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Weinbau in Chile Teil II – Anbaugebiete, Sorten & (Groß-)Produzenten

Florian Quitzsch | | Artikel drucken
Lesedauer: 11 Minuten

Die klimatischen Bedingungen sind sehr gut, die Kosten für Arbeiter und Landkauf relativ niedrig, so dass Investoren und Fachkräfte – größtenteils aus Frankreich und den USA – ins Land strömten (vor allem ins Zentraltal – aufgrund der günstigen Anbindung an Santiago de Chile). Berühmte Güter aus Bordeaux oder Burgund, aber auch aus Spanien haben Tochtergesellschaften gegründet oder wesentliche Beteiligungen in Chile erworben, und ihr Know-how mitgebracht (z. B. das Joint Venture Viña Almaviva S.A. zwischen dem Haus Baron Philippe de Rothschild und Concha y Toro). Diese haben mit dazu beigetragen, das Chile für den Weltmarkt völlig andere Weine produziert, als im Inland konsumiert werden. Im Land bevorzugt man Weine ertragreicher Sorten, die mit Luftkontakt (oxidativ) ausgebaut werden. Für den Export werden reinsortige Weine oder hochwertige Cuvées (Verschnitt) angeboten – die weißen sind allesamt trocken, gefallen durch Frische, Frucht und Säurespiel, besitzen genug Alkohol, ohne damit überladen zu sein. Die weißen und roten Weine gehobener Qualität sind fast alle im Barrique gereift, dabei dominieren die internationalen Rebsorten: Chardonnay, Sauvignon Blanc bei den Weißweinen, Cabernet Sauvignon und Merlot bei den Rotweinen.

1995 trat ein neues Weinrecht in Kraft, das die Anbaugebiete für Trauben genau definiert. Kommt ein Wein aus einem dieser Gebiete, so kann er auf dem Flaschen-Etikett eine „Denominación de Origen“ erhalten, was aber eher eine Ursprungs-Bezeichnung als ein Qualitäts-Nachweis ist. Produktion und Verbrauch des Weines wird durch ein strenges Kontrollsystem geregelt. Auch das chilenische Weingesetz erinnert stark an Frankreich mit seinem Appellationssystem. [1] Exportweine müssen einen Mindestalkoholgehalt von 12% vol. bei Weißweinen und 11,5% vol. bei Rotweinen aufweisen. Ein Anreichern des Mostes oder gar des Weines mit Zucker (Chaptalisation zur Erhöhung des Alkoholgehaltes) ist verboten, ein Säurezusatz (Azidifikation) aber ist erlaubt. Mostkonzentrat kann verwendet werden. Dies entspricht dem Standard südeuropäischer Regionen. Die Verschnittregel ist dem deutschen Recht ebenso verwandt wie die Angabe einer Geschmacksrichtung. Ein trockener Wein darf 9 Gramm Restzucker/Liter bei minimal 7 Gramm Säure/Liter aufweisen. Allerdings findet man kaum Geschmacksangaben auf chilenischen Wein, denn sie sind praktisch immer trocken. Auf dem Etikett darf die Rebsorte angeführt werden, wenn der Wein aus mindestens 75 Prozent dieser Sorte gekeltert wird – es ist aber kein Muss. Diese 75 Prozent gelten auch für die Angabe eines Jahrganges. Die auf den Etiketten enthaltenen Bezeichnungen Reserva, Gran Reserva, Reserva Especial, Reserva Privada, Gran Vino, Selección und Superior unterliegen keiner Vorschrift.

Für drei „Weinarten“ gibt es gesetzlich festgelegte Ursprungsbezeichnungen. Unter Pisco werden die chilenischen Branntweine aus der gleichnamigen Region aus der Zona Pisquera (Regionen Atacama und Coquimbo) verstanden, die nach besonderen Bedingungen produziert werden müssen. Der Pajarete ist ein spezieller Süßwein, der ebenfalls aus der Zona Pisquera stammen und einen Alkohol-Gehalt zwischen 14 und 17 Prozent Volumen haben muss. Der Vino Asoleado ist ein edelsüßer Wein, der aus der Zona de Secano stammt und dort abgefüllt wird. Inoffiziell werden die Weine in vier Qualitäts-Klassen eingeteilt: Vino Familiar (Konsumwein, offen oder in 1-Liter- bis 5-Liter-Karaffen abgefüllt), Vino Reservado (Tafelwein aus Rebsorten wie País mit 11bis 11,5% vol.), Gran Vino (Qualitätswein aus Rebsorten wie Malbec) und Especialidades de los Vinos de Marca (spezielle Markenweine aus Rebsorten wie Cabernet Sauvignon mit 11,5 bis 12,5% vol.).

Anbaugebiete

Chile unterteilt sich in drei Anbaugebiete: Norden, Mitte und Süden. In der nördlichen Region, die die wärmste der drei ist, werden süße Weine und Tafelweine aus der Muskat-Traube produziert. Das mittlere Gebiet ist bekannt für seine Qualitätsweine. Hier werden sowohl weiße als auch rote Sorten hergestellt. Die Weine ähneln jenen aus dem Bordeaux. Die Weine der südlichen Region sind einfach und gut. Die beliebtesten Rebsorten sind Cabernet Sauvignon, Merlot, Malbec, Sémillon, Sauvignon Blanc und Chardonnay.

Die Weinanbaugebiete liegen zwischen dem 32. und dem 36. Breitengrad – wie auch in Kalifornien, Südafrika, Australien und Neuseeland. [2] Wein wird bis zu einer Höhe von 1000 Meter angebaut. Die Weingärten erstrecken sich vor allem am westlichen Fuß der Anden in hochgelegenen Flusstälern in 600 bis 1.000 Meter Seehöhe, der überwiegende Teil davon im Valle Central. Sie ziehen sich als schmales Band in einer Länge von 1.300 Kilometern entlang der Gebirgskette.

Abgesehen von dem für die Pisco-Produktion am Rand der Atacama-Wüste angebauten Wein verteilt sich der Qualitätsweinbau auf 3 Hauptzonen: das Aconcagua-Tal, das Zentraltal und die südliche Region. Aconcagua umfasst das von Osten nach Westen verlaufende Haupttal nördlich von Casablanca sowie die kühle Küstenregion Casablanca.

Das Valle del Aconcagua ist ein kleines, von Ost nach West verlaufendes Tal, das zum Pazifik hin offen ist – dadurch dringen kühle Winde in das Tal. Es bietet ideale Anbaubedingungen für Rotweine. Die Subregion des Valle de Casablanca liegt 80 Kilometer westlich von Santiago. Es ist ein 16 Kilometer langes, nur etwa 400 Meter hohes Tal, das sich zum Pazifik hin öffnet. Es wurde erst 1982 für den Weinbau entdeckt und gilt seit 1990 als führendes Weißwein-Anbaugebiet (Chardonnay und Sauvignon Blanc) – aber auch Pinot Noir, Merlot und Carmenère und kleine Mengen Cabernet Sauvignon werden hier angebaut.

Das Valle Central ist ein lang gestrecktes Tal, das sich von Santiago 400 Kilometer weit nach Süden ausdehnt und auf der einen Seite von über 6000 Meter hohen Andengipfeln geschützt ist. Zur anderen Seite verhindern die Gebirgszüge der Küstenkordillere, dass kühle Winde vom Pazifik in das Tal dringen.

Subregionen:

  • Das Valle del Maipo ist Chiles ältestes und bestes Weinbaugebiet und grenzt direkt an die Hauptstadt Santiago an. Der breite Talkessel mit Höhenlagen über 650 Meter ist vor allem für seine herausragenden Cabernet Sauvignons bekannt. Entwicklungsmöglichkeiten bietet das Tal kaum noch, da viele gute Weinbergsflächen in den letzten Jahren von der galoppierenden Urbanisierung des Umfelds der Hauptstadt aufgefressen wurden.
  • Das Valle de Rapel, ein 100 Kilometer langer Abschnitt ist ebenfalls ein klassisches Rotweingebiet; dieses untergliedert sich wiederum in zwei Unterregionen:

1) Das sehr eng geschnittene Valle de Colchagua liegt südlich von Santiago. Es beginnt in den Anden und läuft direkt auf den Pazifischen Ozean zu. Vor allem rote Trauben (Cabernet Sauvignon, Merlot, Carmenère und Syrah) werden hier angepflanzt.

2) Im Valle de Cachapoal gedeihen neben Cabernet Sauvignon, Malbec und Chardonnay vor allem Merlot und Carmenère besonders gut, da diese beiden Rebsorten am besten mit sehr fruchtbaren Böden und früher Blüte korrespondieren.

  • Das Valle de Curicó liegt 200 Kilometer südlich von Santiago und bietet viele unterschiedliche Terroirs [3]: von kühlen Anbaugebieten, in denen delikate Sauvignon Blanc’s und Pinot Noir’s entstehen, bis hin zu wärmeren Gegenden, die kräftige Rotweine mit intensiver Beerenfrucht hervorbringen.

Je weiter man in den Süden kommt, desto kühler und feuchter wird es, und desto mehr dominiert wieder die Sorte País auf den Rebfeldern. Zur südlichen Anbauregion gehören das Valle del Maule und die Región del Valle Sur. Das Valle del Maule liegt 260 Kilometer südlich von Santiago und ist nach Bío-Bío Chiles zweitgrößtes Weinanbaugebiet. 75 Prozent der Weinberge sind mit roten Trauben und nur 25 Prozent mit weißen Trauben bestückt.

Das südlichste und größte Weinbaugebiet des Landes, Bío-Bío, das knapp 400 Kilometer südlich von Santiago liegt, muss zusätzlich zu seiner extremen geographischen Lage auch auf den Schutz gegen den klimatischen Einfluss der kalten Meeresströmungen des Pazifiks verzichten, da das Zentraltal sich hier zum Meer hin öffnet. Das Resultat sind wenig überzeugende Weinqualitäten und eine für europäische Gaumen wenig interessante Massenproduktion.

Sorten & Qualität

Das Sortenspektrum Chiles hat sich in den letzten Jahren stark verändert. Während bis vor kurzem noch der País die mengenmäßig bedeutendste Rebsorte war, belegt heute Cabernet Sauvignon mit über einem Drittel des Bestandes die größte Rebfläche. País ist die zweithäufigste Sorte, von der aber nur einfache Tafelweine erzeugt und in Tetra Paks oder Fünfliter-Flaschen abgefüllt werden. Die Qualitätsweine werden vor allem aus den Sorten Cabernet Sauvignon, Sauvignon Blanc, Chardonnay, Merlot und Sémillon erzeugt.

Zusätzlich besitzt Chile mit Carmenère, eine emblematische chilenische Rebsorte und einen eigenen Beitrag zum weltweiten Rotweinrepertoire. Die Traube gelangte zusammen mit anderen französischen Rebsorten Mitte des 19. Jahrhunderts nach Chile. In ihrer Heimat starb sie aber in Folge der weltweiten Reblauspest und auf Grund physiologischer Probleme praktisch aus. Jahrzehntelang hatte man sie nicht erkannt und mit Merlot verwechselt und ist sich ihrer Einzigartigkeit erst in den letzten Jahren bewusst geworden. Seit 1999 wird Carmenère als eigenständige Rebsorte anerkannt und reinsortig abgefüllt. Chilenischer Carmenère bietet eine intensive Frucht von roten und schwarzen Früchten und Beeren, Würze, teils delikate vegetale und mineralische Noten, niedrige Gesamtsäure und weiche und geschmackvolle Tannine mit guter Persistenz.

Chile: Rebsortenspiegel 2004

Die Rotweine zeigen wegen des hohen Polyphenolen- und Zyaningehalts eine gute Farbe. Sie sind weich, da die Tannine [4] schnell reifen und sich in kurzer Zeit in den Wein einbinden – und können dementsprechend schon jung konsumiert werden. Die Verwendung kontrollierter Bewässerung ermöglicht regulierbare und ausgeglichene Lesen. Somit kann die Produktion von Weinen mit einem guten Preis-Qualitäts- bzw. Genuss-Preisverhältnis gesichert werden.

Die Trauben werden in Chile normalerweise ab Mitte Februar gelesen. Man beginnt mit Chardonnay und Pinot und schließt spätestens Ende April mit Cabernet Sauvignon ab. Meist versuchen die Winzer ihre Trauben früh zu lesen, insbesondere die weißen Trauben. Auf diese Weise soll verhindert werden, dass zuviel Zucker gebildet wird und die Säure zu stark absinkt.

Die bedeutendsten Weingüter

Die 87 Weingüter, die in den beiden Exportverbänden Viñas de Chile und ChileVid zusammengeschlossen sind, machten 2002 mehr als 90 Prozent des Exportgeschäftes und um die 90 Prozent des Inlandsmarktes unter sich aus. [5] Fast unbestritten die Nr. 1 ist Concha y Toro mit 16 Prozent Volumen und 19 Prozent Wertanteil, gefolgt von San Pedro mit 10,4 Prozent bei Menge und Wert, vor Santa Rita mit 4,4 Prozent nach Volumen und 8,7 Prozent nach Wert. [6] Im chilenischen Zentraltal sind gigantische Weinbaubetriebe herangewachsen: Concha y Toro besitzt mit ca. 7.000 Hektar Anbaufläche (in Chile und Argentinien) eine unvorstellbare Dimension und ist damit tausend Mal größer als ein normales deutsches Weingut. Viñedos Errázuriz Ovalle hat als Nr. 2 mit ca. 2.500 Hektar noch die Dimension eines Anbaugebietes von der Größe des Rheingaus. Viña los Vascos folgt mit 580 Hektar vor Veramonte mit 450 Hektar. [7]

Ein Beispiel: Mit einem Jahresvolumen von 130 Millionen Litern zählt Concha y Toro zu den größten Weinproduzenten der Welt − normalerweise ein Club aus Australiern, Amerikanern und Franzosen. Wer chilenischen Wein trinkt, greift in jedem vierten Fall zu Concha y Toro, dessen Produktpalette vom Tetra Pak bis hin zum international prämierten Spitzenwein reicht. Seit das Unternehmen 1994 als erstes Weingut der Welt den Gang an die New Yorker Börse wagte, verfolgt es einen aggressiven Expansionskurs: Der Umsatz wuchs seither im Jahresdurchschnitt um 12 Prozent, und die Anbaufläche vervierfachte sich. Wie Die Zeit feststellte, ist das Unternehmen mit einer Marktkapitalisierung von 660 Millionen Dollar höher bewertet als der Celebrity−Winzer Robert Mondavi aus dem kalifornischen Napa Valley. Der Umsatz betrug im Jahr 2003 258 Millionen Dollar, der Gewinn 31 Millionen Dollar. [8]

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[1] Allerdings gibt es kein einheitliches Appellations-System nach europäischem Vorbild.
[2] Kalifornien: nördliche Breite
[3] Naturgegebene Faktoren eines bestimmten Stückes Land, die den Charakter der dort angebauten Agrarerzeugnisse beeinflussen, also das Zusammenspiel von (Mikro-)Klima, Geologie, Topographie und Bodenbeschaffenheit. Der Begriff beurteilt somit den Charakter und Wert des entsprechenden Gebiets und seiner Erzeugnisse.
[4] Natürlich vorkommende Polyphenole, die sich alle von der Gallussäure ableiten lassen. Bekannteste Verbindung und Namensgeber dieser Stoffgruppe ist das Gallotannin. Tannine kommen unter anderem in den Schalen, Kernen und Stielen von Weintrauben vor. Sie gelangen beim Maischen in den Traubensaft. Sie dienen der Pflanze letztlich als Abwehr gegen Pflanzenfresser.
[5] Vgl. Müller, Katrina: Chile vitivinícola en pocas palabras.
http://www.gie.uchile.cl/pdf/Katrina%20Muller/Chile%20Vitivin%EDcola%20en%20pocas%20palabras.pdf
[6] Vgl. Nickenig, Rudolf: Chile: Woran denken Sie? In: Der Deutsche Weinbau Nr. 22 (07.11.2003), S. 15. Leider konnte an dieser Stelle nicht festgestellt werden, ob die Flächenangaben nur für Flächen im Besitz des Weingutes stehen oder auch tatsächlich bebaut sind).
[7] Flächenangaben von den Web-Sites der jeweiligen Weingüter.
[8] Vgl. Die Zeit 37/2004 vom 02.09.2004.

Weintipp Casa Rivas


 

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0 Kommentare

  1. Fabio Schneider sagt:

    zupaaaa töxt

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