Mit dem Tod Don Luchos verlässt eine ganze Generation großer politischer Führer die Bühne der Geschichte: Sie alle wurden im ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts geboren und waren seit ihrer Jugend am Sturz Carlos Ibáñez del Campo, an den zwölf Tagen der Sozialistischen Republik, an der Frente Popular, am Ley de Defensa de la Democracia und schließlich an der Regierung der Unidad Popular beteiligt.
Sie waren außergewöhnliche Anführer aus allen politischen Lagern: der Liberale Hugo Zepeda, der Konservative Julio Subercaseaux, die Christdemokraten Eduardo Frei, Rafael Agustín Gumucio und Bernardo Leighton und Sozialisten wie Salvador Allende und Aniceto Rodríguez. Diese Generation wird im Chile der Gegenwart nur schwer ebenbürtige Nachfolger finden, denn das Land wird von einem „Mammon-Kult” beherrscht, in dem sich die Parteien zu mittelmäßigen Mafias entwickelt haben, die sich die Macht untereinander aufteilen.
Don Lucho war ein außerordentlich einfacher und intelligenter Mann, der wegen seiner berühmten Aussprüche im Kongress bekannt wurde. Er hatte die Gabe, in wenigen Worten die jeweilige Situation voll zu erfassen. Seine Sprüche und sein Humor waren wesentlich besser als die langen, öden Tiraden der heutigen „Meinungsmacher“.
Ich erinnere mich noch daran, wie mein Vater, damals Mitglied der Falange, die Kommunisten für ihr Konzept der Güterverteilung bewunderte, demzufolge der Lohn an die Partei zu zahlen war und jedem Bürger ein Stipendium in Höhe eines Facharbeiterlohnes zustand. Eine weitere Besonderheit der Kommunistischen Partei war, dass viele ihrer Parteisekretäre aus den Normalschulen kamen und als Grundschullehrer tätig gewesen waren. (In Chile wurde die Rolle der Grundschullehrer beim Aufbau des Landes nie besonders gewürdigt.)
Ebenso wie Ricardo Fonseca, einer der großen Meister der Kommunistischen Partei, hatte Don Lucho als Lehrer gearbeitet. Später war er als Journalist tätig, um schließlich für drei Jahrzehnte den Posten des Generalsekretärs der Kommunistischen Partei auszuüben. Er begleitete und beeinflusste die verschiedenen Etappen der Partei im Laufe der chilenischen Geschichte, unter anderem die Streitigkeiten zwischen den Anhängern Reinosos und denen der Regierung während der Zeit des Ley de Defensa de la Democracia. Damals forderte Reinoso gewaltsame Maßnahmen zum Sturz Gabriel González Videlas, während Fonseca und Corvalán die offizielle Linie der Partei verteidigten, nach der politische Mittel und Wege im Vordergrund stehen sollten.
Luís Corvalán folgte stets der Linie der Partei und befürwortete die Invasionen der damaligen Sowjetunion in Ostdeutschland, Ungarn und der Tschechoslowakei. Diese Hinwendung zum Stalinismus begründet sich bei der Kommunistischen Partei Chiles in ihrem Ursprung, der Arbeiterklasse, die in Chile auf Luís Emilio Recabarren zurückgeht.
Während der Unidad Popular war die Kommunistische Partei die moderateste und wahrscheinlich auch die vernünftigste Partei, wenn es darum ging, Entscheidungen zu fällen und mit der politischen Konzeption des Präsidenten Salvador Allende zu kooperieren. Während der Diktatur Augusto Pinochets wurde die Partei mit größtem Hass verfolgt und verlor die meisten ihrer Führungspersönlichkeiten – tot, verschwunden, verbannt oder gefangen genommen. So erging es auch Corvalán selbst, der später auf weltweiten Druck hin gegen einen sowjetischen Dissidenten ausgetauscht wurde.
In der Geschichte der Kommunistischen Partei Chiles gab es viele Phasen, in denen ich nicht mit ihr übereinstimmte, aber ich habe großen Respekt für das Engagement und die Konsequenz, mit der Don Luís Corvalán für das Volk und für fortschrittliche Ideen eingetreten ist.
———————-
Original-Beitrag aus El Clarín de Chile vom 23.07.2010. Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung der Zeitung.
Übersetzung aus dem Spanischen: Ariane Stark
Anm. der Redaktion: Luís Corvalán Lepe (* 14.09.1916 in Puerto Montt † 21.07.2010 in Santiago de Chile) war ein chilenischer Politiker und von 1958-1990 Generalsekretär der Kommunistischen Partei Chiles.
Bildquelle: Public Domain