Der US-Bananengigant hatte 2017 vor dem Gericht desselben Land gestanden, zwischen 1997 und 2004 die AUC finanziert zu haben. Marissa Vahlsing, Leiterin der Transnational Legal Strategy von EarthRights International, sprach mit uns über das Ausmaß und die Bedeutung des Gerichtsurteils gegen Chiquita Brands in den Vereinigten Staaten.
Am vergangenen Montag[i], zog ein US-Gericht den Bananenkonzern zur Rechenschaft, da dieser verantwortlich war für die Finanzierung der paramilitärischen Autodefensas Unidas de Colombia (AUC). Im Zuge der Gerichtsentscheidung wurden Entschädigungen für Familienangehörige von acht Opfern angeordnet, so besagen Informationen einer NGO, die nah am Prozessgeschehen dran ist.
„Sie waren Mittäter“, bekräftigte Vahlsing in Bezug auf die Gerichtsentscheidung in Anbetracht des Verhältnisses zwischen der Firma mit den Paramilitärs. Sie führte auch aus, dass es schlagkräftige Zeug*innenaussagen zur Rolle von Chiquita bei der Einfuhr von Drogen in die USA gebe. Zwar habe das Unternehmen argumentiert, es hätte auf Erpressungen der Bewaffneten hin gehandelt, aber rechtlich gesehen gab es keine hinreichenden Beweise für diese Behauptung.
Dies ist das erste Mal, dass ein US-Gericht in diesem Maße Menschenrechtsverletzungen in einem anderen Land verurteilt hat“, erklärte die Organisation in Vertretung der Opfer. Marco Simons, der juristische Direktor von EarthRights, legte einige Details des Falles offen. So gab es beispielsweise 60 Zeugen, von denen 20 ehemalige Chiquita-Mitarbeiter waren. Simons begrüßte das Urteil als „eine machtvolle Botschaft an Unternehmen auf der ganzen Welt, dass diejenigen, die Menschenrechtsverletzungen begehen, nicht ungestraft bleiben werden“.
Simons lobte auch den Mut der Familien, die sich in dem Prozess gegen ein großes US-Unternehmen durchgesetzt hatten, und lehnte die Stellungnahme von Chiquita ab. In der Gerichtsverhandlung hatte die Firma daran festgehalten, dass ihr keine andere Wahl für ihr Handeln in Kolumbien geblieben wäre. „Nach 17 Jahren des Rechtsstreits ist dies ein monumentaler Sieg für die Opfer paramilitärischer Gewalt in Kolumbien (…) Die erste Gruppe von Opfern und ihre Familien haben endlich Gerechtigkeit erlangt“, so formulierte es EarthRights u.a. in einer öffentlichen Mitteilung. Die Organisation hatte bei der Aufarbeitung des Falles mitgewirkt. In ihrer Entscheidung sprachen die von einem Bundesgericht in Florida einberufenen Geschworenen den Familienangehörigen der von der AUC verfolgten Mordopfer, meist Ehemänner oder Söhne, eine Entschädigung von 38,3 Millionen Dollar zu. „Unsere Mandant*innen haben ihr Leben riskiert, indem sie in Erscheinung getreten sind, um Chiquita zur Rechenschaft zu ziehen, und außerdem haben sie ihr Vertrauen in die Hände des US-Justizsystems gelegt“, erklärte Agnieszka Fryszman, eine der Anwältinnen, die den Fall bearbeiten.
Der US-Bananengigant hatte im Jahr 2017 vor den Gerichten desselben Landes gestanden, die AUC zwischen 1997 und 2004 finanziert zu haben. Die Organisation war damals von den USA als terroristisch eingestuft, was bedeutete, dass deren Unterstützung ein Delikt auf Bundesebene darstellte. Die Firma hingegen behauptete bezüglich der Zahlungen an die Gruppierung, sie wäre Erpressungen zum Opfer gefallen.
Die acht Kläger*innen des Falls brachten vor, die Firma Chiquita habe fast 2 Millionen Dollar an die AUC überwiesen, um den angeblichen Schutz ihrer Arbeiter im Nordwesten Kolumbiens zu gewährleisten, obwohl sie wussten, dass die Miliz in schwere Menschenrechtsverletzungen und Gewalttaten verwickelt war. Die Geschworenen akzeptierten das Argument, dass die Paramilitärs, durch das an sie gezahlte Geld, Verbrechen wie Morde, Entführungen, Erpressungen, Folter und gewaltsames Verschwinden verüben konnten.
In den 1990er Jahren verbreiteten die AUC in dem südamerikanischen Land Angst und Schrecken durch einen blutigen Krieg gegen die linke Guerilla Terror in dem südamerikanischen Land [Kolumbien], gelegentlich mit Beihilfe von Mitgliedern der Streitkräfte. Etwa 20 000 Kämpfer dieser Schwadronen wurden zwischen 2003 und 2006 unter der Regierung des damaligen Präsidenten Álvaro Uribe (2002-2010) demobilisiert.
*Mit Information des AFP (Agencia Global de Información)
Original-Beitrag aus La Semana vom 1.03.2024. Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung der Zeitschrift.
Übersetzung aus dem Spanischen: Uta Hecker
Bildquelle: Quetzal-Redaktion, gc
[i] Die Rede ist im Artikel vom 10.06.2024