (Abruf 15.12.2023)
5 https://memoriaabierta.org.ar/wp/ (Abruf am 17.12.2023)
6 https://mume.montevideo.gub.uy/ (Abruf am 17.12.2023)
7 Ley de Sitios de Memoria Histórica del pasado reciente, Nr. 19.641 http://www.impo.com.uy/bases/leyes/19641-2018 (Abruf am 17.12.2023)
8 https://www.un.org/depts/german/internatrecht/roemstat1.html (Abruf am 17.12.2023)
Übersetzung aus dem Spanischen: Gonzalo Compañy