Kuba: ¡Apagón! – eine Insel im Dunkeln
|
Seit 2017 wächst Kubas Stromdefizit – gemessen am Verhältnis von Bedarf und Versorgung – kontinuierlich. Nach der letzten Stromkatastrophe von Februar/März 2025 spitzt sich die Lage im kubanischen Stromsektor erneut dramatisch zu. Nach Angaben der staatlichen Strombehörde Unión Eléctrica (UNE) wurde am 29. Juni 2025 der bisherige Defizit-Spitzenwert erreicht: 1977 Megawatt. In den abendlichen Spitzenstunden sind es in der Regel rund 55 Prozent des Bedarfs im Land, der nicht gedeckt wird. Auch territorial leidet in etwa die Hälfte des Landes unter signifikantem Stromausfall. Die Hauptstadt Havanna ist zwar täglich „nur“ vier bis sechs Stunden davon betroffen, in anderen Großstädten wie Santiago de Cuba oder Holguín können das aber auch schon mal 20 Stunden am Tag sein. In Manzanillo in der Provinz Granma wurden kürzlich 24 Stunden, und das über eine ganze Woche beklagt. Für die Privathaushalte bedeutet dies nicht nur völlige Dunkelheit in den Abend- und Nachstunden, sondern auch Ausfall der Klimaanlagen, Beschränkungen des Zugangs zu Internet und Mobilfunk, vor allem aber das stetige Verderben knapper und teurer Lebensmittel, sofern sie im Kühlschrank aufbewahrt werden müssen. Problematisch ist dabei insbesondere, dass die Zeiten des Stromausfalls nicht angekündigt werden. Letzteres klappt sogar in der Ukraine, die sich im Kriegszustand befindet. Zum Teil lebensbedrohlich sind die Stromausfälle in Krankenhäusern, etwa wenn Operationen unter Handy-Taschenlampen weitergeführt werden müssen oder wenn Labore nicht funktionieren. Schul- und Produktionsausfall sind an der Tagesordnung. Der Tourismus, wichtigster Devisenbringer des Landes, leidet merklich, obwohl er bei der Stromversorgung Priorität genießt. Größte Hotels, wie etwa das Hotel Nacional in Havanna, sind in den Abendstunden immer wieder komplett dunkel. In der Folge blieben von den für dieses Jahr bis dato avisierten kanadischen und russischen Touristen 30 bzw. 50 Prozent aus. Nicht zuletzt wegen der Energiekrise fiel auch das PIB kräftig, fast auf das Minus-Niveau der Período Especial in der ersten Hälfte der 1990er Jahre, in der es in der Bevölkerung zu massiven Unruhen gekommen war. Und als Präsident Díaz-Canel Ende Mai dieses Jahres einen runden Tisch zum Thema Stromausfall im staatlichen Fernsehen zusammenrief, konnte die Sendung ein Großteil der Bevölkerung nicht sehen … wegen Stromausfall. Woran aber liegt die immense Energiekrise? Interessant ist, dass in der genannten Fernsehsendung Präsident und verantwortliche Minister nicht mehr (oder nur ganz am Rande) das ansonsten stets als alleinige Begründung für jeglichen Missstand bemühte Erklärungsnarrativ des US-Embargos erwähnten. Natürlich ist dieses Embargo eine Ursache, aber hausgemachte Misswirtschaft die andere. Erster konkreter Grund für die Energiekrise ist der Ausfall von Wärmekraftwerken, die mittlerweile über 40 Jahre alt sind. Der verantwortliche Generaldirektor im kubanischen Energieministerium Lázaro Guerra rechnet mit Kosten von etwa 10 Milliarden US-Dollar, die zu deren Wiederherstellung benötigt würden. Geld, das Kuba nicht hat. Doch manche Investition kommt auch einfach nicht beim Adressaten an. Ein zweiter Grund für die Krise ist der Treibstoffmangel (der betrifft zurzeit 73 zentrale Verteilerstationen, die selbst dann, wenn Strom vorhanden ist, nicht imstande sind, ihn weiterzuleiten) und dem Fehlen von Motoröl. Bekanntermaßen haben Venezuela, Russland und Mexiko ihre Erdölexporte nach Kuba merklich reduziert. Ein dritter Grund ist die unzureichende Versorgung mit Flüssiggas, mit dem die Kubaner normalerweise kochen. Dieses fehlte drei Monate lang völlig, was daran lag, dass jener Tanker, der es lieferte und damit auch schon vor der Küste ankerte, nicht gelöscht wurde, weil die Regierung seine Ladung nicht bezahlen konnte. Ein vierter Grund sind Einbrüche in der ohnehin schmalen Förderung von eigenem Erdöl und -gas. Den Ausweg für die Misere sieht die Regierung in der Solarenergie. Bis Juni 2025 waren 16 Solarparks in Betrieb genommen, die, wenn sie und ihre Batteriespeicher denn alle funktionierten (was nicht der Fall ist), insgesamt 440 Megawatt einspeisen könnten. Das wären dann in etwa 12 Prozent des Bedarfs. Letzterer indes steigt schneller als der geplante output von Solarenergie, geschweige denn der reale. Die Regierung geht daher nicht einmal mehr davon aus, dass Stromabschaltungen der Vergangenheit angehören könnten – sie will sie lediglich besser „managen“. Wahrhaft dunkle Aussichten … (Bild: Quetzal-Redaktion, angieb)