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Kolumbien: Friedensverhandlungen mit dem ELN – eine never ending story?

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Lesedauer: 3 Minuten

Seit 34 Jahren verhandelt nun schon der kolumbianische ELN (Ejército de Liberación Nacional), zwischenzeitlich auch unter dem Namen UC-ELN, mit den jeweiligen Regierungen Kolumbiens. Bis 1995/96 tat er das als Mitglied der Guerilla-Koordination CGSB, nach deren Zerfall allein. Jetzt, im November 2024, war das wieder einmal der Fall. Sage und schreibe sieben Präsidenten haben sich an diesen Gesprächen inzwischen „die Zähne ausgebissen“. Die ELN-Führung hingegen sitzt diese, auch personell, aus. Zu den sieben Präsidenten gehört mit Gustavo Petro auch das jetzige Staatsoberhaupt. Ihm hatte man den Erfolg der Friedensgespräche wohl am ehesten zugetraut, dürfte er doch als ehemaliger Guerrillero (des längst demobilisierten M-19) die Interessen einer Guerilla am besten verstehen. Auch Petro selbst war anscheinend genau davon fest überzeugt, wenn er sich zu Beginn seiner Amtszeit sogar den „totalen Frieden“ im Land zutraute, mit allen noch verbliebenen nichtstaatlichen bewaffneten Gruppen. Von diesem Ziel ist er aber weit entfernt. Und selbst das bereits 2016, also vor seiner Präsidentschaft, ausverhandelte Friedensabkommen mit den FARC, der einst größten Guerillagruppierung des Landes, vollständig umzusetzen, gelang ihm nicht. Was nun den ELN betrifft, die (nach den FARC) stets zweitgrößte Guerilla Kolumbiens, haben sich inzwischen, nach den jüngsten Friedensgesprächen vom 1.-7. und 19.- 25. November 2024 in Caracas, auch diese Hoffnungen wieder einmal verflüchtigt. Dortiger Verhandlungsführer vonseiten des ELN war derselbe Comandante Pablo Beltrán (Israel Ramírez Pineda), der schon vor 25 Jahren am Verhandlungstisch gesessen hatte. Auch der ELN-Mitbegründer Gabino (Nicolás Rodríguez Bautista), nunmehr 74-jährig und bereits 60 Jahre in dieser Guerilla aktiv (einige Jahre auch als deren Comandante máximo), ist wieder Teil der Verhandlungsdelegation. Früher galt gerade er als besonders strikter Verhandlungsgegner. Das Ergebnis des jüngsten Friedenstreffens ist jedoch, dass der ELN angekündigt hat: Ein Frieden sei für ihn bestenfalls für 2026 in Sicht. Bis dahin wolle er noch maximale militärische Erfolge erzielen. Dann jedoch wird Präsident Petro höchstwahrscheinlich nicht mehr im Amt sein. Waffenstillstände sind dabei nicht unmöglich. Das letzte Mal war ein solcher Waffenstillstand, da sogar ein partielles Friedensabkommen mit 28 Teilverträgen, am 3. August 2023 in Mexiko beschlossen, ein Jahr später aber wieder ausgesetzt worden. Eine wichtige Rolle für das jetzige Verhandlungs-Aus soll laut ELN-Führung spielen, dass es im September und Oktober 2024 weitgediehene Verhandlungsfortschritte zwischen Regierung und dem Comando del Sur, einer Splittergruppe der Guerilla, gegeben hat. Diese operiert in der Region Nariño und hat sich im Mai 2024 vom ELN getrennt. Letzterer wiederum behauptet, die „Comuneros“ seien vom militärischen Geheimdienst der Regierung infiltriert. Wie schon zur Zeit seiner Gründung sieht der ELN noch immer eine „post-kapitalistische Gesellschaftsordnung“ als grundsätzliches Ziel. Anders als noch vor 1991 macht er diese aber nicht mehr zur Vorbedingung für Verhandlungen. Schon längere Zeit haben für ihn Zivilgesellschaft und regionale Interessen eine vergleichsweise größere Bedeutung. Dennoch war sein Diskurs stets orthodoxer und radikaler als der der FARC. Venezuela dient ihm unterdessen als ideales militärisches Rückzugsgebiet. Zweierlei demonstriert der mittlerweile mehr als drei Jahrzehnte andauernde Verhandlungsmarathon überdeutlich: Sich an einen Verhandlungstisch zu setzen, bedeutet noch lange keinen Frieden. Ebenso wenig generiert ein Waffenstillstand automatisch Frieden. (Bildquelle: Quetzal-Redaktion, gc)

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