El Salvador: Repression in rechtspopulistischen Gewändern – Bukeles neueste Coups
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Zu seiner Amtseinführung als Präsident El Salvadors 2019 trug Nayib Bukele einen hochgeschlossenen Frack, der in seinen güldenen Verzierungen an die Uniform Simón Bolívars erinnern sollte, aber noch Frack war und keine Militäruniform. Nicht jede Diktatur trägt halt Militäruniform. Der Präsident hat ja auch nie in einer Armee gedient. Zwischenzeitlich kleideten ihn auch schon Lederjacke, Sonnenbrille und Baseball Cap. Oh … da kennen wir ja noch einen Präsidenten, der dieser Mode frönt! Auch einer anderen Mode bedienen sich beide Präsidenten äußerst gern: rechtspopulistischer Semantik und repressiver Attitüden. Zumal zu den gleichen Themen, die da wären: „Remigranten“, „ausländische Agenten“ und „in-staatlichen-Gewahrsam-Nehmen“. Diese Mode ist indes nicht auf diese beiden buddies beschränkt: Auch Ortega, Putin, Lukaschenko, Maduro oder Orban kennen sich hier perfekt aus, politisch wie semantisch. Als seinen ersten repressiven Coup neuester Zeit hatte Bukele schon Mitte März 2025 von Trump abgeschobene Salvadorianer und Venezolaner „aufgenommen“, bester gesagt, festgenommen (hier ohne Anführungsstriche) und festgehalten – in seinem eigenen Hochsicherheitsgefängnis, genannt CECO. Was heißt das schon, dass (US-amerikanische) Gerichte Unschuld festgestellt und Rückführung angeordnet haben – nirgendwo ist ja ein „Remigrant“ besser verwahrt als in Bukeles Knast! Statt juristischen Beweises reicht das Labeling als „Terrorist“ oder „Krimineller“ vollkommen! Gerichtsentscheid? Egal! Kilmar Ábrego García, mehrfacher Familienvater und zuvor legal in den USA lebend, ist da exemplarisch. Sein Fall könnte in den USA eine Verfassungskrise auslösen. In El Salvador sicherlich nicht. Bukeles zweiter Coup war dann dieser: In der Nacht auf den 18. Mai 2025 war mit Ruth Eleonora López Alfaro, und dies ohne sie nach den verfassungsgemäß vorgeschriebenen 72 Stunden einem Haftrichter vorgestellt zu haben, die Chefin der Antikorruptions- und Justizabteilung der zentralamerikanischen Menschenrechtsorganisation Cristosal auf sein Betreiben hin verhaftet worden. Das nun ist gewiss keine rechtspopulistisch-semantische Verklausulierung mehr, sondern nackte Repression. López gilt als eine der größten Kritikerinnen von Bukele und gehört laut BBC zu den 100 einflussreichsten Frauen der Welt. U.a. hatte sie sich als Rechtsbeistand für aus den USA nach El Salvador abgeschobenen Venezolaner eingesetzt. Von salvadorianischer Regierungsseite wird ihr vorgeworfen, sie habe als frühere Beraterin der Obersten Wahlbehörde öffentliche Gelder veruntreut. Den autoritären Trick kennt man: den unbewiesenen Korruptionsvorwurf als legitimatorische Allzweckwaffe zur Heiligsprechung von Verfassungsbruch. Bukeles dritter Coup und Abklatsch Trump‘scher Denke ist schließlich ein neues Gesetz, ein Gesetz, das „sein“ Parlament am 20. Mai 2025, und zwar in der Rekordzeit von 24 Minuten und mit 95-prozentiger Zustimmung, verabschiedet hat. Auf der Basis dieses „Ley de Agentes Extranjeros (e Inversiones)/LAEX“ kann Bukele nun allein und mit einem einzigen Federstrich verfügen, dass und welche „natürliche(n) oder juristische(n) Personen, ob nationaler oder internationaler Provenienz“, zu hohen Strafzahlungen verpflichtet oder auch verboten werden, ganz nach seinem gusto. Dass sich diese Entitäten in ein nationales Register (Registro de Agentes Extranjero/RAEX) einzuschreiben haben und fortan ohnehin 30 % der an sie getätigten Zahlungen „als Steuer“ an den Staat abgeben müssen, ist das „Mindeste“. Die Möglichkeit eines späteren Verbots bleibt davon unberührt. Die vom Gesetz Betroffenen sind nicht nur Menschenrechtsorganisationen, sondern auch Unternehmen, darunter vom Ausland finanzierte Start-ups, religiöse Gruppen oder internationale Hilfsorganisationen, aber auch Privatpersonen mit Sitz im Ausland. Rund 8.000 NGOs und ein Dutzend unabhängiger Medien hat die Regierung bereits im Visier. Kommunen oder etwa Klimaschutz-NGOs, deren Projekte von ausländischen Hilfsleistungen abhängig sind, befürchten das Schlimmste. Damit wird Zivilgesellschaft schrittweise abgeschafft oder verliert an Autonomie. Erste ausländische Geldgeber haben ihre Zuwendungen bereits eingestellt. Die Internationale Entwicklungszusammenarbeit steht vor schwerwiegenden Entscheidungen. Ausnahmen von diesen Sanktionierungen seien, so Bukele, jeweils individuell zu beantragen und würden auch immer nur für ein Jahr gewährt. Kriterien gibt es nicht. Besser gesagt: Das „Kriterium“ heißt Bukele. Als Begründung für sein Gesetz führte dieser an, dass ausländischer Einfluss und Korruption begrenzt werden müssten. „Agente“, so der Terminus im salvadorianischen Gesetzestext, kann ja ins Deutsche mit „handelnder Akteur“ übersetzt werden. Dass er aber auch „Einflussnehmer“, „Vertreter“ oder gar „Spion“ heißt – diese semantische Unschärfe im Spanischen lässt sich rechtspopulistisch bestens ausnutzen. Mit Andrés Guzmán Caballero ist übrigens ein Bukele-treuer Präsidentenbeauftragter für Menschenrechte und Meinungsfreiheit zurückgetreten, wenn auch ohne klare Verurteilung des Präsidenten. Gewissensbisse? Vielleicht. Bukele wird das kaum stören: Er könnte ja – buddy Trump lässt auch hier grüßen – den Posten einfach abschaffen … (Bild: Quetzal-Redaktion, gc)