3sat hatte am 16. März für seinem Thementag „Tatort Pyramide“ auch an die amerikanischen Pyramiden gedacht und einen Film über die Maya ausgewählt. Der ca. 45-minütige Streifen über die Geheimnisse der Maya war nicht mehr ganz neu, und sein Inhalt war das wohl schon im Entstehungsjahr nicht. Nach einem Trailer (für den gesamten Thementag), der auch für „Galileo“ hätte gedreht sein können, folgte ein Film, der sich durchaus auf Galileo-Niveau bewegte. Dabei war das angekündigte Thema interessant, versprach die Ankündigung doch, die Medizinarchäologin Vera Tiesler zu begleiten, die in Knochen von Toten lesen könne. Die Erkenntnisse dieser Wissenschaft sind ja mittlerweile wirklich erstaunlich: Wie gesund waren unsere Vorfahren, an welchen Krankheiten litten sie, wie ernährten sie sich, wo kam ihre Nahrung her – all das verraten uns ja die Knochen. Leider waren aber die medizinischen Aspekte nur ganz am Rande von Interesse, einzig von der „Roten Königin“ aus Palenque erfahren wir, dass sie Osteoporose hatte. Der Film führte stattdessen in einer Art Parforceritt quer durch die Mayastätten Yucatans, der Zuschauer bekam von allem etwas geliefert und nichts richtig. Palenque, Chichén Itzá, Calakmul, Wandmalereien, Reliefs – egal, wo die Filmemacher hinkommen, alles ist unglaublich, einmalig, sensationell, noch nie dagewesen. Warum, wird allerdings nicht verraten. Zudem tut Filmemacher Lothar Zimmermann so, als stände die Mayaforschung ganz am Anfang und als gäbe es keinerlei Wissen über die Ruinenstädte und ihre Bewohner. „Vera Tiesler vermutet“, „Vera Tiesler stellen sich Fragen“ sind – gefühlt – die häufigsten Sätze in diesem Film. Darüber hinaus fehlen natürlich auch die Horrorgeschichten über die Opferzeremonien und die Grausamkeit der Mayakrieger nicht. Und nachgerade glanzvoll ist der Hinweis auf die Monumente der Maya als „Sinnbild für den Größenwahn der Herrscher, die sich für Götter hielten“. Man stelle sich einmal vor, jemand sagt Gleiches vom Petersdom. Nicht erschlossen hat sich mir, was moderne Schamanen und Totenbräuche mit den Geheimnissen der Maya zu tun haben, zumal es doch sehr fragwürdig ist, so zu tun, als hätte es in den letzten 500 Jahren keine Veränderungen bei den Maya gegeben und als könne man von der Gegenwart eins zu eins auf die Vergangenheit schließen. Kurzum, Geheimnisse der Maya ist alles in allem ein oberflächlicher und ärgerlicher Film. Wofür, das sei betont, Vera Tiesler definitiv nichts kann.
Zufällig sendete ZDF INFO am selben Abend Das Rätsel der Nasca-Linien. Ich sah den Film von History XXL nicht ganz von Anfang an, und als ich zuschaltete, gab es gerade „einen ersten geheimnisvollen Hinweis“. Das lies mich überlegen, ob ich nicht doch lieber gleich das Gerät ausschalte, der Maya-Film war enervierend genug. Schließlich gab ich dem ersten Impuls doch nicht nach und habe es nicht bereut. Abgesehen von den scheinbar unvermeidlichen albernen Spielszenen bot dieser Film interessante und unterhaltsame 45 Minuten, in denen sachlich, nicht sensationsheischend über die geheimnisvollen Linien in der peruanischen Wüste berichtet wurde. Und so erfuhr ich einiges über die mögliche Bedeutung der Scharrbilder, die über einen Zeitraum von 800 Jahren entstanden, den Überlebenskampf ihrer Schöpfer in der unwirtlichen Region, die Bedeutung der puquios, der Wasserreservoirs, Opferzeremonien und die rituelle Stätte Cahuachi mit ihren Tempeln und Pyramiden. Und natürlich auch vom Leben, den Riten und Bräuchen der Nasca, soweit die Forscher diese rekonstruieren können. Die Wissenschaftler haben mittlerweile einen umfassenden Katalog der Linien erstellt. Es ist nun möglich, die zahlreichen Bilder und Linien chronologisch zu ordnen, ihre Entwicklung nachzuvollziehen. Esoterischen Deutungen, die die Linien Außerirdischen zuschreiben, erteilen die Forscher eine Absage: Auch für die Nasca selbst waren die Linien von den umliegenden Hügeln aus sichtbar. Das Fazit, das die Filmemacher mit den Forschern ziehen, ist sehr sympathisch: Es gibt keine einfachen Antworten.
Geheimnisse der Maya. Regie: Lothar Zimmermann (2006)
Das Rätsel der Nasca-Linien. Regie: Aaron Even/ Philip J. Day (2009)
Bild: Snapshot