Rallye durch Südamerika
Mit „Geboren in der Steinzeit – gestorben in der Gegenwart“ erschien 2006 im orell füssli-Verlag Zürich ein Buch, das mehr ist als Fotoband, Reisetagebuch oder Länderbericht: Es ist der Nachruf auf das Volk der Yanomami. Der Schweizer Heinz Kindlimann beschreibt darin, wie sich innerhalb von 40 Jahren die traditionellen Gemeinschaften der Ureinwohner in den Selvaregionen zwischen Venezuela und Brasilien in die „Zivilisation“ begeben haben. Und wie sie damit aufhörten, das zu sein, was sie einst charakterisierte.
Dabei überlässt er den Erkenntnisgewinn größtenteils dem Leser. Denn behutsam und ohne Eile nähert er sich stets den Yanomami. Das offenbart sich bereits in den einleitenden Kapiteln. Aus den verstaubten Filmstudios Zürichs heraus begleitet man als Rezipient – innerlich schmunzelnd – den damals unbedarften 20-jährigen bei seinen faux pas in der high society Brasiliens oder bei seiner vorgegebenen Ahnungslosigkeit gegenüber den ihm dargebotenen Reizen der armen Kindermädchen. Und ohne es zu merken, taucht das Ich des Lesenden in die Realität Südamerikas Mitte der 1960er Jahre ein, immer dem jungen Kindlimann und seinem um 50 Jahre älteren Brötchengeber, dem ehemaligen Schweizer Parlamentsabgeordneten Willy Stäubli, auf ihrer 40.000 Kilometer langen Reise durch den Kontinent folgend. Die Flut an Natureindrücken, die spontanen Bekanntschaften, die riesigen Gegensätze zwischen Arm und Reich, der stetige Hauch von Diktatur über allem, die zufällige Begegnung mit Altnazis und Kommunistenkommandos in Bolivien, die permanente Gewalt in Kolumbien bei gleichzeitig unerreichbarer Gastfreundschaft öffnen den Weg zum Verständnis dessen, was der Kameramann im Folgenden erleben sollte.
Mit der Kontiki Suiza, dem auf den Namen „El Casiquiare“ getauften Floß, machten sich die Abenteurer um Stäubli und Kindlimann auf den Weg durch die Llanos Venezuelas, um über den Rio Apure, den Rio Orinoco, dem Kanal Casiquiare und den Rio Negro in den Amazonas vorzudringen. Sie tauchen nach abenteuerlicher Fahrt ein ins Land der Guaica und Yanomami. Und während die Ureinwohner dort immer noch so wohnten wie vor Jahrhunderten, bleibt der (nicht auf diese Region ethnologisch-geographisch spezialisierte) Leser das erste Mal hängen (S. 48 ff.), weil er im Gewirr der Lianen, Nebenflüsse, Stämme und Gruppen den Überblick verloren hat. Hier wäre zur (Grob-)Orientierung durchaus eine Karte angebracht gewesen…
Auch bedauert der Rezensent ebenso wie Kindlimann (S. 52), dass diese erste Studie der Yanomami eher En-passant-Charakter trug, weil für einen ernsthaften Kontakt mit den Ureinwohnern, vor allem den noch nicht missionierten, die Zeit fehlte – ein Manko, das sich wie ein roter Faden durch den Bericht der Reise mit Stäubli zieht. Der eigentliche Zweck der Expedition verlor sich in der Rallye durch die Selva. Resigniert stellt Kindlimann nach der Ankunft in Manaus fest: „Wir hatten weder die Menschen, noch die Fauna oder Flora des tropischen Regenwaldes kennen gelernt“ (S. 57).
Trotzdem gelangen ihm einmalige Fotoaufnahmen, für die ihm keine Opfer zu groß waren. Besonders der an die Natur zu entrichtende Preis für ein Foto des Floßes von oben muss jedoch als übermäßig hoch gelten. Denn als Kindlimann einen der Urwaldriesen bestieg, zerstachen ihm Myriaden von Piums (stecknadelgroße Moskitos) derart die Füße, dass „sie an Elephantiasis in fortgeschrittenem Stadium erinnerten“ (S. 54). Es sind diese Details, die dem Leser die Erschwernisse der Reise vor Augen halten, zugleich aber immer ein Schmunzeln auf die Lippen zaubern.
Bei den Wawanaueteri: 1964/1965
Nach der Trennung von Stäubli und mit 200.000 Cruzeiros aus einem Schmuggelgeschäft in der Tasche kehrte Kindlimann allein zurück an den Oberlauf des Rio Negro. Der Zufall und das Glück des Reisenden blieben seine besten Begleiter. Mit einer Grenzvermessungsmission kam er schließlich in die Nähe der Wawanaueteri, einer als äußerst gewaltsam geltenden Gruppe der Yanomami. Und nicht nur seine damaligen Gefährten, auch der Leser fragt sich, weshalb ein junger Schweizer solche Gefahren auf sich nimmt. Eine Spur von Leichtsinn und Verrücktheit (S. 115) war sicherlich dabei; mehr jedoch schien es humboldtscher Entdeckungsgeist gewesen zu sein. Denn als einer der ersten Weißen nahm er in der Maloca do Mayá Kontakt mit dem Stamm der Wawanaueteri auf.
Ausführlich beschreibt er das Leben der Yanomami, deren interne Struktur und Organisation, die „Institutionen“ zur Machtbalance und „Sozialvorsorge“, ihre Mythen, Bräuche sowie ihren Totenkult (Endokannibalismus, d.h. den Verzehr der Asche eigener Stammesangehöriger). Diese Schilderungen zusammen mit denen ihrer Heiratspolitik (Verkupplungen) und Familienplanung (Polygamie, Inzestverbot) reihen sich sicherlich ein in die Berichte der großen Ethnologen, die etwa zeitgleich die Ureinwohner Amazoniens erforschten. Ein bereits 1975 vom französisch-algerischen Anthropologen Jacques Lizot verfasster Beitrag rundet die Informationen über die Yanomami ab (S. 91 bis S.100).
Für seine Recherchen risikierte Kindlimann des Öfteren sehr viel, bis hin zu seinem Leben. Scheinbar kein Körperteil blieb von irgendwelchen Leiden in dieser für Europäer so ungesunden Gegend verschont. Doch während ihm bei Geschwulsten, Ruhr und Eiterbeulen die europäischen Chemiepräparate schnell wieder auf die Beine verhalfen, war es im Angesicht eines auf ihn gerichteten vergifteten Pfeilschaftes die Autorität des tuschauas, des Häuptlings, der Schlimmeres verhinderte. Auch als Kindlimann mit jugendlichem Leichtsinn kilometerweit durch unbekannte Urwaldflüsse schwamm, um das Lager der Grenzkommission zu finden – und noch dazu nachts und in erschöpftem Zustand –, wird dem Leser klar, dass das Buch jeweils um eine Haar niemals hätte geschrieben werden können.
Obwohl Kindlimann einer der ersten Weißen war, der Kontakt zu den Yanomami hatte, blieb er nicht der Einzige. Auch fernab der Zivilisation finden sich stets Menschen aus unserem Jahrhundert, die forschen, Grenzen ziehen oder missionieren.
Das Engagement der Kirche in diesen gottverlassenen Regionen, das nach wie vor auf Missionierung der Indigenen ausgelegt ist, sieht Kindlimann durchaus kritisch. Für das Verhältnis zwischen der „zivilisierten“ Welt und den „Primitiven“ findet er eine schöne Metapher: „Noch immer verstand die Kirche die Nacktheit der Indios als Ausdruck einer sündigen Sexualität. So war es lediglich eine Frage der Zeit, bis auch diese Menschen gezwungen wurden, Kleider zu tragen, um am Sündenfall der christlichen Gesellschaft teilzuhaben“ (S. 60). Meist verlief die Christianisierung über die Kinder, die die Eltern den Padres gegen Geschenke überlassen hatten. Die Beschreibung der internierten Yanomami-Kinder – die Jungen mit militärisch kurzen Haarschnitten, die Mädchen in Röckchen – und das Leben in der Missionsstation Esmeralda (S. 62) erinnert den Leser stark an Vargas Llosas „La casa verde“, das 1965 erschien und das gleiche Phänomen für die Indigenen in Santa María de Nieva im peruanischen Amazonas-Gebiet eindringlich beschreibt.
Doch die Kirche steht keineswegs allein in unvorteilhaftem Ruf. Mit Verweis auf verschiedene wissenschaftliche Arbeiten dokumentiert Kindlimann, dass auch Ethnologen und Anthropologen nicht immer ethisch korrekt handelten. Ihnen werden Gentests, die Untersuchung der Auswirkungen von Masernimpfungen (die dann zu Epidemien führten), das Schönen von Forschungsergebnissen bis hin zum Schüren von Konflikten zwischen einzelnen Yanomami-Stämmen vorgeworfen (S.74 ff).
Das größte Problem beim Kontakt der Yanomami mit der „zivilisierten“ Welt ist jedoch das Einschleppen von Krankheiten. Tuberkulose, Grippe, Masern oder Pocken führten zur Dezimierung ganzer Sippen. Die Yanomami teilen somit das Schicksal vieler indigener Gemeinschaften, deren größter Feind die Erreger aus der Fremde wurden.
Bei all diesen Beschreibungen bleibt dennoch eine Frage unbeantwortet: Inwiefern trug Kindlimann selbst dazu bei, die Traditionen der Wawanaueteri zu ändern. Ihr (erster) Kontakt mit Kleidung und Seife, die Gastgeschenke wie Taschenmesser, Macheten und Spiegel, der Gebrauch des Maschinengewehrs M1 – sein Aufenthalt bei den Yanomami hat jedenfalls viele Spuren hinterlassen. Wahrscheinlich auch im interkulturellen Bereich. Denn das Durchbrechen der Regeln (im Extremfall das pietätlose Fotografieren der Kremation eines kurz davor verstorbenen Kleinkindes, S. 222) rief zurecht die Wut der Angehörigen herauf.
Die Yanomami zehn Jahre später
Zehn Jahre nach diesen ersten Erfahrungen kehrte Kindlimann zu den Yanomami zurück – mit Ehefrau, dafür ohne Kamera, weil „Ferien“ geplant waren. Im Buch war dieser Bericht von 1975 achronologisch vor den Bericht seiner Solotour von 1964/65 gesetzt. Dadurch geht jedoch leider ein Teil der spektakulären Erkenntnisgewinne Kindlimanns für den Leser unter, weil man diese Passagen schon wieder fast vergessen hat, wenn man schließlich am Ende des reich bebilderten zweiten Kapitels (knapp 200 Seiten weiter) angekommen ist. Vielleicht war der Aufbau so gewählt worden, um die beiden ausgiebigen Besuche 1964/65 und 2005 besser vergleichen zu können.
Doch gerade die Schilderungen des Schweizers, wie sich in den zehn Jahren bis 1975 die Lebensgewohnheiten einiger der Yanomami-Stämme offensichtlich grundlegend geändert hatten, wären eine gute Brücke gewesen, um den Niedergang der Ureinwohner noch eindringlicher darzustellen Demnach gingen einzelne Sippen-Mitglieder nun teils in Lumpen gekleidet, bettelten, rissen die mitgebrachten Geschenke an sich und zeigten ein ungewohnt aggressives Verhalten. Der Grund zur schnellen Heimkehr der Kindlimanns war jedoch nicht die sich zuspitzende gefährliche Situation, sondern ein anderer, trivialerer, der jeden europäischen Tropenreisenden früher oder später, schwächer oder stärker befällt: Durchfall.
Die Ursachen für diesen schnellen Wandel einer Jahrhunderte alten Tradition und Kultur mögen vielfältig sein. Besonders negativ dürften sich jedoch die Kontakte mit Goldsuchern ausgewirkt haben. Als Kindlimann 1988 erneut ins Yanomami-Ursprungsland, die Serra Parima, reiste, folgte er den unübersehbaren Spuren von zehntausenden von garimpeiros, die dem Lockruf des Goldes in die Bundesstaaten Roraima und Amazonas gefolgt waren. Dass ausgerechnet die Schutzbehörde der Ureinwohner in Brasilien, die FUNAI, das Vordringen der Goldsucher damals unterstützte, offenbart die schwierige Situation der Yanomami. Infolge von gezielten Angriffen, ja Jagden, Massakern (wie dem von Haximu 1993) oder Epidemien dezimierte sich die Bevölkerungszahl der Indigenen dramatisch.
Bei den Wawanaueteri: 2005
Um all diese negativen Auswirkungen vor Ort studieren zu können, beschloss Kindlimann im Jahr 2004, also 40 Jahre nach seinem ersten Besuch, erneut nach Wawanaueteri zurückzukehren. Nach einem für Südamerika typischen Behördenmarathon erhielt er schließlich die Genehmigung. Die größte Überraschung erlebte der Schweizer allerdings noch bevor er überhaupt ins Yanomami-Gebiet vorgedrungen war. Denn diese hatten eine Liste an Gastgeschenken verfasst, für dessen Transport gut und gerne zwei Cessnas nötigt gewesen wären (S. 298). Vor allem deutete diese Liste jedoch darauf hin, dass die Yanomami inzwischen lesen und schreiben konnten. Außerdem bestimmten sie nun selbst, unter welchen Bedingungen jemand ihr (geschütztes) Territorium betreten dürfe (S. 299).
Als Kindlimann im Yanomami-Gebiet eintraf, stellte er schnell fest, dass seine Gastgeber nun offenbar buchhalterische Fähigkeiten besaßen, die über das Zählen bis zwei hinaus reichten, weshalb sie den „Betrug“ der Minderlieferung an den geforderten Utensilien sofort bemerkten.
Auch der Empfang in verschiedenen Yanomami-Dörfern hielt einige Überraschungen bereit. Männer wie Frauen bedeckten nunmehr ihre Scham, trugen Baumwoll-Shorts und sprachen zum Teil besser Portugiesisch als Kindlimann. Der Haarschnitt der Männer war „zivilisiert“. Wenngleich sie noch Waffen trugen, fiel ihm sofort auf, dass die Pfeilspitzen jetzt mehrheitlich aus Eisen bestanden. Nicht zuletzt hatten die Yanomami andere Gepflogenheiten im Umgang mit den Gästen angenommen, die sie in separate Unterkünfte wiesen. Zudem war den Einwohnern der maloca bewusst, dass die Weißen von weit her kamen, weil sie Fotos machen wollten – und ihnen dafür all die Geschenke brachten.
Erhalten hat sich in diesen Dörfern hingegen ihre Egalität. Jeder besitzt gleiche Rechte, gleichen Raum, Gebrauchsgegenstände werden weiterhin im gegenseitigen Austausch benutzt, die Plantagenerzeugnisse gehören allen gleichermaßen (S. 323).
Doch genau dieses Prinzip der Egalität wird es nach Ansicht des Autors den Yanomami schwer machen, sich zu „akkulturieren“, ihre Stellung in dem kapitalistischen Weltsystem, das durch Privatbesitz geprägt ist, zu finden. Kindlimann erkennt sehr genau, dass sie dafür zunächst handlungsfähige Organisationen aufbauen müssten (S. 277), um überhaupt aus den ideologischen Differenzen praxisgeleitete Politiken durchsetzen und ihre Interessen artikulieren zu können. Der Leser bleibt aber skeptisch, ob der Eintritt der Yanomami in das 21. Jahrhundert ohne Aufgabe ihrer kulturellen Wurzeln – wie Kindlimann mehr erhofft als im tiefsten Innern glaubt – möglich ist. Der dritte Teil belegt denn auch zu eindeutig, den viel zu hohen Preis, den die Wawanaueteri dafür zu zahlen hatten: den Verlust Ihrer Identität.
Obwohl es dem Schweizer gelang, zu dem Ort vorzudringen, wo vor 40 Jahren Wawanaueteri existierte, erinnern heute nur noch die Söhne und Enkel des damaligen tuschaua Shititawë an das Dorf. Die meisten einstigen Bewohner sind verstorben – infolge einer Malaria-Epidemie Anfang der 1980er Jahre. Die größte Veränderung erfuhr jedoch Wawanaueteri selbst. Denn die Nachfahren der Wawanaueteri haben jenseits der Berge eine neue maloca errichtet – aus Holz, in Sektoren unterteilt und in Form von Einfamilienhäusern. Die Bilder auf den S. 374 und 375 sprechen mehr als Bände: Offenbar holte die Ideologie des Privateigentums das Yanomami-Dorf viel schneller ein, als Kindlimann das in seinen schlimmsten Träumen befürchtet hatte. Sein Aufenthalt wurde zudem nur geduldet, weil die Bewohner reiche Geschenke erwarteten. Als diese dann jedoch mehrheitlich an den Häuptling und seine Sippe gingen, verlor Kindlimann jegliche Illusionen über den Fortbestand der Yanomami-Kultur: Die egalitäre Gesellschaft gab es nicht mehr. Sie war untergegangen, wie die shabono von Wawanaueteri, vom Dschungel überwuchert, nur dass hier unser „zivilisiertes“ System die Rolle der Natur übernahm.
Die Kinder, in Schuluniformen gepresst und ausschließlich in Portugiesisch unterrichtet, werden wohl schon als vollständig akkulturiert gelten können – so wie auf seiner letzten Station, der Aldea Maturacá. Die Frauen trugen dort bereits Oberbekleidung und benutzten Kosmetik, während die Männer die Waffen endgültig zu Pflugscharen umgewandelt hatten. Außerdem war bereits eine genetische Vermischung mit Nichtstammesangehörigen erfolgt. Es gab eine gemauerte Schule – und die Bevölkerung strömte in Scharen in die Kirche, auf deren Altarbild sich der erleuchtete Jesus hinter einem Yanomami erhebt.
Und so verabschiedet sich Kindlimann von einer Welt, die in seinen Erinnerungen als ein Paradies der Egalität fortleben wird. Doch er selbst sieht keinen Grund mehr zur Wiederkehr, denn „Wawanaueteri existiert nicht mehr“ (S. 401).
Fazit
Alles in allem ist es ein sehr empfehlenswertes Buch für alle diejenigen, die sich für das Leben im Amazonas, speziell für das Volk der Yanomami und deren Wandel im Laufe der letzten 50 Jahre interessieren. Es besticht durch eine spannende Story und exzellente, noch dazu seltene Fotos.
Ein Manko ist, dass man die Konzeption des Buches und auch zahlreiche Textpassagen hätte straffen können. Es wiederholen sich manchmal Informationen (z.B. S. 123 u. S. 134 „rohes Fleisch“, S. 191 u. S. 198 „drei Wochen“, S. 274 u. S. 303 „Perimetral Norte“), worüber man sich ärgert. Nebenschauplätze wie das Verhältnis Kindlimanns zu Schweizer Botschaften in Lateinamerika (S. 254-255) tragen nichts zum Hauptthema bei. Das Werk muss mit seinen 414 großformatigen Seiten deshalb als zu umfangreich gelten – abgesehen davon, dass es aufgrund des Formats etwas sperrig in den Händen liegt.
Zudem wünschte man sich als Leser, es wäre an manchen Stellen etwas geordneter. Nicht nur chronologisch gibt es Sprünge. Auch durch verschiedene Einschübe verliert man mitunter den Lesefluss. Oftmals treten auch autobiographische Aspekte zu sehr in den Vordergrund, so dass das eigentliche Sujet des Buches, die Yanomami nämlich, fast vergessen wird.
Kindlimann schafft es aber dann immer wieder, den roten Faden aufzunehmen und die sich stetig verschlechternde Situation der Ureinwohner herauszuarbeiten.
Am Ende bleibt man als Leser fast resigniert zurück oder zumindest nachdenklich ob der Frage: Was ist Zivilisation? Was ist Fortschritt?
Heinz Kindlimann
Geboren in der Steinzeit – Gestorben in der Gegenwart.
Reisen ins Land der Yanomami-Indianer
orell füssli-Verlag
Zürich, 2006.
Fotos: Heinz Kindlimann