Quetzal Vogel
News Icon
Quetzal

Politik und Kultur in Lateinamerika

Template: single_normal
Artikel

Tempelruinen der Maya – Spurensuche im Dschungel von Guatemala

Gabriele Töpferwein | | Artikel drucken
Lesedauer: 4 Minuten
Gesehen - Maya Tempelruinen (180 Downloads )

Abenteuer zwischen Scherben und Knochen

Tempelruinen der Maya - Spurensuche im Dschungel von GuatemalaHöhlen und Gräber, so heißt es irgendwann im Film, seien die liebsten Orte der Archäologen. Da haben sie wohl die Abfallgruben vergessen. Als ich vor vielen Jahren als Schülerin zur Helfertruppe einer wissenschaftlichen Grabung gehörte, waren Abfallgruben mein hauptsächliches Arbeitsfeld. Es gab auch Gräber zu entdecken, aber die wichtigste Informationsquelle über die Lebensweise in der mittelalterlichen Kaiserpfalz waren die Tonscherben und Tierknochen aus den Abfallgruben. Das war alles höchst unspektakulär, schon interessant, aber eintönig und auch langweilig. Als ich dann in dem Film “Tempelruinen der Maya” die Grabungshelfer Scherben waschen sah, fühlte ich irgendwie Genugtuung – die also auch. Ja, diese ewige, öde Scherbenwäsche! Ich weiß nicht warum, aber irgendwie habe ich doch geglaubt (wohl wider besseres Wissen), Mayaruinen auszugraben sei etwas anderes als die Arbeit auf dem Gelände der Kaiserpfalz.

Ist es natürlich nicht. Wieso auch? Nicht unter jeder Ruine liegt ein Pacal (wie in Palenque) und spektakuläre Schätze sind in den Gräbern meist auch nicht zu erwarten. Und selbst wenn: Man muss erst einmal so weit kommen.

Und so besteht die Arbeit der Archäologen und ihrer Helfer auch im guatemaltekischen Dschungel vornehmlich aus den immer gleichen Handlungen: Das Urwalddickicht durchdringen, Gebäudereste von Pflanzen befreien, Suchschächte graben, Gebäude sichern, behutsam rekonstruieren. Wobei letzteres eher Zukunftsmusik ist, schon des fehlenden Geldes wegen. Zunächst geht es einfach um die Sicherung der Ruinen, damit diese nicht in sich zusammenfallen – der guatemaltekische Urwald geht nicht glimpflich mit ihnen um.

Das Archäologenteam um Oscar Quintana, das mit deutscher Unterstützung arbeitet, gräbt im Urwald des Petén, in einem Dreieck, dass von den alten Mayastädten Yaxhá, Nakum und Naranjo gebildet wird. Ihre Aufgabe ist “die systematische Bestandsaufnahme, Dokumentation und dauerhafte Erhaltung der Mayaruinen”. Die alten Tempel sollen nicht, wie in Mexiko und Honduras oft geschehen, mit Beton wieder aufgebaut werden. Die Rekonstruktion soll behutsam und möglichst originalgetreu erfolgen. Aber bis dahin muss erschlossen und gesichert werden.

Die Erschließung des Geländes gestaltet sich zu einem Wettlauf mit Grabräuber, die auch schon einmal Todesdrohungen hinterlassen, und illegalen Siedlern, die mit Brandrodungen den Urwald mehr und mehr vernichten. Die unkontrollierten Brände gefährden die alten Mayastädte, von denen viele noch nicht erkundet sind. Die Siedler zerstören damit unwissentlich auch ihre eigene Vergangenheit. Ihre Zukunft wohl auch, denn der Tourismus könnte einmal eine wichtige Einnahmequelle in der Region sein. Und so gehören der Kampf um das Biosphärenreservat Petén, die Erhaltung des Urwalds und die Einbeziehung der Siedler in die Rettung der Ruinen auch zu den Aufgaben der Archäologen.

Der Film von Wolf-Soeren Treusch zeigt die Arbeit der Archäologen wie sie ist – unspektakulär, oft eintönig, ein Knochenjob. Das ist einmal ein anderer Archäologiefilm, aber ein guter. Da wirken die Überlegungen einer Wissenschaftlerin über die Ursachen für den Untergang der Maya fast ein wenig aufgesetzt, sie passen nicht ganz in den Zusammenhang. Vielleicht haben ja die Filmemacher dem Unspektakulären doch nicht so recht getraut und wollten sicherheitshalber noch etwas Analyse liefern. Nötig wäre das nicht gewesen, der Film ist auch ohne diesen Einschub höchst interessant. Zumal Grabungsleiter Oscar Quintana offensichtlich nicht nur für seine Arbeit brennt, er scheint auch noch ein Witzbold zu sein. Seiner Meinung nach muss das Leben der Maya faszinierend und aufregend gewesen sein, so dass diese wohl einen “multiplen Orgasmus” hatten. Wenn er meint. Aber in der Mayaforschung gibt es ja eh keine endgültigen Wahrheiten.

Tempelruinen der Maya. Spurensuche im Dschungel von Guatemala. rbb 23.06.2008

Kommentar schreiben

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert