Vom 27.-29. August versammelten sich im Kino „Babylon“ in Berlin Mitte Filmschaffende, Kinobegeisterte und Lateinamerikainteressierte zum 1. Lateinamerikanischen Kurzfilmfestival in Berlin, LAKINO. Zu sehen gab es an drei Abenden mehr als 40 Kurzfilme. Für die Blöcke Offizieller Wettbewerb 1 und 2 wurden aus über 350 Einsendungen aus ganz Lateinamerika 16 Finalisten ausgewählt, über die sowohl die Jury als auch das Publikum abstimmen konnten. In den Reihen Reise nach Lateinamerika 1, 2 und 3 liefen fiktionale Kurzfilme der letzten drei Jahre, die bereits auf anderen Festivals zu sehen waren und die Zuschauer mit auf eine Reise durch den gesamten lateinamerikanischen Kontinent nahmen. Die Kurzfilme von Regisseurinnen sollten zeigen, ob es eine besondere weibliche Sicht auf die Dinge gibt. Für die Kleinen gab es LAKINO Kids, eine Auswahl an Kurzfilmen ohne Dialoge. Alle anderen Kurzfilme liefen in Originalfassung mit englischen Untertiteln.
Kurzfilme bieten die Möglichkeit, auf sehr kompakte Weise Geschichten zu erzählen. Als Ausnahme ist hier wohl der paraguayische Film Ahendue Nde Sapukai, auf Deutsch Der Mann, der Hügel, der Bauernhof, zu nennen. Hier geschieht 12 Minuten lang so gut wie gar nichts. Die Kamera bleibt die ganze Zeit auf das Haus auf dem Hügel gerichtet. Einmal sieht man ein paar Menschen aus dem Haus kommen. Ansonsten verändert sich außer den Lichtverhältnissen nichts. Bei diesem und dem absolut surrealistischen argentinischen Kurzfilm Inactivo war ich froh, dass es sich nur um Kurzfilme handelte, bei anderen hätte ich gerne auch noch ein wenig länger zugeschaut. Insgesamt war es ein sehr spannendes Festival, das vom Publikum sehr gut angenommen wurde. Das Team um den peruanischen Festivalleiter Martín Capatinta hat ganze Arbeit geleistet, und man möge ihm viel Gelingen wünschen für die 2. Auflage im nächsten Jahr, deren Planung bereits begonnen hat.
Im Folgenden eine kleine Auswahl an Kurzfilmen:
No me ama
Jury und Publikum waren sich einig, und so gewann dieser argentinische Kurzfilm sowohl den Jury- als auch den Publikumspreis.
Ein Pärchen fährt zum ersten Mal gemeinsam in den Urlaub – nach Uruguay. ER verfängt sich in dem Glauben, SIE würde ihn nicht lieben, da sie ihm dies – mit Worten – noch nie gesagt hat. Konsequenz: SIE wird ihn für den erstbesten Gitarre spielenden Hippie verlassen. Dem will ER zuvorkommen, indem er sich zuerst trennt. Doch das ist gar nicht so einfach, muss man doch den richtigen Moment abpassen. Der Kurzfilm ist quasi als innerer Monolog des männlichen Protagonisten aufgebaut, der ganz schön neurotisch daherkommt. Und irrsinnig komisch.
Las pelotas
Auch dieser chilenisch-schweizerische Film bescherte dem Publikum herzhafte Lachmomente. Irgendwo in der argentinischen Provinz kommt es zu einem Juniorfußballturnier, dem auch ein berühmter Talentscout aus der Hauptstadt beiwohnt. Leider sind die Söhne von Chato und López nicht gut genug, um entdeckt zu werden. Auf Nachfrage erklärt der Scout, dass beide zusammen genommen, vom einen der Kopf, vom anderen die Beine, Potenzial zum Star hätten. So kommen die beiden Männer auf die geniale Idee, einfach ihre Gene zu kreuzen: Jeder mit der Frau des anderen… Die Ehefrauen sind glücklicherweise sehr aufgeschlossen und stellen sich in den Dienst der Sache und die Großmutter, die eine erfahrene Hühnerzüchterin ist, übernimmt das Kommando. Neun Monate später heißt es dann: Es ist ein Junge!
Vestido
Dieser chilenische Kurzfilm spielt mit Ausnahme eines Gemüseladens nur im Atelier des Schneiders Osvaldo. Dieser ist um die vierzig, wirkt schlecht gelaunt und einsam. Das alles ändert sich schlagartig, als eine Jugendliche ihn bittet, ihr ein Kleid zu nähen. Da sie kein Geld hat, bietet er ihr an, bei ihm zu arbeiten und ihr dafür im Gegenzug das Kleid anzufertigen. Das Mädchen bringt mächtig Schwung in seinen tristen Alltag – bis das Kleid fertig ist.
Ana Beatriz
Dieser brasilianische Kurzfilm erzählt in rasantem Tempo die Geschichte des Kennenlernens von Ana Beatriz und Paulo Roberto. Interessant dabei ist, dass man seinen Tag hört, während man ihren Tag sieht. Am Anfang für den Zuschauer verwirrend ist diese Art, die Geschichte zu erzählen, doch ziemlich genial.
Viejos tu vieja!
Quique gesteht seinem Freund Esteban eines Tages, nachdem sie sich bereits seit Jahren ein Zimmer im Altersheim teilen, dass er noch nie mit einer Frau geschlafen hat und Angst hat zu sterben, ohne es getan zu haben. Das geht natürlich gar nicht, und so überredet Esteban Quique, sich noch in der gleichen Nacht auf die Suche nach einer Frau für seinen Freund zu begeben. Gemeinsam erleben sie einen außergewöhnlichen Ausflug in das städtische Nachtleben.
Interview mit dem Festivalleiter
Im Rahmen des Festivals hatte Quetzal die Gelegenheit, dem Festivalleiter, Martín Capatinta, einige Fragen zu stellen.
Wie entstand die Idee für das Festival LAKINO?
Ich habe hier in der Filmarche, eine selbst organisierte und in Europa einzigartige Schule, studiert und ich denke, mit diesem Geist beschloss ich dann instinktiv, es zu machen, und von einem Tag auf den anderen ging ich ins „Babylon“ und stürzte mich in Probleme. Es macht mir Spaß, mir Projekte zu überlegen und sie zu entwickeln, und dieses ist ein weiteres.
Warum gerade Kurzfilme? Gibt es dafür ein breites Publikum
Wir alle, die wir mit audiovisuellen Medien zu tun haben, beginnen, indem wir Kurzfilme produzieren. Es gibt viele Kurzfilmfestivals auf der Welt, und dieses ist ein weiteres, das die 20 lateinamerikanischen Länder in der Stadt Berlin zusammenbringt. Die Kultur im Allgemeinen hat ihr Publikum – und die Kurzfilme ebenfalls, ein Beweis dafür ist Interfilm.
Glaubst du, dass Kurzfilme eine Ausdrucksform sind, die sich besser an das lateinamerikanische Leben anpasst?
Kurzfilme passen sich ihren Schöpfern an, und die Schöpfer arrangieren sich mit ihren Mitteln, um über das zu sprechen, was sie in diesem Moment am meisten bewegt, egal woher man kommt.
Welche Art von Filmen wird im Wettbewerb gezeigt? Wie wurden die Kurzfilme, die am Wettbewerb teilnehmen, ausgewählt?
Gezeigt werden Dokumentarfilme, Fiktion, Experimentalfilme und Animationen. Uns erreichten 350 Kurzfilme, und ein Sichtungsteam war zwei Monate damit beschäftigt, die 16 Finalisten auszuwählen.
War es schwierig, Mitstreiter und Finanzierung für dieses Projekt zu gewinnen?
Das Projekt an sich ist sehr interessant, und es gab immer Menschen, die an uns herangetreten sind und uns ihre Hilfe angeboten haben, bis wir fast 40 Personen waren.
Die Finanzierung ist immer sehr wichtig. In diesem Fall handelt es sich um ein sehr teures Projekt, da wir ein echtes Festival veranstalten wollten (mit einer internationalen Jury, einem Geldpreis, einer Infrastruktur für seine Arbeitsbereiche, mit einer stabilen Bildqualität und vielen anderen Dingen) und eines, dass nicht auf halbem Wege scheitert. 70 % des Budgets übernahm die Produktionsfirma, für die ich arbeite, Ble Demones, und 30 % verdanken wir der Förderung von Inotawa, und außerdem erhielten wir Unterstützung von der Pulquería sowie von vielen Partnern.
Nach welchen Aspekten wurde die Jury zusammengestellt?
Erfahrung und Jugend, international.
Warum der Name LAKINO?
Während wir die Ausrichtung vorbereiteten, die das Festival bekommen sollte, waren wir sehr damit beschäftigt, die Grundlagen für die Ausschreibung, die Datenbank, die Internetseite etc. vorzubereiten, so dass ich mich entschloss, auf meinen Freundeskreis bei Facebook zurückzugreifen und denjenigen zu bezahlen, der mir den besten Namen schickt. Das Gleiche habe ich mit dem Logo gemacht. Der Geist der Teamarbeit funktioniert.
Übersetzung aus dem Spanischen: Monika Grabow
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Bildquelle: LAKINO Berlin. Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung
Aber hier ist der Film, welche Sie nie vergessen werden, welcher nicht fuer Sie geschaffen wurde, nicht fuer uns Weisse. Dieser Film wurde von einer indigenen Journalistin in Brasilien fuer ihre eigenen indigenen Mitbuerger geschaffen – mit dem Titel „Das Brechen des Schweigens“ (die Tradition gewisse Kinder zu ermorden). Sehe : vimeo.com/11471811