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Politik und Kultur in Lateinamerika

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Der Quetzal am Ball – Fußball WM 2006

Michelle Caldas Meyer | | Artikel drucken
Lesedauer: 38 Minuten

Fußball WM 2006 – Die erste Woche

Eine Woche seit dem ersten Anpfiff ist vergangen und schon sind die ersten Heimkehrer entschieden. Leider führt Lateinamerika in dieser ersten Woche die Liste der Verlierer an. Trotz Leidenschaft und hart umkämpfter Spiele sind die Mannschaften von Paraguay und Costa Rica bereits draußen, zur Freude von Deutschland, England und Ecuador, die sich schon für die nächste Runde qualifiziert haben. Für diejenigen, die keine Zeit oder sogar Lust hatten, die Spiele zu verfolgen, aber trotzdem etwas darüber wissen möchten (es ist sowieso fast unmöglich, hier in Deutschland über etwas anders zu sprechen), an dieser Stelle eine kleine Zusammenfassung der sieben ersten WM-Tage.

Um 18 Uhr am 9. Juni war es soweit: Nach einer eher kleinen und typisch bayrischen Eröffnungsfeier fing das Spiel Deutschland gegen Costa Rica an. Die Fans beider Teams fieberten dem Start entgegen, ganz besonders in Costa Rica, wo der Arbeitsminister sogar den Nachmittag als arbeitsfrei erklärte. Trotz der Verwirrung um Michael Ballack siegte der Gastgeber verdient mit 4:2. Die Mannschaft aus Lateinamerika präsentierte sich aber besser als erwartet und konnte sich auch wegen ihrer zwei Tore in die Herzen der Zuschauer spielen. Die zweite Begegnung des Abends war die zwischen Polen und Ecuador, die sich ein sehr spannendes Spiel lieferten. Trotz der Favoritenrolle des europäischen Teams gewann Ecuador mit einem starken 2:0 und zeigte den Zuschauern, warum es die drittstärkste Mannschaft Lateinamerikas nach Brasilien und Argentinien ist. Dass die Ecuadorianer gut in der Höhe ihrer Hauptstadt Quito spielen, war keine Frage, aber jetzt wurde besonders für die anderen Lateinamerikaner klar, dass sie auch auf Meeresspiegelhöhe gefährlich sein können.

Am 10. Juni waren England und Paraguay dran. Noch ein Spiel zwischen Europäern und Lateinamerikanern. Noch ein ziemlich interessantes Spiel. Zumindest war dies die Erwartung. Während der 90 Minuten wurde aber klar, dass die Engländer nicht wirklich spielen wollten und die Paraguayer ihre Chancen nicht zu nutzen wussten. Mit einen 1:0 (Eigentor von Gamarra) gewann die Mannschaft der Queen glanzlos. Die lächerliche Ausrede für ihren schlechten Auftritt war die sommerliche Hitze und der starke Sonnenschein im Stadion. Für Paraguay war die Niederlage einfach Pech, und die Mannschaft sehnte sich bereits nach dem nächsten Spiel. Anschließend kamen Trinidad & Tobago und Schweden aufs Feld. Das erste Mal ist immer schwierig, deshalb waren die Lateinamerikaner am Anfang etwas unsicher, aber mit der Zeit haben sie gezeigt, wie gut und taktisch ihre Abwehr und, warum nicht, auch ihr Sturm sein kann. Trotz des Platzverweises in der 2. Hälfte haben die „Soca Warriors“ den Schweden ziemlich gut standgehalten und schafften damit ein 0:0, das gefeiert wurde, als ob sie gewonnen hätten. Für die schwedische Mannschaft war das Ergebnis sehr enttäuschend.

Das letzte Spiel des zweiten Tages lief zwischen Argentinien und der Elfenbeinküste. Es war mit Abstand die aufregendste Begegnung in diesen beiden Tagen. Die Afrikaner zeigten viel Leidenschaft und erarbeiteten sich gute Tormöglichkeiten, während die Argentinier eiskalt ihre Chancen und die Abwehrschwierigkeiten der Ivorer nutzten. Damit war das 2:1 für Argentinien ein verdienter Sieg, die Sympathie der Zuschauer blieb aber bei dem afrikanischen Team. Trotz des spannenden Duells war die Aufmerksamkeit der deutschen Fernsehgesellschaften geteilt: Immer wieder wurde Maradona eingeblendet, der bei jeder argentinischen Chance für die Fernsehkameras jubelte und schrie.

Der dritte Spieltag der WM (11. Juni) drehte sich zwar rund um den Fußball, hatte aber auch vielfältige politische Hintergründe. Für ein Team war das erste Spiel dieses Tages bereits eine Abschiedstournee durch die Welt, denn Serbien und Montenegro werden, nachdem Montenegro am 03. Juni offiziell seine Unabhängigkeit von Serbien erklärte, in Zukunft nicht nur je eine eigene Fußballmannschaft bilden, sondern auch verschiedene politische Ziele verfolgen. Das Team vom Balkan, das sich, mit Ausnahme seines Torhüters, komplett aus Serben zusammensetzte, verlor jedoch in einem gutklassigen Spiel gegen die Niederlande knapp mit 0:1. Im zweiten Spiel des Tages spielte Mexiko gegen den Iran. Vor dem Spiel war jedoch nur eine Frage von Bedeutung: Wird der wegen seiner Atompolitik und Leugnung des Holocausts stark kritisierte iranische Staatspräsident Ahmadinedschad live im Nürnberger Stadion das Spiel seiner Mannschaft verfolgen können? Die einen forderten ein Einreiseverbot, andere wie Sachsens Ministerpräsident Milbradt plädieren für Gastfreundschaft. Die deutsche Regierung um Kanzlerin Merkel ging dieser Frage durch konsequentes Ignorieren aus dem Weg. Letztendlich schickte Ahmadinedschad nur einen Vertreter, der eine streckenweise sehr gute iranische Mannschaft sah, welche am Ende jedoch den routinierten Mittelamerikanern mit 1:3 unterlag. Nach dem zwischenzeitlichen Halbzeitstand von 1:1 besiegten die Mexikaner dank kontrollierter Offensive die in der zweiten Halbzeit eher defensiv ausgerichteten Iraner verdient. Den Abschluss des Tages bildete das Spiel Portugals gegen seine ehemalige und seit 1975 unabhängige Kolonie Angola. Beide Staaten pflegen politisch eine gute Freundschaft zueinander, fußballerisch sind aber immer besondere Emotionen im Spiel, da Angola gegen die hoch favorisierten Portugiesen stets besonders motiviert ist. Angola wehrte sich tapfer, unterlag am Ende jedoch mit 0:1.

Am Montag, dem 12. Juni, gab es auch ein Spiel mit lateinamerikanischer Beteiligung – Australien gegen Japan. Manche mögen sich fragen, wo denn hier Lateinamerika zu sehen ist? Auf Seiten der Japaner ist Brasiliens Fußball-Legende Zico seit vier Jahren deren Nationaltrainer. Der Kontakt zum Nationalteam kam dadurch zu Stande, dass dieser seine fußballerische Karriere in Japans J-League hat ausklingen lassen. Im sehr durch kämpferische Elemente geprägten WM-Spiel gegen die „Socceroos“ erlitten die „Blue Samurai“ trotz einer 1:0 Führung bis zur 84. Minute noch eine 3.1 Niederlage. Mit einer der lustigsten Ausreden für die Niederlage sagte Zico, dass der Rasen zu hoch sei. Für Japan wird es nach dieser Niederlage bereits eng, denn mit Brasilien als weiterem Team in der Gruppe ist dieses wohl bereis als Gruppensieger gesetzt. Möchte sich Zico fürs Achtelfinale qualifizieren, so wird er wohl sein eigenes Land im letzten Gruppenspiel schlagen müssen. Im Gegensatz zu den Japanern setzten sich an diesem Tag die Favoriten in den anderen Spielen durch: Die Tschechische Republik schlägt die USA ohne Mühe mit 3:0 und Italien gewinnt gegen die Afrikaner aus Ghana mit 2:0. In diesem letzten Spiel gab es auch eine indirekte lateinamerikanische Teilnahme, auch wenn diese nicht so gelungen war: Der Schiedsrichter Carlos Simon kommt aus Brasilien. Er wurde stark für seine Leistung kritisiert, die als die Schlechteste bis zu diesem Zeitpunkt galt. Seine beiden Hauptfehler waren eine fehlende Rotkarte und ein nicht gegebener Elfmeter für Ghana.

Der 13. Juni fing mit einem eher ruhigen Spiel an (Südkorea gegen Togo). Die afrikanische Mannschaft, die in einen Streit wegen Siegprämien verwickelt war, hat besonders schlecht gespielt, gerade da sie das beste Team in der afrikanische Qualifikation waren. Die Togolesen haben zwar das erste Tor erzielt, konnten aber die „Red Devils“ nicht stoppen. Die Koreaner haben es geschafft, das 1:0 aufzuholen und siegten zur Freude der 15.000 koreanischen Zuschauer mit 2:1. Das Spiel zwischen Frankreich und der Schweiz war nicht so attraktiv wie das erste, was man schon anhand des Endergebnisses sehen kann – 0:0. Danach war der fünfmalige Weltmeister Brasilien gegen Kroatien an der Reihe. Die Erwartungen wurden jedoch nicht erfüllt, zumindest nicht von Seiten Brasiliens. Die Kroaten hatten gute Chancen gehabt, aber auch viel zu viel Pech. Wichtige Spieler wie Ronaldo oder Ronaldinho traten nicht in den Vordergrund und die typische Spielfreude der Brasilianer war auch nicht zu sehen. Wäre nicht Kaká gewesen, das neue brasilianische Genie, der das 1:0 geschossen hat, wäre das Spiel torlos geblieben. Ein Mix aus Frust und Freude war die Reaktion der brasilianischen Fans, die mehr vom nächsten Spiel erhoffen. Die Rolle Ronaldos ist aber der Hauptkummer in Brasilien: spielt er weiter oder nicht? Nach Kopfschmerzen, Blasen am Fuß, Übergewicht und Fieber sagte er, dass der Druck zum Spielen zu hoch sei. Es scheint, als ob er nicht mehr spielen wollte, aber „etwas“ ihn drängt (laut bösen Zungen wird gemunkelt, es sei sein Vertrag mit Sponsor Nike).

Der 14. Juni wurde in Deutschland mit viel Vorfreude wegen des Spiels gegen Polen erwartet. Aber zuerst spielte noch Spanien gegen die Ukrainer, die unter den Erwartungen und blieben und in der 2. Halbzeit mit einem Spieler weniger auf dem Platz standen. Spanien kam zu einem einfachen und in der Höhe verdienten 4:0 Sieg. Im darauf folgenden Spiel trennten sich in einem ausgeglichenen Match Tunesien und Saudi- Arabien, das mit Marcos Paqueta auch einen brasilianischen Trainer besitzt, 2:2. Das Remis verhinderte für beide Mannschaften eine bessere Platzierung in ihrer Gruppe und verringert die Chancen, sich gegen die favorisierten Spanier und Ukrainer fürs Achtelfinale zu qualifizieren. Um 21 Uhr stand nach dem Eröffnungsspiel erneut das Leben in Deutschland still. Ganz Deutschland fieberte mit seiner Nationalmannschaft mit, die überlegen und sehr offensiv gegen seinen Nachbar Polen spielte. Durch die Niederlage der Polen im ersten Spiel standen diese bereits unter Druck, konnten sich aber gegen Deutschland nicht durchsetzen. In der zweiten Halbzeit ging das Spiel, begleitet von einer sehr emotionalen Bundeskanzlerin, nur in eine Richtung: Die deutschen Adler waren überlegen, aber das Tor schien wie vernagelt. Trotz der gelb-roten Karte der polnischen Mannschaft in der 75. Minute wurden nur der Pfosten und die Latte getroffen. Das ganze Land stand unter Spannung, welche sich erst löste, als Oliver Neuville in der letzten Minute das 1:0 erzielte. Deutschland feierte sein Team, als ob es bereits Weltmeister geworden wäre.

Der letzte Tag der ersten WM-Woche (15. Juni) war wiederum von Lateinamerikanern geprägt. Das Spiel Ecuador gegen Costa Rica war einfach, aber von hoher Bedeutung. Mit einem 3:0 schafften die Ecuadorianer den Sprung ins Achtelfinale und halfen damit auch den Deutschen, ihren Platz darin zu garantieren. Es war der größte Erfolg der südamerikanischen Mannschaft in einer WM und wurde auch dementsprechend gefeiert. Jetzt wollen die „Trikoloren“ den ersten Platz der Gruppe A gegen Deutschland sichern. Laut dem Torjäger Delgado haben die Ecuadorianer keine Angst vor den anderen Mannschaften, auch nicht vor England; die einzige Ausnahme wäre Brasilien. Freude seitens der Südamerikaner, aber Trauer der „Ticos“, die bereits nach Hause zurückkehren müssen. Um 18 Uhr waren England und Trinidad & Tobago gefragt. Wie im ersten britischen Spiel waren Beckham & Co enttäuschend schlecht und schafften es erst am Ende, ihre Tore zu erzielen. Sogar mit dem Auftritt des britischen Stars Rooney ist die Leistung seiner Mannschaft hoffnungslos geblieben. Mit einem 2:0 sind sie die dritte Mannschaft mit einem sicheren Platz in der nächsten Runde. Schade für das karibische Team, das tapfer gekämpft hat. Das letzte Spiel war ein durchschnittliches Match zwischen Schweden und Paraguay, die um ihre Qualifikation für das Achtelfinale kämpften. Spielerisch überzeugten beide Teams, hatten aber erhebliche Probleme beim Toreschießen. Zum Leidwesen der Paraguayer erzielte Schweden eine Minute vor Ende das 1:0 und besiegelte dadurch das WM-Ausscheiden eines weiteren lateinamerikanischen Teams.

Diese erste Woche war nicht besonders erfolgreich für die lateinamerikanischen Mannschaften. In der Presse standen Witze wie „Jugamos como nunca, perdimos como siempre“ (Wir haben so gut gespielt wie noch nie, aber wie immer verloren) an der Tagesordnung. Viel Kritik, aber auch viel Freude sind die bekannten Merkmale der „Latinos“, die mit Argentinien, Brasilien, Ecuador und Mexiko gute Chancen auf den Titel bzw. auf einen guten Tournierverlauf haben.

Fußball WM 2006 – Die zweite Woche

In der 2. Woche der WM wird die Entscheidung getroffen, welche der 16 Teams ins Achtelfinale einziehen. Wer wird Gruppenerster? Aus den Gruppen A und B haben sich bereits nach dem 2. Spieltag drei Teams sicher qualifiziert. Für die anderen ist noch alles offen. Deshalb machen wir es nicht so spannend: hier die Zusammenfassung der Spiele.

Am Freitag, den 16. Juni spielten zuerst Argentinien und Serbien-Montenegro. Für die Lateinamerikaner könnte ein Sieg schon die Qualifikation bedeuten. Dieses Spiel erinnerte uns sehr an das erste, nur dass die Argentinier bei diesem Spiel konstant auf hohem Niveau spielten und ihre durch taktische Disziplin geprägte Überlegenheit eiskalt in Tore umsetzten. Schon in den ersten 45 Minuten schoss Argentinien drei Tore. Die weiteren drei in der 2. Halbzeit waren die Krönung ihrer Leistung. Der 6:0-Sieg wurde in dem Land des Tangos sehr gefeiert, aber auch hier in Deutschland freute sich jemand: natürlich Maradona, der übrigens mit 120 Km/h in einer 80er Zone geblitzt wurde. Die Niederlande hatte nicht so viel Glück wie Argentinien. Sie besiegte die Elfenbeinküste, welche bisher immer erst nach einem Rückstand konzentriert nach vorne spielte, mit einem am Ende etwas unverdienten 2:1. Damit haben sich die Niederlande für Europa und Argentinien für Lateinamerika bereits qualifiziert und spielen am nächsten Spieltag gegeneinander um den Gruppensieg. Den Abschluss des Tages machten Mexiko und Angola in einem sehr langweiligen Spiel. Die Angolaner haben sich gegen die Nordamerikaner gut gehalten und erkämpften sich ein 0:0-Unentschieden. Die Zukunft beider Mannschaften bleibt dann bis zum letzten Spiel der Vorrunde offen.

Das Wochenende fing am Samstag, dem 17. Juni, gut an. Portugal versuchte seinen Platz in der nächsten Runde zu sichern, indem es gegen den Iran extrem offensiv spielte. Schade, dass die Iraner so viel Druck nicht standhalten konnten und mit einem 0:2 verloren. Jetzt sind sie bereits disqualifiziert. Das nächste Spiel versprach von der Papierform her nicht so interessant zu werden: Tschechische Republik gegen Ghana. Aber was für eine Überraschung! In einem sehr chaotischen Match, in dem es viele gelbe Karten und sogar einen vergebenen Elfmeter gab, spielten beide Teams mit viel Mut und Engagement. Die afrikanische Mannschaft war etwas besser und erzielte einen rettenden Sieg über die Europäer (2:0). Damit sind Ghanas Chancen noch offen. Das letzte Spiel des Abends war ohne jeden Zweifel das Lustigste dieser WM. Auf dem Feld standen sich die USA und Italien gegenüber und die Südeuropäer erzielten gleich den ersten Treffer. Die italienische Freude wurde noch stärker, als die USA eine rote Karte bekamen. Sie jubelten nicht lange, denn kurz danach war Italien mit einem Platzverweis an der Reihe. 10 gegen 10 hieß es fortan und erstaunlicherweise schafften es die USA ein Tor zu schießen, oder besser gesagt: die Italiener haben wieder ein Eigentor produziert. Damit stand es in jeglicher Hinsicht Unentschieden und trotz des dritten Platzverweises seitens der USA änderte sich nichts am Endergebnis. 1:1 lautete das Resultat zur großen Enttäuschung der Italiener, die das nächste Spiel gewinnen müssen.

Der Sonntag (18. Juni) verlief etwas ruhiger. Im ersten Spiel zeigte sich bereits dieser Rhythmus: 0:0 Unentschieden zwischen Japan und Kroatien. Ein Ergebnis, dass keiner der beiden Mannschaften half. Für die Japaner spiegelt es sich in einer schlechten Ausgangsposition für die nächste Begegnung wieder, denn sie müssen gegen das Heimatland ihres brasilianischen Trainers gewinnen. Eine harte Aufgabe für die Asiaten. Anschließend waren Brasilien und Australien dran. Trotz besserer Spielzüge als noch gegen die Kroaten agierte Brasilien immer noch halbherzig. Die erwartete Fußballshow ließ weiter auf sich warten. Die Socceroos nutzten die Chancen nicht, welche durch Fehler in der brasilianischen Abwehr entstanden. Trotz dieser ähnlich „guten“ Abwehrleistung, wie die der deutschen Nationalmannschaft im Eröffnungsspiel, garantierte das 2:0 den Latinos ihren Platz im Achtelfinale. Zumindest hat sich Ronaldo diesmal bewegt, auch wenn er während der letzten Woche schon mal das Frankfurter Krankenhaus besichtigen konnte, als er sich über Magenschmerzen „beschwerte“. Für die 21-Uhr-Partie waren Frankreich und Südkorea hier in Leipzig zu Besuch. Obwohl Frankreich den Sieg dringend nötig gehabt hätte, haben es die Franzosen nicht geschafft, die „Red Devils“ zu schlagen. Sie haben besser gespielt und hatten viele Tormöglichkeiten. Letztendlich spielten die Koreaner jedoch effektiver, da sie ihre wenigen Chancen besser zu nutzen vermochten. Durch das 1:1 geraten die Europäer in eine sehr unangenehme Position: Sie müssen das letzte Spiel unbedingt gewinnen, ansonsten sind die „Les Bleus“ schon vorzeitig draußen. Qualifizieren sich die Franzosen nicht für die nächste Runde, so war dies das letzte WM-Spiel in der Karriere vom französischen Kapitän Zidane, der wegen seiner zweiten gelben Karte gegen Togo gesperrt ist.

Am 11. WM-Tag (19. Juni) absolvierten die Mannschaften der letzten beiden Gruppen auch die jeweils zweiten Begegnungen. Togo konnte das junge schweizerische Team nicht stoppen und verlor mit 0:2. Die Schweiz gilt nun in dieser noch offenen Gruppe als Favorit. Unvorstellbar, da bereits die WM-Teilnahme als großer Erfolg der Eidgenossen gefeiert wurde. Anschließend betraten die Ukraine und Saudi Arabien das Spielfeld. Vielleicht waren die Ukrainer wegen ihrer peinlichen Niederlage im vorherigen Spiel übermotiviert. Oder aber die Araber hatten zuviel Respekt vor der osteuropäischen Mannschaft. Sicher ist aber der ukrainische 4:0 Sieg. Dieses Spiel trug enorm viel dazu bei, dass die Ukrainer ihr erstes Spiel gegen Spanien schnell vergessen werden. Apropos Spanien: In einem interessanten Match schlug es Tunesien. Es war schon eine Überraschung, dass die Tunesier bereits in der 8. Minute in Führung gingen! Von Beginn der zweiten Halbzeit rannten die Spanier mit neuen Offensivkräften gegen das Tor der Afrikaner an, die sich mit fortschreitender Zeit immer mehr auf ihre Defensive konzentrierten. Somit konnten sich die Iberer warm schießen bis schließlich die Mühe durch ein Dreierpack in den letzten 15 Minuten belohnt wurde – 3:1.

Am Dienstag (20. Juni) begann die letzte Vorrundenphase. Statt drei gibt es jetzt immer vier Spiele an einem Tag. Die beiden letzten Spiele jeder Gruppe finden zeitgleich statt, damit es keine Wettbewerbsverzerrung gibt. So soll verhindert werden, dass ein Land seine Spielweise am Ergebnis der vorher spielenden direkten Konkurrenten orientieren kann und für sich entscheidet, ob taktisch gesehen der 1. oder 2. Platz in der Gruppe besser ist. Neben diesem Aspekt wurde von vielen bereits qualifizierten Mannschaften angekündigt, die Topstars im letzten Gruppenspiel zu schonen. Hinzu kamen jedoch auch jene Spieler, die gelb-gefährdet waren, d.h. bei einer erneuten gelben Karte für die Runde der letzten 16 gesperrt wären. Die ersten Spiele waren obligatorisch die der Gruppe A. Deutschland zeigte sich souverän und siegte über das sehr statisch spielende Ecuador mit 3:0. Eine Super-Show für die deutschen Fans, die langsam ihren Patriotismus wieder entdecken (was überaus positiv in Lateinamerika gesehen wird). Die Ecuadorianer, die ohne ihre drei besten Leute spielten, waren über ihre Mannschaft etwas enttäuscht, am Ende jedoch glücklich über den Achtelfinaleinzug. Der Trainer wirkte nicht wie jemand, der am verlieren war – hat er noch einen Trumpf im Ärmel? Dies wird sich jedoch erst am Sonnstag zeigen. Kurios ist zudem, dass die komplette Mannschaft kurz danach ins Reisebüro musste, um den Rückflug umzubuchen, welcher für die Tage nach dem letzten Gruppenspiel geplant war. Nicht einmal sie selbst haben mit diesem Erfolg gerechnet. Gleichzeitig spielten Costa Rica und Polen, die bereits ausgeschieden waren, aber trotzdem gut gespielt haben. Die Lateinamerikaner versuchten noch während der 1. Halbzeit mit einem 1:1 ihre Ehre zu retten, gelungen ist das aber nur begrenzt. Sie verloren mit 1:2, was die enttäuschten polnischen Fans nicht weiter erfreut hat. Abends versuchte England, seinen 1. Platz in der Gruppe B gegen Schweden zu verteidigen. Eine vergleichsweise einfache Aufgabe, da sie nur ein Unentschieden dafür brauchten. Trotz des guten Beginns für die Briten siegten sie nicht. Ein 2:2-Remis sagt alles über diese ziemlich ausgeglichene Partie. Somit sind beide Mannschaften in der nächste Runde, wodurch das parallel statt findende Spiel etwas uninteressanter wurde: Paraguay gegen Trinidad & Tobago. Beide Teams können gemeinsam nach Lateinamerika zurück fliegen; die Paraguayer werden mit ihrem letzten 2:0 Sieg aber ein bisschen ruhiger abreisen. Das Ergebnis lässt das Land trotzdem nicht vergessen, wie blamabel ihre Mannschaft während des Tourniers gespielt hat. Schade für Paraguay und Lateinamerika.

Der Mittwoch (21.06.) brachte auch keine große Überraschung: alle Favoriten haben ihren Anspruch für die nächste Runde bestätigt. Sogar die umstrittene Entscheidung des brasilianischen Trainers Portugals, Luis Scolari, mit der B-Mannschaft gegen Mexiko zu spielen, war nicht so tragisch. Sie haben trotzdem 2:1 gewonnen. Wenn sogar die B-Mannschaft so gut spielt, muss man schon zugeben, dass Portugal ein ziemlich gefährlicher Gegner sein kann. Die Mexikaner haben ihr Spiel zu keinem Zeitpunkt gefunden und es sah nicht so aus, als ob sie es versucht hätten. Gleichzeitig spielten in Leipzig Iran und Angola. Noch ein etwas „hoffnungsloses“ Spiel, da beide Mannschaften kaum eine Chance hatten, sich noch zu qualifizieren. Sie gingen zufrieden mit dem 1:1 nach Hause und freuten sich, an dieser WM teilgenommen zu haben. Um 21 Uhr war es dann soweit: Das mit viel Spannung erwartete Spiel Niederlande und Argentinien begann. Beide Topteams der „Grupo de la Muerte“ (Todesgruppe) enttäuschten das Publikum mit einer unverschämten Leistung, die torlos endete. Sie haben nicht entsprechend ihres Könnens gespielt, da sie mit ihrem Gruppenergebnis zufrieden waren. Sogar Maradona war nicht so aktiv wie bei den anderen Spielen. Schade für den guten Fußball. In einem anderen Spiel verabschiedet sich die Elfenbeinküste mit einem schönen 3:2 Sieg über Serbien und Montenegro von der WM. Das Ausscheiden der Elfenbeinküste löste eine regelrechte Trauer in Afrika aus, denn sie waren dort die große Hoffnung und galten auch als heimlicher Favorit auf den Titel.

Am Donnerstag (22.06.) spielten die Gruppen E und F um den Einzug ins Achtelfinale. In Gruppe E, die am Nachmittag spielte, war der Ausgang noch völlig offen. Alle Teams hatten eine Chance aufs Weiterkommen. Das Ziel war jedoch, möglichst Gruppensieger zu werden, denn auf den Zweitplatzierten wird Brasilien warten. Im Blickpunkt stand besonders Ghana bei seinem Spiel gegen die USA, denn als letztes noch im Wettbewerb befindliches afrikanisches Team sollte es die Ehre des Schwarzen Kontinents hochhalten. In einem durchschnittlichen Spiel gingen die Ghanaer schnell mit 1:0 in Führung. Trotz des zwischenzeitlichen Ausgleichs der USA gewannen die Afrikaner dennoch durch einen mehr oder weniger umstrittenen Foulelfmeter in 45. Minute mit 2:1. Parallel spielte die Tschechische Republik gegen Italien. Wie auch schon gegen Ghana spielte Italien in der 2. Hälfte nur gegen zehn Mann. Die Motivation der zu Beginn anstürmenden Tschechen erlitt jedoch mit dem 1:0 der Italiener in der 26. Minute einen dauerhaften Dämpfer. Chancen zum Ausgleich gab es genug, konnten aber nicht genutzt werden. Am Ende qualifizierte sich Italien durch den 2:0 Sieg als Gruppenerster. In Gruppe F ging es für Brasilien als bereits qualifiziertes Team vor allem darum, sich weiter ins Turnier reinzuspielen und das Selbstvertrauen zu stärken. Gegner Japan mit dem brasilianischen Trainer Zico und dem Brasilianer Alex benötigten unbedingt einen Sieg gegen die „Seleção“. Brasilien hielt trotz heftiger Kritik im eigenen Lande auch im dritten Spiel an Ronaldo fest und ließ ihn von Beginn an spielen. Die ersten Minuten gehörten ganz klar Brasilien, welches die Überlegenheit aber nicht in Tore umwandeln konnte. Ganz im Gegensatz dazu die Japaner, die zur Überraschung der Fans in der 30. Minute das 1:0 schossen. Als Ronaldo den Ausgleich erzielte, welcher psychologisch wichtig noch in der Nachspielzeit der ersten Hälfte erfolgte, wurde die Freude der Asiaten bereits wieder gedämpft. In den folgenden 45 Minuten konnten die Japaner ihr hohes Tempo nicht durchhalten und Brasilien erspielte sich konsequent gute Chancen. Das Ergebnis war ein deutlicher und verdienter 4:1 Sieg. Für Brasilien ist der Pflichtteil mit dem Erreichen der nächsten Runde noch nicht zu Ende, denn im eigenen Land steht es sehr hohen Erwartungen gegenüber, die alles andere als eine Endspielteilnahme wahrscheinlich als Misserfolg bewerten würden. Als Gruppenzweiter qualifizierte sich Australien, dass sich in einer sehr abwechslungsreichen und emotionsgeladenen Begegnung mit einem 2:2 Unentschieden von Kroatien trennte.

Am letzten Tag der Vorrunde (23. Juni) wurden die letzten Mannschaften fürs Achtelfinale ermittelt. In den ersten Begegnungen wurden Spanien und die Ukraine ihrer Favoritenrolle gerecht. Die Ukraine gewann mit 1:0 gegen Tunesien. Spielerisch war es jedoch eine drittklassige Partie, welche sich ganz am spanischen Spiel gegen Saudi Arabien orientierte. Spaniens Trainer stellte seine Mannschaft nicht nur auf drei oder vier Positionen um, sondern ließ gleich von Beginn die gesamte „B-Mannschaft“ auflaufen. Trotz vieler Chancen verhinderte wohl die Arroganz der Iberer einen höheren Sieg als 1:0. Zur Freude der Zuschauer waren die Spiele am Abend interessanter. Die Schweiz qualifizierte sich durch einen klaren 2:0 Sieg gegen Südkorea. Eigentlich hätten die Koreaner um ihr Leben rennen müssen, da sieben Spieler mit einem Weiterkommen von ihrer 2-jährigen Wehrdienstpflicht befreit worden wären. Schade, dass die Mannschaft der 4 „Lees“ und 3 „Kims“ schon nach Hause fährt, denn ihre Fans waren eine Bereicherung für die WM. In jeder Stadt präsentierten sie durch künstlerische Vorstellungen ihre Kultur. Nun zum Spiel Frankreich gegen Togo. Die Franzosen gewannen gegen die kämpferischen Togolesen mit 2:0. Der Fakt, dass der togolesische Torhüter in der ersten Halbzeit die meisten Ballkontakte seiner Mannschaft hatte, verdeutlicht wohl am besten den französischen Druck: die Pflicht zum Sieg.

Damit ist die Vorrunde erfolgreich beendet. Von sieben lateinamerikanischen Teams qualifizierten sich Brasilien, Argentinien, Mexiko und Ecuador für die Runde der letzten 16. Leider wird entweder Argentinien oder Mexiko nicht ins Viertelfinale einziehen, da beide Mannschaften gegeneinander spielen und sich damit gegenseitig eliminieren können. Alles in allem aber eine gute Bilanz der Latinos, denn von den afrikanischen Teams konnte sich nur Ghana qualifizieren. Die Asiaten mussten gar komplett in die Heimat zurückkehren. Ab Samstag werden wir vier intensive Fußballtage erleben und hoffen auf den Erfolg Lateinamerikas.

Fußball WM 2006 – Das Achtelfinale

Um 17 Uhr am 24.06. eröffnete Deutschland das Achtelfinale. Alle Public Viewing Areas waren meist schon zwei Stunden vor Spielbeginn vollkommen überfüllt. Vom Gegner Schweden hatte man im Vorfeld mit sehr viel Respekt gesprochen. Angst hatte man nicht gezeigt. Dies wurde besonders in den ersten zwölf Minuten deutlich, denn in diesem Zeitraum schoss Podolski mit seinem Doppelpack die 2:0 Führung. Auch im weiteren Verlauf spielte Deutschland sehr offensiv. Der Platzverweis seitens der Schweden in der 34. Minute begünstigte zudem das deutsche Spiel. Schweden hatte kaum Chancen – einzig ein vergebener Elfmeter zu Beginn der zweiten Hälfte hätte, sofern er verwandelt worden wäre, noch einmal Hoffnung bedeutet. Danach spielte nur noch die Mannschaft von Jürgen Klinsmann, die aber keinen weiteren Treffer erzielen konnte. Mit dem Sieg fiel eine große Last von den Schultern der deutschen Sprache. Er gibt Sicherheit für die folgenden Spiele, denn als Ziel hat sich das Team selbst das Erreichen des Finales gesetzt.

Im zweiten Spiel dieses Samstags musste Maradona sehr viel leiden. Tränen gab es jedoch noch nicht, da sich Argentinien mit einem 2:1 Sieg über Mexiko für das Viertelfinale qualifizierte. Verdient war es nicht, da Mexiko viel stärker und offensiver spielte, das Tor aber leider nicht öfter getroffen hat. Möglichkeiten dazu hatten die Mexikaner aber genug. Die Zuschauer waren extrem überrascht von der Leistung der mexikanischen Jungs! Sie waren motiviert und spielten wie nie zuvor. Ihre Stärke zeigte sich, indem die Partie bis in die Verlängerung ging, ehe Argentinien durch einen Sonntagsschuss das 1:0 erzielte. Nun hatte Argentinien einen neuen Held…und es ist nicht Messi, Riquelme oder Saviola, sondern der Stürmer Maxi Rodriguez. Mit seinem schönen Tor löste sich die argentinische Spannung, zur Freude von Maradona, der sich während der mexikanischen Angriffe hinter einer Bank versteckte.

Das erste Spiel am Sonntag, dem 25.06. bestritt Ecuador gegen England. Ecuador, das heute wieder in Bestbesetzung spielte, stand von Beginn an sicher in der Defensive und gab Englands einzigem Stürmer Wayne Rooney keine Chance zu Tormöglichkeiten. Zudem spielten die Ecuadorianer kontrolliert nach vorne und erarbeiteten sich so stets gute Chancen. Auch nach der Pause verlief das Spiel nach dem gleichen Muster. Leider leistete sich Ecuador in der 60. Minute eine kleine Unaufmerksamkeit, als Englands Kapitän den Siegtreffer in Form eines Freistoßtores erzielte. Schade, denn verdient haben sich die Briten den Sieg nicht. Für Ecuador ist wie bereits bei der letzten WM in Südkorea/Japan im Viertelfinale Schluss. Trotz des Ausscheidens kehrt die Mannschaft mit Stolz in ihr Land zurück (es folgte ein Empfang im Staatspalast) und will sich 2010 erneut für die WM qualifizieren – vielleicht sogar vor Brasilien oder Argentinien.

Spielerisch gesehen stand die Partie zwischen Portugal und Niederlande im Blickpunkt der Fans. Das Spiel wird jedoch nicht auf Grund seiner Hochklassigkeit in die Geschichte eingehen. Vielmehr waren es die 16 gelben Karten (inklusive 4 gelb-roter Karten), die der russische Schiedsrichter regelkonform an fast an jeden Spieler verteilte – ein Rekord in der bisherigen WM-Geschichte. Nach dem 1:0 der Portugiesen Mitte der ersten Hälfte spielten die Holländer, unterbrochen von gelegentlichen Kontern durch den für Portugal spielenden Brasilianer Deco, den Rest der Spielzeit nur noch in eine Richtung. Streckenweise (45. – 64. und 78. bis 90. Minute) waren die Holländer immer mit einem Mann mehr auf dem Platz, ehe auch sie eine gelb-rote Karte sahen. Zum Ausgleich kamen sie in dieser emotionalen Partie jedoch nicht mehr. Völlig enttäuscht fahren die „Oranjes“ nun nach Hause. Für die WM bedeutete dieses Spiel den Verlust eines Titelaspiranten und den Start einer Schiedsrichterdebatte darüber, inwiefern die durch die seitens der Fifa geforderte harte Auslegung der Regeln Einfluss auf das Spielgeschehen nimmt.

Ginge es nach der spielerischen Leistung der Teams am dritten Spieltag des Achtelfinals (26.06.), so könnte man die folgenden Zeilen fast weglassen. In der ersten Begegnung zog Italien nach Meinung der meisten Zuschauer etwas unverdient ins Viertelfinale ein. Die Italiener gewannen gegen Australien durch einen umstrittenen Foul-Elfmeter 20 Sekunden vor Schluss der fünfminütigen Nachspielzeit. Trauriger hätte es für die „Socceroos“ nicht enden können, denn mit einem Mann mehr als ihr Gegner spielten sie in der zweiten. Halbzeit vergeblich Richtung italienisches Tor. Das zweite Spiel, Schweiz gegen die Ukraine, hätte man eigentlich erst ab der 120. Minute zu übertragen brauchen. Beide Mannschaften erspielten sich in der regulären Spielzeit, also auch in der Nachspielzeit kaum Chancen. Keiner wollte den entscheidenden Fehler machen, wodurch zu wenig im Angriff riskiert wurde. Im wohl spannendsten Teil des Abends, dem Elfmeterschießen, schied die Schweiz mit 0:3 aus und stellte damit zwei eher traurige Rekorde der WM-Geschichte auf. Zum einen ist noch nie ein Team ausgeschieden, das während des gesamten Turniers in der Spielzeit kein Gegentor bekommen hat. Des Weiteren war die Schweiz das erste Team, welches im Elfmeterschießen keinen Treffer erzielen konnte. Trotz dieser Niederlage sind die Schweizer stolz auf ihre Mannschaft und hoffen auf die kommende Europameisterschaft 2008, welche im eigenen Land und Österreich stattfinden wird.

Der Dienstag (27. Juni) versprach einen schönen Fußballabend. Zuerst war Brasilien gegen den einzigen afrikanischen Repräsentanten, Ghana, dran. Trotz des guten Ergebnisses von 3:0 für Brasilien hat die lateinamerikanische Mannschaft ihre viel gerühmte Zauberkunst nicht gezeigt. Für die brasilianische Presse gab es jedoch keinen Ansatzpunkt für Kritik, denn Trainer Parreira hatte bereits von Anfang an gesagt, dass es keinen Ballzauber geben würde. Dafür gab er aber das Versprechen zu gewinnen. Er hatte tatsächlich die Zukunft vorausgesehen – die Ghanaer hatten kaum hochkarätige Chancen und bekamen zehn Minuten vor Ende sogar noch eine Gelb-Rote Karte. Aber sie waren trotzdem froh, dass sie es bei ihrer ersten WM-Teilnahme so weit geschafft haben. Neben dem Stolz der eigenen Landsleute war ihnen die Sympathie der Zuschauer sicher. Auch in diesem Spiel gab es einen neuen WM-Rekord: Ronaldo erzielte seinen 15. Treffer bei einer Weltmeisterschaft und überholte damit den bisherigen Rekordhalter Gerd Müller. Totgesagte leben länger, heißt es oft. In diesem Fall ist das schon in der Vorrunde fast ausgeschiedene Team aus Frankreich gemeint, dass sich im letzten Achtelfinalspiel überraschend mit 3:1 gegen Spanien durchsetzte. Das mit drei Stürmern sehr offensiv ausgerichtete Spiel der Spanier führte in der 28. Minute zum 1:0. Halten konnten die Iberer den Vorsprung gegen die sehr defensiv agierende „Equipe Tricolore“ nicht und verloren am Ende mit 1:3. Damit war die erste Niederlage der Spanier seit zwei Jahren besiegelt und der „Renteneintritt“ von Frankreichs Kapitän Zidane verschiebt sich wohl um ein weiteres Spiel. Dann wartet mit Brasilien der Turnierfavorit, der sich für die Endspielniederlage 1998 in Frankreich revanchieren will.

Die Bedeutung der WM-Spiele war für alle teilnehmenden Länder bereits in der Vorrunde sehr hoch. Mit fortschreitendem Turnierverlauf bitten die Regierungen zum einen um Nachsicht für die arbeitende Bevölkerung bzw. ermöglichen, dass möglichst jeder die Spiele anschauen kann. In Australien z.B., wo es bei Beginn des Achtelfinalspiels fünf Uhr morgens war, wurde um Verständnis gebeten, wenn jemand vielleicht zu spät zur Arbeit kommt. In Brasilien konnten sich die Angestellten im öffentlichen Dienst gar entscheiden, ob sie überhaupt zur Arbeit gehen. Ghana verteilte neben Landesfahnen zudem Aufkleber mit der Aufschrift: „Ich bin Stolz, Ghanaer zu sein“. Auch Argentinien bereitet sich entsprechend auf das Fußballfest gegen Deutschland vor. Für die Kinder gibt es jedoch keinen schulfreien Tag, sondern es sollen in den Schulen überall Fernseher stehen. In den europäischen Staaten ist dies eher selten, da die meisten Spiele oft erst am späten Nachmittag beginnen.

Fußball WM 2006 – Das Viertelfinale

Die Fans in Deutschland haben sehnsüchtig auf diesen Tag gewartet. Nach sechs Jahren sollte mit Argentinien endlich wieder eine große Mannschaft besiegt werden. Auch die Lateinamerikaner hatten sich viel vorgenommen – wollten sie sich doch für die WM-Endspielniederlage 1990 revanchieren. Beide Teams begannen taktisch sehr diszipliniert, man merkte ihnen an, dass keiner den ersten Fehler machen wollte. Somit gingen beide Teams mit 0:0 in die Pause. Kurz nach dem Wiederanpfiff kam jedoch nach einer Ecke der Schock für Deutschland: Ayala köpft das 1:0 für die „Gauchos“. Die Einwechslungen von Odonkor und Borowski führten zu neuem Schwung im Angriff. Auch die Argentinier versteckten sich nicht, sondern setzten den Gastgeber stets mit guten Möglichkeiten unter Druck. In der 73. Minute musste zuerst Argentiniens Torhüter ausgewechselt werden, nachdem er unglücklich mit Klose zusammengeprallt war. José Pekermann konzentrierte sich verstärkt auf die Defensive und wechselte seine Offensivkünstler Crespo und Riquelme aus. Zudem ließ er mit Saviola und Messi zwei weitere Superstars auf der Bank. Sollte es zur Verlängerung kommen, wäre dies eine entscheidende Schwächung seines Teams. Deutschland behielt kühlen Kopf und Klose erzielte mit seinem fünften Tor bei dieser WM in der 80. Minute das 1:1. Das Olympiastadion bebte und in ganz Deutschland lag man sich in den Armen. Das Spiel ging in die Verlängerung, welche wie schon die erste Hälfte von Taktik geprägt war. Nach 120 Minuten musste das Elfmeterschießen entscheiden – beide Mannschaften hatten jedoch bei einer WM noch nie eins verloren. Am heutigen Tage konnten jedoch die Deutschen ihre Serie fortsetzen, sie gewannen durch zwei von Jens Lehmann gehaltene Elfmeter mit 5:3. Mit Argentinien schied der größte WM-Favorit aus, der sich leider mit fehlender Höflichkeit verabschiedete. Cufre sah nach dem Schlusspfiff die Rote Karte, als er Per Mertesacker in den Unterleib trat. Er verwechselte Mertesacker aber mit Borowski, welcher nach seinem verwandelten Elfmeter in Richtung der Argentinier schaute und seinen Zeigefinger auf die Lippen legte, um den Gauchos zu verdeutlichen, dass deren Provokationen nichts geholfen haben. Auch Rodríguez machte seinem Unmut Luft und schlug Schweinsteiger mit der Faust auf den Kopf. Diese Tumulte beruhigten sich jedoch schnell. Am nächsten Tag wurden beide Mannschaften von der eigenen Presse gefeiert. Argentinien sah sich wie schon 1990 trotz besseren Spiels ungerechtfertigt ausgeschieden. Und Deutschland hat sich durch den Sieg wieder Respekt als Fußballnation verschafft.

Das zweite Spiel des Tages war spielerisch mit einem eher langweiligen Gruppenspiel gleichzusetzen. Italien schlug die Ukraine mehr oder weniger verdient mit 3:0. Das frühe Tor der „Squadra Azzurra“ versetzte dem Defensivkonzept der Ukrainer einen Schock. In der Folgezeit plätscherte das Spiel vor sich hin. Immer wenn man das Gefühl hatte, dass die Männer aus Osteuropa wieder herankommen könnten, schossen die Italiener ein weiteres Tor (59. und 69. Minute). Italien erreicht damit nach fünf eher unspektakulären Spielen zum siebten Mal das Halbfinale einer WM. Damit stehen sich am Dienstag mit Deutschland und Italien zwei Teams gegenüber, die beide schon drei Mal Weltmeister waren.

Die erste Begegnung am 1. Juli war großartig. England gegen Portugal, ein neuer Klassiker. Die Engländer wollten sich für die Niederlage bei der vorherigen Europameisterschaft rächen. Für die Portugiesen war der Einzug ins Halbfinale eine Ehrensache: seit 40 Jahre waren sie nicht mehr unter den vier besten Mannschaften. Trotz guter Chancen und dem kämpferischen Willen beider Teams stand es in der Partie nach der regulären Spielzeit immer noch 0:0. Auch in der Verlängerung blieb es dabei. Die Portugiesen schafften es nicht, die Partie für sich zu entscheiden, auch nicht nach der Roten Karte für Rooney (60. Minute), der sich mit einem ziemlich unsportlichen Manöver bereits jetzt von der WM verabschiedete: direkt neben dem Schiedsrichter trat er Ricardo Carvalho in den Unterleib. Als die 120 Minuten beendet waren, war das Elfmeterschießen angesagt. Für die Engländer ähnelte dies fast einer Quälerei, denn die Statistiken zeigten, dass die „Three Lions“ meist weniger Erfolg beim Elfmeterschießen haben als die Gegner. Aus diesem Grund trainierten sie schon Tage vorher diese Standardsituation…Ob das vielleicht geholfen hat? Zur Freude Portugals waren die Engländer so schlecht wie immer: sie vergaben Chancen, eine mehr als Portugal, das auch nicht richtig gut geschossen hat. Star des Abends war dafür aber Torwart Ricardo! Er hatte mit dem Halten von drei Bällen einen wirklich grandiosen Auftritt. Das 3:1 war somit das Ticket Portugals in den elitären Club der besten Vier.

Um 21 Uhr war laut der brasilianischen Presse die „Stunde der Rache“: Brasilien gegen Frankreich. Wie auch die Zeitung „O Globo“ schrieb: Die Brasilianer repräsentierten nicht nur ihr Land, sondern einen ganzen Kontinent. Brasilien war sehr unter Druck und hatte Angst, dass sich das Finale von 1998 wiederholen würde. Die Franzosen hatten nichts zu verlieren: Sie galten als Außenseiter, der sich fast nur mit Glück für das Viertelfinale qualifiziert hat. Ihre einzige gute Partie bis dahin war diejenige gegen Spanien. Am Anfang zeigte sich Brasilien noch souverän und ruhig. Mit fortlaufender Spieldauer änderte sich dies, die Brasilianer fingen an, viele Fehler zu machen und zeigten keinen typisch brasilianischen Fußball. Ronaldinho und Ronaldo waren glanzlos und der Coach Parreira machte ein paar Auswechslungen, die von den Zuschauer absolut nicht nachvollzogen werden konnten. In der 57. Minute war es so weit: Frankreich nutzte eine seiner vielen Chancen und erzielte ein schönes Tor – und mindestens drei brasilianische Verteidiger guckten nur zu. Henry war der Held Frankreichs, auch Zidane überraschte und erlebte seine Wiederauferstehung! Der viel kritisierte Zidane wuchs mit seiner Aufgabe und zeigte endlich seine alte Form. Die alten Herren aus Frankreich versetzten fast 190 Millionen Leute in Brasilien in Sprachlosigkeit. Nach dem Abpfiff gab es in dem lateinamerikanischen Land nur Tränen und Trauer, während die Franzosen eine schöne Party auf der Champs-Élysées feierten. Auch nach diesem Spiel bleibt Frankreich der Alptraum Brasiliens.

Ein trauriges Viertelfinale für Lateinamerika. Ihre einzigen Repräsentanten sind ausgeschieden und jetzt wird die WM eine Art zweite Auflage der Europameisterschaft sein. Für die Latinos bleibt nur die Hoffnung, dass zumindest Deutschland als Gastgeber die WM gewinnt. Deutschland gewann durch das Ausschieden Brasiliens einen Kontinent als Anhänger (vielleicht mit Ausnahme Argentiniens).

Fußball WM 2006 – Das Halbfinale

Nur noch vier Spiele bis zum Ende dieser WM! Eine Erleichterung für viele, ein bereits nostalgisches Gefühl für die anderen. Für Lateinamerika war dies eine merkwürdige Weltmeisterschaft: Die Lateinamerikaner sind nur noch Zuschauer und nicht Beteiligte. Eine neue Rolle, an die sie sich gewöhnen müssen…zumindest für die nächste vier Jahren.

Das erste Halbfinalspiel am 04.07. war für so manchen schon vorher entschieden: Sehr viele Deutsche waren sicher, dass ihre Mannschaft gewinnen würde, jeder plante schon wie und wo er das Finale schauen wird. Es fehlte wohl der Respekt vor Italien, das bis jetzt eine enttäuschende Leistung zeigte, aber traditionell bei anderen Weltmeisterschaften immer weit kam. Das Spiel Deutschland gegen Italien fing sehr langsam an. Die Partie war von beiden Seiten durch viele Fehlpässe und wenige druckvolle Situationen geprägt. Man konnte nicht sagen, wer besser bzw. in dieser Situation schlechter war. Ein ausgeglichenes Spiel, das torlos bis in die Verlängerung ging. Das Fehlen des Mittelfeldspielers Frings hat sich bei der deutschen Mannschaft bemerkbar gemacht. Über die Italiener kann man auch wenig sagen, da sie glanzlos und mit vielen vorgetäuschten Fouls spielten. Es wäre vielleicht eine eher langweilige Partie gewesen, wenn nicht der Gastgeber Deutschland gespielt hätte. Zwei Minuten vor Ende der Verlängerung oder besser gesagt zwei Minuten vor dem schon erwarteten Elfmeterschießen, schaffte es Italien nach einer Unaufmerksamkeit in der deutschen Abwehr, das entscheidende Tor zu erzielen. Eine bittere Überraschung für die deutschen Fans, die schon mit Freude auf das Elfmeterschießen gewartet hatten. Als Deutschland danach alles nach vorne warf, nutzten die Italiener eine Konter-Situation, um das Ergebnis zu konsolidieren. 2:0 endete die Partie zur Trauer der „Klinsmänner“. Trotz der Enttäuschung feierten die Fans ihre Mannschaft, die außer in diesem Spiel eine sehr gute Leistung zeigte. Jetzt fahren sie nicht nach Berlin, sondern nach Stuttgart für das „kleine Finale“, während Italien sich auf Sonntag freuen kann.

Am 05.07. waren Portugal und Frankreich dran. Das erste Team war der Liebling der Zuschauer, da die Portugiesen mit Leidenschaft spielten und noch nie in ein WM-Finale vorgestoßen sind. Die zweite Mannschaft war der heimliche Favorit dieser WM – die Franzosen waren schlecht gestartet, hatten aber mit jedem Spiel ihre Leistung gesteigert. Außerdem stand da noch die Frage: Wer beendet seine Karriere besser – Figo oder Zidane? Beide sagten schon vorher, dass ihre Karriere mit der WM zu Ende gehen wird. Aber nur einer von beiden kann das Finale erreichen. Diese Partie war ganz anders als das erste Halbfinale: Beide Mannschaften spielten sehr gut und hatten mehrere Chancen, ein Tor zu schießen. Aber leider waren sie zu schwach im Abschluss, vor allem für Portugal war am Strafraum Schluss. In der 33. Minute hatte jedoch Frankreich mehr Glück: Nach einem Foul des portugiesischen Abwehrspielers Carvalho an Henry gab Schiedsrichter Larrionda aus Uruguay den Franzosen einen Elfmeter, der ein goldener wurde. Der Schütze war Zidane – er hatte perfekt geschossen, und die „Les Bleus“ schafften es damit, die Partie für sich zu entscheiden. Portugal bemühte sich in der zweiten Halbzeit nach Leibenskräften, aber es war zwecklos. Die „alten Herren“ aus Frankreich sind ins Finale gegen Italien eingezogen und Portugal wird gegen Deutschland antreten müssen.

Es ist bestimmt nicht das Traumfinale für alle, aber es wird sicherlich spannend. Für die deutschen Fans bleibt immer noch die Hoffnung, dass ihre Mannschaft ein schönes Abschiedsspiel gegen Portugal anbieten wird. Hoffentlich werden wir an diesem Wochenende noch zwei reizvolle Partien sehen.

Fußball WM 2006 – Das Finale

Die WM ist jetzt zu Ende. Schade für Deutschland, das sich nach vier Wochen Fußballkur schon an die Meisterschaft gewöhnt hatte. Der Gastgeber hat ein neues Selbstbewusstsein gewonnen und die Welt freut sich auf 2010 in Südafrika.

Das „kleine Finale“ oder der so genannte Spiel um Platz 3 am 08. Juli war ein Spektakel zwischen Deutschland und Portugal. Beide Mannschaften spielten sehr offensiv und hatten viele gute Tormöglichkeiten. Die Portugiesen hatten zu Beginn etwas mehr vom Spiel, ehe das deutsche Team seinen Rhythmus gefunden hatte und sich gute Chancen erspielte. Auch Portugal kam des Öfteren gefährlich vor den Kasten von Oliver Kahn, der aber souverän klärte. Der „Titan“ stand für Jens Lehmann im Kasten und beendete nach dem Spiel seine großartige Nationalmannschaftskarriere. Begleitet von einem frenetischen Publikum stand es zur Pause 0:0. Die zweite Halbzeit war eine Einmann-Show von Bastian Schweinsteiger. Durch einen Fernschuss erzielte er in der 55. Minute das viel umjubelte 1:0. Wenig später folgte von ihm durch einen abgefälschten Freistoss das 2:0. Auch das 3:0 war sein Verdienst. Portugal kam kurz vor Schluss noch zu einem Ehrentreffer. Schade, dass deren Rekordnationalspieler Figo mit dieser Niederlage seine Karriere im Nationalteam beenden wird. Nach dem Schlusspfiff war der Bann gebrochen und alle, Zuschauer wie Spieler, ließen ihren Emotionen freien Lauf. Es wurde gefeiert, als ob Deutschland Weltmeister geworden wäre. Das Mannschaftshotel wurde die ganze Nacht belagert. Sonntagmittag hat sich das Team von Jürgen Klinsmann auf der Fanmeile in Berlin von den Fans verabschiedet. Alle freuen sich schon jetzt auf die EM 2008, die in etwas mehr als 700 Tagen beginnen wird.

Am Abend standen sich Italien und Frankreich gegenüber. Der, nach dem Auftritt der Deutschen, zweite Höhepunkt des Tages begann fulminant. Erst sah es so aus, als ob Frankreichs einziger Stürmer bereits nach einer Minute verletzt ausgewechselt werden müsste. Zu Frankreichs Glück konnte er jedoch weiterspielen. Nur fünf Minuten später machte sich Zidane unsterblich, als er in Wembley-Manier einen Foulelfmeter erfolgreich zum 1:0 für Frankreich verwandelte. Damit war das taktische Konzept der Italiener schon zu Beginn über den Haufen geworfen worden. Frankreich zog sich etwas zurück und Italien spielte mit kontrollierter Offensive auf den Ausgleich zu, der Mitte der ersten Hälfte nach einem Eckball folgte. Nach dem 1:1 spielten beide Mannschaften zunehmend defensiver. Die meisten hatten es bereits erwartet, es ging in die Verlängerung. Die Franzosen spielten zunehmend besser, Zidane hätte in der 105. Minute fast das 2:1 per Kopfball gemacht. Das war jedoch seine letzte sportliche Szene, ehe er seine Mannschaft entscheidend schwächte: Nach einem Kopfstoß gegen die Brust von Materazzi bekam er die Rote Karte. Die Italiener schienen jedoch nicht gemerkt zu haben, dass sie jetzt einen Mann mehr auf dem Feld hatten. Wenig später gab es dann das Elfmeterschießen, für welches Frankreich schon vorher als Sieger gehandelt wurde. Es kam aber alles ganz anders: Sicher wie nie zuvor verwandelte die „Squadra Azzurra“ ihre Elfmeter und holte sich den Weltmeistertitel. Begleitet wurden die Ehrenrunden von einem grandiosen Feuerwerk und italienischer Musik. Damit ist Italien hinter Brasilien die Mannschaft mit den meisten Titeln.

Was ist das Fazit dieser WM? Spielerisch hat sich die Vorsicht gegen den Offensivfußball durchgesetzt. Der Einfluss und die Macht von sportlichen Großereignissen scheinen zu erhöhter Arbeitsintensivität der Politiker zu führen. In Italien dachte man darüber nach, die Spieler, die in den Bestechungsskandal verwickelt sind, zu begnadigen. In Deutschland wurde die Zeit genutzt, um bedeutende, aber halbfertige und wenig beachtete Reformen durchzuführen. Bei der anstehenden Präsidentenwahl in Brasilien wird sich Luis Inácio Lula da Silva wohl nicht im Erfolg der Seleção sonnen können. Organisatorisch wurde die WM als die bisher beste ihrer Art gefeiert. Angefangen vom viel kritisierten Sicherheitskonzept bis hin zu den erstmalig praktizierten Public Viewing Areas. Deutschland präsentierte sich als ein guter Gastgeber und konnte sich der Welt als ein neues, modernes und tolerantes Land zeigen. Für unsere Freunde aus Lateinamerika gibt es auch eine gute Nachricht: Die Copa América wird bereits im nächsten Jahr in Venezuela stattfinden. Hoffentlich werden die Teams bis dahin ihr WM-Trauma verarbeiten und schönen Fußball zeigen.

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