Quetzal Vogel
News Icon
Quetzal

Politik und Kultur in Lateinamerika

Template: single_normal
Artikel

Der Panamakanal im verflixten 7. Jahr – Teil 2: Politischer Weg und Ausgestaltung der Pläne

Enrico Caldas Meyer | | Artikel drucken
Lesedauer: 7 Minuten

Die in Teil 1 aufgezeigten Grenzen des Kanals werden gerne dafür benutzt, um für den Ausbau des Panamakanals zu plädieren. Zusätzlich wird auch die positive Wirkung auf Wirtschaft und Gesellschaft stets von den Befürwortern des Projekts betont. Dieser Artikel beschreibt nicht nur den politischen Ablauf der Entscheidungen, sondern auch die genaue Ausgestaltung der Pläne zum Ausbau des Panamakanals.

Politischer Verlauf

Durch die nicht mögliche Durchfahrt für die Schiffe der so genannten „Post-panamax“ Klasse, eventuell geplante Kanalneubauten anderer Länder, das nahende Erreichen der Kapazitätsobergrenze und den damit verbundenen steigenden Wartezeiten befürchtet die Kanalbehörde (Autoridad del Canal del Panama – ACP) die Marginalisierung in Bezug auf die wichtigsten Seehandelsrouten und den steigenden Transporten auf dem Seeweg. Neben der Verwaltung zählen auch der Betrieb, die Instandhaltung und Modernisierung zu den Aufgaben der Kanalbehörde.

Bereits seit Anfang 2001 ist in den obersten Kreisen der Kanalbehörde von einem Ausbau des Panamakanals die Rede. Es ist gesetzlich festgeschrieben, dass solche Vorhaben nur direkt durch die ACP auf den Weg gebracht werden können. Diese augenscheinliche Abkopplung der Politik ist in Wahrheit nicht vorhanden, denn trotz der finanziellen Autonomie ist der Kanal faktisch der Nationalversammlung und dem Präsidenten unterstellt. Neun der elf Vorstandsmitglieder werden vom Präsidenten ernannt und müssen von der absoluten Mehrheit der Nationalversammlung bestätigt werden. Das zehnte Mitglied wird durch die Nationalversammlung designiert. Das elfte Mitglied (der Vorstandsvorsitzende), zugleich auch Staatsminister für alle Angelegenheiten, die den Kanal betreffen, wird allein durch den panamaischen Präsidenten ins Amt berufen.

Trotz der Pläne nahm sich die Kanalbehörde für die Entscheidung und die darauf folgende Veröffentlichung des Masterplans ungewöhnlich viel Zeit. Nach Angaben der ACP liegt dies vor allem an der enormen Komplexität des Projektes. Plausibler sind hingegen Hinweise auf ein noch lückenhaftes Finanzierungskonzept. Eng damit verbunden ist auch die im Mai 2004 ins Amt bestellte Regierung um Martín Torrijos. Politisches Ziel war es, durch zahlreiche Reformen Panamas Staatsfinanzen fit für die internationalen Kapitalmärkte zu machen, um so günstige Konditionen aushandeln zu können. Ein gefährlicher Trade-off, da das Wohlwollen der Kapitalmärkte zu Lasten der Zustimmung der Bevölkerung erkauft wird. Trotz dieser Intransparenz und Verzögerungstaktik sprachen sich die Einwohner in ersten Umfragen der Tageszeitung „La Prensa“ deutlich für eine Erweiterung aus.

Aus Sicht von Präsident Torrijos und der ACP ein sehr wichtiges Ergebnis, denn die Bevölkerung ist bei dem Beschluss zum Ausbau des Kanals das entscheidende Glied im politischen Prozess. Dieser gestaltete sich wie folgt:

  • 24. April 2006: die ACP richtet ihre Empfehlung für einen Ausbau des Kanals an den Präsidenten
  • 27. Juni 2006: Präsident Torrijos und sein Kabinett stimmen dem Ausbau des Kanals zu und leiten den Antrag an die Nationalversammlung weiter
  • 17. Juli 2006: die Nationalversammlung befürwortet den Vorschlag und setzt eine Volksabstimmung für den 22. Oktober 2006 an
  • 22. Oktober 2006: 78% der Bevölkerung stimmten für einen Ausbau des Panamakanals (Wahlbeteiligung 43%)

Die Ausbaupläne des Kanals

Im Folgenden werden in kurzer Form aktuelle Daten und Fakten des Kanals dargestellt. Es folgt ein Vergleich zwischen dem alten und neuen Kanal. Der Begriff „Neuer Kanal“ bezieht sich jedoch auf den Neubau der wesentlich größeren zwei Schleusenanlagen (Atlantische und Pazifische Schleusen), welche jetzt genutzt werden können. Ansonsten ist der Rest der Kanaldurchfahrt für alle Schiffe identisch. Der Panamakanal hat derzeit eine Länge von insgesamt 81,6 Kilometern. Seine Mindestbreite beträgt 152,4 Meter und die größte Breite 304,8 Meter. Ein Teil der Strecke, der 12,6 Kilometer lange Gaillard-Kanal, wird jedoch gerade von 152 auf 192 Meter erweitert, so dass dessen Durchfahrt auch für größere Schiffe deutlich einfacher und schneller wird. Eine Durchfahrt dauert im Schnitt 8 bis 10 Stunden. Die durchschnittlichen Kosten belaufen sich dabei auf 54.000 US-Dollar. Trotz des geringen Höhenunterschieds zwischen Atlantischen und Pazifischen Ozean, von weniger als einem halben Meter, müssen die Schiffe bei der Durchfahrt insgesamt 3 Schleusen durchqueren Gatun-Schleusen, Pedro-Miguel-Schleusen, Miraflores- Schleusen). Grund hierfür ist, dass die Schiffe auf das Niveau des Gatun-Stausee angehoben werden müssen, um ihren Weg durch den Kanal fortsetzen zu können.

Die neuen Schleusenkammern, das Herzstück des zu modernisierenden Kanals, sind jedoch nur ein Teil der Maßnahmen, damit modernste Containerschiffe und Luxusliner den Panamakanal passieren können. Als zweite Maßnahme werden jeweils die Zufahrten im Pazifischen und im Atlantischen Ozean vertieft. Drittens werden die bisherigen Fahrrinnen nicht nur vertieft, sondern auch, wie oben erwähnt, verbreitert. Die vierte Maßnahme stellt die Anhebung des Wasserspiegels des Gatun-Stausees von 26,7 auf 27,1 Meter dar. Wichtigster Grund für die Anhebung ist vor allem der gestiegene Wasserbedarf durch den Betrieb der neuen Schleusen, als auch die Sicherstellung der Wasserversorgung der Bevölkerung.

Wie bewegen sich die Schiffe eigentlich durch die Schleusen? Auf beiden Seiten der bisherigen Schleusenanlage gibt es Zahnradlokomotiven, so genannte „Mulis“, welche die Schiffe zentimetergenau durch die Schleuse ziehen bzw. die Position des Schiffes halten, wenn das Wasser herausgelassen wird. Kosteten die ersten Mulis noch 13.000 US-Dollar, so müssen für die neueste Generation pro Stück 2 Millionen US-Dollar investiert werden. Für den Betrieb der neuen Schleusen sind diese Lokomotiven jedoch nicht geeignet. Zum einen würden mit 12 bis 16 wesentlich mehr und größere Lokomotiven als jetzt benötigt, um das Schiff stabil zu halten. Zum anderen würde auch der Bau der Schleusen teurer werden, da die Wände so gestaltet sein müssen, damit sie die Kraft der Lokomotiven auch aushalten. Als weiteres Argument gelten zudem die laufenden Kosten. Aus diesen genannten Gründen hat man sich für den Einsatz von Schleppern entschieden. Diese können die Schiffe auch wesentlich schneller positionieren und transportieren, als es durch den Einsatz der „Mulis“ möglich ist. Dadurch schafft es täglich wiederum eine höhere Anzahl an Schiffen den modernisierten Kanal zu passieren. Somit erklärt sich auch, dass im Gegensatz zu den alten Schleusen, welche annähernd genauso groß wie die Schiffe sind, die neuen Schleusen ca. 20% länger und 10% breiter als die Schiffe konzipiert wurden.

Der Ausbau soll noch in diesem Jahr (2007) beginnen und 2015, nach 8 Jahren Bauzeit, abgeschlossen sein. Am 28. August erfolgte Veröffentlichung der Ausschreibung, wodurch es zu einer Vorauswahl an Firmen oder Konsortien kommt, welche die neuen Schleusen entwerfen und bauen sollen. Hierbei handelt es sich um das wichtigste bzw. prestigeträchtigste Stück an den Ausbauplänen. Am 03.09. wurde bereits mit der Sprengung eines Hügels nahe Panama-Stadt begonnen, um die geplanten 47 Millionen m³ Gestein und Erde zu entfernen.

Die Kosten für das Projekt werden auf 5,25 Milliarden US-Dollar veranschlagt. Allein 50% der Kosten entfallen auf die beiden Schleusenanlagen. In diesem Betrag ist der Ausbau der Zufahrten oder auch der Wasserbecken neben den Schleusen nicht enthalten. Über die endgültige Höhe gibt es jedoch verschiedene Meinungen. Seitens der Regierung und der Kanalbehörde wird dieser Betrag bis auf den letzten Cent als eine hochgradig perfekt kalkulierte Rechnung präsentiert. Die Kosten spiegeln jedoch auch das Dilemma wider, dass die Investitionen so angegeben werden müssen, dass sie einerseits vor der Bevölkerung noch erklärbar sind bzw. in deren Augen und aus Sicht der Investoren auch in entsprechender Zeit amortisiert werden können, denn ansonsten könnte man diesen Betrag auch in andere Investitionsprojekte stecken, welche eine bessere (risikoarme) Rendite erwirtschaften.

Die Finanzierung soll zum einen über die bereits begonnene Anhebung der Durchfahrtsgebühren sichergestellt werden und zum anderen durch externe Kredite (insgesamt 2,28 Milliarden US-Dollar). Entsprechend der Planungen sollen diese Kredite von 2009 bis 2011 aufgenommen werden und nach dem Ende der Konstruktionsphase im Jahr 2015 innerhalb von 8 Jahren zurückgezahlt werden.

[1] Twenty-foot Equivalent Uni – Maßeinheit für die Container-Transportkapazität von Schiffen und Hafenanlagen.1 TEU entspricht einer 20 Fuß (1 Fuß = 30,48 cm) langen Containereinheit).

[2] PanamaCanalUniversalMeasurementSystem.Panama Canal Universal Measurement System.

Quellen:

  • Autoridad del Canal de Panamá: Website – http://www.pancanal.com .
  • Autoridad del Canal de Panamá (2006): Proposal of the Expansion of the Panama Canal, http://www.pancanal.com/eng/plan/documentos/propuesta/acp-expansion-proposal.pdf (aufgerufen am 01.03.2007).

Bilder: http://www.pancanal.com

 


« « zurück zu:
Der Panamakanal im verflixten 7. Jahr – Teil 1: Bedeutung und Grenzen des Kanals
weiter zu: » »
Der Panamakanal im verflixten 7. Jahr – Teil 3: Kritik am Ausbau des Panamakanals

Kommentar schreiben

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert