Der Käfer
Ich war Gregor Samsa, der gepeinigte Held der „Verwandlung“. Ich lag auf meinen harten, ovalen Deckflügeln, gab seltsame Geräusche von mir und meine sechs Beine, die sich an der Zimmerdecke abzeichneten, bewegten sich wie Wollfäden.
Ich drehte mich mit großer Anstrengung auf den Bauch, krabbelte bis zum Rand des Bettes und stieg auf den Boden herunter. Meine Beine waren kurz, aber ich konnte mich schnell hin und her bewegen. Ich lief unter dem Teppich weiter und die Wand hinauf, bis ich die himmelhohe Decke erreichte. Dort verweilte ich regungslos und mucksmäuschenstill.
Mein Vater öffnete die Tür und betrat das Zimmer; er hatte einen Schmiss in der Wange und ein Bärtchen, das mich an Hitler erinnerte. Gregor!, Gregor!, rief er mit einer Stimme, die mich völlig erschütterte. Er schlug die wollenen Bettdecken zurück, drehte sich um und weg war er.
Schweigend beobachtete ich alles mit unendlichem Unbehagen und dachte: Der Mensch ist des Menschen Wolf.
Meine Mutter steckte ihr Gesicht durch den Türspalt. Sie ließ den Blick in alle Richtungen schweifen und verschwand.
Der Tierbändiger
Als er eingeschlossen in einem Käfig mit blutbespritzten Gitterstäben aus seinem Alptraum erwachte, hing sein Anzug in Fetzen, war die Dompteurspeitsche um seinen Hals geschlungen und hatte der Tiger ihm das Fleisch von den Knochen gerissen.
Verwandlung
Am Ende ging sein Wunsch in Erfüllung. Er verwandelte sich in eine Meerjungfrau und mit einem großen Plumps ging es ab ins Meer!
Der Löwe
Bei seinem Weibchen verhält sich der allseits gefürchtete Löwe unterwürfig und ganz egal welche Farbe seine Mähne auch haben mag, lässt sich nur schwer ausmachen, wer von den beiden der König der Wildnis ist.
Ich wäre gerne aus dem Traum ausgestiegen, aber …
Die Ameisen bemächtigten sich meines Körpers, sie drangen in jede Öffnung ein, die sie auf ihrem Weg vorfanden.
Große, schwabbelige Kröten kamen in Massen aus dem Klosettbecken. Zugleich fielen die Eidechsen durch das Fenster ein, schluckten die Kröten und liefen über die Wände und die Decke.
Als die Ameisen mich von innen ausgehöhlt hatten, so dass nur noch mein Knochengerippe übrig war, begannen die Eidechsen und Kröten wie verängstigte Kinder zu weinen.
Während ich den Eidechsen und Kröten dabei zusah, wie sie durch mein Skelett liefen, quoll nur zwei Armlängen von meinen Augen entfernt ein Schwall Würmer aus der Badewanne.
Da vernahm ich die Schritte meiner Nachbarin, sie stieß die Türe auf und trat ins Zimmer.
Meine Nachbarin hatte einen schlanken Körper, silbergraue Haare, sinnliche Lippen und leuchtende Augen. Sie sagte: Ich nehme die Tiere mit, die dich peinigen.
Sie kam näher, entblößte sich und legte sich zu mir. Ihre Hände liebkosten mein Skelett und ihre Brüste schmiegten sich an meine Knochen. Ich wusste nichts mit ihrem Körper anzufangen. Ich wand mich um und um, ohne sie zu küssen oder in sie einzudringen, meine Seele weinte, im Nichts schwebend, voll schreienden Schmerzes.
Meine Nachbarin erhob sich und hüllte sich in ihr weißes Gewand. Sie verließ das Zimmer und die Tiere folgten ihr, eins nach dem anderen, wie angelockt von dem Geruch, den ihr Körper absonderte.
Ich blieb in der Wohnung und starrte an die Decke. Ich wäre gerne aus dem Traum ausgestiegen, aber …
Übersetzung aus dem Spanischen: Gabriele Eschweiler
Zeichnungen: Quetzal-Redaktion, cd