Torerfolg für Evo
„Torerfolg bestätigt”, sagte Evo, als man ihm am 6. Dezember die vorläufigen Ergebnisse mitteilte. Beim Eintreffen der Wahlurnen aus den ländlichen Gebieten hoffte er, dass die angekündigten 63 Prozent seine 67-prozentige Zustimmung beim Abwahl-Referendum im August 2008 übertreffen.
Er wollte Profifußballer werden. In den siebziger Jahren versuchte er, in die Profimannschaft San José der Stadt Oruro zu kommen, aber widrige Umstände ließen es nicht zu. Die Erfüllung seines größten Traumes muss die Begegnung zwischen seiner Mannschaft und der Elf von Fußballstar Diego Maradona am 17. März 2008 in La Paz gewesen sein. Evo schoss ein Tor, der wahre Profi erzielte drei. Der Torschütze sagte zu Evo und den Bolivianern, dass er keine Angst vor der Höhe habe und dass man dort rennen könne.
Von daher ist es nichts Neues, dass der nun wiedergewählte Präsident in sportlichen Kategorien denkt, wenn es um Wettbewerbe geht, in diesem Fall um Wahlen. Als er erfuhr, dass seine Hauptgegner die beiden sehr bekannten Ex-Präfekten Reyes Villa und Fernández sein würden, verlieh er seiner Begeisterung mit einem „Ha! Kinderspiel, schon so gut wie gewonnen!“ Ausdruck. Der Eine sitzt im Gefängnis und der Andere hat nach eigenen Aussagen darum gebeten, nicht dorthin zu müssen. Evo zeigte sich überrascht: „Die Rechte ist nicht in der Lage, ihre Anführer auszuwählen“. Er hörte vom Missgriff der plurinationalen Wahlbehörde, dem Órgano Electoral Plurinacional, fast eine halbe Million Stimmberechtigte von der Wahl ausschließen zu wollen. „Ich schlichte und wir werden sie alle gewinnen“, war seine spontane Antwort.
In der Politik reicht es nicht zu gewinnen, der Sieg muss überlegen sein. Diese Lektion hat er in den vergangenen vier Jahren gelernt. Daher setzte er sich das Ziel, mehr als zwei Drittel (70 Prozent) der Parlamentssitze zu gewinnen. Wie im Fußball kann es schlechte Spieler geben. Während seiner Präsidentschaft hat er am eigenen Leib zu spüren bekommen, dass es immer wieder Parlamentarier gibt, die, ohne rot zu werden, die Seiten wechseln. Umso wichtiger ist es, gute Auswechselspieler zu haben. Morales ist überzeugt, in sieben der neun Departments gewonnen zu haben und nicht nur in sechs, wie in den Medien berichtet wird.
Zu denjenigen, die ihm Totalitarismus vorwerfen, sagte er, er werde seine parlamentarische Mehrheit nicht als Dampfwalze benutzen, stattdessen werde er den Dialog mit der Opposition suchen. Er wies Reyes Villas Vorwürfe der Polarisation zurück, vergaß es aber, ihn mit dem Begriff der Pluralität zu konfrontieren. Jetzt da die MAS zwei Gewalten im Staat innehat und die Möglichkeit besitzt, weiter hinzuzugewinnen, sollte sie auf der Notwendigkeit bestehen, das Prinzip der Pluralität in den verschiedenen Gewalten des Staates umzusetzen. Er wird sicher mit einer pluralistischen Exekutive beginnen.
Die MAS-Anhänger feierten mit ihrem Parteichef, allerdings ohne vollends zufrieden zu sein; drei Ergebnisse sind es, die sie verärgern. Aus Pando, der Heimat von Kandidat Fernández, erwartete man Erfolgsnachrichten. Wie es aussieht, müssen sie weiter darauf warten. In Santa Cruz erreichte die MAS mit 40,1 Prozent zwar ein gutes Ergebnis, verfehlte jedoch das Ziel der absoluten Mehrheit. Die Rolle der Ex-Unionisten wird noch diskutiert werden. Auch Beni bereitet der MAS Kopfschmerzen. Die Wahlen zur Präfektur im April 2010 werden harte Arbeit sein. Damit die Feier aber nicht ins Wasser fällt, schauten sich die Sieger lieber die Ergebnisse aus Tarija an, wo die großen Gasreserven liegen und wo stets die Hochburg der Familien lag, die Bolivien regierten: Víctor Paz, Paz Zamora, Zamora Medinaceli, etc. Dieses Mal gewann die MAS mit 47 Prozent.
Letzter Auftritt?
Sehr wahrscheinlich, dass dies der letzte Auftritt einer Rechten dieser Art gewesen ist. Die Kandidatur von Reyes Villa und Leopoldo Fernández war sinnbildlich für diese Rechte. Beide waren Anhänger der Militärdiktaturen. Fernández war Minister von Diktator Banzer Suarez und Reyes Villa, Ex-Hauptmann der Armee, war Leibwächter von Luís García Merza. Wer konnte ihnen glauben, als sie Morales ein „totalitäres Projekt“ vorwarfen? Nur Naive und Ungläubige wurden Beute der Medienkampagne. Sie wussten es nicht besser oder vergaßen absichtlich, dass die Kandidaten der PPB Musterbeispiele für Aufsteiger eines totalitären Systems sind.
Einmal mehr hat sich gezeigt, dass die Rechte keine Demokratie in ihren eigenen Reihen ausübt. Die Stärksten und Geschicktesten setzten sich durch. Davon können der indigene Víctor Hugo Cárdenas und der nun entmachte Oscar Ortiz Antelo sicher ausführlich berichten. Die „Einheitsfront“ der Rechten wurde von den Ex-Präfekten mit Blick auf die Anwärter noch vor der Geburt erstickt. Cárdenas gab auf, Ortiz schloss sich der UN an und Germán Antelo passte sich dem Kurs von Reyes Villa an.
Nach der Niederlage suchen die Protagonisten nach einem Sündenbock und nicht nach den wahren Ursachen. Reyes Villa schätzt, dass es zu „Stimmenaufteilung“ kam und bezieht sich damit auf seinen Mitbewerber Doria Medina. Cárdenas wie auch andere Sprecher der Rechten sind der Meinung, dass das getrennte Auftreten von PPB und UN „zum Sieg der MAS beigetragen hat“. Analyst Carlos Toranzo stellt der Rechten die Frage: „Warum agierte sie nicht gemeinsam und warum einigte sie sich nicht?“ Palo gegen Medina. Sie vergaßen womöglich die Meinungsumfrage, in der potentielle Wähler der UNO angaben, im Fall eines Verzichts nicht automatisch für Reyes Villa stimmen zu wollen. Einige meinten sogar, sie würden auf die Seite der MAS wechseln. In der Politik führen Summen und Reste nicht immer zu einem eindeutigen mathematischen Ergebnis.
09. Dezember 2009
Übersetzung aus dem Spanischen: Katja Schmiedgen
Bildquelle: Fernando Lugo APC.