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Erdölmaschinerie am Rande des ITT

José Olmos | | Artikel drucken
Lesedauer: 11 Minuten

Ecuadors Angriff auf die Öl-Ressourcen im Amazonas (Yasuni-Nationalpark) - Grafik: El UniversoDie Handhabung der Fondsverwaltung war einer der Gründe, die zum Scheitern der Verhandlungen geführt haben, das Erdöl im Yasuní Nationalpark unter der Erde zu lassen.

Petroamazonas baut eine neue Pipeline von 18 km Länge zwischen Dumbique (Provinz Sucumbíos), wo die Pipeline für schwere Rohöle OCP verläuft, und Edén Yuturi (Provinz Orellana) in unmittelbarer Nähe des Yasuní Nationalparks.

Mitglieder der Provinzregierung von Orellana und Ortsvorsteher berichten, dass durch diesen Pipelinebau und weitere durchgeführte Arbeiten von Petroamazonas – ein von Petroecuador im Mai 2008 gegründetes Unternehmen – die für die Erdölgewinnung im Block ITT notwendige Infrastruktur errichten sollen.

Diese realen Entwicklungen offenbaren sich zu einem Zeitpunkt, während die Yasuní-Initiative, mit der das Land Rohöl gegen Ausgleichszahlungen unter der Erde lassen möchte, durch polemische Momente geht. Präsident Rafael Correa kritisierte die Verhandlungen, was zur Amtsniederlegung von drei Kommissionsmitgliedern führte, so dass eine Neugründung notwendig war.

Dokumente von Petroecuador, zu denen diese Zeitung Zugang hatte, zeigen, dass der Plan B, d.h. die Förderung des Erdöls, sehr weit vorangeschritten ist. Laut einem Bericht soll das ITT-Rohöl durch eine Rohrleitung nach Edén Yuturi transportiert werden, dem Zielort der sich im Bau befindenden Pipeline. Von 7 Plattformen aus sind 113 Förderbohrlöcher und 20 Reinjektionsbrunnen geplant.

Während die ITT-Kommission andere Länder bereiste, wurde hier die Förderung vorbereitet

Vor etwas mehr als einem Jahr hat das staatliche Unternehmen Petroamazonas mit Arbeiten in den Nachbarsektoren des ITT begonnen. Derzeit wird die neue Pipeline bis nach Edén Yuturi gebaut, was auf die geplante Förderung des Rohöls aus dem Yasuní Nationalpark hindeutet.

Eine weitere Bresche wird in der Provinz Orellana in den grünen, dunklen, dichten Regenwald geschlagen. Große Raupentraktoren, Baggerlader und weitere Baumaschinen verschlingen dort den Wald, um Zugang zum artenreichen Herzen des Gebietes zu schaffen. In den lehmigen Boden dieser fast zehn Meter breiten Schneise wird eine Rohrleitung verlegt werden, durch die das begehrte schwarze Gold des Amazonasgebietes fließen soll.

Schauplatz ist der Ort Edén, viereinhalb Kanustunden von der Stadt Coca den Napo flussabwärts gelegen, in unmittelbarer Nähe des Yasuní Nationalparks, der von der Unesco als Biosphärenreservat anerkannt wurde. Die Arbeiten schreiten voran, während zugleich die Yasuní-Initiative, durch die das Erdöl des Blockes ITT (benannt nach seinen drei Sektoren Ishpingo, Tiputini, Tambococha) unter der Erde belassen werden soll, in eine polemische Diskussion geraten ist, die zur Amtsniederlegung von drei Regierungsmitgliedern des Kabinetts von Präsident Rafael Correa geführt hat, darunter der ehemalige Außenminister Fander Falconí.

Präsident Correa hat die internationale Unterstützung zur Nichterschließung des ITT mit der Begründung abgelehnt, dass die gestellten Bedingungen “für die nationale Souveränität inakzeptabel“ seien. Vor zwei Wochen deutete er an, dass bereits im Juni dieses Jahres die Ausschreibung zur Förderung in dem betroffenen Block beginnen soll. Dieser ist Teil des Gebietes, das als eines der artenreichsten der Welt gilt. Vergangenen Freitag (d.h. am 22. Januar 2010; Anm. d. Ü.) hingegen wurde die Kommission, deren Aufgabe es ist, die Yasuní-Initiative zur Nichtförderung des Erdöls voranzutreiben, neu gebildet.

Doch im Nachbarsektor des ITT versichern Behörden und Gemeindemitglieder, dass die Vorarbeiten bereits seit vergangenem Jahr laufen. „Die Infrastruktur, die aktuell geschaffen wird, bereitet die Grundlagen zur Förderung im ITT. Wir haben daran keine Zweifel, die in dieser Zone stattfindenden Aktivitäten verdeutlichen dies“, so Enrique Morales, Umweltdirektor der Provinzregierung Orellana.

In den Sektoren Terere (linksseitig des Río Napo) und Edén (am rechten Ufer), öffnen schwere Baumaschinen seit etwa zwei Monaten den Weg für die Installation einer neuer Pipeline von Dumbique aus, wo die Pipeline für schwere Rohöle (OCP) entlang läuft, bis nach Edén Yuturi, Teil des Blocks 15 und 30 km Luftlinie vom Block ITT entfernt.

Die Arbeiten werden von Petroamazonas durchgeführt, einem Unternehmen, das am 29. Mai 2008 von Petroecuador gegründet wurde, um den Block 15 zu verwalten und zu betreiben. Dieser wurde von der US-amerikanischen Firma Occidental verlassen, deren Förderrechte zurück an den ecuadorianischen Staat gingen. Die Maschinerie wird von Frachtern über den Río Napo dorthin transportiert.

Petroamazonas ist seit Dezember 2008 auch mit dem Betrieb des Blockes 31 beauftragt, der an Block 15 grenzt und zum Teil in den Yasuní Nationalpark hineinreicht, wo er wiederum an den Block ITT grenzt. Im Block 31 arbeitete das brasilianische Unternehmen Petrobras, das von der aktuellen Regierung die Lizenz entzogen bekam und ein Arbeitslager, 16 km Straße bis ins Herzen des Yasuní sowie zwei Plattformen hinterließ, die den Betrieb der Bohrlöcher Apaika und Nenke ermöglichen. Außerdem liegen die Pläne und die Rohrleitungen für eine Pipeline bereit, die bis Edén reichen soll.

Laut einem leitenden Angestellten, der nicht befugt ist, offizielle Erklärungen abzugeben, baut Petroamazonas in Terere, einem Ort der Gemeinde Pañacocha (Provinz Sucumbíos), ein Lager, in dem ungefähr 200 Arbeiter und Maschinerie untergebracht sind. Von dort aus bis nach Dumbique wird die Pipeline eine Länge von 8,5 km haben und weitere 9,5 km werden auf der anderen Flussseite bis nach Edén verlaufen.

Gleichzeitig bereitet Petroamazonas die Förderung des Feldes Pañacocha vor, das von der Firma Occidental nicht erschlossen wurde, weil sie es als unrentabel einschätzte. Morales zitiert technische Gutachten und deutet an, dass das Erdöl von Pañacocha und Edén Yuturi, das als leicht eingeschätzt wird (23 Grad API), mit dem schweren Rohöl (30 API) des ITT gemischt werden soll, um durch die neue Pipeline gepumpt zu werden.

Wie aus einem Dokument von Petroamazonas hervor geht, sollen die Arbeiten an der Rohrleitung und der 3D-Prospektion in Pañacocha ausgeführt werden, sobald die von der Verfassung vorgeschriebene Befragung und Beteiligung der Bevölkerung abgeschlossen sind. Bewohner und Vorsteher sind jedoch nicht einverstanden und haben sogar eine Klage am Gerichtshof von Nueva Loja eingereicht, in der sie den Schutz von Privateigentum sowie Entschädigungen für vermeintliche Schäden fordern.

Mauro Gutiérrez aus dem Ort Chiroisla, der sich gegen die Vergabe des Blockes 31 an Petrobras gewehrt hat, beanstandet, dass die Bevölkerung nicht berücksichtigt wird. „Wir haben gerade erst erfahren, dass Petroamazonas hier arbeitet. Sie sind nie zu uns gekommen, um mit uns zu sprechen. Sobald sie einmal fördern, wird es zu Verseuchungen kommen, und niemand wird etwas dagegen unternehmen, weil es sich um ein Staatsunternehmen handelt. Das ausländische Unternehmen war wenigstens strikt”, bekräftigt er.

Antonio Sharup ist ein Eingeborener der Shuar. Er arbeitet als Landarzt in Chiroisla, Hauptort der Gemeinde Augusto Rivadeneira mit 880 Einwohnern. “Die Verfassung schreibt vor, dass sie mit den hier lebenden Bewohnern sprechen müssen. Es ist bereits die Rede von der Erschließung des ITT-Blockes, und sie denken überhaupt nicht daran, hierher zu kommen. Wenn die Menschen hier vor Ort nicht respektiert werden, werden diese reagieren“, fügt er hinzu.

‘Plan B’ ist ‘Plan A’

So greift die geplante Ölförderung im Yasuní-Nationalpark in das Ökosystem ein - Grafik: El UniversoDie Vermutungen der Gemeindemitglieder nehmen in offiziellen Dokumenten reale Formen an. Obwohl die Regierung versichert, dass es Priorität sei, das Rohöl unter der Erde zu lassen, zeigen diese Dokumente, dass die Alternative der Förderung immer gegenwärtig war – und sogar die weiter vorangeschrittene. Mit anderen Worten, der so genannte Plan B, das Erdöl zu fördern, war in Wirklichkeit Plan A. Und während die Kommission zur Unterstützung der Yasuní-Initiative andere Länder bereiste, um die Finanzierung zu gewährleisten, wurde in Ecuador der Boden für die Erdölgewinnung vorbereitet.

In einem Bericht von 37 Seiten, der im April 2009 verschiedenen Behörden vorgelegt wurde und der dieser Zeitung bekannt ist, zeigt Petroecuador auf, dass die Erschließung und Gewinnung des Blockes ITT eine Investition von 3,5 Milliarden US-Dollar erfordert. Die Betriebskosten würden sich auf 12,32 US-Dollar pro Barrel bei einem Verkaufspreis von 55 US-Dollar belaufen. Der Förderzeitraum wird auf 22 bis 25 Jahre geschätzt.

Die von der staatlichen Erdölgesellschaft als “komplette Entwicklung der Ölfelder des ITT” bezeichnete Erschließung beinhaltet die Errichtung von 113 Bohrlöchern und 20 Reinjektionsbrunnen, ausgehend von 7 Plattformen mit jeweils 13 bis 26 Bohrlöchern.

Gemäß dem Dokument von Petroecuador soll das Ölfeld in zwei Etappen erschlossen werden. In der ersten Phase, „frühe Produktion“ genannt, ist die Anlage von 44 Bohrlöchern von drei Plattformen aus in den nördlich gelegenen Feldern Tambococha und Tiputini geplant, um 33 Millionen Barrel zu fördern.

Dieses Öl soll gemäß dem Projektplan mit dem leichten Rohöl aus Edén Yuturi gemischt werden, um den Transport durch die Pipeline für schwere Rohöle OCP nach Balao (in der Küstenprovinz Esmeraldas) zu erleichtern. Das Dokument beinhaltet eine Karte, aus der hervorgeht, dass der Zielort des Rohöls aus ITT die Raffinerie am Pazifik in Manabí sei.

Obwohl das Projekt zum Schutz des Yasuní Nationalparkes am 5. Juni 2007 der Öffentlichkeit im Regierungspalast vorgestellt wurde (Alberto Acosta sprach bereits während der Wahlkampagne 2006 davon), waren bereits drei Monate zuvor erste Schritte in die entgegengesetzte Richtung unternommen worden.

Am 18. März desselben Jahres unterzeichneten Petroecuador, Sinpec (China), ENAP (Chile) und Petrobras (Brasilien) eine Einverständniserklärung zur “Erschließung und Betrieb” der Erdölfelder des ITT. In einem Brief der drei ausländischen Unternehmen vom 8. Februar 2007 bekräftigen sie ihren Teilhabevorsatz am ITT Projekt und baten zur Vorbereitung eines Angebotes um aktuelle Informationen zum Block.

In der dritten Klausel wird festgelegt, dass die drei Unternehmen einen Vertrag zur Regulierung der Zusammenarbeit unterzeichnen, und es wird hinzugefügt, dass sie in gegenseitigem Einverständnis weitere Betriebsphasen streichen oder hinzufügen können.

Am 11. Juni 2007, sechs Tage nach der Präsentation des Projektes, bat der damalige Geschäftsführer von Petroecuador, Carlos Pareja Yanuzelli, den Rechtssekretär der Regierung, Alexis Mera, darum, dass die Koordinaten der Schutzzone “korrigiert” würden. In dieser ist jegliche Art von Aktivität verboten, um die Tagaeri, Taromenane und andere indigene Gruppen, die in freiwilliger Isolation in dieser Zone leben, zu schützen.

Im Antrag 269-PRO-A-2007 ersucht er ihn darum, dass “die bestehenden Plattformen der Bohrlöcher Ishpingo 1 und 3 außerhalb der Grenzen der Schutzzone bleiben“. Es wird erklärt, dass „es diese Abgrenzung dem ecuadorianischen Staat ermöglichen würde, eine neue Plattform außerhalb des als Schutzzone ausgewiesenen Gebietes zu errichten, um weitere Bohrlöcher anzulegen.“

Sitzungen

In einer Sitzung des Vorstandes von Petroecuador am 19. Mai 2008, an der Präsident Correa und der ehemalige Außenminister Fander Falconí teilnahmen, wurde bereits Grundlegendes entschieden: Wenn bis zum Oktober des selben Jahres die Yasuní-Initiative nicht konkretisiert sei, sollen die Voraussetzungen für die internationale Ausschreibung und die Umweltgutachten geschaffen werden, um den ITT anhand einer Sonderbetriebsgenehmigung zu betreiben. Dies geht aus Punkt 6 der Resolution 044 hervor.

Außerdem wurde festgelegt, dass die Arbeitsgruppe ITT von Petroproducción (ein staatliches Unternehmen der Erdölindustrie, Anm. der Übersetzerin) in der nächsten Sitzung eine “Präsentation über den Fortschritt der Formalitäten zum Start der frühen Produktion in den entsprechenden Feldern halten werde”.

In der darauf folgenden Sitzung am 10. Juni 2008 wurde bereits davon gesprochen, dem ITT ein T „wegzunehmen“. Galo Chiriboga, damaliger Minister für Bergbau und Erdöl, hatte den Vorsitz der Versammlung. Es wurde diskutiert, den Sektor Tiputini zu fördern, der im Norden des Blockes direkt an der Grenze des Yasuní Nationalparkes liegt (vgl. Grafik).

“Was Raúl (Sagasti, ehemaliger Industrieminister) in etwa sagte, ist: der ITT als Ganzes ist im Prozess, das Öl unter der Erde zu lassen. Doch in dem letzten Sektor, Tiputini, könnte bereits jetzt die Förderung beginnen (…). Es ist offensichtlich, dass dieser Teil (von der ITT-Initiative) ausgenommen werden könnte”, berichtete in der Sitzung der damalige Finanzminister Fausto Ortiz.

Galo Chiriboga antwortete daraufhin: “So ist es, und darüber hinaus glaube ich, dass dies eine Möglichkeit ist, um (die Mittel, das Erdöl unter der Erde zu lassen) nicht zu erhalten. Wir werden nicht das ganze ITT, sondern nur das letzte T mit dieser frühen Produktion fördern.“

José Luis Ziritt, der an dieser Versammlung als Abgeordneter von Correa im Direktorium von Petroecuador teilnahm, sprach sogar über den Förderungszeitraum. „Jetzt gibt es Erleichterungen, den ITT schnell zu fördern. Schnell bedeutet, dass wir von zwei, drei Jahren sprechen. Nicht dieses Jahr (2008); Tiputini wäre in zwei oder drei Jahren soweit. Wir müssten lediglich Bohrlöcher anlegen.“

Original-Beitrag aus: El Universo vom 24. Januar 2010. Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung der Zeitschrift.

Übersetzung aus dem Spanischen: Carolin Meyer

Grafiken: El Universo_. Die Nutzungsrechte liegen der Redaktion vor.

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