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Die dicken Fische an Land: Großgrundbesitzerfamilien

El Juguete Rabioso | | Artikel drucken
Lesedauer: 4 Minuten

Die Familien von Walter Guiteras, Ernesto Monasterios, Omar Yáñez Soto, Wilson Landívar und Luis Saavedra Bruno sowie andere verfügen über riesige Flächen Land. Diese Besitzer, gleichzeitig Führungspersonen bei Podemos, Unitel und in den Bürgerausschüssen, liegen mit der Regierung im Streit. Ihr Ziel ist es, eine Änderung des INRA-Gesetzes, welche den unproduktiven Großgrundbesitz abschaffen würde, zu verhindern.

Bolivien - Landkarte (Bildquelle: University of Texas at Austin)Laut einem Bericht des Präsidenten des Sonderausschusses für die Rechte der indigenen Völker, Heriberto Lázaro Barcaya, liegen 70 Prozent des kultivierbaren Landes in den Händen der Großgrundbesitzer, den die politischen Parteien und einige Presse- und Rundfunkanstalten verpflichtet sind. Daher müssen sich 71 Prozent der Bevölkerung mit neun Prozent zufrieden geben. Mit 70 Prozent des Anbaulandes hingegen können die Großgrundbesitzer prahlen, obwohl sie selbst nur fünf Prozent der Bevölkerung darstellen. Die mittelgroßen Besitzer (15 Prozent) verfügen über acht Prozent des Landes und die kleinen Bauern – sie stellen 80 Prozent der Bevölkerung dar – besitzen laut dem Bericht nur vier Prozent der Ackerflächen des Landes. Das Nationale Agrarreforminstitut (INRA) aus Santa Cruz bestätigt die Angaben über die ungleiche Verteilung des Landes. In den vergangenen zehn Jahren hat die INRA 24 Millionen Hektar Land verteilt, von denen allerdings 20 Millionen in den Händen der 3.700 Familien mit Großgrundbesitz landeten – die Gemeinden und die indigenen Völker erhielten gerade einmal vier Millionen Hektar des verteilten Landes.

Wer sind die Privilegierten?

Heriberto Lázaro berichtet, dass einige Familien, wie die von Omar Yáñez Soto, Wilson Landívar oder Alfredo Gutiérrez knapp 131.000 Hektar Land besitzen. 70.000 Hektar liegen im Besitz der Familie von Juan Carlos Bolsber und Martha Bolsber de Casal. Der Familie von Barbery Paz – einem Verwandten des Ex-Ministers Roberto Barbery und Kommentator beim Fernsehsender PAT – gehören 208.775,468 Hektar Land. Der Familie Monasterios, Besitzer des Fernsehsenders Unitel, gehört heute der Boden, welcher vom ehemaligen Minister für Bildung, Hedín Céspedes, aufgrund seiner Aktivitäten bei der MNR beschlagnahmt wurde. Zu den wenigen privilegierten Familien gehören auch die von Ricardo Angulo Reynaga, Hugo Speiser, Héctor Justiniano, José Saavedra Ortiz, Carmen Luizaga Flores, die Familie des ehemaligen Kanzlers Carlos Saavedra Bruno sowie die Familien von Rafael Paz und Branko Marinkovic. Einige Medienunternehmen sowie die Wirtschaft des Landes werden noch immer von dieser Elite dominiert. Auch in der Politik ist sie mächtig und tut alles, um die Verabschiedung eines Gesetzes, welches Veränderungen am INRA-Gesetz vorsieht, zu verhindern – denn damit wären ihre Privilegien ein für allemal abgeschafft.

Indigene Gemeinden

Boliven, Großgrundbesitz, Foto: Quetzal-Redaktion, wdWährend den Großgrundbesitzern 70 Prozent der anbaufähigen Böden gehören, „müssen die Bauern sich um 20.050 Hektar streiten. Wie kann es nur sein, dass einer Familie in Bolivien mehr als 300.000 Hektar Land gehören?“ kritisiert Heriberto Lázaro. Die erste Agrarreform von 1953 scheiterte daran, dass der Großgrundbesitz sich wieder durchsetzte. Heute gehört mehr als die Hälfte der 54 Millionen Hektar Anbaufläche Privatpersonen, wodurch mindestens 200.000 Familien und indigenen Gemeinden dieses wertvolle Naturgut vorenthalten bleibt.

Nach Angaben der MST (Landlosenbewegung) gibt es in Bolivien 65 Millionen Hektar Anbauland, von denen die Landbesitzer über 40 Millionen Hektar verfügen. Weitere zehn Millionen gehören zum geschützten Land, wobei die Mächtigen diese Gebiete dennoch nicht unverschont lassen und mit Rohstoffen wie Holz, Gas und Mineralien von dort handeln. Gerade einmal 15 Millionen Hektar Land, noch dazu von schlechter Qualität für die Landwirtschaft, gehören den indigenen Völkern und Gemeinden.

Die Ländereien im Westen des Landes sind klein, unfruchtbar und bringen nur geringe Erträge ein. Im Osten hingegen gehören riesige Flächen Land den großen Viehzuchtbetrieben. Diese wenigen haben das Land zumeist als Gegenleistung für politische Dienste erhalten. Genau genommen hat das INRA gerade einmal 17 Millionen Hektar umverteilt, das ist nur etwas mehr als ein Zehntel des gesamten Landes. Dafür wurden etwa 100 Millionen US-Dollar ausgegeben. Erreicht wurde durch diese Reform jedoch nur die Legalisierung des Großgrundbesitzes.

Deshalb schlägt die Regierung von Evo Morales grundlegende Veränderungen am INRA-Gesetz vor und hat angekündigt, dass sie schnellstmöglich bis zu 4,5 Millionen Hektar Land an indigene Völker und Gemeinden verteilen wolle.

Übersetzung aus dem Spanischen: Charlotte Navitzkas

Originalbeitrag: „Los peces gordos de la tierra: Familias Latifundistas“ in: El Juguete Rabioso, November 2006.

Bildquellen:
01. Landkarte von Bolivien. University of Texas at Austin.
02. Weizenfeld. Quetzal-Redaktion, wd.

1 Kommentar

  1. Ein in Bolivien lebender Deutscher sagt:

    Richtig ist, das INRA bereits Ländereien im Osten des Landes an Hochlandbewohner verteilt hat. Richtig ist aber auch, das diese Hochlandbewohner ihr eigenes Land ( z.B.auf dem Altiplano ) nicht fürchten müssen. Dies werden sie weiter behalten dürfen. Richtig ist auch, das auch Ausländer enteignet wurden.

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