Kuba hat in nur zwei Jahren alle Länder bei der Energieeffizienz überholt
Welche Nation ist die nachhaltigste in der Welt? Wer jetzt denkt, Schweden oder Dänemark oder vielleicht Norwegen, liegt falsch. Der World Wildlife Fund (WWF) hat Kuba zu dem einzigen Land erklärt, das einen Zustand der nachhaltigen Entwicklung nahezu erreicht. Der Schlüssel zu diesem Erfolg ist das vor zwei Jahren gestartete Programm zur Energieeffizienz, die „Revolución Energética“.
Der WWF Living Planets Report 2006 bewertet nachhaltige Entwicklung auf der Basis des vom UN-Entwicklungsprogramm UNDP aufgestellten Human Development Index (HDI) sowie dem Ökologischen Fußabdruck. Der Index berücksichtigt Lebenserwartung, Alphabetisierung und Bildung sowie Pro-Kopf-BIP. Das UNDP sieht hierbei einen Index von mehr als 0,8 als hohen Entwicklungsstand an. Nach dem Ökologischen Fußabdruck gilt ein Bioshpärenverbrauch von 1,8 Hektar pro Person oder weniger als nachhaltig. Das einzige Land, das beide Indikatoren erreicht, ist Kuba.
Noch einige Jahre zuvor war Kubas Energiesituation katastrophal. Das sozialistische Land mit 11 Millionen Einwohnern betrieb 11 große, ineffiziente thermoelektrische Kraftwerke, die die Hälfte der Zeit stillstanden. Es gab regelmäßige Stromausfälle und hohe Übertragungsverluste. Zu der Krise kamen ineffiziente Haushaltsgeräte, 75 % der Bevölkerung kochten mit Petroleum und die Stromtarife ermutigten nicht zum Sparen.
2004 wurde Kuba von einer Hurrikan-Serie überrollt, die mehr als 10 Millionen Kubaner für mehr als 10 Tage ohne Strom zurückließen. Angesichts eines veralteten Systems, gewaltigen Stürmen, Peak Öl und Klimawandel wurde den Kubanern klar, dass sie der Energiefrage Vorrang gewähren mussten. Daraufhin wurde das Programm „Revolución Energetica“ gestartet.
Zwei Jahre später verbrauchte das Land 34 % weniger Petroleum, 37 % weniger Flüssiggas und 80% weniger Benzin. Kubas Pro-Kopf-Energieverbrauch beträgt ein Achtel des Verbrauchs in den Vereinigten Staaten, während die Kubaner in der Gesundheitsversorgung, Bildung und Lebenserwartung ein Niveau erreichen, das dem der USA nicht nachsteht (siehe Tabelle).
Vor der Revolution von 1959 hatte etwa die Hälfte des Landes Zugang zu Elektrizität. 1989 war der Anteil auf 95 % gestiegen. Nach 1991 wurden jedoch Lebensmittel, Öl und Gas aufgrund des Zusammenbruchs der Sowjetunion und der andauernden US-Blockade knapp. Diese Zeit wurde als „Sonderperiode“ bekannt, in der die Kubaner lernen mussten, wie sie Lebensmittel, Medizin und Energie lokal und nachhaltiger herstellen konnten.
Kuba startete deshalb Mitte der 1990er-Jahre eine Initiative zum Energiesparen und zur stärkeren Nutzung erneuerbarer Energien. Alle ländlichen Schulen, Krankenhäuser und sozialen Zentren, die bis dahin ohne Strom waren, wurden mit photovoltaischen Anlagen ausgestattet. Dadurch erhielten alle Schüler Zugang zu Licht, Computern und TV-Bildungsprogrammen. Das Programm wurde von den Vereinten Nationen 2001 mit dem Global-500-Preis ausgezeichnet.
Die Krise war allerdings auch nach 10 Jahren „Revolución Energetica“ noch nicht ausgestanden. Das Land unternahm daraufhin 2006 weitere drastische Schritte. Kubas Energierevolution hat fünf Hauptaspekte:
- Energieeffizienz und Energiesparen
- Verbesserung der Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit des nationalen Stromnetzes
- Erhöhung des Anteils an erneuerbaren Energien im nationalen Energiemix
- Steigerung der Erkundung und Förderung von lokalen Öl- und Gasvorkommen und
- internationale Kooperation.
In einer Rede vor den kubanischen Energieversorgern erklärte der damalige Präsident Fidel Castro: „Wir warten nicht, bis Treibstoffe vom Himmelfallen, denn wir haben zum Glück etwas sehr viel Wichtigeres entdeckt: Energieeinsparung – was so viel wert ist wie große neue Vorkommen zu entdecken.“ Um seinen Energieverbrauch zu senken, begann Kuba zu energieeffizienteren Haushaltsgeräten zu wechseln. Innerhalb von nur zwei Jahren wurden fast zwei Millionen Kühlschränke, über eine Million Ventilatoren, 182.000 Klimaanlagen und 260.000 Wasserpumpen ausgetauscht. Klein-Neonlampen wurden kostenlos ausgegeben; nach sechs Monaten waren fast alle der neun Millionen konventionellen Lichtquellen ersetzt. Zur selben Zeit wurden die Kubaner aufgerufen, Petroleum zum Kochen zu ersetzen. Über 3,5 Millionen Reiskocher und 3 Millionen Dampfdruckkocher wurden seitdem in den Haushalten angeschafft.
Um das Energiesparen zu fördern, wurden die häuslichen Stromtarife umgestellt. Haushalte, die weniger als 100 kWh pro Monat verbrauchen, zahlen 0,09 Pesos pro Kilowatt. Für jede weiteren 50 kWh pro Monat steigen die Raten dann sprunghaft. Verbraucher, die über 300 kWh pro Monat verbrauchen, müssen 1,30 Pesos pro Kilowattstunde zahlen.
Kubas nationales Energieprogramm, das 1997 umgesetzt wurde, vermittelt den Kubanern Wissen über Energiesparmaßnahmen und erneuerbaren Energien. „Wenn wir mit der Erziehung zu Energieeffizienz im Vorschulalter anfangen, können wir Änderungen im Lebensstil erreichen“, erklärt Teresa Palenzuela vom kubanischen Energieeinsparsprogramm.
Das Programm veranstaltete in den letzten drei Jahren Energie-Festivals, um Tausende im Bereich Energieeffizienz und Energiesparen weiterzubilden. Die Festivals wenden sich an Schüler, die Energieeffizienz in Musik, Literatur und Theaterstücken thematisieren. In jeder kubanischen Schule kommen diejenigen mit den besten Projekten zur Energieeffizienz weiter zu lokalen Wettbewerben. Die Besten gehen weiter zur regionalen und dann zur nationalen Ebene. Die Bevölkerung besucht die Festivals in großer Zahl. „Diese Wettbewerbe sind für das ganze Land wichtig; sie motivieren Kinder, Schülerund die Öffentlichkeit, Energie auf allen Ebenen einzusparen“, sagt die 15-jährige Liliana Rodríguez Peña.
Die Medien tun das Übrige, um die Informationen über Energie zu verbreiten. Dutzende von Plakatwänden, die Energieeinsparungen fördern, sind über das Land verteilt; eine wöchentliche Fernsehshow ist dem Thema Energie gewidmet; Energieeffizienz und -einsparung ist regelmäßig Thema in den Zeitungen. Allein 2007 wurden 8.000 Artikel und Fernsehspots über Energieeffizienz veröffentlicht.
Allerdings waren auch 2005 noch Stromabschaltungen an der Tagesordnung, da das Stromnetz veraltet und ineffizient war. Daraufhin begann Kuba die Energieerzeugung zu dezentralisieren und Elektrizität in kleineren Anlagen bereitzustellen. 2006 installierte Kuba mehr als 1.800 Dieselgeneratoren und ölbefeuerte Mikro-Kraftwerke, die heute 110 Gemeinden mit über 3.000 MW Strom beliefern. Dieser Wechsel machte den Stromabschaltungen praktisch ein Ende. 2004 und 2005 gab es noch mehr als 400 Tage mit Stromabschaltungen über 100 MW für mehr als eine Stunde. 2006 sank die Zahl auf drei, 2007 gab es keine.
Kuba nahm auch einen beeindruckenden Plan zur Erneuerung des alten Stromnetzes in Angriff. Mehr als 120.000 Überlandmasten wurden erneuert, 3.000 Kilometer Kabel verlegt und 500.000 elektrische Zähler installiert. Das Ergebnis war die Reduzierung der benötigten Ölmenge zur Erzeugung einer Kilowattstunde von 280 Gramm im Jahr 2005 auf 271 Gramm 2007. Es wird geschätzt, dass Kuba durch seine Energiesparmaßnahmen in diesem Zeitraum etwa 827.000 Tonnen Öl eingespart hat.
Kubas Anstrengungen, mehr erneuerbare Energien in den Energiemix zu integrieren, sind ebenfalls beeindruckend. 100 Windmessstationen und zwei neue Windfarmen brachten die Windenergie auf 7,23 MW. Das Land entwickelt derzeit auch das erste netzgebundene Solarkraftwerk mit 100 kW.
„Wir brauchen eine globale Energierevolution“, sagt Mario Alberto Arrastia Avila, Energieexperte bei Cubaenergia, einem Energieinformationszentrum. „Aber dafür brauchen wir auch eine Revolution des Bewusstseins. Kuba hat einen Weg in Richtung eines neuen Energieparadigmas eingeschlagen – mit der Anwendung von Konzepten wie dezentrale Erzeugung, Effizienz, Bildung, Energiesolidarität und schrittweise Umstellung des Landes auf erneuerbare Energien.“
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Die Autorin Laurie Guevara-Stone ist Programmdirektorin bei Solar Energy International (www.solarenergy.org), einer Non-Profit-Organisation zur Verbreitung von erneuerbaren Energien in den USA.
Originaltext: Alternatives Journal 34:6, 2008
Übersetzung: Stefan Seum, Öko-Institut Berlin
Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung der Autorin und des Übersetzers.
Bildquelle: Mario Alberto Arrastia Avila, CUBAENERGIA
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