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Brasilien: Historische indigene Mobilisierung wartet auf maßgebliches Urteil der brasilianischen Justiz

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Lesedauer: 3 Minuten

Noticias_Brasilien_Bild_Quetzal-Redaktion_gcHeute beginnt das Gerichtsverfahren, in dem der Oberste Gerichtshof Brasiliens (Supremo Tribunal de Justiça – STJ) über das Eigentum an angestammtem Land im Süden des Landes entscheiden wird. Der Beginn des Prozesses wurde seit Anfang letzter Woche von VertreterInnen von mehr als 170 indigenen Gemeinden begleitet, die unter dem Motto »Luta pela vida« (dt.: Kampf fürs Leben) in der Nähe des Sitzes des STJ in der brasilianischen Hauptstadt Brasilia kampieren. Den Demonstranten zufolge handelt es sich um die größte indigene Mobilisierung in der Geschichte Brasiliens und den wichtigsten Prozess des Jahrhunderts. In der ursprünglich für den vergangenen 26.08. anberaumten Verhandlung muss der Oberste Gerichtshof über das Urteil eines Berufungsgerichts in Bezug auf ein bestimmtes Gebiet im Bundesstaat Santa Catarina entscheiden, das jedoch ein Schlüsselurteil in Bezug auf die Eigentumsrechte indigener Völker darstellt und nach Ansicht von Experten Auswirkungen auf zahlreiche Streitigkeiten über Naturreserven haben wird. Die Klausel, die im Mittelpunkt der Diskussion steht, bezieht sich auf das sogenannte „Zeitrahmen-Kriterium“, nachdem die Gebiete, die den indigenen Gemeinschaften gehören, anhand der Gebiete definiert werden, die zum Zeitpunkt der Verabschiedung der Verfassung von 1988 von Gemeinden bewohnt waren. Nach Ansicht der Demonstranten handelt es sich dabei um eine falsche Darstellung eines Prinzips, das ursprünglich zur Legitimierung indigener Eigentumsrechte erlassen wurde. Es wird geschätzt, dass mehr als 60 Prozent des Landes, das derzeit von indigenen Gemeinschaften genutzt wird, enteignet werden kann, wenn das Gericht zugunsten der Resolution entscheidet. Präsident Jair Bolsonaro hat sich offen für das „Zeitrahmen-Kriterium“ ausgesprochen und behauptet, dass die geringe Dichte der indigenen Bevölkerung im Land eher ein Hindernis für die freie landwirtschaftliche Expansion darstellt. Indigene VertreterInnen, die die systematische Invasion ihrer Gebiete und die Zunahme von Gewalttaten durch die Sicherheitskräfte seit dem Amtsantritt Bolsonaros 2019 anprangern, machten außerdem geltend, dass dieses Kriterium nicht berücksichtigt, dass indigene Bevölkerung im Laufe der Geschichte und insbesondere während der Militärdiktatur, die 1964 begann und nur drei Jahre vor Inkrafttreten der Verfassung endete, durch Gewaltanwendung aus ihren Gebieten vertrieben worden waren. Die schätzungsweise ca. 900.000 Indigenen, die derzeit im Land leben (etwa 0,5% der Bevölkerung), bewohnen Reservate, die 13 Prozent des Staatsgebiets einnehmen – was im Fokus von Geschäftssektoren wie der Agrarindustrie und dem Bergbau steht (Bildquelle: Quetzal-Redaktion, gc).

 

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