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Politik und Kultur in Lateinamerika

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Quo Vadis Amazonas?

Lesedauer: 5 Minuten

„Para los pueblos indígenas, el bosque es su madre, su vida, su presente y su futuro“ (Margarita Mbywangi)*.

Die weiten Wälder des Amazonas in Peru Foto: sprainWie die Geschichtsforschung zeigt, leben schon lange indigene Völker in der Selva Perus. In glücklichen Jahren – vor der spanischen Eroberung – offenbarte sich ihre Existenz vor allem durch den weitläufigen Tauschhandel mit den Bewohnern der Bergregionen und der Küste. Nicht einmal das Inkareich konnte den ganzen Amazonas bezwingen. Die Selvastämme haben einer Kolonisation widerstanden. Dann, zwischen dem Ende des 19. Jh. und 1910, begann jedoch der Kautschukboom, in dessen Folge die Indigenen von eingewanderten, weißen Patrones und ihren Leuten grausam behandelt wurden. Die neuen selbst ernannten Herrscher überwältigten die einheimischen Völker und zwangen sie, unter Sklaverei ähnlichen Bedingungen zu arbeiten. Eine Flucht wurde mit dem Tod bestraft. Diese Situation löste die Vertreibung der indigenen Völker aus ihren Ursprungsgebieten aus, weil sie im Falle eines Zurückbleibens in diesen Regionen zu Arbeitsdiensten verschleppt wurden. Der Staat griff nicht ein. Er war in der Selva einfach nicht existent. Die schrecklichen Folgen dieser Gewalt zeigen sich zum Beispiel im Putumayo-Flussgebiet: Im Zuge der Ausbeutung des Naturkautschuks starben während der ersten Dekade des 20. Jh. 40.000 von insgesamt 50.000 Menschen.

Nach dieser Zeit versuchten die Indigenen der Selva, mit weiteren äußeren Einflüssen wie Kolonisationsprozess, Drogenhandel und politischer Gewalt fertig zu werden. Die Kolonisierung fand dabei nicht durch Spanier statt, sondern durch emigrierte Landwirte aus den Bergen, die sich große Areale des Regenwaldes zur eigenen Nutzung aneigneten. Auch hier griff der Staat nicht ein. Diese Umstände haben bei den Indigenen zu einer tiefen Verwundbarkeit geführt, weil sie sahen, dass sie nichts gegen all diese Ungerechtigkeiten unternehmen können. Als ob das nicht ausreichen würde, wurde zudem der Lebensraum der Amazonas-Völker in immer schnellerem Tempo zerstört. Trotzdem haben viele Stämme überlebt.

All diese Tatbestände haben in ihnen Angst ausgelöst; deswegen haben viele ihren modus vivendi gewechselt. Manche gaben ihre Sesshaftigkeit auf, verließen ihre Wohnstätten, ihre Felder und nahmen ein Nomadenleben an. Kann man deshalb von einem Exodus sprechen? Vielleicht. Aber Auszug wohin? Das interessiert nicht. Einfach dahin, wo sie niemanden treffen können, in die Geheimstätten des Regenwaldes, unter seinen Schutzmantel – oder dem, was von ihm bleibt. Diese selbst gewählte Abgeschiedenheit hat natürlich gleichzeitig zu einer Anfälligkeit gegenüber Viren und Krankheiten unserer Zivilisation (Grippe, Aids, VIH, etc.) geführt. Deswegen meiden sie den Kontakt mit anderen, die nicht „wie sie sind“. Man kalkuliert, dass es 14 umherschweifende Völker, d.h. eine nomadisierende Bevölkerung zwischen 5000 und 10.000 Menschen im ganzen Amazonas gibt.

In Peru umfasst der Amazonas 68% des Staatsgebiets. Die Bevölkerung der Selvaregionen ist nach ihren Sprachfamilien organisiert. Die Volkszählung von 1993 ergab, dass 48 ethnische Völker existieren, die zu zwölf ethnisch-linguistischen Gruppen gehören. Jede Gruppe ist gekennzeichnet durch unterschiedliche kulturelle Elemente. In den letzten 50 Jahren sind elf einheimische Volksgruppen ausgestorben, weitere 18 gelten heute als vom Aussterben bedroht.

In der Vorstellungswelt der Indigenen ist die Mutter Erde besonders wichtig. Sie sorgt für das (Über-)Leben und sichert die Existenz. Die Erde enthält für sie die Herkunftssagen, das Gedächtnis und die Geschichte des Volkes. Sie stellt die heutige Realität und die zukünftige Existenzsicherheit der Gruppe dar. Wenn sie die natürlichen Ressourcen nutzen, respektieren sie immer das Gleichgewicht der Natur. Man kann sagen, die Indigenen leben in einer Art Symbiose mit der sie umgebenden Umwelt. Diese Relation wird, so hat es den Anschein, vom Staat und den transnationalen Firmen kaum verstanden.

Heute verfügt jedes einheimische Volk über eine Schule und ein Centro de Salud, einen Gesundheitsstützpunkt. Aber das ist nicht genug. Zwar können die Kinder jetzt lernen und die Frauen bei Geburten ärztlich begleitet werden. Vielleicht hat sich auch das Gesundheitsniveau insgesamt ein bisschen verbessert. Doch der illegale Holzeinschlag, der Bergbau und der Drogenhandel sind weiterhin die größten Feinde der Amazonas-Völker. Dagegen helfen diese infrastrukturellen Einrichtungen nichts.

Was bringt diesen einheimischen Gruppen die Zukunft? Bleiben sie weiterhin abgeschieden? Übernehmen sie das aktuelle Entwicklungsmodell oder leben sie nach einem eigenen Modell? Die Antworten sind strittig. Manche meinen, dass sie ihre aktuelle Lebensform ohne Einwirkungen von unserer Gesellschaft, zum Beispiel dem Problem des Alkoholismus, behalten werden. Andere meinen, dass die Selva-Völker Instrumente der Modernität zur eigenen Entwicklung nutzen können. Ein solches Beispiel wäre etwa der Online-Laden, durch den die Shipibo-Conibo-Ethnie ihre traditionellen Handwerksarbeiten anbieten. Sie benutzen jetzt Internet und versuchen, andere ethnische Gruppen zu treffen, um ihre Kultur zu bewahren.

Allerdings sind bereits 72% des Amazonas in Lotes, Explorationsgrundstücke, zur Ressourcengewinnung, vor allem von Erdöl und Erdgas, eingeteilt. Die Vertreter der einheimischen Völker verlangen nun ihre Mitbestimmung (im Übrigen gemäß der Deklaration 169 der ILO). Werden sie von der peruanischen Regierung angehört?

Quo vadis Amazonas?

Bildquelle: Sprain
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*„Für die Indigenen ist der Wald ihre Mutter, ihr Leben, ihre Gegenwart und ihre Zukunft.“ Margarita Mbywang ist Vertreterin des Aches-Volksstammes. Sie ist jetzt Präsidentin des staatlichen Indigenen-Institut (Instituto Nacional del Indígena -INDI-) in Paraguay.
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Literatur

1. Luna Amancio, Nelly. Los habladores de la Amazonía. In: El Comercio Zeitung. (24.08.2008).
2. El Centro Amazónico de Antropología y Aplicación Práctica CAAAP http://www.caaap.org.pe/pueblos/pueblos.htm
3. Defensoría del Pueblo. Bericht N° 134: La Salud para las Comunidaddes Nativas: Un reto para el Estado. (30.08.2008). In:
http://www.defensoria.gob.pe/modules/Downloads/informes/defensoriales/suplementos/Suplemento_8.pdf
4. Defensoría del Pueblo. Informe Defensorial N° 68: La Defensoría del Pueblo y los Derechos Territoriales de las comunidades nativas. El Conflicto territorial en la comunidad nativa Naranjos. Peru – 2002. In:
http://www.defensoria.gob.pe/modules/Downloads/informes/defensoriales/informe_68.pdf
5. Pineda Camacho Roberto. La Casa Arana en el Putumayo. El Caucho y el proceso esclavista. 2003. In:
http://www.lablaa.org/blaavirtual/revistas/credencial/abril2003/1raro.htm
6. Brack Egg, Antonio u.a. (Hrsg). Amazonía Peruana. Comunidades Indígenas, conocimientos y tierras tituladas. Atlas y Base de Datos. 1997.
7. http://www.siforestal.org.pe/subcontenidos.aspx?identificador=93
8. http://www.fondoindigena.org/notiteca.shtml
9. http://peruamazonico.blogspot.com/#5

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