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Ecuadorianische Präsidentschaftskandidaten wollen Yasuní erhalten

Ángela Meléndez | | Artikel drucken
Lesedauer: 5 Minuten

Ecuador: Selva natural - Foto: Sven SchallerDer Wahlkampf in Ecuador endete ohne große Neuigkeiten bezüglich der politischen Vorschläge der acht Präsidentschaftskandidaten, abgesehen von unterschiedlichen Varianten bei den Umweltprogrammen, die von unternehmerischen Visionen bis hin zur ökologischen Revolution reichen.

11,6 Millionen Personen sind am 17. Februar zur Wahl aufgerufen. Der jetzige Amtsinhaber und Kandidat für die Wiederwahl der regierenden, mitte-links gerichteten Alianza País, Rafael Correa, führt in den Meinungsumfragen, mit einigem Abstand gefolgt von dem ehemaligen Banker Guillermo Lasso der Rechtspartei Creando Oportunidades (CREO). Diese beiden Kandidaten sowie der Wirtschaftswissenschaftler Alberto Acosta, ehemaliger Präsident der Verfassungsgebenden Versammlung und Kandidat für das Linksbündnis Unidad Plurinacional de las Izquierdas, haben die meisten Maßnahmen in Umweltfragen vorgeschlagen.

Correa zum Beispiel legte Nachdruck auf die Achtung der Artenvielfalt, welche in der von ihm initiierten Verfassung aus dem Jahre 2008 festgehalten wurde, die der Natur den Status eines Rechtssubjekts einräumte. So heißt es in dem Artikel 71 des Grundgesetzes: „Die Natur oder Pachamama, wo sich das Leben reproduziert und verwirklicht, hat das Recht, in ihrer Existenz sowie der Erhaltung und Regeneration ihrer Lebenszyklen, Struktur, Funktionen und Evolutionsprozesse vollständig respektiert zu werden“. Weiterhin heißt es, dass „jede(s) Person, Gemeinschaft, Volk oder Nationalität vom Gesetzgeber die Einhaltung der Rechte der Natur einfordern kann.“

Eine derartige Reichweite machte Ecuador zum ersten Land der Welt, welches diese Frage in seine Verfassung einbezog, ein Schlüsselelement von Correas´ Diskurs auch im aktuellen Wahlkampf. In seinem Regierungsprogramm verdeutlicht Correa seine Absicht der Einhaltung „seines Versprechens, eine gesunde und ökologisch ausgeglichene Umwelt herzustellen und zu erhalten“. Hierfür führt er Maßnahmen wie die Implementierung der Estrategia Nacional de Biodiversidad an, welche es erlaube, „Gemeinwohl und Leistungen ausgehend von der Erhaltung, Wiederherstellung und Erforschung der Ökosysteme zu generieren“, um das zu erlangen, was er „Biowissen“ nennt.

Ecuador, Kolumbien: Correa beabsichtigt die Wiederaufnahme der diplomatischen Beziehungen mit dem Nachbarland - Foto: Presidencia de la República del EcuadorZiel ist es, auf nachhaltige Weise und durch Wissen von den natürlichen Ressourcen zu profitieren. Eine konkrete Maßnahme ist die Gründung der Universidad Internacional Amazónica, die sich dem Studium des Artenreichtums von Flora und Fauna dieses vielfältigen Landes widmen soll, um Medikamente, neue Lebensmittel, Agrarprodukte etc. herzustellen.

Correa will außerdem den Energiehaushalt dieses erdölreichen Landes durch das Vorantreiben von Wasserenergie-, Windenergie- und Photovoltaikprojekten für die Erzeugung sauberer Energie transformieren. Während der Kampagne hielt der Präsident die Initiative Yasuní-ITT hoch. Sie beinhaltet den Verzicht auf die Förderung von mindestens 864 Millionen Barrel Erdöl und fordert im Gegenzug einen finanziellen Ausgleich von 3,6 Milliarden Dollar, was die Hälfte dessen ausmacht, was das Land durch den Abbau des Rohöls in der unberührten Amazonasregion erhalten würde.

Die Vorkommen von Ishpingo, Tambococha und Tiputini (welche das Kürzel ITT bilden) liegen im Yasuní-Nationalpark, einem der Orte mit der größten Artenvielfalt des Planeten, im Hochbecken des Napo-Flusses, im Nordosten des Landes. Aber bis heute hat die 2007 vorgestellte Initiative lediglich 330 Millionen Dollar in einem 2010 gegründeten Treuhandfond gesammelt, und es wird erwartet, dass dieses Jahr 244 Millionen hinzukommen. Der Präsident signalisierte für den Fall, dass die vorhergesehene Summe nicht erreicht werde, das Rohöl in einem Teil des Parks zu fördern – eine Idee, die von dem Ökologen Acosta, der Mitglied und Berater der Regierung Correas war, abgelehnt wird.

Ecuador: Präsidentschaftskandidat 2013: Alberto Acosta - Foto: Attac, Fiona KrakenbuergerUnter seinem Mandat, so Acosta, werde es keine Ausbeutung von Yasuní geben. Das Gleiche gelte für Bergbau- und Wasservorkommen. Sein Vorschlag steht im Gegensatz zur extraktiven Wirtschaft und strebt eine Rationalisierung im Umgang mit Erdöl an. Er stimmt mit Correa in der Schaffung neuer Energiequellen und dem Vorhaben, dass Ecuador seine eigenen Rohölderivate raffinieren soll, um Importe zu vermeiden, überein.

Lasso hingegen ist zwar ebenfalls gegen die Ausbeutung von Yasuní, strebt aber eine Verpflichtung von Firmen und Unternehmern zum Umweltschutz an. So will er den Bergbau „unter Rücksichtnahme auf die Umwelt“ fördern und wirbt für die Entwicklung eines Systems mit Umweltlizenzen für den Start von Produktionsaktivitäten. Weiterhin glaubt er an private Beteiligung bei der Wiederherstellung von Waldgebieten und an die Umwelterziehung an Schulen und Universitäten.

Für Esperanza Martínez, die Direktorin der Nichtregierungsorganisation Acción Ecológica, zeigte der Wahlkampf, dass „diese Themen längst nicht mehr marginalisiert sind, sondern als gemeinschaftliches Anliegen empfunden werden“. Correa, Lasso, Acosta und der Kandidat der Bewegung Ruptura de los 25, Norman Wray, widmeten dem Thema beträchtlichen Raum, allerdings mit unterschiedlichen Nuancen, wie Martínez gegenüber IPS sagte. Der Großteil der Kandidaten stimme in der Erhaltung von Yasuní und in der vorherigen Konsultation der indigenen Völker bei Projekten und Aktivitäten in ihren Territorien überein, so die Umweltaktivistin.

Gefordert hat es allerdings Acosta, der den Umweltschutz und das „Nein zum Extraktivismus“ als Kernstück seines Regierungsprogramms und „nicht nur wie ein isoliertes Angebot“ anging, meinte Martínez. Das Fehlen einer Debatte zwischen den Kandidaten und einer tiefgreifenden Zukunftsaussicht bei den Schlüsselthemen markierte die 42 Tage des Wahlkampfes im Andenland.

„Die Darbietungen der Kandidaten waren wie ein Kanonendonner ohne genaue Richtung, ohne Debatten über wichtige Gesichtspunkte“, so der politische Beobachter Simón Espinosa gegenüber IPS. Den Wahlangeboten mangele es an „Unterstützung und wirklichen Verpflichtungen gegenüber dem Land, es wurde vermieden über Demokratie, konzeptionelle und verfassungsrechtliche Themen zu reden“, fügte er hinzu. (FIN/2013)

Original-Beitrag aus IPS Noticias vom 15. Februar 2013. Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung der Nachrichtenagentur.

Übersetzung aus dem Spanischen: Lena Tschech

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Bildquellen: [1] Quetzal-Redaktion, ssc; [2] Presidencia de la República del Ecuador; [3] Attac, Fiona Krakenbuerger

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