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Politik und Kultur in Lateinamerika

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Festnahmen von historischer Bedeutung in Guatemala

Andreas Jäckel | | Artikel drucken
Lesedauer: 13 Minuten

Guatemala: Museo Comuntario in Rabinal - Foto: Andreas JäckelAm 06. Januar 2016 nahm die guatemaltekische Staatsanwaltschaft überraschend 18 hochrangige Ex-Militärs fest. Etliche sind Absolventen der „Escuela de las Américas“, einer vom US-Militär geleiteten Ausbildungsstätte für lateinamerikanische Militärs. 14 von ihnen werden Verbrechen im Fall CREOMPAZ, vier im Fall des Jugendlichen Molina Theissen vorgeworfen, die meist während der Militärdiktaturen von Fernando Romeo Lucas García (1978 bis 1982) und Efraín Ríos Montt (März 1982 bis August 1983) begangen worden waren.

Der Fall CREOMPAZ

Die Festgenommenen werden beschuldigt, von 1981 bis 1988 Menschenrechtsverletzungen und Verbrechen gegen die Menschheit in 88 Fällen begangen zu haben. Damit sind Massaker gegen Zivilist*innen und Gewaltsames Verschwindenlassen in der ehemaligen Militärbasis 21 in Cobán, die heute CREOMPAZ genannt wird, gemeint.
Auf dem Gelände wurden 558 menschliche Überreste (503 Gebeine und 55 Knochenstücke) gefunden. Bisher konnte die FAFG von den exhumierten Überresten bereits 97 identifizieren. 90 gehören zu Minderjährigen (davon 22 im Alter von 0 bis 3 Jahren, 19 im Alter von 4 bis 12 Jahren, 44 im Alter von 13 bis 17 Jahren sowie 5 Knochenstücke), 446 zu Erwachsenen (davon 129 im Alter von 18 bis 25 Jahren, 314 im Alter von 26 bis 29 Jahren und drei im Alter von über 50 Jahren), 22 sind bisher noch unbestimmt. Laut Generalstaatsanwältin Thelma Aldana ist dieser Fall einer der größten des gewaltsamen Verschwindenlassens in Lateinamerika. Die Militärbasis diente in vielen Fällen als Lager für Folter und Exekution Gefangener, die in geheimen Massengräbern verscharrt wurden.
Die Exhumierungen und Ermittlungen wurden nach dem Urteil bezüglich des Massakers von Plan Sánchez 2012 angeordnet – während des Prozesses bestätigten Zeug*innen, dass in der Militärbasis ein geheimer Friedhof existiere. Sie identifizierten mehrere Offiziere der Basis, zu der die Körper der Ermordeten gebracht worden waren.

Das Massaker von Plan de Sánchez

Am 18. Juli 1982 wurden in der indigenen Gemeinde Plan de Sánchez (Baja Verapaz) 268 Menschen, in der Mehrzahl Frauen und Kinder, ermordet. Zuvor hatten sich die Männer und Jungen geweigert, den PAC beizutreten.
Die Mädchen und jungen Frauen wurden zu einem Ort, die älteren Frauen, Männer und Jungen zu einem anderen gebracht. Etwa 20 Mädchen zwischen 12 und 20 Jahren wurden misshandelt, vergewaltigt und ermordet. Die anderen Kinder wurden fortgebracht und erschlagen. Andere Gefangene wurden in einem anderen Haus und im Hof gefoltert. Mitglieder des Kommandos warfen Handgranaten ins Innere des Hauses und schossen danach wahllos auf die Menschen, die sich dort befanden. Danach steckten sie das Haus und die Körper der Ermordeten im Hof in Brand. Die Überlebenden wurden gezwungen, einen Teil der Leichen zu verscharren und die anderen auf LKW zu laden, mit denen diese fortgebracht wurden. Währenddessen plünderte die Truppe Wohnstätten, stahl unter anderem Ausweise und Landtitel. Politisch verantwortlich für dieses Massaker ist der Ex-Militärdiktator Efraín Ríos Montt.
Am 20. März 2012 kam es zur Verurteilung von fünf Angeklagten. Es handelte es sich um einen Ex-Militärkommissar und vier Ex-PAC, von denen drei zur Teilnahme an dem Massaker gezwungen worden waren. Der Verurteilung war ein langer juristischer Kampf vorausgegangen: Eine Gruppe Überlebender klagte im Jahr 1992 auf guatemaltekischer Ebene, und da es dort zu keinen Fortschritten kam, klagte sie im Jahr 1996 vor der CIDH. Im Jahr 2004 verurteilte der CoIDH den guatemaltekischen Staat, stellte dessen Verantwortung für das Massaker fest, forderte ihn auf, den Prozess zu beginnen, sowie „Entschädigung” zu leisten. Erst Mitte August 2011 kam es dann zur Festnahme der fünf Personen. Die Angeklagten wurden zu je 7710 Jahren Haft verurteilt – 30 Jahre für jeden Ermordeten (256 Personen wurden ermittelt) und 30 Jahre für Verbrechen gegen die Menschheit.
Bereits seit 2002 gab es Bestrebungen, auf dem CREOMPAZ-Gelände Exhumierungen durchführen zu können. Erst am 27. Februar 2012 wurde dem Zutritt zum Gelände stattgegeben. Mittlerweile liegen über 350 Zeug*innenaussagen, forensische Daten und Gutachten vor. Sechs Fälle wurden auf der Pressekonferenz am 06. Januar 2016 vorgestellt. Einer davon ist der Fall Río Negro.

Das Massaker von Río Negro

guatemala_wiederansiedlung_rio_negro_foto_andreas_jaeckelNachdem die indigenen Einwohner*innen von Río Negro (achí: Panimá) im Departamento Baja Verapaz das geplante Wasserkraftwerk am Río Chixoy abgelehnt hatten, wurden zwischen 1980 und 1982 fünf Massaker durch Armee, PAC und Militärpolizei begangen, bei denen laut CIDH über 500 Menschen ermordet wurden – mit den in der Militärbasis Gefundenen kann man wohl von sechs Massakern sprechen. Es kam im Anschluss an die Massaker zu jahrelanger Versklavung von Kindern sowie zur Zwangsumsiedlung in das „Modelldorf“ Pacux, in dem jahrelang systematischer Terror und Folter durch die Armee praktiziert wurden. Beim dritten Massaker wurden im März 1982 107 Kinder und 70 Frauen auf unsagbar grausame Art und Weise ermordet. 84 Überlebende der Gemeinde flüchteten nach Los Encuentros, woraufhin dort im Mai 79 Männer gefoltert und ermordet sowie 40 Kinder und über 15 Erwachsene verschleppt wurden.
In einem Massengrab der Militärbasis wurden 63 menschliche Gebeine, 61 von Frauen und Kindern, wahrscheinlich die Verschleppten von Los Encuentros, gefunden. Die Frauen wurden vermutlich lange Zeit festgehalten und gefoltert. Für die Gewalt verantwortlich sind der Staat, das Nationale Elektrifizierungsinstitut, die Weltbank und die Interamerikanische Entwicklungsbank. ADIVIMA, eine Organisation Überlebender, stellte 2005 bei der CIDH Anzeige wegen Völkermord, geheimen Gräbern und Menschenrechtsverletzungen. Diese leitete 2011 den Fall wegen Nichtbearbeitung seitens des Staats an den CoIDH weiter. Dieser urteilte im Jahr 2012 gegen den guatemaltekischen Staat, sprach ihn für die Massaker verantwortlich, stellte fest, dass er den Empfehlungen der CIDH von 2011 nicht nachgekommen war und empfahl unter anderem Ermittlungen, Urteile sowie die Suche nach dem Verbleib der gewaltsam Verschwundengelassenen.

Der Fall Marco Antonio Molina Theissen

Die Ex-Offiziere der Militärbasis in Quetzaltenango werden verdächtigt, am gewaltsamen Verschwinden und der Ermordung von Marco Antonio Molina Theissen beteiligt gewesen zu sein. Am 27. September 1981 war dessen Schwester Emma Guadalupe Molina Theissen von Offizieren festgenommen und zur Kaserne „GMLB” in Quetzaltenango gebracht worden. Bereits fünf Jahre zuvor, mit 15, war sie gefangen genommen, der Subversion beschuldigt, vergewaltigt und danach freigesprochen worden. In der Kaserne blieb sie, festgebunden und gefesselt, und wurde dort verhört, gefoltert und vergewaltigt. Die gesamte Zeit bekam sie keine Nahrung. Am 05. Oktober konnte sie schließlich fliehen und sich verstecken.
Einen Tag später wurde ihr Bruder, der 14jährige Schüler Marco Antonio, zu Hause in Guatemala-Stadt aus Vergeltung für den Aktivismus der Familie und die Flucht der Schwester verschleppt und gewaltsam verschwundengelassen. Gemäß des Urteils des CoIDH fesselte und knebelte einer der beiden Angreifer Marco Antonio, während der andere seine Mutter verprügelte. Sie steckten ihn in einen Nylonsack und brachten ihn auf einem Pick-up fort.
Über Jahre hinweg unternahmen die Eltern von Marco Antonio juristische Anstrengungen, bis sie schließlich 1998 eine Anzeige bei der CIDH stellten. Mit einem Urteil des CoIDH wurde der Staat im Jahr 2004 angewiesen, Marco Antonios sterbliche Überreste zu suchen, die Täter zu ermitteln und zu sanktionieren. Somit kamen in den genannten drei Fällen die Prozesse erst durch Urteile des CoIDH in Gang.

Die Beschuldigten im Fall CREOMPAZ und Plan de Sánchez César

Augusto Cabrera Mejía war von 1986 bis 1990 Chef des militärischen Geheimdienstes „G2“ und damit Teil der politisch-militärischen Struktur der Staatssicherheit, als es mehrere prominente politische Morde gab, wie der an der Anthropologin Myrna Mack 1989. Cabrera war zwischen 1982 und 1983 Geheimdienstoffizier auf der Militärbasis 21. Unter Pérez Molina war er Berater des Gesundheitsministeriums und in der neuen Regierung von Jimmy Morales als künftiger Innenminister vorgesehen.
Manuel Benedicto Lucas García, Initiator der PAC, war einer der Hauptverantwortlichen der Strategie der „Verbrannten Erde“ seines Bruders, des Militärdiktators Fernando Romeo Lucas García (1978 bis 1982). Er war von 1981 bis 1982 Oberbefehlshaber der Armee und Generalstabschef.
Byron Humberto Barrientos Díaz wurde 1977 Geheimdienstoberst des Generalstabs. Er war unter anderem Geheimdienstoffizier der Militärpolizei sowie Innenminister unter Portillo. Raúl Dehesa Oliva war Putschist (Mai 1989) und 1987 Befehlshaber der Militärbasis 21. Juan Ovalle Salazar war in den 1970er und 1980er Jahren Offizier und Bataillonsbefehlshaber in der Militärbasis 21 und Abteilungschef im Generalstab.
Verschiedene hohe Posten im Militär während der 1980er und 1990er Jahre bekleideten außerdem Carlos Augusto Garavito Morán, Carlos Humberto Rodríguez López, César Augusto Ruiz Morales, Edgar Rolando Hernández Méndez, Gustavo Alonzo Rosales García, Ismael Segura Abularach, José Antonio Vásquez García, Luis Alfredo Paredes Nájera und Pablo Roberto Saucedo Mérida.
Eine Voruntersuchung wurde gegen Édgar Justino Ovalle Maldonado eingeleitet, der wegen seiner Wahl zum Abgeordneten des FCN, der Partei des neuen Präsidenten Jimmy Morales, nicht festgenommen werden konnte. Ovalle Maldonado ist Gründer wie auch Generalsekretär und hat AVEMILGUA mitgegründet.

Verlauf im Fall CREOMPAZ

Die erste Anhörung durch die Staatsanwaltschaft fand am 08. Januar im Hochrisikogericht „A“ statt. Am 12. Januar wurde in einer Aussage bestätigt, dass der verstorbene Leiter der Basis, Oberst Ricardo Méndez Ruiz Rohrmoser über alles informiert gewesen sei. Sein Sohn, Leiter der FCT, ist für den abscheulichsten Teil der Hetzkampagne gegen die Überlebenden während des Völkermordprozesses gegen Ríos Montt verantwortlich.
Am 13. Januar wies die Verteidigung jede Verantwortung der Beschuldigten zurück. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft wurde am 18. Januar das Verfahren gegen elf der Beschuldigten eingeleitet. Gegen drei wird wegen angeblicher juristischer Fehler vorerst nicht mehr prozessiert werden, sie dürfen jedoch das Land nicht verlassen. Die Richterin gab der Staatsanwaltschaft drei Monate Zeit, um die Ermittlungen abzuschließen und anschließend zu entscheiden, ob eine öffentliche Hauptverhandlung eröffnet wird.

Die Beschuldigten im Fall Molina Theissen

Manuel Antonio Callejas Callejas ist eine zentrale Figur diverser „poderes ocultos“, geheime Sicherheitsapparate mit hohem politischen Einfluss, die meist von (Ex-)Militärs – oft Geheimdienstleuten – geleitet werden. In den 1970ern war Callejas 2. Befehlshaber der Militärpolizei und der Militärbasis 21. Unter Lucas García und während der Entführung von Molina Theissen war er Chef des „G2“. 1986 wurde er Unterchef des Generalstabs, ein Jahr darauf des Präsidialen Generalstabs sowie danach Generalstabschef bis 1989.
Francisco Luis Gordillo Martínez war Mitverschwörer beim Putsch, der Ríos Montt 1982 an die Macht brachte und Teil des kurzzeitig regierenden Triumvirats. Edilberto Letona Linares war in den 1980ern 1. Befehlshaber des Hauptquartiers, 2. der Basis Quetzaltenango und der Militärpolizei. Er wird mit dem Verschwinden des Soziologen Emil Bustamante in Verbindung gebracht.
Während der Gefangennahme von Emma Molina Theissen auf der Militärbasis Quetzaltenango waren Gordillo 1. und Letona 2. Befehlshaber. Hugo Ramiro Zaldaña Rojas hatte verschiedene hohe Posten im Militär in den 1980er und 90ern Jahren inne.

Verlauf im Fall Molina Theissen

Die Anhörung begann am 11. Januar im fünften Gericht der ersten Strafinstanz. Die Verteidigung wies am 13. Januar jede Verantwortung der Beschuldigten zurück. Die Richterin entschied, zwei der Beschuldigten wegen Verbrechen gegen die Menschheit, zwei wegen gewaltsamen Verschwindenlassens anzuklagen und das Verfahren einzuleiten.
Für die weiteren Ermittlungen sind der Staatsanwaltschaft zwei Monate Zeit gegeben. Es gab bereits größere von Militärkreisen organisierte Demonstrationen und mehrere Maßnahmen gegen die für Überlebende und Richter*nnen nicht ungefährlichen Festnahmen, darunter mediale Kampagnen, die versuchen, das Vorgehen als illegal zu diffamieren.
Seit 2006 setzt sich eine Initiative, bisher erfolglos, für ein Gesetz zur Gründung einer Nationalen Kommission zur Suche von Opfern des Gewaltsamen Verschwindenlassens und anderer Formen des Verschwindens ein.

Der Völkermordprozess gegen Ríos Montt

Ríos Montt wurde am 10. Mai 2013 zu 80 Jahren Gefängnis verurteilt – 50 wegen Völkermord und 30 wegen Verbrechen gegen die Menschheit. Am 20. Mai 2013 wurde das Urteil vom Verfassungsgericht gesetzwidrig „annulliert“.
Im laufenden Verfahren gegen Ríos Montt, unter Ausschluss der Öffentlichkeit, wird dieser von seinen Anwälten und einem Vormund vertreten werden. Ein Urteil kann dann zwar gefällt, die Strafe wird aufgrund seiner im August 2015 bestätigten Demenz aber nicht verhängt werden. Am 11. Januar 2016 wurde ein erneuter Anlauf zur Wiedereröffnung, die an diesem Tag stattfinden sollte, auf ein unbestimmtes Datum verschoben.
Die Gegner des Prozesses begleiten ihn mit einer menschenverachtenden, rassistischen Hetze, der Legitimierung der Gewalt während des Völkermords, massiven Drohungen und Anwendungen von Gewalt, ständigem Verdrehen von Tätern und Opfern, mit Manipulationen, Gegenanzeigen etc. Generalstaatsanwältin Aldana, Nachfolgerin von Claudia Paz y Paz, agiert gänzlich anders, als von den meisten Menschenrechtsverteidiger*innen erwartet. Gegen Leute, von denen angenommen wurde, sie würden sich durch die Besetzung des Postens mit Aldana ihre Privilegien sichern, ging sie bisher rigoros vor. Die Festnahme von AVEMILGUA nahestehenden Militärs, die auch ein Schlag gegen die neue Regierung bedeutet, gibt auch wieder Anlass zur Hoffnung im Völkermordprozess.

Bedeutung der Wiedererlangung der historischen Erinnerung für die Zeug*innen

guatemala_stausee_chixoy_foto_andreas_jaeckelMit einer juristischen Aufarbeitung der Verbrechen während der Militärdiktaturen, vor allem des Völkermords an den Maya, kann eine breitere Erforschung und Bewusstmachung beginnen und damit auch eine gesellschaftliche Auseinandersetzung und Aufarbeitung, welche die Voraussetzung zur Schaffung einer besseren Zukunft ist.
Der symbolische Wert eines Strafurteils für die Überlebenden begründet sich nicht in der Strafe als eines Aufwiegens der Verbrechen, was schlicht unmöglich ist. Er begründet sich darin, dass damit der Staat, der ihnen diese unfassbare Gewalt angetan hat, dies und somit auch die Leiden und die Würde der Ermordeten und Indigenen generell, anerkennt und die Verantwortlichen sanktioniert. Daher ist den Zeug*innen eine Verurteilung vor guatemaltekischen Gerichten wichtig.
Verbunden damit ist die Hoffnung auf eine „justicia transicional“, eine juristische Aufarbeitung der Vergangenheit und Unterstützung des Übergangs von einer Diktatur zu einer parlamentarischen Demokratie und damit der Wunsch nach der Etablierung eines Rechtsstaats.
Mindestens ebenso wichtig ist aber, dass für „die“ Zeug*innen eine Heilung der Wunden (eher: ein Lernen, damit zu leben, ohne sie zu verdrängen und ohne an ihnen „zugrunde zu gehen“) nur möglich sein kann, wenn mit einem Urteil eine Wiederholung bzw. ein erneuter Völkermord hoffentlich ausgeschlossen werden kann. Die Verweigerung einer solchen Rechtsprechung würde bedeuten, dass der Staat, der sich historisch auf Rassismus gründet und immer noch aus diesem heraus funktioniert, fortbestehen kann und die Zeug*innen eine Retraumatisierung erleiden. Die Jahrzehnte lange Straflosigkeit ist institutionelle Gewalt, die die Überlebenden nicht als Menschen, mit gleichen Rechten wie alle anderen ausgestattet, anerkennt.
Trotz allem wird das Urteil vom Mai 2013 als Erfolg gesehen, da Ríos Montts Verantwortung damit zweifelsfrei bewiesen und von einem guatemaltekischen Gericht anerkannt worden ist. Die Festnahmen werden als historisch im Kampf um juristische und gesellschaftliche Aufarbeitung der Verbrechen der Militärdiktaturen betrachtet. Hoffentlich wird die mit ihnen aufgekommene Hoffnung nicht – wie in vielen Phasen des Völkermordprozesses – wieder enttäuscht werden.

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Abkürzungen:

AVEMILGUA: (rechtsextreme bis faschistische) Vereinigung von Militärveteranen/ aus ihr entstand die FCN

CIDH: Interamerikanische Menschenrechtskommission

CoIDH: Interamerikanischer Menschenrechtsgerichtshof

CREOMPAZ: Regionales Trainingskommando für Friedens erhaltende Operationen

FAFG: Stiftung für Forensische Anthropologie Guatemalas

FCN: Frente de Convergencia Nacional (Partei von Jimmy Morales, seit dem 14. Januar 2016 amtierender Präsident Guatemalas; siehe AVEMILGUA)

FCT: Stiftung gegen den Terrorismus (rechtsextreme bis faschistische Organisation; für Hetze und Gewaltaufrufe gegen Zeug*innen, Kläger*innen und Unterstützer*innen während des Völkermordprozesses verantwortlich)

PAC: Zivile Selbstverteidigungspatrouillen (Zwangseinheiten für die indigene Bevölkerung)

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Der Artikel gibt den Stand vom 18. Januar 2016 wider und erscheint auch in der Printausgabe der ila (Nr. 392, Februar 2016). Die Fotos, die vom Autor zur Verfügung gestellt wurden, zeigen das Mueso Comunitario in Rabinal, die Wiederansiedlung Río Negro sowie den Stausee des Chixoy von oben.

Bildrechte: Quetzal-Redaktion, Andreas Jäckel

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