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Banco del Sur – ein neuer Hoffnungsträger?Ein Kommentar

Sven Schaller | | Artikel drucken
Lesedauer: 4 Minuten
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Die Mitgliedstaaten der neugegründeten Banco del Sur - Karte: Public DomainNun ist sie also gegründet – die „Bank des Südens“. Lange hat es gewährt. Und noch ist offen, ob es letztlich gut wird. Denn über dem Projekt schwebt von Anfang an ein Anflug von Hybris: IWF und Weltbank paroli bieten, die „Unabhängigkeit unserer Völker entscheidend voranbringen“, Projekte in den Schlüsselbereichen der Wirtschaft beschleunigen und sogar den Weg zu einer gemeinsamen Währung ebnen. Chávez, Correa und Morales überboten sich in ihren Laudatios förmlich bei der Bedeutung der neuen Bank.

Als intimer Beobachter Südamerikas wird man dieser neuen Initiative angesichts der hochlobenden Töne zunächst skeptisch begegnen. Trotzdem: die Konturen eines neuen Südamerikas tauchen langsam auf. Denn der Gründung der Südamerikanischen Union am 08.12.2004 folgt jetzt die Gründung einer eigenen Entwicklungsbank. Allerdings fällt sofort auf, daß die Erklärung von Cuzco, welche zum Ziel hatte, eine der Europäischen Union vergleichbare Integration bis 2025 zu erreichen, von allen zwölf unabhängigen Staaten Südamerikas unterzeichnet wurde; bei der Banco del Sur sind jedoch nur Venezuela, Brasilien, Uruguay, Argentinien, Paraguay, Bolivien und Ecuador beteiligt. Chile, Kolumbien und Peru wollen der auf Initiative von Hugo Chávez und Néstor Kirchner gegründeten Institution vorerst nicht beitreten. Dabei ist das erklärte Hauptziel der Bank die „Finanzierung der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung der Länder der Südamerikanischen Union UNASUR.“

Neben dieser offensichtlichen Diskrepanz fällt zudem auf, daß zwar die Ziele der Bank weitläufig definiert wurden, nicht aber deren Modalitäten. Einigkeit besteht dahingehend, daß die Banco del Sur Kredite für regionale Entwicklungsprojekte gewähren, vornehmlich öffentliche Projekte finanzieren, den beteiligten Staaten mehr Unabhängigkeit von internationalen Kreditgebern verschaffen, die Abhängigkeit von internationalen Kreditgebern durchbrechen und als Fernziel den Kontinent dem Ziel näher bringen soll, eine eigene gemeinsame Währung zu etablieren.

Bei den Modalitäten ist dagegen vieles unklar. Geregelt wurde bisher, daß sich der Hauptsitz der Bank in Caracas und Zweigstellen in Buenos Aires und La Paz befinden werden. Als Startkapital sind sieben Milliarden US-Dollar vorgesehen. Die Kontrolle über die Bank sollen die im Aufsichtsrat versammelten Wirtschaftsminister der Mitgliedstaaten ausüben. Zudem sind gleiche Stimmrechte für jedes Land vorgesehen.

Der Gründungsakt der Banco del Sur - Foto: Presidencia de Ecuador

Offen blieb bislang allerdings, inwiefern diese Gleichberechtigung auch bei der Finanzierung gelten solle. In dem Zusammenhang betonen gerade die armen Länder, daß das wirtschaftliche Gewicht der Mitgliedsstaaten berücksichtigt werden müsse und sie entsprechend weniger einzuzahlen hätten. Dies dürfte aber wiederum dazu führen, daß die Länder mit höheren Einlagen ein höheres Mitspracherecht in der Realpolitik reklamieren könnten, was entgegen der demokratischen Stimmverteilung stünde.

Auch andere Probleme gibt es genug: Da wäre zunächst die Frage, ob die Banco del Sur ihre Rolle lediglich als eine regionale Entwicklungsbank, etwa für regionale Energieprojekte wie Pipelines, sieht oder ob sie (zugleich) bei Währungskrisen zu intervenieren gedenkt. Chávez will der Bank offenbar beide Funktionen zuschreiben, damit sie eine Alternative zu IWF und Weltbank darstellt. Doch Lula ist skeptisch – wahrscheinlich mit gutem Grund. Denn setzt man die sieben Milliarden US-Dollar ins Verhältnis zu den rund 40 Milliarden US-Dollar, die die brasilianische Entwicklungsbank zwischen Oktober 2006 und Oktober 2007 als Kredite gewährte, wird schnell deutlich, daß Anspruch und Wirklichkeit bei der neuen Institution weit auseinander klaffen. Zwar sind die sieben Milliarden der Banco del Sur durchaus ein solides Startkapital für Entwicklungsprojekte. Aber damit im Falle einer Krise intervenieren und die Abhängigkeit von Krediten des IWF durchbrechen zu können, erscheint völlig illusorisch. Beispielsweise wies Brasilien 2005 Auslandsschulden von 226 Milliarden US-Dollar aus – das 30fache der Einlagen der neuen Bank.

Das größte rechtliche Problem bezieht sich auf die Frage: Was passiert, wenn Kreditnehmer zahlungsunfähig werden? Wer fungiert in diesem Falle als Garant? Wie ist eine eventuelle Krise der Banco del Sur abgesichert?

Bleibt als Fazit festzuhalten, daß die Bank des Südens durchaus eine geeignete Institution für Entwicklungsprojekte in Südamerika darstellen könnte. Ob sie auch in der Lage wäre, irgendwann die Funktionen des IWF für die Region zu übernehmen, wird die Zukunft zeigen. Klar ist hingegen, daß mit der Gründung der Banco del Sur sowohl die Weltbank als auch der Währungsfonds zunehmend an Einfluß in Südamerika verlieren.

Karte: Public Domain.

Bildquelle: Presidencia de la República del Ecuador.

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