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Politik und Kultur in Lateinamerika

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Menschenrechte der indigenen Völker in den Verfassungen von Brasilien, Peru und Ecuador

Lesedauer: 19 Minuten

Eine Indigene im Hochland von Peru Foto: Quetzal-Redaktion, sscSeit der Unabhängigkeit der südamerikanischen Länder ist das Verhältnis zwischen Staat und indigenen Völkern gespannt. Dieses Verhältnis hat sich aber in den letzten Jahren gewandelt. Das zeigt sich vor allem in den neuen lateinamerikanischen Verfassungen, in denen die Staaten den indigenen Völkern eine stärkere Unterstützung gewähren (z. B. in Ecuador). Allerdings ist auch feststellbar, dass die Umsetzung der Rechte, die die Staaten den indigenen Völkern zuerkennen und die in der Verfassung verankert sind, noch immer schleppend verläuft. Es fehlt an politischen Institutionen, die zusammen mit den indigenen Völkern diesen Prozess initiieren und nachhaltig gestalten.

Als hauptsächliche Probleme der Menschenrechte für die indigenen Völker werden folgende Punkte betrachtet: das originäre Recht auf Territorium oder Land, das generelle Recht auf Boden, die Erziehung und Kultur, die Sprache, der Multikulturalismus, die soziale Organisation, das Gewohnheitsrecht, die politische Repräsentation, die Selbstbestimmung, das Lebensniveau und die nachhaltige Entwicklung.

Nachfolgend werden ausgehend von diesen Kriterien die Menschenrechte der indigenen Völker in drei Staaten Südamerikas untersucht, weil diese in ihren Verfassungen den indigenen Völkern einen besondere Behandlung zugestehen[1].

Brasilien

Brasilien mit einer Fläche von 8.514.215 km2 hat eine indigene Bevölkerung von 734.000 Personen[2]. Das entspricht 4% der gesamten brasilianischen Bevölkerung. Von den 734.000 Indigenen wohnen 383.298 Personen in áreas urbanas (urbanen Zentren). Die anderen Ureinwohner finden sich hauptsächlich in indigenen Territorien. Das heißt, sie kontrollieren 12,74% des brasilianischen Staatsgebietes[3]. 96,61% dieser Flächen befinden sich im Gebiet des Amazonas.

Es wird geschätzt, dass in den brasilianischen Urwaldgebieten des Amazonas über 200.000 Indigene aus 208 Ethnien leben. Einige zahlenmäßig große Völker sind die Guaraní (26.000), die Kaingang (18.000), die Yanomami (16.000), die Terêna (15.000), die Kaiwá (12.000-14.000), die Ticuna (12.000) und die Guajajára (10.000)[4].

Brasilien ist jedoch heute ein Staat mit einer relativ geringen indigenen Bevölkerung. Schätzungen gehen davon aus, dass die indigenen Völker vor der portugiesischen Eroberung – am Anfang des 16. Jahrhunderts – eine Gesamtbevölkerung von fünf Millionen Einwohnern hatten[5].

Der derzeit zentrale Streitpunkt zwischen dem brasilianischen Staat und den indigenen Völkern dreht sich um die Nutzungrechte an den Rohstoffen des Amazonas-Gebietes. 70 Prozent der Fläche Brasiliens werden vom Amazonas-Urwald bedeckt, der bis ins 20. Jahrhundert hinein weitgehend ungenutzt blieb. Aber die Region ist reich an Gold-, Erdöl-, Kohle-, und Uranvorkommen. Auch birgt sie riesige Energie- und Forstressourcen. Große Landwirtschaftsbetriebe wollen zudem weitläufige Flächen für den Anbau von Soja oder Zuckerrohr verwenden. Die indigenen Völker stehen den Plänen der Regierung und der Wirtschaft, die Ressourcen des Regenwaldes zu nutzen, im Wege. Es kommt deshalb immer wieder zu Morden an Indigenen oder zu Umsiedlungen ganzer Völker.

Indigenas im Amazonas Brasiliens - Foto: Quetzal-Redaktion, mcma) Originäres Recht auf Territorium oder Land: In der brasilianischen Verfassung von 1988 wurde man sich der Situation und der Gefahr des Aussterbens der indigenen Völker bewusst, weshalb man ihnen den Anspruch auf ein Territorium als originäres Recht[6] zubilligte[7]. Außerdem wurden die Rechte der Indigenen in einem eigenen Kapitel festgehalten, nämlich  Kapitel VIII – Von den Indigenen (Capítulo VIII – Dos Indios), des Titels VIII – Von der sozialen Ordnung (Da Ordem Social). Im Artikel 231 der brasilianischen Verfassung erkannte der Staat die kulturelle Vielfältigkeit der Indigenen und deren Bewahrung an und sicherte den Schutz indigener Territorien zu.

b) Multikulturalismus und Kultur: Auch wenn der brasilianische Staat offiziell den Standpunkt vertritt, die indigenen Völker in die Gesellschaft zu integrieren, ist die Pluriethnizität im Brasilien noch nicht ausdrücklich im Verfassungstext anerkannt. Aber es gibt – in impliziter Form – Hinweise darauf.

Zum Beispiel:
Im Artikel 215 garantiert der Staat allen Bürgern die volle Ausübung der kulturellen Rechte und den Zugang zu den Quellen der nationalen Kultur, und er unterstützt die Würdigung und die Verbreitung der kulturellen Äußerungen. Das impliziert ein pluralistisches Konzept hinsichtlich der Quellen nationaler Kultur.

Der Artikel 213 § 1 beinhaltet explizit die Verteidigung der indigenen Kultur, wobei der Staat die Ausübung derselben sowohl für die indigenen als auch für die afrobrasilianischen Völker und für andere Gruppen schützt. Im § 2 offenbart sich das pluralistische Konzept der nationalen Kultur dadurch, dass darin die wichtigsten Feiertage verschiedener nationaler, ethnischer Gruppen festgelegt werden.

c) Sprache: Ein anderer Aspekt ist hingegen die Anerkennung des Portugiesischen als einzige offizielle Landessprache (Art. 13), was eine Beschränkung der anderen Sprachen im Sinne des Art. 231 bedeutet (siehe oben).

d) Bildung: Artikel 210 § 2 regelt das Recht der Indigenen auf Bildung, wobei ihnen für die Grundschulausbildung garantiert wird, in ihrer Muttersprache und mit ihren eigenen Methoden zu unterrichten. Dies kann als eine Förderung zur bilingualen Erziehung interpretiert werden, womit sich die Festlegung auf nur eine Landessprache relativiert.

d) soziale Organisation: Im Artikel 231 findet sich schließlich die Anerkennung sowohl der „sozialen Organisationen mit den spezifischen Sitten, der Sprache, der Religion, den Gebräuchen…“ der Indigenen als auch die Spezifikation und Verbreitung deren kultureller Elemente.

Trotz des Zugeständnisses von kulturellen Rechten an die indigenen Völker in den genannten Artikeln gibt es in der Verfassung andere Artikel, die weiterhin den Begriff der nationalen Kultur benutzen, so dass der Eindruck entsteht, die indigenen Kulturen müssten sich in einen monokulturellen nationalen Staat integrieren[8]. Das heißt, obwohl durch die Artikel 215 und 231 der Schutz der Minderheitenkulturen formell garantiert ist, gibt es parallel einen Prozess zur Bildung eines nationalen Bewusstseins (Art. 215 § 1)[9], wobei die indigenen Kulturen diesem ungenauen Begriff der „nationalen Kultur“ untergeordnet werden.

e) Recht auf Land: Der Artikel 231 und seine sieben Paragrafen umfassen das Thema des indigenen Territoriums. Hier bestimmt der Staat, dass die Indigenen ursprünglich die Eigentümer des Territoriums waren. Daher haben ihre Rechte Vorrang vor allen Verwaltungsakten der Regierung. Die brasilianische Verfassung legte zudem im Art. 232 fest, dass die Föderative Staatsanwaltschaft die Rechte der Indigenen vor Gerichte verteidigen muss. Nach Art. 232 können die indigenen Gruppen zur Verteidigung ihrer Rechte und Interessen rechtlich eigenständig vorgehen.

Nach Art. 20, IX[10] der Verfassung sind die indigenen Gebiete Eigentum der Union, weswegen sie unter die föderative Gerichtsbarkeit fallen.

Die brasilianische Verfassung erkennt zudem das Konzept der „Ursprünglichkeit“ (Origenareidad) anderer Rechte der Indigenen über das Territorium, das sie traditionell bewohnen, an. Das heißt, dass diese Landrechte nicht auf einem legislativen Akt durch den Staat basieren, sondern auf dem geschichtlichen Umstand des ursprünglichen Besitzes und der uralten Benutzung derselben[11].

Neben dem permanenten Besitz und dem ausschließlichen Nießbrauch, d. h. der Übertragung des Nutzungsrechtes, von Boden, Flüssen und Seen erkennt der Staat weiterhin an, die Indigenen am Gewinn des Abbaus des Unterbodens, des Wasser und des Energiereichtums zu beteiligen[12]. Dies ist bemerkenswert, weil das Recht zur Nutzung der Ressourcen bei der Union liegt[13].

In der brasilianischen Verfassung werden weder die indigene Jurisdiktion noch die politische Repräsentation der Indigenen festgelegt. Bezüglich der Autonomie könnte implizit der Art. 231 gelten.

Peru

Menschenrechte der indigenen Völker in den Verfassungen einiger südamerikanischer LänderGemäß der Volkzählung von 1993 leben in Peru 8.793.295 Indigene (davon 97,8% in den Anden [andinos] und 2,1% im Amazonas [amazónicos])[14]. Das heißt, dass die Indigenen ein Drittel der Gesamtbevölkerung von 27 Millionen ausmachen. An der Küste und in den Anden sind die Indigenen vorrangig Quechuas, im südlichen Hochland dagegen hauptsächlich Aymaras, während im Regenwald (Amazonas) mehr als 65 verschiedene indigene Völker existieren, die zu 16 ethnisch-linguistischen Gruppen gehören[15].

In den letzten 50 Jahren sind elf einheimische Volksgruppen ausgestorben, weitere 18 gelten heute als vom Aussterben bedroht. Man spricht von 11 Völkern, die noch in Isolation leben oder gerade in Kontakt zur „Zivilisation“ getreten sind[16].

Für die Analyse in Peru ist zunächst wichtig, dass man nicht die aktuelle peruanische Verfassung von 1993 untersuchen kann, ohne sich auf die Verfassung von 1979 zu berufen, weil die derzeit gültige Verfassung einen Rückschritt im Bezug auf die Rechte der Indigenen darstellt[17].

a) Recht auf Land: Die politische Verfassung von Peru (1993) enthält Regelungen zum Boden in Titel III, Kapitel VI, Art. 88, 89. Hier wurde das Recht auf Land unter der Bezeichnung „De las Comunidades Campesinas y Nativas“ (Von den Bauern- und Ureinwohnerkommunen) geregelt. Im Sinne des Art. 89[18] garantiert der Staat eine freie Verfügung des Landes. Diese Regelung verstößt offensichtlich gegen eines der wichtigsten Prinzipien des Indigenismus. Denn dadurch wird der Verkauf von Boden ermöglicht.

Es gibt auch nur eine schwache Anerkennung der Autonomie von Bauern- und Nativenkommunen im selben Artikel. Andere Artikel weisen in eine ähnlich Richtung. In Art. 69, beispielsweise, steht: „Der Staat ermutigt die nachhaltige Entwicklung des Amazonas mit einer angemessenen Gesetzgebung“. Während in den 1970er Jahren der Amazonas noch vor einer räuberischen Ausbeutung ausdrücklich gesetzlich geschützt war[19], ist er nach diesem Artikel praktisch „vogelfrei“ – und mit ihm die indigene Bevölkerung, die darin lebt. Das Recht zur Nutzung der natürlichen Ressourcen liegt allein bei der Regierung (Art.66)[20].

Der zweite Artikel behandelt das Thema des „verlassenen Bodens“. Gemäß Art. 88 geht verlassenes Land (tierras abandonadas) an die Regierung zum Weiterverkauf zurück[21]. Das könnte bedeuten, indigenes Territorium ließe sich bei entsprechender Auslegung auf diese Weise durch den Staat aneignen und verkaufen.

b) Sprache: Die indigenen Sprachen sind wie Spanisch als offizielle Sprachen in der peruanischen Verfassung anerkannt (Art 46).

c) Bildung: Es gibt eine Förderung und Unterstützung für eine zweisprachige und bikulturelle Ausbildung (Art. 17) sowie die Garantie von Rechten auf eine Erziehung, die die jeweiligen Identitäten respektiert (Art. 15).

d) Multikulturalismus und Kultur: Gemäß Art. 2 Nr. 19 wird eine pluralistische Ethnizität anerkannt. Ebenso sollen nach Art. 17 die vielfältigen kulturellen Äußerungen bewahrt bleiben und gemäß Art. 89 die kulturelle Identität der Bauern- und Nativenkommunen verteidigt werden.

e) soziale Organisation und Autonomie sind (wenngleich wenig umfassend) im Art. 89 geregelt. Die Bauern- und Ureinwohnerkommunen gelten demnach auch als juristische Personen.

f) Der Staat hat zudem das Gewohnheitsrecht und die Rechtsprechung der Bauern- und Nativenkommunen anerkannt (Art.149[22]), vorausgesetzt, dass nicht gegen die Grundrechte verstoßen wird.

2001 gründete sich eine Kommission für eine Verfassungsreform, die als Gegengewicht zur aktuellen Verfassung einen gemäßigten Konstitutionalismus suchen sollte. Auch strebte sie an, in Bezug auf die wirtschaftliche Ordnung und andere Aspekte wie z.B. die Rechte der Indigenen eine deutlichere Haltung einzunehmen. Sie hinterließ einen Verfassungsrahmen, der bis heute jedoch nicht weiter ausgearbeitet wurde.

Ecuador

Ecuador hat mit über 40 Prozent einen sehr hohen Anteil indigener Bevölkerung, wenngleich die Angaben sehr stark variieren. Es gibt 13 indigene Völker mit eigener Sprache, die als „Nationalitäten“ anerkannt sind. Die zahlenmäßig stärkste Gruppe bilden die im Hochland lebenden Kichwa. In Amazonien stellen die Shuar mit etwa 40.000 Personen die größte Gruppe dar. Weitere indigene Völker sind u.a. die Chachi (etwa 4.000) und Tsáchila (2.000) im Westen des Landes, sowie Huaorani (2.000), Siona, Secoya, Zápara (ca. 300) und Achuar (500) im Amazonasgebiet[23].

Am 28. September 2008 stimmten nach vorläufigen Ergebnissen in einem Referendum etwa 65 Prozent der wahlberechtigten Bevölkerung für die neue ecuadorianische Verfassung.

Auf sozialem Gebiet gilt die neue Charta jetzt schon als eine der fortschrittlichsten des Kontinents. Sehr interessant ist die Präambel. Das in der Präambel genannte Ziel des Sumak Kawsay (quechua für „gutes und harmonisches Leben“ oder „Gutes Leben“[24]), wird um die Absicht erweitert, eine Gesellschaft zu errichten, die in allen ihren Formen die Würde der Menschen respektiert.

Es soll nicht der wirtschaftliche Profit das oberste Ziel sein, sondern das Wohlergehen der Bevölkerung. Deshalb wurde beispielsweise im Verfassungstext „marktwirtschaftlich“ durch „solidarisch“ ersetzt. Die Verfassung garantiert nun mehr soziale Gerechtigkeit, einen kostenlosen Zugang zu Gesundheit, Bildung und zur Sozialversicherung. Sie widmet sich ausführlich Fragen der natürlichen Ressourcen, des Wassers und Bodens und regelt die kollektiven Rechte für die indigenen Völker.

a) Originäres Recht auf Territorium oder Land: Ganz deutlich wird im Art. 57, Nr. 5 dieses Recht formuliert. Darin werden zunächst die traditionellen Kommunen (bezeichnet als comunidades), die indigenen Nationen und Völker, das afroecuadorianische und das Montubios-Volk sowie die Gemeinden (bezeichnet als Comuna) anerkannt. Außerdem gewährleitstet der Artikel das Recht auf Besitz von Boden und ursprünglichem Land, wie es in der Verfassung, in Pakten, Abkommen, Erklärungen und anderen internationalen Instrumenten der Menschenrechte verlangt wird.

Die Präambel der Verfassung enthält zudem die Anerkennung der tausendjährigen Wurzeln der verschiedenen Völker. Das bestätigt den indigenen Völkern auch ein originäres Recht. Nach Art. 57, Nr. 11 können sie zum Beispiel nicht von ihrem althergebrachten Land umgesiedelt werden.

b) Sprache: Die neue Verfassung unterscheidet zwischen drei Sprach-Ebenen: Spanisch (castellano) als offizielle Landessprache; Spanisch (castellano), Kichwa (Quechua[25]) und Shuar als offizielle Sprachen für interkulturelle Beziehungen; traditionelle Sprachen als offizielle Sprachen für indigene Völker in den Zonen, wo sie leben oder wohnen (Art. 2, II).

c) Bildung: Das Recht auf Bildung wird nach den Grundsätzen der Gleichheit und Integration gewährleistet. Gemäß Art. 29 hat jede Person das Recht, in ihrer entsprechenden Sprache und gemäß ihrem kulturellen Hintergrund zu lernen. Art. 28, II fördert die zweisprachig-interkulturelle Ausbildung. Art. 27, I garantiert den Ecuadorianern unter anderem auch das Recht auf eine ganzheitliche Entwicklung.

d) Multikulturalismus und Kultur, Selbstbestimmungsrecht: Diese Aspekte sind überall in der Verfassung verankert. Im Art. 1, I wird der plurinationale (plurinacional) und interkulturelle Charakter des Staates anerkannt (Art. 1, I). Art. 6, II bezieht sich auf die ecuadorianische Staatsangehörigkeit, die eine Rechtsbindung zwischen Personen und dem Staat darstellt, wobei es ausdrücklich keine Beeinträchtigungen wegen der Zugehörigkeit zu indigenen Nationalitäten, die in Ecuador existieren, gibt. In Bezug auf Ernährung (Art. 13), Kultur und Wissenschaft hat jede Person das Recht, eine eigene kulturelle Identität aufzubauen und zu erhalten. Wichtig ist auch die Anerkennung des Rechts auf Selbstbestimmung. Dieses findet sich im gleichen Artikel (Art. 21), in dem den Personen auch das Recht zugestanden wird zu entscheiden, ob sie einem oder mehreren kulturellen Völkern (man benutzt comunidades) angehören, und wo das Recht auf ein historisches Gedächtnis der Kulturen, auf den Zugang zum Kulturgut und zur Verbreitung eigener kultureller Meinungsäußerungen, etc. geregelt ist.

e) soziale Organisation und Gewohnheitsrecht: Nach Art. 57, Nr. 1 und Nr. 9 sind die Rechte auf soziale Organisation der indigenen Völker garantiert. Die Indigenen können sich innerhalb ihrer Völker organisieren, verwalten und regieren, wie es ihren Traditionen entspricht. Die Ausübung des Gewohnheitsrechts ist im Art. 57, Nr. 10 geschützt. Die Einschränkung ist hier, dass es gegen keine anderen Verfassungsrechte, explizit aber auch nicht gegen die Rechte von Frauen und Kindern, verstoßen darf.

f) Recht auf Land: Nach Art. 57, Nr. 4, Nr. 5 und Art. 60 wird den Indigenen das Recht auf Land zugestanden. Ganz wichtig und als Verfassungsrang weltweit eine Rarität ist der Schutz des Gebietes der so genannten isolierten Völker. Dieser Schutz ist in Art. 57, II verankert. Das Territorium der isolierten Völker gilt als unberührbarer althergebrachter Besitz, in denen jegliche Fördertätigkeit verboten ist. Der Staat beschließt weiterhin Maßnahmen zur Gewahrleistung ihres Lebens. Er respektiert ihre Selbstbestimmung und auch ihre Entscheidung, in Isolation zu bleiben. Jegliche Verletzung dieser Rechte wird als Delikt des Ethnozids typisiert.

g) Recht auf Wasser: Eine Neuheit ist die Anerkennung des Rechts auf Wasser (Art. 12[26]) als ein Menschenrecht.
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die ecuadorianische Verfassung zur Zeit die Verfassung Südamerikas ist, die die meisten Regelungen zugunsten indigener Völker besitzt. Sie enthält viele Artikel, durch die die indigenen Rechte gestärkt sowie in allen Formen anerkannt werden.

Die Menschenrechte der indigenen Völker im Vergleich - Ausarbeitung: Quetzal-Redaktion, luz
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[1] Dieser Artikel wurde vor dem Referendum für die neue bolivianische Verfassung geschrieben.

[2] Instituto Brasileiro de Geografía e Estatística (IBGE), Tendências Demográficas, S. 8. Bei diesem Punkt treten Diskrepanzen auf, weil andere Ziffern aus dem Instituto Socioambiental (ISA) darauf hinweisen, dass es nur 600.000 Indigene (davon 450.000 in indigenen Territorien und in núcleos urbanos [urbanen Zentren] sowie weitere 150.000 in Großstädten) gibt. Das entspräche 0,2% der gesamten brasilianischen Bevölkerung. (_http://pib.socioambiental.org/pt/c/no-brasil-atual/quantos-sao/introducao. Der Link konnte am 11.03.2013 nicht mehr aufgerufen werden.)

[3] Die indigenen Territorien umfassen ein Gebiet von 991.498 km2 in Brasilien, eine Fläche größer als Frankreich (543.965 km2) und England (130.423 km2) zusammen. Mehr Daten bei IBGE in: http://www.ibge.gov.br/ibgeteen/pesquisas/geo/terr_indig.html

[4] Die Koordination der indigenen Organisationen des brasilianischen Amazonasgebietes (COIAB), Zur Situation der indigenen Völker, In: Klima-Bündnis e. V., Indigene Völker in Amazonien, In: http://www.indigene.de/brasilien.html

[5] Otero Gerardo, Los Indios en Brasil. Del exterminio al resurgimiento demográfico y político, 2002. Vgl. mit Gregor Barié Cletus, Pueblos Indígenas y Derechos Constitucionales en América Latina: Un panorama, 2005, S. 160.

[6] Verfassung der Föderativen Republik Brasilien, Artikle 231: “Indians shall have their social organization, customs, languages. creeds and traditions recognized, as well as their original rights to the lands they traditionally occupy, it being incumbent upon the Union to demarcate them, protect and ensure respect for all of their property. (Unterstreichung durch die Verfasserin). In:
http://pdba.georgetown.edu/Constitutions/Brazil/brtitle8.html

[7] Fernandes Ferreira Eliane, Indigene Ethnien Brasiliens, Ihr Kampf um Land, Recht, soziale Anerkennung und ihr ethnisches Selbstwertgefühl: Eine Untersuchung zur aktuellen Lage der Indigenen Brasiliens, S. 50.

[8] Gregor Barié Cletus, Pueblos Indígenas y Derechos Constitucionales en América Latina: Un panorama, S. 194.

[9] Verfassung von Föderative Republik Brasilien, Art. 215 § 1º: The State shall protect the expressions of popular, Indian and Afro-Brazilian cultures, as well as those of other groups participating in the national civilization process.

[10] Verfassung der Föderativen Republik Brasilien, Art. 20, IX: The following are property of the Union: those lands traditionally occupied by the Indians.

[11] Interamerikanische Kommission für Menschenrechte (IAKMR) – OAS, Bericht über der Situation der Menschenrechte in Brasilien. Vgl. Kapitel VI: Menschenrechte der indigenen Völker in Brasilien. In: http://www.cidh.oas.org/countryrep/Brasesp97/indice.htm (Version nur auf Spanisch).

[12] Leitão Sérgio, Os direitos constitucionais dos povos indígenas, S. 91.

[13] Der Abbau dieser Ressourcen könnte vom Kongress im nationalen Interesse genehmigt werden, gemäß Art. 49, XVI; 176 § 1; 231 § 3. Dies aber erst nach Befragung der betroffenen Indigenengemeinschaften, Vgl. mit Gregor Barié Cletus, oben, S. 196.

[14] Parellada Alejandro, América Central y América del Sur, In: El Mundo Indígena 2008, S. 160.

[15] Dafür gibt es kontroverse Daten. Antonio Brack Egg behauptet, dass es gemäß der Volkszählung von 1993 im Amazonas 299.218 indigene Einwohner gibt. Diese bildeten 42 indigene (man benutzt auch die Bezeichnung ethnische) Völker, die zu zwölf ethnisch-linguistischen Gruppen gehören. Vgl. Mit dem Vorwort von Brack Egg, Antonio u.a. (Hrsg). Amazonía Peruana. Comunidades Indígenas, conocimientos y tierras tituladas. Atlas y Base de Datos.

[16] Parellada Alejandro, oben.

[17] Die Verfassunggebende Versammlung für die aktuell gültige Verfassung wirkte in einer Atmosphäre des Autoritarismus. Alberto Fujimori, damaliger Präsident von Peru, vollführte am 05.04.1992 einen Selbstputsch und löste die zwei gesetzgebenden Kammern des Kongresses auf. Dann wurde im gleichen Jahr die Verfassunggebende Versammlung einberufen. Die Verfassung wurde im Jahr 1993 verabschiedet. Obwohl die neue Verfassung knapp in einem Referendum angenommen wurde, kam es nie zu einer amtlichen Bestätigung der Ergebnisse des Referendums. Die Gültigkeit der neuen Verfassung kann daher in Frage gestellt werden.

[18] Politische Verfassung von Peru, Art. 89: Rural and Native Communities are legally recognized and enjoy legal status. They are autonomous in terms of their organization, communal working, use and free disposal of their land, as well as economically and administratively within the framework established by law. Ownership of their land is imprescriptible except in the case of abandonment described in the preceding article. The government respects the cultural identity of the Rural and Native Communities.

[19] Decreto Ley n.m. 22.175, Ley de Comunidades Nativas y de Desarrollo Agrario de las regiones de Selva y Ceja de Selva

[20] Politische Verfassung von Peru, Art. 66: All natural resources, renewable and non renewable, are the nation’s patrimony. The government enjoys the sovereign right to their development…

[21] Politische Verfassung v. Peru, Art. 88: Land deemed legally abandoned reverts to government ownership and is to be put up for sale.

[22]Politische Verfassung v. Peru, Art. 149: Authorities of the Peasant and Native Communities, with the support of the PeasantPatrols, may exercise jurisdictional functions within their territory in accordance with common law, provided they do not violate the fundamental rights of the individual. The law sets forth the manner of coordinating that special jurisdiction with the Offices of Justice of the Peace and other instances of the Judicial Branch.

[23] Nach Angaben von CONDEPE – Consejo de Desarrollo de las nacionalidades y pueblos indígenas (Entswicklungsrat der indigenen Nationen und Völker) gibt es 27 „Nationen“, die auf Küste, Berge und Selva (Regenwald) verteilt sind.

[24] Man muss sagen, dass eine adäquate Übersetzung sehr schwer ist; inklusive auf Spanisch ist die Übersetzung als „Buen vivir“ nicht vollständig. Dieses Konzept gehört zur Kosmovision der Indigenen.

[25] Als Kichwa (auch: Quichua) werden die Varianten der Quechua-Sprachfamilie ebenso wie deren Sprecher in Ecuador, Kolumbien sowie im Norden und Osten (Amazonien) Perus bezeichnet.

[26] Verfassung von Ecuador, Art. 12: Das Menschenrecht auf Wasser ist grundrechtlich und unverzichtbar. Das Wasser stellt ein strategisches Volkseigentum (patrimonio nacional) zur öffentlichen Benutzung dar, ist unabdingbar, unverjährbar, unpfändbar und lebensnotwendig. (Übersetzung der Verfasserin).

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Bildquellen: [1] und [3] Quetzal-Redaktion, ssc; [2] Quetzal-Redaktion, mcm

Quellen:

Brack Egg, Antonio u.a. (Hrsg). Amazonía Peruana. Comunidades Indígenas, conocimientos y tierras tituladas. Atlas y Base de Datos. 1997.

Fernandes Ferreira Eliane, Indigene Ethnien Brasiliens, Ihr Kampf um Land, Recht, soziale Anerkennung und ihr ethnisches Selbstwertgefühl: eine Untersuchung zur aktuellen Lage der indigenen Brasiliens, LIT Verlag, Berlin-Hamburg-Münster, 2002, 232 S.

Gregor Barié Cletus, Pueblos Indígenas y Derechos Constitucionales en América Latina: Un panorama, 2 Aufl., 2005.

Leitão Sérgio, Os direitos constitucionais dos povos indígenas, S. 89-91. In: Gonzáles Galván Jorge Alberto, Constitución y Derechos Indígenas (Hsrg), 1 Auflage, UNAM, 2002, 287 S.

Stavenhagen Rodolfo, Los pueblos indígenas y sus Derechos, UNESCO, 2008, 185 S.

Wessendorf Kathrin (Hrsg), El Mundo Indígena 2008, IWGIA, 602 S. In: http://www.iwgia.org

CIDH (Comisión Interamericana de Derechos Humanos) – OEA (Organización de Estados Americanos), Informe sobre la situación de los Derechos Humanos en Brazil, OEA/Ser.L/V/II.97, Doc. 29, rev.1, 29 septiembre, 1997. In: http://www.cidh.oas.org/countryrep/Brasesp97/indice.htm

– Constitution of Federative Republic of Brazil: http://pdba.georgetown.edu/Constitutions/Brazil/brtitle8.html

– Instituto Socioambiental (ISA) – Povos indigenas no Brazil: _http://pib.socioambiental.org/ (Der Link konnte am 11.03.2013 nicht mehr aufgerufen werden.)

– Senado Federal do Brazil: http://www.senado.gov.br/sf/legislacao/const/

– Red de Información Jurídica (RIJ): _http://190.41.250.173/rij/ (Der Link konnte am 11.03.2013 nicht mehr aufgerufen werden.)

– Instituto Interamericano de Derechos Humanos (IIDH): http://www.iidh.ed.cr/

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