Ein Gespräch mit Ana Fierro von UROCAL
Ecuador ist seit Jahren einer der wichtigsten Exporteure von Bananen. Zur Jahrtausendwende betrug der Anteil des Landes am Welthandel 34%. Die Frucht brachte Ecuador bereits Mitte des 20. Jahrhunderts einen regelrechten Wirtschaftsboom ein, der dem bis dahin instabilen Land eine Phase politischer Ruhe bescherte. Die US-Firma United Fruit war in den 40er und 50er Jahren auf diesem Gebiet führend. Später gesellten sich andere Firmen wie die Standard Fruit und der einheimische Bananenmagnat Noboa hinzu.
Gerade die Firma von Álvaro Noboa, der mehrmals erfolglos die Präsidentschaft des Landes anstrebte, geriet ob der schlechten Arbeitsbedingungen auf ihren Plantagen immer wieder in die Kritik. Grundsätzlich werden die niedrige Entlohnung bei hoher Stundenzahl, das Fehlen einer Gesundheitsvorsorge und der Einsatz giftiger Substanzen bei der Arbeit auf den Pflanzungen beanstandet. Diese führt nicht nur zu starken Umweltbelastungen, sondern immer wieder auch zu Gesundheitsschäden der Arbeiter.
Um den prekären Produktionsbedingungen wenigstens teilweise zu begegnen, wurde 1974 von Landarbeitern und Binnenmigranten der Regionale Zusammenschluss der Bauernorganisationen der Küstenregion Ecuadors (UROCAL) gegründet. Aktuell umfasst diese Organisation, die ein Projektpartner von „Brot für die Welt“ ist, 610 Produzentenfamilien aus Cuenca, Machala und Guayaquil an der ecuadorianischen Pazifikküste. In ihr sind 25 Basisorganisationen zusammengeschlossen, zu denen Frauenkomitees, Dorfkooperativen und eine Kreditgenossenschaft mit über tausend Mitgliedern gehören.
UROCAL ist Hauptlieferant der Fairhandelsorganisation Banafair, über die sie ihre Produkte nach Europa ausführt. In Ecuador werden über 60% der Bananen von Kleinbauern produziert. 20 – 25% entfallen auf die mittleren Produzenten. Die großen Bananenkonzerne fungieren als Zwischenhändler und diktieren den Kleinbauern in der Regel den Preis für ihre Produkte. Die Kooperative möchte mit ihrem Einsatz Abhilfe gegen diese oft ausbeuterischen Praktiken schaffen. Neben fairen Preisen stehen ein sicheres Einkommen für die Pflanzer und die langfristige Umstellung auf eine ökologische Produktionsweise im Vordergrund.
Aber vom fairen Handel profitieren nicht nur die direkt involvierten Bananenpflanzer, erläutert Ana Fierro, die sich im September auf einer Informationsreise in Deutschland befunden hat:
„Zu den Mitgliedern der Kooperative kommen ihre Familien hinzu. Dann sind da noch Angestellte der Pflanzer und Personen, die jede Woche beim Verpacken arbeiten.“
Es geht ausdrücklich nicht nur um einen Zugang zum europäischen Markt für Bananen. Die Idee der Kooperative umfasst über den ökonomischen Anreiz hinaus auch andere Schwerpunkte:
„Die Mitglieder von UROCAL haben einige Vorteile, die ihre ökonomische und soziale Situation verbessern helfen sollen“, erklärt Ana Fierro. Zu ihnen gehören jährliche Kampagnen zur Gesundheitsvorsorge für Erwachsene und Kinder, zur Bildung und gegen die Ausbeutung von Frauen und Minderjährigen.
„Ein gut bezahlter Arbeiter, dessen Mühen Anerkennung finden und der in den Genuss von gesundheitlicher Vorsorge kommt, ist besser motiviert“, fährt sie fort.
Dabei geht es nicht immer nur um ein Mehr an Geld. Auch der Arbeitsaufwand und die Dauer der Arbeit spielen eine Rolle. Während die Angestellten auf Ana Fierros 2,8 Hektar großen Plantage wöchentlich 80 Dollar verdienen, bekommen sie auf der Plantage eines Großunternehmens zwar das gleiche Geld, müssen jedoch 20 bis 30 Hektar bearbeiten. Das 13. Monatsgehalt und die beschriebenen Vorsorgeprogramme fallen in den Großbetrieben ebenfalls weg. Ein weiterer Vorteil ist ein Zuschuss am Schulbeginn:
„Bei Beginn des Schuljahres bekommen die Arbeiter für ihre Kinder einen Zuschuss für die Schuluniformen und das Schreibmaterial“, erzählt die Kleinproduzentin.
Im April 2009 wurde Präsident Rafael Correa in seinem Amt bestätigt. Somit konsolidierte das Land seine Position im Lager der links orientierten Staaten der Region. Gerade in der Küstenregion stößt Correas Regierung jedoch immer wieder auf Ablehnung, die vom konservativen Bürgermeister von Guayaquil, Jaime Nebot, artikuliert wird. Ana Fierro teilt die Vorbehalte vieler Küstenbewohner gegen den Ökonomen Correa aber nicht:
„Wir haben eine Regierung, die sich ein bisschen stärker um die Belange und Interessen der Arbeiter kümmert. Es gibt Evaluierungen von Lehrern, aber auch auf den Pflanzungen werden Kontrollen durchgeführt, um die Kinderarbeit zu verhindern.“
Bei staatlichen Programmen mahlen die Mühlen des Herrn langsam, und beschlossene Gesetze werden kaum in die Tat umgesetzt. Im Falle der Kontrollen auf den Pflanzungen scheint es tatsächlich den Willen zu geben, die Verhältnisse zu verbessern:
„Mir wurde berichtet“, unterstreicht Bananenproduzentin, „dass auf nahe gelegenen Plantagen Kontrollen durchgeführt wurden. Die Kontrolle findet ohne vorherige Ankündigung statt und dabei wird der Zustand der Arbeiter überprüft und sichergestellt, dass sie eine Sozialversicherung haben.“
Grundsätzlich ist Ana Fierro weniger an politischen Fragen orientiert und hat ein höheres Interesse an der Zusammenarbeit mit den Fairhandelsorganisationen und den mit ihnen ausgehandelten Verträgen.
Die Wirtschaftskrise, die in Europa in aller Munde ist, betrifft die Bananenproduzenten an der ecuadorianischen Pazifikküste bisher in geringem Maße, so die Ecuadorianerin. Sie spricht daher auch sehr gelassen über deren Auswirkungen:
„Jedes mal, wenn es einen Regierungswechsel gibt, kommt es zu Spannungen. Aber das betrifft uns als Bananenproduzenten nicht so stark.“
Ana Fierros Gelassenheit erklärt sich möglicherweise auch aus einer relativen Nahrungsmittelsouveränität, die die Produzenten des fruchtbaren Küstenstreifens genießen. Aus diesem Grund kann sie auch resümieren: „-allí vamos- Es geht schon.“
Anmerkung:
Die genannten Zahlen stammen aus: _http://www.banafair.de/banane/ecudo.htm (Der Link konnte am 20.01.2012 nicht mehr aufgerufen werden.)