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Politik und Kultur in Lateinamerika

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Dominikanische Republik 1961 bis 1965

Peter Gärtner | | Artikel drucken
Lesedauer: 9 Minuten

Kurzbiographien wichtiger Akteure – Chronologie 1916-2015

Balaguer, Joaquín (1906-2002)

Balaguer wurde am 1. September 1906 in Villa Bisonó (Provinz Santiago) geboren und starb am 14. Juli 2002 in Santo Domingo. In der Zeit von 1960 bis 1996 amtiert er sieben Mal als Präsident der Dominikanischen Republik. Der Beginn seiner politischen Karriere ist aufs engste mit der Diktatur von Rafael Trujillo verbunden, unter dem er verschiedene Botschafter- und Ministerposten sowie die Ämter des Vizepräsidenten und 1960 kurzzeitig auch formell das des Präsidenten innehat. Nach der Flucht des Trujillo-Clans und einem Generalstreik (28. November bis 8. Dezember 1961) stellt er sich am 1. Januar 1962 an die Spitze eines Staatsrates. Nach verschiedenen Putschen geht Balaguer am 7. März 1962 ins Exil nach New York. In den Wirren des Bürgerkrieges kehrt er am 25. Juni 1965 nach Santo Domingo zurück. Bei den Wahlen vom 1. Juni 1966 gewinnt er mit 57,4 Prozent der Stimmen gegen seinen Erzfeind Juan Bosch. Mit Repressalien und Fälschungen kann Balaguer 1970 und 1974 seine Wahlsiege wiederholen, muss aber 1978 auf Druck von US-Präsident Jimmy Carter dem PRD-Kandidaten Antonio Guzmán den Vortritt lassen. 1982 verliert er mit 39,2 Prozent gegen Salvador Jorge Blanco (PRD), der mit 46,7 Prozent Wahlsieger wird. Bei den Wahlen von 1986, 1990 und 1994 kann Balaguer den Spieß umdrehen und wird erneut zum Präsidenten gewählt.

Bosch Gaviño, Juan Emilio (1909-2001)

Bosch ist ein führender Intellektueller und Politiker der Dominikanischen Republik. Er wurde am 30. Juni 1909 in La Vega geboren und starb am 1. November 2001 in Santo Domingo. Bosch veröffentlicht 1933 unter dem Titel “Camino Real” sein erstes literarisches Werk. Wegen seiner oppositionellen Haltung gegenüber dem Diktator Rafael Trujillo muss er 1938 ins Exil nach Puerto Rico gehen. 1939 gründet er in Kuba den Partido Revolucionario Dominicano (PRD) und beteiligt sich 1947 an einer Verschwörung zum Sturz Trujillos, die jedoch scheitert. Nach der Ermordung Trujillos am 30. Mai 1961 kehrt Bosch nach 23 Jahren Exil in die Dominikanische Republik zurück. Am 20. Dezember 1962 gewinnt er die ersten demokratischen Wahlen nach der Trujillo-Diktatur mit knapp 60 Prozent und tritt am 27. Februar 1963 sein Amt an. In den sieben Monaten seiner Präsidentschaft wird eine neue Verfassung verabschiedet und eine Bodenreform zugunsten der armen Bauern angekündigt. Daraufhin putschen trujillotreue Militärs unter Führung von Elías Wessin y Wessin Bosch am 25. September 1963 aus dem Amt; dieser geht ins Exil nach Puerto Rico. Am 24. April 1965 erheben sich verfassungstreue Militärs und beginnen mit der Verteilung von Waffen an die Bevölkerung der Hauptstadt. Ziel der Volkserhebung, die als April-Revolution in die Geschichte der Dominikanischen Republik eingeht, ist die Rückkehr von Bosch ins Präsidentenamt. Als die Rebellen unter Führung von Oberst Francisco Caamaño im Bürgerkrieg gegen die reaktionäre Armeeführung die Oberhand zu gewinnen drohen, intervenieren die USA am 28. April militärisch und verhindern so die Wiederherstellung der Verfassung. Bosch wird die Heimkehr aus dem Exil verweigert. Am 3. September 1965 findet der Bürgerkrieg sein Ende, indem sich die Anhänger und Gegner von B. unter dem Druck der USA auf eine Übergangsregierung und einen neuen Wahltermin einigen. Am 1. Juli 1966 unterliegt B. bei den Wahlen gegen Joaquín Balaguer, der 57 Prozent der Stimmen erhält. Nach Auseinandersetzungen innerhalb des PRD um den weiteren Kurs der Partei gründet Bosch Ende 1973 eine neue Partei, den Partido de la Liberación Dominicana (PLD). Bei den Präsidentschaftswahlen von 1978, 1982, 1986, 1990 und 1994 tritt er als Kandidat des PLD an, scheitert aber an seinem politischen Gegenspielern Guzmán, Blanco und Balaguer. Seine äußerst knappe Wahlniederlage von 1990 führt Bosch auf Fälschungen und Manipulationen des Regierungslagers (Balaguer) zurück.

wichtige Werke:

  • Trujillo: causas de una tiranía sin ejemplo (1959)
  • Composición social dominicana. Historia e interpretación (1970)
  • De Cristóbal Colón a Fidel Castro. El Caribe, Frontera Imperial (1970)
  • La guerra de la Restauración (1982)

Caamaño, Francisco Alberto (1932-1973)

Caamaño, der als Führer der Aprilrevolution vom 1965 dominikanische Geschichte geschrieben hat, wurde am 11. Juni 1932 in San Juan de la Maguana geboren und am 16. Februar 1973 getötet. Er entstammt einer einflussreichen Offiziersfamilie. Nach dem Besuch der Marineschule in Coronado und der Marine Corps Base Quantico 1954 wird er zum Kapitänleutnant befördert und ist als Instrukteur tätig. 1960 folgt sein Wechsel zur Nationalpolizei. 1962 wird er bei Gefechten gegen Aufständische bei Palma Sola verwundet. Nach dem Putsch vom September 1963 wird er wegen seiner Kritik an der Korruption in der Armee und den Sicherkräften ins Trainingszentrum der Streitkräfte (CEFA), dem Sitz der 4. Armeebrigade, versetzt. Im Januar 1965 tritt er der Konstitutionalistischen Militärbewegung (Movimiento Militar Constitucionalista) unter Oberst Rafael Fernandez Domínguez bei, die große Unterstützung innerhalb des Militärs genießt und die die Wiedereinsetzung von Präsident Bosch nach einem Militärputsch plant. Unter dem Kommando von Caamaño wird in den Morgenstunden des 25. April 1965 der Nationalpalast eingenommen, und er wird zugleich Mitglied des nur wenige Stunden amtierenden Revolutionskomitees. Während verschiedene konstitutionalistische Militärs auf Druck der US-Botschaft den Kampf aufgeben, stellt sich Caamaño an die Spitze des Kampfes. In der Nacht vom 27. April nimmt er in Begleitung der Obristen Montes Arache und Marte Hernández sowie von Zivilisten, die sich der Konstitutionalistischen Militärbewegung angeschlossen hatten, an der Spitze der 4. Brigade die wichtige Duarte-Brücke ein, die von Regierungstruppen unter Leutnant Pedro Elias Bisonó verteidigt wird. Am 18. April landen erste US-Einheiten in Santo Domingo, um den bevorstehenden Sieg der Konstitutionalisten zu verhindern. Am 3. Mai 1965 wird Caamaño in der Festung „El Conde“ als Präsident der Republik in Waffen vereidigt. Nach Abschluss eines von den USA vermittelten Abkommens tritt er am 3. September 1965 vom Präsidentenamt zurück. Zunächst noch Kommandeur einer Brigade wird Caamaño vom amtierenden Präsidenten García Godoy im Januar 1966 als Militärattaché an die dominikanische Botschaft in London versetzt. Diesen Posten hat er bis Mitte 1967 inne, danach geht er bis 1972 in Exil nach Kuba. An der Spitze einer nur acht Mann starken Truppe landet er im Februar 1973 an der dominikanischen Küste bei Azua de Compostela, um eine Guerillabewegung zum Sturz der Regierung von Präsident Balanguer aufzubauen. Am 16. Februar 1973 kommt er nach Gefechten mit Regierungstruppen ums Leben, wobei seine überlebenden Begleiter aussagen, dass er von den Armeeeinheiten exekutiert worden sei. Inzwischen wurde eine Straße in Santo Domingo in „Presidente Caamaño“ umbenannt. Seit 2008 trägt eine Metro-Station seinen Namen.

Trujillo, Rafael Leonidas (1891-1961)

Trujillo, berüchtigter und langjähriger Diktator, wurde am 24. Oktober 1891 in San Cristóbal geboren und kam am 30. Mai 1961 bei einem Attentat ums Leben. Während der US-Besatzung 1916-1924 beginnt er seine Offizierslaufbahn, die ihn 1927 bis an die Spitze der dominikanischen Streitkräfte bringt. Nach manipulierten Wahlen übernimmt Trujillo 1930 das Präsidentenamt und baut in den folgenden Jahren seine Diktatur aus. 1937 werden 25.000 arbeitssuchende Haitianer auf seinen Befehl hin massakriert. Allgegenwärtige Korruption, ungehemmte Bereicherung und brutale Repression bestimmen seine Herrschaft. In den 1950er Jahren steigt Trujillo, der inzwischen zu den reichsten Männer weltweit zählt, zum größten Grundbesitzer auf. Nachdem er lange Zeit von den USA unterstützt worden war, fällt er 1960 wegen eines gescheiterten Anschlags auf den venezolanischen Präsidenten Rómulo Betancourt in Ungnade. Die Dominikanische Republik wird auf US-amerikanischen Druck aus der OAS ausgeschlossen.

Wessin y Wessin, Elías (1926-2009)

Wessin y Wessin, Brigadegeneral und Politiker der Dominikanischen Republik, wurde am 22. Juli 1924 in Bayaguana geboren und starb am 18. April 2009 in Santo Domingo. Er beginnt seine Militärkarriere 1944 unter der Diktatur von Rafael Trujillo. Am 25. September 1963 stand er an der Spitze eines Putsches gegen Juan Bosch, der ins Exil gezwungen wurde. Bis April 1965 regiert ein Triumvirat das Land, während Wessin y Wessin als starker Mann im Hintergrund agiert. Im Bürgerkrieg gegen die Anhänger von Juan Bosch führt er die konterrevolutionären Truppen an, bleibt aber militärisch wie politisch erfolglos. Von 1965 bis 1969 weilt er in Miami (USA) im Exil. 1967 gründet Wessin y Wessin den Partido Quisqueyano Demócrata. Wessin y Wessin wird 1971 von Balaguer der Verschwörung beschuldigt und geht bis 1978 das zweite Mal ins Exil. Später söhnt er sich mit Balaguer aus und wird 1988 (illegal) zum Armeechef berufen.

Dominikanische Republik – Chronologie 1916-2015

bis 1965

1965
 24. April Putsch von Bosch-Anhängern (Konstitutionalisten) in der Armee
gegen das Triumvirat
 25. April Rücktritt des Triumvirats; Beginn der Kämpfe zwischen
Konstitutionalisten und Wessin-treuen Truppen; die ersten Waffen
werden an die Bevölkerung verteilt
 26. April Rebellen erlangen mit Unterstützung der bewaffneten Bevölkerung
das Übergewicht; USA entsenden Kriegsschiffe
27. April Teile der konstitutionalistischen Offizieren geben unter dem Druck der US-Botschaft auf; die Rebellen kämpfen unter Führung von Oberst Caamaño weiter gegen Wessin
28. April die Aufständischen entscheiden den Kampf um die Hauptstadt Santo Domingo zu ihren Gunsten; Beginn der US-Invasion
1. Mai US-Truppen errichten eine „Internationale Sicherheitszone“
2. Mai OAS-“Friedensmission“ trifft in Santo Domingo ein; in der Nacht von 2. zum 3. Mai erweitern die US-Truppen die von ihnen besetzte Zone zu einem Korridor, der das Gebiet der Konstitutionalisten teilt
3. Mai Oberst Caamaño wird zum provisorischen Präsidenten gewählt
6. Mai OAS entsendet Interamerikanische Streitmacht
7. Mai Junta („Regierung des Nationalen Wiederaufbaus“) unter Antonio
Imbert gebildet
14. Mai Junta-Offensive gegen Nordgruppe der Konstitutionalisten eröffnet
21. Mai letzter organisierter Widerstand im Nordkessel bricht zusammen
26.Mai  Verhandlungen der USA mit Antonio Guzmán zur Bildung einer
Übergangsregierung gescheitert
3. Juni Bunker-Kommittee nimmt Verhandlungen mit Konstitutionalisten auf
15. Juni US-Offensive gegen Konstitutionalisten
28. Juni Joaquín Balaguer trifft in Santo Domingo ein
8. Juli Konstitutionalisten akzeptieren die Bildung einer Provisorischen
Regierung unter Hectór García Godoy
3. Sep. Amtsantritt der Provisorischen Regierung

nach 1965

 1.6.1966 Balaguer gewinnt die Präsidentschaftswahlen (57 Prozent) gegen
Bosch (39 Prozent)
27.9.1966  Die letzten US-Truppen verlassen das Land
1966-1978  Unter der Präsidentschaft von Balaguer etabliert sich ein
neo-trujillistisches Regime, das die Sicherung des Status quo mit der
Modernisierung des Landes zu verbinden sucht
1978-1986  Die sozialdemokratische PRD stellt mit Antonio Guzmán und Salvador Jorge Blanco die Präsidenten
1986-1996 Rückkehr Balaguers an die Macht
1996-2000 Leonel Fernández (PLD/ sozial-liberal) Präsident
2000-2004 Hipólito Mejía (PRD) Präsident
2004-2012 Leonel Fernández erneut Präsident
2012 Danilo Medina (PLD) amtiert nach seiner Wahl als Präsident bis 2016

 

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