Quetzal Vogel
News Icon
Quetzal

Politik und Kultur in Lateinamerika

Template: single_normal
Printausgaben

Dokument 2

Redaktion | | Artikel drucken
Lesedauer: 3 Minuten

Der mit den Stimmen der Regierungskoalition (CDU/CSU und FDP) am 20.4.94 gefaßte Beschluß des Bundestages zu diesen Anträgen

Der Bundestag wolle beschließen:

i. Der Deutsche Bundestag stellt fest, daß die Situation und Rechtsstellung eingeborener Bevökerungsgruppen in einer Vielzahl von Nationalstaaten nach wie vor völlig unbefriedigend und eine wesentliche Ursache für das Entstehen innerstaatlicher Konflikte ist. Er unterstreicht daher die Notwendigkeit, Rechte nationaler, ethnischer, religiöser oder sprachlicher Minderheiten zu fördern und zu schützen und Minderheiten die volle Beteiligung am politischen, wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und kulturellen Leben in ihrem Heimatland zuzusichern.

ii. Der Deutsche Bundestag begrüßt die Politik der Bundesregierung, sich im Rahmen ihres menschenrechtlichen Engagements für die Rechte von Angehörigen eingeborener Bevölkerungsgruppen einzusetzen und die Bemühungen der Vereinten Nationen zur Verbesserung der Rechtsstellung solcher Bevölkerungsgruppen durch die Verabschiedung einer „Deklaration über die Rechte eingeborener Bevölkerungsgruppen“ zu unterstützen. Der Deutsche Bundestag erwartet von der Bundesregierung, daß sie diese Politik konsequent weiterführt und dabei für ein gemeinsames Handeln der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union eintritt.

iii. Der Deutsche Bundestag ist sich der besonderen Situation der indianischen Bevölkerung in Lateinamerika bewußt, die bisher vom politischen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Leben weitgehend ausgeschlossen geblieben ist. Er appeliert an die lateinamerikanischen Regierungen, die Belange der indianischen Bevölkerung ernst zu nehmen, Benachteiligungen abzubauen und wirksame Maßnahmen zum Schutz ihrer kulturellen Identität zu ergreifen.

iv. Der Deutsche Bundestag würdigt die Bestrebungen lateinamerikanischer Regierungen, diesen Belangen stärker Rechnung zu tragen und im Rahmen des gegründeten „Entwicklungsfonds für die indianische Bevölkerung Lateinamerikas und der Karibik“ durch konkrete Maßnahmen zur Verbesserung der Lebensbedingungen dieser Bevölkerungsgruppen sowie zur Förderung ihrer wirtschaftlichen und kulturellen Eigenständigkeit beizutragen. Er sieht in dem Fonds ein regionales Entwicklungsinstrument, in dem primär die politische und finanzielle Eigenverantwortung der betroffenen lateinamerikanischen Regierungen gefragt ist und das Prinzip der gleichberechtigten Mitarbeit der indianischen Bevölkerungsgruppen zum Tragen kommen muß.

v. Der Deutsche Bundestag begrüßt, daß die Bundesregierung

– an der Durchsetzung der Prinzipien des Übereinkommens Nr. 169 der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) über eingeborene und in Stämmen lebende Völker in unabhängigen Gebieten im Rahmen ihrer Möglichkeiten mitwirkt“;

– alle Vorhaben der Entwicklungszusammenarbeit daraufhin überprüft, inwiefern die mit ihnen beabsichtigte Verbesserung der Lebensbedingungen mit den Entwicklungsvorstellungen und der Lebensweise betroffener eingeborener Bevölkerungsgruppen vereinbar ist;

– im Rahmen der bilateralen und multilateralen Entwicklungszusammenarbeit mit Lateinamerika umfangreiche Mittel für eine der indianischen Bevölkerung zugute kommenden Förderung von Vorhaben der selbsthilfeorientierten Armutsbekämpfung, der ländlichen Entwicklung, der Erhaltung des Tropenwaldes sowie der Verbesserung der Primarschulerziehung und des Basisgesundheitsdienstes zur Verfügung stellt.

vi. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf, die lateinamerikanischen Regierungen in ihrem Bemühen um eine Einbeziehung indianischer Bevölkerungsgruppen in den Entwicklungsprozeß und den Schutz ihrer Rechte und Lebensinteressen zu bestärken und dies auch weiterhin durch konkrete Einzelvorhaben im Rahmen ihrer entwicklungszusammenarbeit zu unterstützen.

Anmerkung:

– Im Unterschied z.B. zu Österrreich hat die Bundesrepublik Deutschland die Ratifizierung dieses Übereinkommens Nr. 169 abgelehnt (vgl. Stellungnahme der Bundesregierung, Drucksache 12/2150).

Kommentar schreiben

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert