Huffschmid, Anne: Mexiko – das Land und die Freiheit. Rotpunkt Verlag, Zürich 2010. 288 Seiten.
Sterr, Albert: Mexikos Linke – Ein Überblick. Soziale Bewegungen, Guerillagruppen und die »Andere Kampagne« der Zapatisten. Neuer ISP Verlag, Köln/ Karlsruhe 2008, 216 Seiten.
Bernecker, Walther/ Pietschmann, Horst/ Tobler, Hans Werner: Eine kleine Geschichte Mexikos. Suhrkamp Verlag, Frankfurt a. M. 2007. 388 Seiten.
Bernecker, Walther l./ Braig, Marianne/ Hölz, Karl/ Zimmermann, Klaus (Hrsg.): Mexiko heute. Politik – Wirtschaft – Kultur. Vervuert Verlag, Frankfurt a. M. 2004. 826 Seiten.
Boris, Dieter/ Sterr, Albert: FOXtrott in Mexiko. Demokratisierung oder Neopopulismus? Neuer ISP Verlag, Köln 2002. 270 Seiten.
2010 war für Mexiko ein besonders symbol- und geschichtsträchtiges Jahr: Am 16. September feierten die Mexikaner den 200. Jahrestag (Bicentenario) des Grito de Dolores, mit dem der Unabhängigkeitskampf gegen Spanien begann, und am 20. November begingen sie das hundertjährige Jubiläum der Revolution von 1910 (Centenario).[1] Allerdings war vielen nicht nach Feiern zumute. 2010 bildete mit mehr als 10.000 Toten zugleich einen tragischen Höhepunkt im „Drogenkrieg“ zwischen der Staatsmacht und den Kartellen, der von Präsident Felipe Calderón vor vier Jahren initiiert worden war.[2] In diesem Zusammenhang ist eine heftige Kontroverse darüber entbrannt, ob Mexiko inzwischen zu den failed states, den gescheiterten Staaten, zu zählen sei.[3] Vor diesem Hintergrund mag die „Reform- bzw. Transitionskrise“, die ebenfalls zur Bilanz des letzten Jahres gehört, eher unbedeutend erscheinen.[4]
Gibt es eine Mexiko-Spezifik und worin besteht sie?
Für die Beantwortung dieser Frage bietet das 2010 erschienene Buch von Anne Huffschmid „Mexiko – das Land und die Freiheit“ einen guten Einstieg. In der Einführung, die mit „Wer oder was ist Mexiko?“ überschrieben ist, wird Mexicanidad als „Collage von Eigentümlichkeiten“ (S. 10ff) beschrieben, die ihren Ursprung im „Einswerden von Eroberern und Eroberten“ hat. „Mexikanische Gespaltenheit“, die „Macht des Mythischen“ und „Machismo“ werden als Teile dieser Collage benannt. Das ganze Buch ist als Abfolge von Schlaglichtern und Szenarien konzipiert, die der Autorin „für das Mexiko des 21. Jahrhunderts relevant zu sein scheinen“ (S. 16). Das erste Kapitel, das direkt auf den Bicentenario Bezug nimmt, bietet historische Rückblenden, die auf 1810 und 1910 fokussiert sind, sowie einen längeren Abschnitt zur Erinnerungspolitik und zu den historischen Mythen der Mexikaner, die Fixpunkte ihrer nationalen Identität bilden. „Geschichte kann so als Prozess erinnert werden, mit offenem Ausgang, nicht als Ergebnis“ (S. 21). Im zweiten Kapitel steht die indigene Zivilgesellschaft im Mittelpunkt, wobei sich die einzelnen Themen und Beispiele auf die südlichen Bundesstaaten Oaxaca und Chiapas konzentrieren.
Als dritten Schwerpunkt behandelt Anne Huffschmid das Dreiecksverhältnis von Frauen, Männern und Macht. Interessanterweise werden in der konkreten Darstellung vor allem Frauen porträtiert: Politikerinnen wie die PRI-Chefin Beatriz Paredes (im Buch als „Kometenfrau“ charakterisiert) oder die Vorsitzende der Lehrergewerkschaft, Elba Ester Gordillo („La Maestra“), Journalistinnen, die Jungfrau von Guadalupe und natürlich Malinche. Selbst die ehemalige Staatspartei findet hier als „Mama PRI“ ihren Platz. Exemplarisch für „Machismo“ steht der „relative Niedergang zweier symbolmächtiger Mannsbilder“: Subcomandante Marcos und Andrés Manuel López Obrador (S. 111-113). Ihr typisch männlicher „Umgang mit Niederlagen“ (S. 116) habe dazu geführt, dass beide ihr „ursprüngliches politisches Kapital und damit auch das zweier machtvoller Bewegungen“ (S. 113) verspielt haben – ein Thema, auf das noch zurückzukommen sein wird. Auch wenn mir letzteres etwas kurzschlüssig formuliert zu sein scheint, hat mir dieses Kapitel wegen der subtilen, aber zugleich klar konturierten Frauenporträts besonders gefallen. Weitere Kapitel sind Mexiko-Stadt (S. 135-189), dem Drogenkrieg (191-233) sowie drei Frauen und einem Mann gewidmet, die als „Grenzgänger“ vorgestellt werden. Teil dieses letzten Kapitels (S. 235-276) sind Abschnitte über das neue mexikanische Kino und das „Fest der Toten“.
Zwei „ältere“ Bücher – „Eine kleine Geschichte Mexikos“ (2007) und „Mexiko heute: Politik – Wirtschaft – Kultur“ (2004)[8] – bieten dem Leser aus unterschiedlicher Perspektive weitere Ansatzpunkte für die Suche nach der Spezifik Mexikos. Die drei Autoren der „Kleinen Geschichte“ – mit 388 Seiten dann doch etwas umfangreicher – behandeln in je einem Drittel des Buches die Zeit bis zur Unabhängigkeit (Horst Pietschmann), das 19. (Walther L. Bernecker) und das 20. Jahrhundert (Hans Werner Tobler). Alle drei Historiker sind ausgewiesene Experten für den von ihnen zu verantwortenden Zeitabschnitt der mexikanischen Geschichte.[9] Bei Pietschmann und Bernecker kommt noch hinzu, dass analoges für die spanische Geschichte gilt[10], was besonders bei der Darstellung der wechselseitigen Beziehungen zwischen Kolonie und „Mutterland“ positiv zu Buche schlägt. Bei Tobler handelt es sich um den Historiker im deutschsprachigen Raum, der sich wie kein zweiter in der Geschichte der mexikanischen Revolution auskennt.[11] Ein kleines Manko des zweiten Teils (Bernecker) besteht aus der Sicht des Rezensenten darin, dass zum Befreiungskampf Neu-Spaniens nur sehr wenig (S. 121-125) mitgeteilt wird.
„Mexiko heute“ ist ein sehr umfangreicher Sammelband (826 S.) mit insgesamt 27 Beiträgen, der zu Recht den Anspruch erheben kann, Handbuch und Nachschlagewerk zu sein. Gegenüber der Erstauflage von 1992 handelt es sich in den meisten Teilen um ein völlig neues Buch. Es gliedert sich in fünf Teile: Während Kultur (S. 421-696) und Literatur (S. 697-802) der zweiten Hälfte des Bandes vorbehalten sind, teilen sich der geographisch-historische (S. 13-114), der staatlich-politische (S. 115-268) und der wirtschaftlich-soziale Teil (S. 270-417) die erste Hälfte. Trotz – oder wegen? – seiner Detail- und Informationsfülle macht der landeskundlich konzipierte Sammelband einen etwas fragmentierten Eindruck. Dies ist darauf zurückzuführen, dass – abgesehen vom ersten Teil – den übrigen Themenfeldern kein einführender Überblick vorangestellt wurde. So erfährt man im zweiten Teil Wichtiges über Verfassung, Kirche, Parteien, politische Kultur, Menschenrechte und Außenpolitik, aber über den mexikanischen Staat eben nichts Systematisches. Im dritten Teil mit fünf Beiträgen, von denen aber nur der über Währungspolitik dem Bereich der Wirtschaft zugerechnet werden kann, erfüllt zwar der Beitrag von Mitherausgeberin Marianne Braig in etwa die Funktion einer Überblicksdarstellung zum Teilbereich „Gesellschaft“, Vergleichbares zu „Wirtschaft“ findet sich jedoch nicht. Ähnliches gilt für die beiden letzten Teile des Buches.
Was die „Mexiko-Spezifik“ angeht, so tritt diese vor allem in Hinblick auf Verlauf, Ergebnisse und Langzeitfolgen der Revolution von 1910 zutage (Tobler, S. 243). Sie bezieht sich zunächst auf die historische Tatsache, dass die mexikanische Revolution die erste „große“, d.h. soziale Revolution des 20. Jahrhunderts ist und damit Mexiko sowohl weltgeschichtlich (hier zusammen mit der russischen und chinesischen Revolution) als auch für Lateinamerika (hier zusammen mit der kubanischen Revolution, die aber erst 50 Jahre später politisch siegt) einen besonderen Platz zuweist. Zugleich stellt die Revolution die Weichen für den Sonderweg Mexikos gegenüber den anderen Ländern Lateinamerikas und führt in ihrer Langzeitwirkung auch dazu, dass dieser für ein halbes Jahrhundert zur Erfolgsstory gerät. Im Wissen um diese „Mexiko-Spezifik“ gelangt man beim Lesen der „Kleinen Geschichte“ früher oder später an den Punkt, an dem man darüber nachdenkt, inwiefern dieses Produkt des 20. Jahrhunderts seine Wurzeln in der ferneren Vergangenheit haben könnte.
Hier soll nicht ex post nach Kausalzusammenhängen gesucht werden, die es aufgrund der dem menschlichen Handeln immanenten Offenheit und Kontingenz so nicht geben kann. Dennoch schärft dieses Wissen den Blick für jene Momente, Konstellationen und Strukturen, die in die Genesis der „Mexiko-Spezifik“ synergetisch eingeflossen sind und ihr letztendlich mit zum Durchbruch verholfen haben. Wenn zum Beispiel Pietschmann betont, „dass das Aztekenreich a) nicht durch die Überlegenheit der spanischen Invasoren besiegt wurde und b) nicht mit dem Fall Tenochtitláns zu bestehen aufhörte“ (S. 20), dann führt dies zu der Frage, welchen Einfluss das aztekische bzw. indigene Erbe auf Unabhängigkeit und Revolution hatte. Ohne den „indigenen Faktor“ kann man jedenfalls weder das eine noch das andere hinreichend und plausibel erklären.[12]
Ähnliches gilt für „die mehrfach angesprochene Zweiteilung des heutigen Mexiko in einen indigen geprägten und zu Mesoamerika gehörenden Teil und einen ausgedehnten, dünn besiedelten Norden, der eine offene frontier-Region darstellte, in dem sich andersartige soziale, wirtschaftliche und kulturelle Strukturen bildeten“ (S. 69). Obgleich weder Independencia (1810-1821) noch Revolution (1910-1940) darauf zu reduzieren sind, hat diese Zweiteilung beiden historischen Großereignissen ihren Stempel aufgedrückt. So bildete die Sozialrebellion der mehrheitlich indigenen Anhänger von Miguel Hidalgo 1810 den Auftakt des Unabhängigkeitskampfes und bestimmte in der Folge maßgeblich das Verhalten der kreolischen Elite Neu-Spaniens. Auch die „Regionalisierung“ der Revolution von 1910 und insonderheit die zapatistische Agrarrevolution des Südens bleiben ohne den – regional unterschiedlich ausgeprägten – „indigenen Faktor“ unverständlich. Mit Blick auf die gegenwärtige „Ethnisierung des Politischen“ und die indigenen Bewegungen Lateinamerikas stellt sich jedoch zugleich die Frage, wie die jeweilige Kombination und Vermittlung von Sozialem und Ethnischen 1810, 1910 bzw. 2010 konkret zu bestimmen ist.
Aufstieg und Niedergang des „mexikanischen Wunders“
Als „mexikanisches Wunder“ (milagro mexicano) wird die für Lateinamerika sonst nicht anzutreffende Kombination von lang anhaltender politischer Stabilität und hohem ökonomischem Wachstum bezeichnet, die für Mexiko von 1940 bis 1968/70 charakteristisch war (Tobler, S. 301-331). Dieser „Sonderweg“ wurde durch zwei Faktoren möglich: Erstens durch die „nachgeholte“ soziale Revolution unter Lázaro Cárdenas (Tobler, S. 294-300); zweitens durch das Herrschaftssystem der „institutionalisierten Revolution“, das eine politische Kultur und einen politischen Stil sui generis hervorgebracht hat (Uwe Franke in „Mexiko heute“, S. 175). Dieses System zeichnet sich durch die Kombination von (ziviler) Kontrolle und politischer Mobilisierung „von oben“ aus, mit deren Hilfe die politisch-gesellschaftliche Integration breiter Bevölkerungsteile ermöglicht und wichtige soziale Mobilitätskanäle freigelegt werden konnten. Dem Staat kam bei der Generierung des raschen wirtschaftlichen Wachstums im Rahmen der Importsubstituierenden Industrialisierung (ISI) eine zentrale Rolle zu (S. 301-303). Das „mexikanische Wunder“ wird einerseits als Ausnahmefall gehandelt, dem andererseits aber zugleich Modellcharakter zuerkannt wird. Diese Paradoxon – Ausnahme als Modell[13] – zieht sich auch durch etliche Beiträge des Sammelbandes „Mexiko heute“, wobei es – ohne dass sich die Autoren dessen bewusst sind – sowohl für den Entwicklungspfad als auch für das politische System postuliert wird. So spricht Franke Mexiko einen „entwicklungspolitischen Modellcharakter“ (S. 175) zu, während Faust „die Einzigartigkeit des korporatistisch geprägten mexikanischen Entwicklungsmodells“ (S. 202) hervorhebt. Horn verweist auf die in den 1960er Jahren zu verzeichnende Tendenz, Mexiko den anderen Ländern der Hemisphäre „als Modell für einen Weg zur Demokratie“ zu präsentieren (S. 120). Braig betont hingegen die Besonderheiten des politischen Systems, die nicht in einer vermeintlichen Demokratiekompatibilität liegen, wie der lange und immer noch nicht abgeschlossene Transitionsprozess Mexikos zeigt. „Die im Vergleich mit anderen lateinamerikanischen Staaten außergewöhnliche politische Stabilität Mexikos war weniger in einer etwaigen Stärke des zentralen Nationalstaates zu suchen, sondern vielmehr in dessen Fähigkeit, auf Druck von unten reagieren und dabei mit divergierenden sozialen und lokalen Verhandlungspartnern umgehen zu können.“ (S. 272)
Nach Mols (1981, S. 113 – zitiert in: Eine kleine Geschichte Mexikos, Tobler, S. 331) bewirkte ein Geflecht miteinander verwobener Krisen das Ende des „mexikanischen Wunders“: die nicht behobenen Verzerrungen der Sozialstruktur, die evidenten Demokratiedefizite, die zunehmende wirtschaftliche Abhängigkeit und die Entfremdung breiter Volksschichten gegenüber dem PRI-Regime.[14] In dieser Hinsicht signalisierte die blutige Niederschlagung der Studentendemonstrationen von Tlatelolco im Oktober 1968 den Anfang vom Ende der „institutionalisierten Revolution“ und des „mexikanischen Wunders“.
„In deutlichem Gegensatz zu den vorangegangenen Jahrzehnten politisch-gesellschaftlicher Stabilität im Zeichen des milagro mexicano war der Zeitraum zwischen 1970 und 2000 durch eine fortschreitende Krise des politischen Systems, die tiefe Schulden- und Wirtschaftskrise der 80er Jahre und die zunehmende Abwendung von dem maßgeblich durch Revolution und Spätrevolution geprägten spezifisch mexikanischen Entwicklungsweg im 20. Jahrhundert gekennzeichnet.“ (Tobler, S. 332)
Albert Sterr und Dieter Boris beleuchten die „Sonderstellung“ Mexikos innerhalb Lateinamerikas (Boris/Sterr, S. 7) von einer anderen Seite. Beide Autoren heben vor allem die negative „Leitfunktion“ des Landes (ebenda) und die damit verbundene Rolle Mexikos als „Gegenmodell zum reformerischen Aufbruch in Südamerika“ (Sterr, S. 6) hervor. Diese Charakterisierung bezieht sich auf die 1982 eingeleitete neoliberale Wende, die im Falle Mexikos „besonders einschneidend“ war, weil der wirtschaftspolitische Paradigmenwechsel „das eigentliche Fundament des postrevolutionären Wirtschaftsmodells, die staatlich geschützte wirtschaftliche Entwicklung ‚nach innen’ und die zentrale Rolle des öffentlichen Sektors in der Wirtschaft betraf“ (Tobler in „Mexiko heute“, S. 80). Endgültig festgeschrieben wurde die neue „weltmarktintegrierte und exportorientierte Wirtschafts- und Entwicklungspolitik“[15] mit dem NAFTA-Beitritt des Landes am 1. Januar 1994. Wenige Monate später wurde Mexiko als erstes Schwellenland Vollmitglied der OECD. „Von allen großen lateinamerikanischen Staaten hatte Mexiko am konsequentesten den neoliberalen, außenorientierten Transformationsprozeß durchgesetzt“ (Tobler in „Kleine Geschichte“, S. 355). Auf diese Weise hatte sich „Mexiko zum Modellfall für den so genannten Washington Consensus gewandelt“ (Barbara Fritz in „Mexiko heute“, S. 321).
In Hinblick auf das politische System bildet die historische Abwahl des PRI im Juli 2000 die entscheidende Zäsur. Nun war endgültig jener „Sonderweg beendet, der mit der Mexikanischen Revolution begonnen hatte“ (Sterr, S. 22; vgl. auch Tobler, S. 362).[16] Andere Autoren wie Stephanie Schütze in ihrem Beitrag im Sammelband „Mexiko heute“ verweisen jedoch darauf, dass sich der Wandel der politischen Kultur „nicht zeitgleich mit den institutionellen Transformationen“ vollzieht (S. 261). Vielmehr sind die „Widersprüchlichkeit des Nebeneinanders und der Vermischung unterschiedlicher politischer Kulturen … charakteristisch für den gegenwärtigen mexikanischen Demokratisierungsprozess“ (S. 264). Dieser Prozess wird in den beiden Büchern von Dieter Boris und Albert Sterr, bei denen es sich erklärtermaßen um „analytische Interpretation(en) aktueller Entwicklungen“ (Sterr, S. 8; Boris/ Sterr, S. 8) handelt, genauer untersucht.
„FOXtrott in Mexiko“, welches von beiden Autoren verfasst wurde, behandelt die ersten zwei Jahre der Regierung von Vicente Fox. Der von Sterr allein publizierte Titel „Mexikos Linke“ beschäftigt sich zwar im ersten Teil ebenfalls mit der inzwischen zehn Jahre währenden PAN-Ära, im fast dreimal längeren Hauptteil wird der Schwerpunkt aber auf den antineoliberalen Widerstand und politische Alternativen gelegt (S. 64-210). Es fällt allerdings auf, dass derselbe Gegenstand – die politische Transition Mexikos seit 2000 – mit unterschiedlichen Konzepten analysiert wird. Bei „FOXtrott in Mexiko“, das bereits 2002 erschienen ist, dient das Konzept des Neopopulismus als Analyseinstrument. Es wird zum einen dazu verwendet, um eine Querverbindung von Vicente Fox zu Alberto Fujimori (Peru 1990-2000) und Carlos Menem (Argentinien 1989-1999) herzustellen, die „als deutlichste Ausprägung des neuen Politiktypus“ gelten; zum anderen soll damit die neue Qualität gegenüber dem klassischen Populismus deutlich gemacht werden, der in seiner „strukturellen“ bzw. „institutionalisierten“ Variante von Boris/Sterr zur Charakterisierung des PRI-Systems benutzt wird, auch wenn dieses nicht alle Definitionsmerkmale des klassischen Populismus erfüllt (Boris/Sterr, S. 231).
Die beiden Autoren gelangen in Hinblick auf die Politik der Fox-Regierung zu dem Schluss, dass der „Dauerkonflikt zwischen konservativem Gesellschaftsentwurf, Neopopulismus und klassischem Populismus“ weiter anhält. Zwar fällt das Gesamturteil über die sechsjährige Amtszeit der ersten PAN-Regierung in „Mexikos Linke“ ebenso aus wie bei „FOXtrott in Mexiko“ („Wechsel ohne Wandel“). Allerdings greift Sterr in ersterem den Begriff der „antipopularen Demokratie“ auf, um das neu entstehende politische Regime zu definieren. Im Unterschied zum Konzept des Neopopulismus, welches von Boris/Sterr (S. 230ff.) detailliert erklärt wird, bleibt der Inhalt des von Sterr 2008 verwendeten Begriffes unklar. Lediglich der einschlägig gebildete Leser vermag sich ein ungefähres Bild zu machen, indem er annimmt, dass es sich um das Gegenteil von „national-popular“ handeln könnte. Als Vertreter „national-popularer Regimes“ nennt Sterr Chávez (Venezuela), Kirchner (Argentinien), Morales (Bolivien) und Correa (Ecuador). López Obrador (Mexiko), der die Präsidentschaftswahlen 2006 nur knapp verloren hatte, wird ebenfalls zur Gruppe der national-popularen Kräfte gerechnet (S. 17/18). Für die Ära des klassischen Populismus (1940-1970) wird auf den mexikanischen PRI, den Peronismus in Argentinien und die bolivianische Revolution von 1952 als Beispiele national-popularer Regimes verwiesen (S. 14). Anhand der aktuellen wie historischen Beispiele kann man sich den Begriff des „national-popularen“ zwar indirekt erschließen, eine Definition analog zu der des „Neopopulismus“ wäre aber angesichts der zentralen Bedeutung für das weitere Verständnis der Argumentation von Sterr mehr als angebracht gewesen. Das Thema „Mexikos Linke“, zu denen er auch die national-popularen Kräfte um López Obrador zählt, wird im letzten Abschnitt dieses Literaturberichts aus einer Perspektive beleuchtet, die das Jahr 2010 mit 1910 und 1810 in Verbindung bringt.
2010 – warum Staatskrise, aber keine Revolution?
Diese Verbindung beschränkt sich nicht darauf, dass die Mexikaner im vergangenen Jahr ihrer „Gründungsmythen“ von 1810 und 1910 gedachten (Huffschmid, S. 22). Vielmehr geht es darum, eine Antwort auf die Frage zu finden, warum es trotz Staatsnotstand, Reformblockade, Drogenkrieg und Wirtschaftskrise, die in vielem an den Vorabend der Revolution von 1910 erinnern, dem breiten Spektrum der mexikanischen Linken nicht gelungen ist, 2010 den sozialen und politischen Protest in revolutionäre Bahnen zu lenken. Oder anders gefragt: Was hindert Mexiko 200 Jahre nach Beginn seines Unabhängigkeitskampfes daran, dem national-popularen Beispiel von Venezuela, Bolivien und Ecuador zu folgen, wo unter der Führung linker Regierungen ein grundlegender Transformationsprozess mit revolutionärem Anspruch eingeleitet wurde? Diese vergleichende Perspektive impliziert zugleich die Frage, inwiefern das Ausbleiben einer Linkswende auf eine „Mexiko-Spezifik“ zurückgeführt werden kann, die diesmal nicht revolutionär begründet ist, sondern antirevolutionäre Wirkungen zeitigt.
Von den fünf rezensierten Büchern bieten vier Ansatzpunkte für eine Antwort auf die oben aufgeworfenen Fragen: Die „Kleine Geschichte“ in Hinblick auf die Möglichkeiten und Bedingungen einer Revolution aus historischer Perspektive, Anne Huffschmid mit ihren „Schlaglichtern“ auf das Mexiko des 21. Jahrhunderts, „Mexiko heute“ mit Beiträgen über die Fragmentierung und Polarisierung der Gesellschaft (Marianne Braig), die gestiegene Verwundbarkeit der mexikanischen Wirtschaft (Barbara Fritz), den Aufstand der Zapatisten in Chiapas (Wolfgang Gabbert) und die zivilgesellschaftlichen Bewegungen der letzten 30 Jahre (Víctor Díaz Arciniega) sowie Albert Sterr mit seinem Überblick über die mexikanische Linke. Da eine umfassende Erklärung der gegenwärtigen Revolutionsabstinenz Mexikos zum einen den Rahmen dieses Literaturberichtes sprengen, zum anderen eine breitere Literaturbasis erfordern würde, konzentriert sich die folgende Darlegung auf zwei grundlegende Aspekte, die bisher noch nicht zur Sprache gekommen sind: den Zustand der mexikanischen Linken und die geopolitische Lage Mexikos. Während sich ersteres sehr gut mit Sterrs Überblick von 2008 bestreiten lässt, ist es beim zweiten Aspekt sinnvoll, einige zusätzliche aktuelle Quellen heranzuziehen.
Einen guten Zugang bietet ein Artikel von John Ross, in dem einerseits herausgearbeitet wird, dass Mexiko von den objektiven Bedingungen her überreif für eine neue Revolution ist, andererseits aber die subjektiven Faktoren nicht auf der Höhe der Zeit sind, da es den revolutionären Kräften an Kohäsion und Konsolidierung mangelt. Mit Verweis auf eine entsprechende Einschätzung der Guerillaorganisation ERP kommt Ross zu dem Schluss, dass deshalb 2010 nicht mit einer erneuten Revolution zu rechnen sei.[17] Dies führt uns direkt zum Buch von Albert Sterr, das ausführlich, kenntnisreich und kritisch den Zustand der mexikanischen Linken analysiert. In seiner Einleitung (S. 9-21) ordnet er die „plurale Linke“ Mexikos (S. 19) in den lateinamerikanischen Kontext ein. Nach einer gerafften Darstellung des „stecken gebliebenen Modellwechsels“ der letzen zehn Jahre, der das „Staatsparteiensystem“ der PRI lediglich durch eine „antipopulare Demokratie“ ersetzt habe (S, 22-62), widmet sich Sterr der detaillierten Untersuchung des gesamten linken Spektrums Mexikos, zu dem er folgende vier Strömungen rechnet: „den gemäßigten, parlamentarisch-institutionellen Flügel unter der Führung der PRD, die soziale Linke mit ihren vielfältigen Bewegungen, Organisationen, Verbänden und Gewerkschaften, die zapatistische ‚Andere Kampagne‘ und die revolutionären Untergrundbewegungen“ (S. 65).[18] Wichtig erscheint mir Sterrs Hinweis, dass derzeit in Mexiko „ein spannender und für das Kräftespiel des gesamten amerikanischen Doppelkontinents bedeutsamer Prozess der Neugruppierung aller politischen Kräfte statt(findet)“ (S. 64). Als zentrales Manko der mexikanischen Linken benennt er das Nichtzustandekommen einer Aktionseinheit (S. 53, 207). Es ist ein großer Vorzug des Buches, dass der Autor nicht bei dieser Feststellung stehen bleibt, sondern sie sehr anschaulich und kenntnisreich anhand konkreter Kämpfe und Entscheidungssituationen untermauert und belegt.
Dabei kommt den Ereignissen des Jahres 2006 eine Schlüsselstellung zu (S. 50ff.): Der äußerst knappe Sieg des PAN-Kandidaten Felipe Calderón gegen seinen linken Kontrahenten Andrés Manuel López Obrador (AMLO) im Juli, der von massiven Betrugsvorwürfen begleitet wird, führt zu einer bislang nicht gekannten Mobilisierung breiter Bevölkerungsschichten, spaltet das Land in zwei Lager und belastet die neue Regierung mit einem Legitimationsdefizit, das sie u.a. mit der Einleitung eines „Drogenkrieges“ durch die Flucht nach vorn vergeblich zu beheben sucht (S. 38-54, 59-63). Von Mai bis Oktober kommt es im Bundesstaat Oaxaca zu einer breiten und innovativen Volkserhebung, die durch brutale Repression zwar gestoppt, aber nicht zerschlagen werden kann (S. 122-133). Die aus ihr erwachsende „Volksversammlung der Völker Oaxacas“ (Asamblea Popular de los Pueblos de Oaxaca – AAPO) ist „mehr als die Summe ihrer Teile. Sie ist, obwohl auf einen Bundesstaat begrenzt, zu einem Vorbild geworden, was die mexikanische außerparlamentarische Linke sein könnte“ (S. 130).[19]
Beide Ereignisse stellen nicht nur für die direkt daran Beteiligten eine qualitativ neue Herausforderung dar, sondern für die mexikanische Linke in ihrer pluralen Gesamtheit, wie Sterr dann am Beispiel der Zapatisten (S. 142) und der Guerilla (S. 156) zeigt. Sterrs Kritik an den mexikanischen Linken zielt dabei vor allem in zwei Richtungen: Zum einen wirft er Subcomandante Marcos vor, „ohne Not … den Zapatismus zurück in eine sektiererische Sackgasse manövriert“ zu haben (S. 142; weitere Kritikpunkte auf den Seiten 88ff., 93, 104, 119, 132). Zum anderen kritisiert er die Politik der PRD, die mit ihrem „Dauerstreit“ (S. 77) und ihrem Tanz auf des „Messers Schneide zwischen Opportunismus und Sektierertum“ (Rebelión vom 30.10.2007 – zitiert auf S. 75) seitens der „reformistische(n), gemäßigte(n) und parlamentsorientierten Linke(n)“ (S. 81) das Zustandekommen der dringend notwendigen Aktionseinheit blockiert. Den Zäsurcharakter des Jahres 2006 umreißt Sterr zusammenfassend mit folgenden Worten: „Seit dem Abtreten der ersten PAN-Regierung unter Vicente Fox (2000-2006) und der von Wahlbetrugsvorwürfen überschatteten Amtsübernahme durch den zweiten PAN-Präsidenten Felipe Calderón ist Mexiko nicht mehr zur Ruhe gekommen. Die unter den PRI-Regimes geradezu sprichwörtliche politische Stabilität gehört endgültig der Vergangenheit an. Mexiko ist nicht länger das ‚Land, in dem nichts passiert’. Es zeichnet sich ab, dass dem US-Nachbarn schwierige und konfliktreiche Jahre bevorstehen. Die USA stellen sich bereits darauf ein.“ (S. 204)
An dieser Stelle kommt ein Faktor ins Spiel, ohne den weder die „Mexiko-Spezifik“ im Allgemeinen noch das Problem des Ausbleibens einer revolutionären Antwort auf die Staatskrise im Besonderen hinreichend geklärt werden können: die USA.
Bedauerlicherweise kommt dieses Moment der „Mexiko-Spezifik“ in allen fünf besprochenen Büchern zu kurz. Im Sammelband „Mexiko heute“ wird zwar das „Borderland“-Problem in währungspolitischer Hinsicht thematisiert und auch die Literatur und Kunst der chicanas/os wird behandelt. Selbst im Beitrag über die Außenpolitik, die dort im Kontext der politischen Herrschaft dargestellt wird, fehlt eine systematische Analyse der „zentralen Herausforderung“, die sich aus „der Exponiertheit gegenüber der Weltmacht im Norden“ (S. 199) ergibt. Dies ist umso unverständlicher, wenn man bedenkt, wie lange schon der übermächtige Nachbar im Norden die Geschicke Mexikos beeinflusst. Der bekannte Ausspruch „Armes Mexiko, so fern von Gott und so nah an den USA!“, der dem langjährigen Diktator Porfirio Díaz zugeschrieben wird, verweist auf die geopolitisch begründete Sogwirkung, die sich bereits aus der geographischen Nähe zum „Koloss im Norden“ ergibt. Hinzu kommen die Folgen und Auswirkungen des 1994 vollzogenen Eintritts Mexikos in die Nordamerikanische Freihandelszone (NAFTA), durch den sich die Elite des Landes den Aufstieg in die „Erste Welt“ erhoffte. Stattdessen droht dem nördlichsten Land Lateinamerikas nun das Schicksal eines „gescheiterten Staates“.[20] Als US-Außenministerin Hillary Clinton am 7. September 2010 vor den Council on Foreign Relations das heutige Mexiko mit der von Guerilla- und Drogenkrieg geprägten Situation in Kolumbien Ende des 20. Jahrhunderts verglich und Präsident Obama einen Tag später öffentlich mit dem Hinweis konterte, dass das Nachbarland eine „umfassende und fortschrittliche Demokratie mit einer wachsenden Wirtschaft“ sei, erlebte die Debatte um den „Narco-Staat“ Mexiko einen neuen Höhepunkt.[21] An der Ausnahmestellung, die Mexiko aufgrund der Tatsache genießt, dass es als einziges Land des „globalen Südens“ direkt an den „globalen Norden“ und noch dazu an dessen Führungsmacht grenzt, kann auch die neue US-Administration nicht vorbei. Obgleich Lateinamerika nicht zu den außenpolitischen Prioritäten Barack Obamas zählt, gilt dies nicht für Mexiko: Denn alle drei bilateralen Schlüsselthemen – organisiertes Verbrechen, ökonomische Integration und Migration, sowie das Grenzregime – betreffen direkt die US-Innenpolitik.[22]
Die von den USA ausgehende „Anziehungskraft“ wirkt jedoch höchst ambivalent. Einerseits funktionieren bislang sowohl die Drogenökonomie als auch die Massenmigration in die USA als „Puffer“ und „Ventile“, die einer revolutionären Explosion entgegen wirken.[23] Andererseits vertieft sich das innermexikanische Nord-Süd-Gefälle aufgrund der asymmetrisch wirkenden Effekte, die sich aus dem Einfluss der USA auf die verschiedenen Regionen Mexikos ergeben. Dies könnte so weit gehen, dass daran die „innere Struktur des mexikanischen Staates zerbricht“.[24] Neu ist ferner, dass ausgerechnet der unlängst noch prosperierende und stabile Norden Mexikos zum blutigen und gewalttätigen Epizentrum des Drogenkrieges mutiert ist. Niemand kann wissen, welche Synergieeffekte das Ineinandergreifen der „alten“ Konfliktherde im Süden (Chiapas, Oaxaca, Guerrero) und der neuen im Norden an der Grenze zu den USA zeitigen wird. Noch handelt es sich um zwei getrennte Bruchzonen. Allerdings wächst mit längerer Konfliktdauer und der Ausweitung der von ihnen ausgehenden Schockwellen die Wahrscheinlichkeit der gegenseitigen Verstärkung. Die Zukunft Mexikos hängt davon ab, wie sich das konkrete Zusammentreffen beider Konfliktdynamiken gestalten wird. Außer dem worst case des Staatszerfalls kann daraus auch eine revolutionär initiierte Neugründung Mexikos erwachsen. Zumal wenn man den Blick nach Südamerika wendet und sich daran erinnert, dass der Refundación Boliviens ebenfalls eine Phase vorausging, in der das Gespenst des Staatszerfalls Wirklichkeit zu werden drohte. Vamos a ver …
Anmerkungen
(1) Speziell zum 100. Jahrestag hat die ila (Nr. 340, Nov. 2010) eine Nummer mit dem Schwerpunkt „Mexico – 100 Jahre Revolution“ publiziert.
(2) Vgl. Hoffmann, Karl-Dieter: Regierung kontra Kartelle: Der Drogenkrieg in Mexiko. IPG 2/ 2009, S. 56-77. Insgesamt hat der Drogenkrieg seit Dezember 2006 30.000 Menschenleben gefordert. Vgl. Danelo, David J.: The Many Faces of Mexico, in: Orbis, Winter 2011, S. 176.
(3) Vgl. besonders Grayson, George W.: Mexico: Narco-violence and a failed state? Transaction 2009.
(4) Vgl. Manz, Thomas: Mit neuen Allianzen aus der Reformkrise? Mexiko nach den Regionalwahlen 2010. FES, August 2010.
(5) Vgl dazu N. Casey, A. Mayer, F. Priess und B. Stauffer/ S. Salinas in der Literaturliste.
(6) So kommt in der Beilage zur Wochenzeitung Parlament (Aus Politik und Zeitgeschichte) vom 11. Oktober 2010, die dem Thema „Revolutionen in Lateinamerika“ gewidmet ist, Mexiko so gut wie nicht vor. Selbst im Beitrag von Nikolaus Werz über „Revolutionsmythen zu Lateinamerika“ bleibt der mexikanische Revolutionsmythos trotz seiner großen aktuellen wie historischen Relevanz ausgespart.
(7) Vgl. Zimmering, Raina: Zapatismus. Ein neues Paradigma emanzipatorischer Bewegungen. Westfälisches Dampfboot. Münster 2010. In einem weiteren Literaturbericht zum Zapatismus wird dieses Buch gesondert rezensiert, weshalb an dieser Stelle nicht weiter darauf eingegangen wird, auch wenn dort Beiträge zum Militär in Mexiko und zum Revolutionsmythos zu finden sind.
(8) Die erste Auflage wurde 1992 von Dietrich Briesemeister und Klaus Zimmermann herausgegeben. Gegenüber der hier rezensierten dritten Auflage besitzt dort das Thema „Wirtschaft“ mit sieben Beiträgen einen deutlich höheren Stellenwert.
(9) Bernecker (zusammen mit Raymond Th. Buve) und Tobler sind die Autoren der Abschnitte über Mexiko im Handbuch der Geschichte Lateinamerikas (vgl. zu Berncker: Bd. 2, Stuttgart 1992, S. S. 498-556; vgl. zu Tobler: Bd. 3, Stuttgart 1996, S. 257-363). Vgl. außerdem zu Bernecker, Walther L.: Industrie und Außenhandel. Zur politischen Ökonomie Mexikos im 19. Jahrhundert, Saarbrücken 1987. Vgl. zu Pietschmann, Horst: Mexiko zwischen Reform und Revolution. Vom bourbonischen Zeitalter zur Unabhängigkeit, in: Meißner, Jochen/ Pieper, Ranate/ Schmidt, Peer (Hrsg.: Beiträge zur Kolonial- und Überseegeschichte, Bd. 80, Stuttgart 2000.
(10) Vgl. zu Pietschmann/ Bernecker: Geschichte Spaniens. Von der frühen Neuzeit bis zur Gegenwart. Stuttgart 2005; vgl. zu Bernecker: Spanien-Handbuch. Geschichte und Gegenwart, Tübingen/ Basel 2006; Spanische Geschichte: vom 15. Jahrhundert bis zur Gegenwart, München 1999.
(11) Vgl. Tobler, Hans Werner: Die mexikanische Revolution. Gesellschaftlicher Wandel und politischer Umbruch, 1876-1940. Büchergilde Gutenberg. Frankfurt a. M./ Olten/ Wien 1984. Vom selben Autor stammt auch ein Beitrag in „Mexiko heute“, in dem die Revolution und ihre Langzeitwirkung auf die Entwicklung Mexikos im 20. Jahrhundert behandelt werden. Ein englischsprachiges Standardwerk stammt aus der Feder von Alan Knight: The Mexican Revolution. Volume I: Porfirians, Liberals and Peasants. Lincoln/ London 1986. (619 S.); The Mexican Revolution. Volume II: Counterrevolution and Reconstruction. Lincoln/ London 1986. (679 S.).
(12) Auf das indigene Erbe Mexikos wird im folgenden Literaturbericht über den Zapatismus näher eingegangen.
(13) Vgl. dazu Gärtner, Peter: Mexiko im Umbruch, in: asien-afrika-lateinamerika, 26 (1998), S. 112-114. Bei dem genannten Artikel handelt es sich um Überlegungen zum Buch von Dieter Boris, welches1996 unter gleichem Titel erschienen war. Boris verweist bereits im Untertitel „Modellfall einer gescheiterten Entwicklungsstrategie“ auf den Modellcharakter Mexikos. Zugleich betont er den „singulären Modus“ der Kombination von raschem Wirtschaftswachstum und hoher politischer Stabilität (Boris Dieter: Mexiko im Umbruch. Modellfall einer gescheiterten Entwicklungsstrategie, Darmstadt 1996, S. 4).
(14) Mols, Manfred: Zur sozialwissenschaftlichen Analyse der „Institutionalisierten Revolution“: Die Jahre nach 1940, in: Mols, Manfred/ Tobler, Hans Werner: Mexiko – Die institutionalisierte Revolution, Köln/ Wien 1981, S. 113.
(15) Faust, Jörg/ Schwane, Dirk: Die Wirtschafts- und Sozialpolitik Mexikos, in: Lauth, Hans-Joachim/ Horn, Hans-Rudolf (Hrsg.), Mexiko im Wandel: Bilanz und Perspektiven in Politik, Wirtschaft und Kultur, Frankfurt a. M. 1995, S. 101-127
(16) Auch wenn Uwe Franke, der in „Mexiko heute“ die politische Transformation analysiert und in diesem Zusammenhang darauf verweist, dass die Liberalisierung schon 1977 eingeleitet wurde, bestimmt er den zeitlichen Rahmen des wirtschaftlichen und politischen Paradigmenwechsels mit den Zäsuren von 1982 und 2000 (S. 181ff.).
(17) Vgl. Ross, John: “1810! 1910! 2010!” The Timeline for a New Mexican Revolution Comes Due, in: Counterpunch, Weekend Edition, November 27-29, 2009.
(18) Eine ähnliche Einteilung nehmen Luís Hernández Navarro und Gilberto López y Rivas vor, wobei anstelle der PRD die von Andrés Manuel López Obrador organisierte Protestbewegung und die „Kommune von Oaxaca“ (s.u.) stellvertretend für die soziale Linke genannt werden. Vgl. Hernández Navarro, Luís/ López y Rivas, Gilberto: Mexiko zwischen Autoritarismus des Staates und Widerstand des Volker, in: Berger, Herbert/ Gabriek, Leo (Hrsg.): Lateinamerika im Aufbruch. Soziale Bewegungen machen Politik, Wien 2007, S. 268. Zum Zapatismus folgt in Kürze ein weiterer Literaturbericht.
(19) Vgl. auch Hernández Navarro, Luís/ López y Rivas (vorhergehende Anmerk.), S. 284-298.
(20) Vgl. zu den vorwiegend negativen Folgen der engen Anbindung Mexikos an die USA: Mexikos Kampf gegen den Staatsnotstand. Der lateinamerikanische Vorzeigestaat der USA ringt um sein „Erfolgsmodell“, in: Gegenstandpunkt. Politische Vierteljahreszeitschrift. München 2-2009, S. 101-119.
(21) Paradoxerweise gilt die Ablösung des alten PRI-Regimes als eine der Ursachen für die ausufernde „narcoviolencia“. Vgl. Marroquín Farrera, José Rosario: Die Einbeziehung des Militärs bei der Bekämpfung des Drogenhandels in Mexiko, in: Hans-Böckler-Stiftung (Hrsg.): Drogen, Dollars, Demokratie. Herausforderungen durch den Drogenhandel in Mexiko und Brasilien. Berlin 2009, S. 35.
(22) Vgl. Selee, Andrew: President Obama and Mexico: New Opportunities for Cooperation, in: Nueva Sociedad, Nr. 220, März-April 2009.
(23) Vgl. Schütze, Stephanie: Klientelistische Strukturen und der Kampf für “Tierra y Libertad” – Soziale Bewegungen in Mexiko, in: Mittag, Jürgen/ Ismar, Georg (Hrsg.): ¿“El pueblo unido“? Soziale Bewegungen und politischer Protest in der Geschichte Lateinamerikas, Münster 2009, S. 40; Marroquín Farrera, José Rosario: Die Einbeziehung des Militärs … (Anmerk. 19), S. 36.
(24) Vgl. Danelo, David J.: The Many Faces of Mexico, S. 173.
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Weiterführende Literatur
Boris, Dieter: Mexiko im Umbruch. Modellfall einer gescheiterten Entwicklungsstrategie. Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1996.
Briesemeister, Dietrich/ Zimmermann, Klaus (Hrsg.): Mexiko heute. Politik – Wirtschaft – Kultur. Vervuert Verlag. Frankfurt a. M. 1992.
Casey, Nicholas: A Revolutionary Idea in Mexico: Don’t Have One This Century, in: Wall Street Journal, 15. Januar 2010.
Castañeda, Jorge: Mexico’s Failed Drug War. Cato Institute, Washington D.C., May 6, 2010.
Danelo, David J.: The Many Faces of Mexico, in: Orbis, Winter 2011, S. 163-179.
Friedman, George: Mexico and the Failed State Revisited. STRATFOR – Geopolitical Intelligence Report, April 6, 2010. www.stratfor.com/print/15782. (Abruf 3.1.2011)
Gärtner, Peter: Mexiko im Umbruch, in: asien afrika lateinamerika, 26 (1998), S. 110-117.
Gärtner, Peter: Das Janusgesicht der Modernisierung. Mexiko zwischen ökonomischer Liberalisierung und politischer Demokratisierung, in: Quetzal – Magazin für Politik und Kultur in Lateinamerika, Leipzig, Heft 9 /Oktober 1994, S. 2-7.
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Hernández Navarro, Luís/ López y Rivas, Gilberto: Mexiko zwischen Autoritarismus des Staates und Widerstand des Volker, in: Berger, Herbert/ Gabriek, Leo (Hrsg.): Lateinamerika im Aufbruch. Soziale Bewegungen machen Politik. Wien 2007, S. 262-306.
Hoffmann, Karl-Dieter: Regierung kontra Kartelle: Der Drogenkrieg in Mexiko. IPG 2/ 2009, S. 56-77.
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