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Lateinamerika: Russlands Ukraine-Krieg – Lateinamerikas Regierungen uneins

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Lesedauer: 4 Minuten

Noticias_Lateinamerika_Ukraine_Bild_pixabay_ccBei der Abstimmung der UN-Vollversammlung am 02.03.2022 hat kein lateinamerikanischer Staat gegen die Resolution gestimmt, die den russischen Einmarsch in die Ukraine verurteilt und Russland zum sofortigen und bedingungslosen Abzug seiner Invasionstruppen aufgefordert hat. Enthalten haben sich, neben 31 weiteren Staaten, Kuba, Nikaragua, Bolivien und El Salvador. Die Stimme von Venezuela, das in Lateinamerika nach wie vor am enthusiastischsten Putins Angriffskrieg unterstützt, wurde nicht gezählt, weil es seine Schulden bei der UNO nicht beglichen hat. Präsident Maduros Äußerung gleich zu Invasionsbeginn „(l)a paz de Rusia es la paz del mundo, defendámosla”, ist, sogar unter den Pro-Putin-Staaten des Subkontinents, die bizarrste. Insgesamt haben sich in der UNO 75% aller lateinamerikanischen Staaten klar zu einer Verurteilung von Russlands Invasion bekannt. Von Anbeginn sprachen sich in dieser Weise etwa Kolumbien, Chile, Uruguay, die Dominikanische Republik oder auch Guatemala besonders kategorisch aus. Einen schwierigen Weg bis zu ihrer Zustimmung zur UN-Resolution legten hingegen Brasilien, Argentinien und auch Mexiko zurück: Brasiliens Präsident Bolsonaro hatte seine eindeutige Verbundenheit mit Putin bekräftigt und sich abfällig über den ukrainischen Präsidenten Selenskyj geäußert, Vizepräsident Mourao jedoch verurteilte die Invasion klar, woraufhin er von Bolsonaro hart zurechtgewiesen wurde. Bolsonaro verbot ihm sogar, sich weiter in dieser Angelegenheit zu Wort zu melden. Offiziell verurteilt hat Brasiliens Regierung Putins Invasion nicht. Man kann nur spekulieren, ob ihr davon abweichendes Abstimmungsverhalten in der UN-Vollversammlung dem traditionell recht unabhängigen Außenministerium des Landes geschuldet ist. In Mexiko hatte Präsident López Obrador, ohne weitere Position zu beziehen, beide Kriegsseiten zum Dialog aufgerufen, während sein Außenminister Ebrard die Invasion kategorisch verurteilte. Argentinien, das Präsident Fernández noch kurze Zeit zuvor Putin als „(Eingangs)Portal zu Lateinamerika“ angeboten hatte, äußerte sich erst am vierten Tag nach der Invasion, der es dann aber klar widersprach, „weil alle Präventivkriege illegal seien“. Das gelte selbst dann, „wenn frühere Vereinbarungen nicht erfüllt wurden“, so Außenminister Cafiero. Vizepräsidentin Cristina Fernández de Kirchner folgte dieser Einschätzung indes nicht. Sanktionen gegen Russland legten alle drei Staaten nicht auf. Sie eint auch, dass sie historisch, über die verschiedensten Regierungssysteme hinweg, nahezu kontinuierlich gute Beziehungen zu Russland, ja schon zur Sowjetunion gepflegt haben. Interessanterweise sind auch links regierte Staaten, wie Peru oder Honduras, unter den eindeutigen Befürwortern der UN-Resolution. Kuba und Nikaragua haben sich bei der UN-Abstimmung zwar enthalten, erklären aber Kuba nach einigen Tagen des Schweigens allein die NATO für schuldig am Krieg, ja selbst für die Toten unter der ukrainischen Zivilbevölkerung. Sie verstehen sich als Verbündete von Putin. Wenn Kuba nicht gegen die UN-Resolution votiert hat, liegt das daran, dass es dennoch eine diplomatische Lösung vorzieht. Für Kubas Putin-Unterstützung mag es nicht unwesentlich sein, dass Russland kurz zuvor Kubas Schulden-Rückzahlungsfrist bis Ende 2027 verlängert hatte. Nikaragua, das schon immer uneingeschränkt hinter Putin stand, einschließlich der Anerkennung der „Volksrepubliken“ Donezk und Lugansk, hat sich in der UN-Vollversammlung der Stimme enthalten, wahrscheinlich, weil es zwischen den „Stühlen“ Russland und China sitzt: Zwar bleibt Präsident Ortega einer der engsten Freunde Putins, doch Russland kann seinem Land nicht jene Ressourcen kompensieren, die nach Einstellung vieler Zahlungen aus dem Westen fehlen. Noch mehr als zuvor hat sich daher Nikaragua politisch wie ökonomisch (über einen avisierten Freihandelsvertrag) China zugewandt. China seinerseits hat sich bei der UN-Abstimmung aber der Stimme enthalten. Bolivien wiederum versteht sich als pazifistischer Staat, betrachtet das jetzige Verhältnis zwischen Russland und der Ukraine mit Sorge und favorisiert eine diplomatische Lösung, ohne eine Position zugunsten der einen oder anderen Seite einzunehmen. El Salvadors Präsident Bukele schweigt zum Ukraine-Krieg, nicht ohne seine gewohnt sarkastischen Pfeile gegen US-Präsident Biden abzuschießen. Von den mindestens sieben strategischen Partnerschaften, die Russland mit lateinamerikanischen Staaten eingegangen war, haben der neuen Situation vollinhaltlich nur die mit Kuba, Nikaragua und Venezuela (nicht jedoch die mit Argentinien, Brasilien, Peru und Ekuador) standgehalten. (Bildquelle: Pixabay_CC)

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