Guatemala: Attentat auf Gegnerin der Goldmine „Marlin“
|EinwohnerInnen der Gemeinden San Miguel Ixtahuacán und Sipacapa, der Erzbischof der Diözese San Marcos Alvaro Ramazzini und Nobelpreisträgerin Rigoberta Menchú haben am vergangenen Donnerstag zivilrechtliche Schritte eingeleitet, um die Regierung von Álvaro Colom zu bewegen, die Bergbauaktivitäten des kanadischen Unternehmens Goldcorp Inc. in der Mine Marlin zu stoppen. Die Interamerikanische Menschenrechtskommission (CIDH) hatte den guatemaltekischen Staat am 20. Mai angewiesen, fünf einstweilige Verfügungen zum Schutz der örtlichen Bevölkerung zu ergreifen, bis die Beschwerde der 18 indigenen Gemeinschaften vollständig untersucht ist. Neben dem Stopp der Bergbauaktivitäten forderte die CIDH u.a die Reinigung der verschmutzten Wasserquellen, die Behandlung der Gesundheitsprobleme und den Schutz der AktivistInnen in den Gemeinschaften. Die guatemaltekische Regierung hatte am 23. Juni 2010 verkündet, dass sie die von der CIDH geforderten Maßnahmen umsetzen werde, während Goldcorp sofort erklärte, dass Marlin weiterarbeiten werde. Wie erst jetzt bekannt wurde, haben zwei Unbekannte am Abend des 7. Juli ein Attentat auf die Anti-Bergbau-Aktivistin Diodora Hernández in der Siedlung San José Nueva Esperanza (San Miguel Ixtahuacán) verübt. Sie drangen in ihr Haus ein und schossen ihr in den Kopf. Nach einer Operation am 11. Juli wird der Zustand von Diodora Hernández als stabil bezeichnet, die Folgen des Schusses sind jedoch noch nicht absehbar. Seit Projektbeginn kommt es immer wieder zu Angriffen und Einschüchterungsaktionen gegen MenschenrechtsverteidigerInnen, VertreterInnen der Gemeinschaften und Menschen, die gegen das Marlin-Projekt protestieren. Derzeit laufen gegen acht Frauen und fünf Männer Prozesse, die von internationalen Menschenrechtsorganisationen als Maßnahmen zur Kriminalisierung des sozialen Protests gegen die Mine betrachtet werden. Bei einer Befragung am 18. Juni 2005 hatten 97 Prozent der BewohnerInnen von Sipakapa das Marlin-Projekt abgelehnt. 2010 stellten der UN-Sonderberichterstatter für indigene Völker, James Anaya, sowie ein Expertenkomitee der Internationalen Arbeitsorganisation ILO fest, dass die Regierung die Lizenz für die Marlin-Mine ohne die freie und informierte Zustimmung der betroffenen indigenen Gemeinschaften erteilt hatte. Lokale BeobachterInnen befürchten nun eine Eskalation der sozialen Konflikte zwischen Bergbau-GegnerInnen und Minenarbeitern. In Guatemala selbst wurde das Attentat auf Diodora Hernández kaum wahrgenommen, weil derzeit eine neuerliche Gewaltwelle mit bisher in dieser Form noch nicht üblichen Bombenattentaten auf öffentliche Busse die Hauptstadt erschüttert. (Bildquelle: Andreas Boueke_)