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de Landa, Diego: Bericht aus Yucatán

Gabriele Töpferwein | | Artikel drucken
Lesedauer: 4 Minuten
Diego de Landa - Bericht aus Yucatan (512 Downloads )

Diego_de_Landa_Bericht_aus_Yucatan.jpgDer Franziskanermönch Diego de Landa kam als 25-Jähriger in das gerade von den Spaniern eroberte Yucatán, um als Missionar zu wirken. Er war ein eifriger Missionar und machte in der Ordenshierarchie schnell Karriere. 24 Jahre nach seiner Ankunft sollte er schließlich Bischof von Yucatán werden. Der Bischofstitel war nachgerade ein Auszeichnung für eine rigorose Missionsarbeit. Dabei war er noch 1563 wegen seines allzu rigiden Vorgehens gegen die Indios nach Spanien beordert worden, wo die Inquisition einen Prozess gegen ihn anstrengte. Zur Vorbereitung dieses Prozesses verfasste er zu seiner Verteidigung eine Denkschrift, die „Relación de las cosas de Yucatán“. In dieser Schrift schildert er das Leben der Indios von Yucatán, ihre Bräuche, ihre Religion. Sehr ausführlich beschäftigt er sich mit dem Kalender der Mayas, versucht, ihre Schrift zu entschlüsseln. Diego de Landa beschreibt in seinem Bericht nicht nur das Leben auf Yucatán, die Tier- und Pflanzenwelt sowie den Verlauf der Konquista. Vor allem will er deutlich machen, wie weit die Missionierung der Indios bereits vorangekommen ist, wie viel aber auch noch zu leisten sein wird, denn es „ irren sich jene sehr, die sagen weil die Indios von den Spaniern mit Unrecht, Drangsalen und schlechten Beispielen heimgesucht wurden, wäre es besser gewesen, dass man sie nicht entdeckt hätte“. De Landa hat die Mayas „studiert“, er hat versucht, ihre Sprache zu entschlüsseln – mit einem einzigen Ziel: Er wollte sie missionieren. Dabei war er alles andere als zimperlich: Das von ihm veranlasste Autodafé von Maní (1562), bei dem er „dem Teufel“ anhängende Mayas züchtigen und unzählige ihrer Bücher verbrennen ließ, ging in die Geschichte ein. Diese „Austreibung“ der Mayakultur war dann auch der auslösende Anlass für den Prozess gegen ihn. In dessen Verlauf kam man allerdings zu dem Schluss, dass er von allen Vorwürfen freizusprechen sei, schließlich habe er in Übereinstimmung mit päpstlichen Richtlinien gehandelt. Die Franziskaner setzten dann seine Ernennung zum Bischof durch.

Aber die Geschichte geht manchmal seltsame Wege. Der in seinem missionarischen Eifer unmenschliche Franziskaner, der jede Erinnerung an die heidnische Kultur der yucatequischen Indios auslöschen wollte, leistete ungewollt einen Beitrag zu ihrer Bewahrung. Sein „Bericht aus Yucatán“ ist heute eine wichtige Quelle für Mayaforscher, da er – wenn auch gefiltert – den Bericht eines Augenzeugen der Konquista liefert. Und auch wenn de Landa das System der Mayasprache nicht verstand, seine aus diesem Unverständnis entstandene Lautschrift sollte Jahrhunderte später ein Schlüssel für das Verständnis der Maya-Glyphen sein. Für die Mayas von heute lieferte er damit eine Quelle zur Festigung ihrer Identität. Das hatte sich der eifernde Franziskaner zweifellos ganz anders vorgestellt.

Der Verlag Philipp Reclam jun. Stuttgart hat Diego de Landas „Bericht aus Yucatán“ im September des letzten Jahres veröffentlicht. Die Übersetzung von Ulrich Kunzmann ist die erste Übertragung des Textes ins Deutsche, eine sehr gut lesbare übrigens – wenn man bedenkt, aus welcher Zeit der Text stammt. Das Bändchen enthält außerdem einen Essay von Linda Scheele und Mary Ellen Miller über „Die moderne Erfindung der Maya“ sowie ein informatives Nachwort (bezüglich Diego de Landas) aus der Feder des Herausgebers Carlos Rincón. Alles in allem eine gute und informationsreiche Publikation, die Rincón da für Reclam Leipzig zusammengestellt hat. Nur leider fehlt in dem vorliegenden Band jeder Hinweis darauf, dass mit dieser Ausgabe Diego de Landas „Bericht aus Yucatán“ bereits in der dritten Auflage vorliegt. Die ersten beiden erschienen 1990 und 1993 und sind mit der dritten inhaltlich identisch. Wer die älteren Ausgaben besitzt, kann sich allerdings auch noch über 16 Bilder mit Beispielen der Mayakultur (Skulpturen, Codex Dresdensis etc.) freuen, die in der Neuauflage von Reclam Stuttgart nicht zu finden sind. Warum die Stuttgarter auf Hinweise auf die früheren Auflagen verzichteten oder auch darauf, dass sie 1990 die Rechte an dem Buch noch gar nicht hatten, kann man nur vermuten. Oder auch nicht: Eigentlich kennt man die Antwort.

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