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La Semana | | Artikel drucken
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Die Staatsanwaltschaft beschuldigt den ehemaligen Leiter des DAS, Jorge Noguera, des Mordes an mehreren Gewerkschaftlern und linken Aktivisten

Alfredo Correa - Bild: Indymedia ColombiaIn einem bisher einzigartigen Fall in der Geschichte Kolumbiens wird der ehemalige Leiter des staatlichen Geheimdienstes DAS des vorsätzlichen Mordes beschuldigt. Dem Generalstaatsanwalt Mario Iguarán zufolge trägt deren ehemaliger Leiter Jorge Noguera die Schuld an der Ermordung von vier Personen und ist zudem verantwortlich für die Unterwanderung des DAS durch die Paramilitärs.

In einer groß angelegten Untersuchung stellte die Staatsanwaltschaft fest, dass der DAS die Namen von Gewerkschaftlern und Universitätsprofessoren, die später ermordet wurden, zuvor an die Paramilitärs weitergegeben hatte.

Einer der bekanntesten Fälle ist der des Soziologen und Universitätsprofessors Alfredo Correa D’Andreis, den der DAS umfassend überwachen ließ, wie unzählige Dokumente aus den Datenbanken der Organisation belegen. Correa D’Andreis wurde trotz fehlender Beweise festgenommen und kurz nach seiner Freilassung im September 2004 in Barranquilla  von einer paramilitärischen Einheit auf der Straße erschossen. Die Tat erschütterte die gesamte Küstenregion, in der Correa d’Andreis als Verfechter der Menschenrechte hohes Ansehen genoss.

Im April 2006 enthüllte der ehemalige Leiter der Informatik-Abteilung des DAS, Rafael García, gegenüber SEMANA Einzelheiten darüber, wie Jorge Noguera die Paramilitärs hinzugezogen hatte, um Verbrechen, wie das an Correa D’Andreis, zu begehen. Damals hagelte es für diese Offenbarung harsche Kritik, und García wurde sogar für unzurechnungsfähig erklärt. Doch nach Abschluss der Ermittlungen stand für die Staatsanwaltschaft fest, dass Garcías Worte der Wahrheit entsprachen. Seine Version passt zu den Aussagen dutzender Zeugen, sowie einigen Schriftstücken und untersuchten Sachverhalten.

Einer der Zeugen ist der Rechtsanwalt Jorge Enrique Palacio. Er sagte gegenüber den Beamten des CTI[1] aus, dass er von William Samperer, alias „Pupi“, ein bezahlter Killer der Paramilitärs und Angeklagter im Mordfall Correa D’Andreis’, Informationen über Rodrigo Tovar Pupo, alias „Jorge 40“, erhalten habe. Demnach gilt jener als Auftraggeber des Mordes, der Correa D’Andreis wegen seiner Funktion als „Gehilfe der Guerilla“ ermorden ließ.

Aus der 166-seitigen Anklageschrift, die noch mehrere ähnliche Fälle dokumentiert, geht hervor, dass Noguera außerdem für die Morde an Zully Esther Codina, Fernando Pisciotti und Adán Pacheco verantwortlich ist. Die Staatsanwaltschaft teilte mit, dass es genügend Beweise gäbe, „um mit Sicherheit von der Beteiligung Jorge Nogueras an solch schweren Verbrechen (Morden) durch die Herausgabe von Informationen, die durch geheimdienstliche Aktivitäten erlangt wurden, ausgehen zu können. Zudem stellte er die Führung und die Tätigkeit des DAS in den Dienst von Gruppierungen am Rande des Gesetzes, die ihre Absicht, diese Personen zu töten, öffentlich verkündet hatten.“

Noguera werden zudem Absprachen zur Ausführung einer schweren Straftat vorgeworfen. Die Staatsanwaltschaft bestätigte, dass er seine wichtigsten Mitarbeiter mit der Unterstützung und dem Schutz paramilitärischer Führer, wie zum Beispiel Hernán Giraldo und „Jorge 40“, beauftragte, die jetzt beide an die USA ausgeliefert wurden.

Vernichtung von Dokumenten, Amtsmissbrauch, Veruntreuung und Bestechung sind andere Tatbestände, die dem ehemaligen Leiter des DAS (August 2002 bis Oktober 2005) zur Last gelegt werden. Nachdem der Skandal des Einschleusens der Paramilitärs in den DAS ans Licht gekommen war, wurde Noguera als kolumbianischer Konsul nach Mailand entsandt. Später wurde er angesichts der enormen Anzahl an Zeugen, die in der Presse auftauchten, in dieser Position nicht mehr tragbar und musste nach Kolumbien zurückkehren, um sich der Justiz zu stellen, die seine Verhaftung anordnete. Sobald der Staatsanwaltschaft die umfassende Anklageschrift vorliegt, wird sich der ehemalige Leiter des DAS, der heute festgenommen wurde, vor dem Obersten Gerichtshof verantworten müssen. Dieser Prozess wird noch viel Aufsehen erregen, sowohl in Kolumbien als auch im Ausland. Schon vor zwei Jahren prophezeite der scheidende US-Botschafter William Wood: „Wenn Noguera schuldig ist, stellt das wahrhaftig ein Problem dar.“

[1] CTI = Cuerpo Técnico de Investigación; übergeordnet der kolumbianischen Kriminalpolizei (Anm. d. Übers.)

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Bildquelle: Centro de Medios Independientes de Colombia

Übersetzung aus dem Spanischen: Franziska Junge

Original-Beitrag aus: LA SEMANA vom 09.05.2009 (Ausgabe Nr. 1410). Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung  der Zeitschrift.

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