1498 war es, als Christoph Kolumbus auf seiner dritten Reise die Ostküste Venezuelas erblickte und völlig fasziniert vom riesigen und weit verzweigten Delta des Orinoco in seinem Tagebuch notierte: „Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass dies ein großer, bisher unbekannter Kontinent ist […], und wenn es wirklich ein Kontinent ist, dann handelt es sich wahrhaftig um etwas Wunderbares, und so werden es alle Verständigen zu schätzen wissen“.
Im 21. Jahrhundert ist ein Kontinent auf der bis in den kleinsten Winkel fotografierten Erdkugel kein großes Ereignis mehr, aber Kolumbus’ Aussage behält Gültigkeit insofern, als Venezuela noch immer zu faszinieren vermag, auch wenn oder gerade weil der Betrachter die Küstenlinie verlässt und sich tiefer in das Landesinnere wagt, wo eine schier umwerfende Vielfalt auf Entdecker wartet. Im Westen des Landes erstrecken sich die nördlichen Ausläufer der Anden mit ihren bis zu 5.000 Meter hohen und schneebedeckten Bergen, darunter die höchste Erhebung Venezuelas, der Pico Bolívar. Vom Rest des Landes durch die Bergkette abgetrennt, liegt im Nordwesten zudem der bis zu 50 Meter tiefe Lago de Maracaibo. Südöstlich im Landesinneren schließen sich die ausgedehnten Ebenen der Llanos an, die bedingt durch die Lage am Orinoco und dessen Nebenarmen, von Sümpfen und ausgedehnten Grasflächen bedeckt sind. Den Osten und Süden Venezuelas nehmen die Ebenen des Hochlandes von Guayana ein, die vor mehreren Millionen Jahren entstanden sind und aufgrund ihrer isolierten Lage eine vielfältige Flora und Fauna zu bieten haben, mit seltenen Tierarten und mehrere Hundert Meter hohen Wasserfällen.
Doch nicht nur geographisch und biologisch hält Venezuela viele Überraschungen bereit, denn auch an Kultur und Geschichte ist das Land reich, das sich 1823 aus der Abhängigkeit von Spanien befreite und im 19. und 20. Jahrhundert, nach einem beispiellosen Modernisierungsschub einhergehend mit einem wirtschaftlichen Aufschwung, lange Zeit eines der wohlhabendsten Länder Südamerikas war.
Doch wenn von Venezuela die Rede ist, so steht zumeist der seit 1998 amtierende Präsident Hugo Chávez und die von ihm angestrebte Bolivarische Revolution im Mittelpunkt, wobei im selben Atemzug die innenpolitische Spaltung des Landes und der Konflikt mit der Opposition genannt werden. Außenpolitisch befindet sich das ölreiche Land seit der Jahrtausendwende an einem Scheideweg. Die Beziehungen zum langjährigen Verbündeten USA sind deutlich abgekühlt, wogegen die Zusammenarbeit mit den mittel- und südamerikanischen Nachbarländern intensiviert wurde. Durch eine Vertiefung der Zusammenarbeit in politischen und wirtschaftlichen Fragen aber auch im Bereich der Kultur, sollen die drängendsten Probleme Lateinamerikas, wie Armut, Arbeitslosigkeit und Gesundheitsversorgung, gemeinsam gelöst werden. Neben den bereits vorhandenen Bündnissen Mercosur und Unasur entstanden deshalb neue, venezolanisch geprägte Initiativen, so die Bolivarianische Allianz für die Völker unseres Amerika (ALBA) oder die als Alternative zu Internationalem Währungsfond und Weltbank gegründete Bank des Südens (Banco del Sur). Nach Jahrhunderten der Abhängigkeit versucht dieses dem Seefahrer Kolumbus seinerzeit noch so unbekannte Fleckchen Erde nun, den Lauf der Dinge selbst zu beeinflussen. Den Lateinamerikanern soll durch ein selbstbewussteres Auftreten auf dem politischen Parkett eine Stimme gegeben und die bisher weniger beachteten Interessen des Südens gegenüber dem Norden in den Vordergrund gerückt werden.
Die Augsburger Bankiers erhielten Venezuela 1528 von Kaiser Karl V. der Familie Hapsburg weil er seine Schulden nicht in bar bezahlen konnte. 1529 landeten die 50 Kolonisten unter der Leitung des „Governeurs“ Ambrosius Ethinger. Die tropischen Krankheiten und die Indigenen verminderten die Anzahl der Kolonisten. Trotzdem wurden 4000 afrikanische Sklaven importiert fuer die Anlage von Zuckerplantagen. 1556 war dann das amtliche Ende dieser Kolonie, welche schon seit mehr als zehn Jahren nicht mehr wirklich bestand. – Die Seilbahn zur 4,765 Meterstation des 4,981 Meter Pico Bolivar – ist immer mit Schee beladen. Die Hochfahrt fuehrt bei vielen zum Erbrechen und Schwindel durch die Hoehe. Venezuela hat grossartige Musik, besonders die Joropo Musikform von den Llanos, eine Sumpf= und Grasslandsteppe mit Rinderzucht. Die bekannteste Joropomelodie ist „Alma Llanera“ (sehe youtube „alma llanera“): „Ich liebe, ich singe, ich traeume, ich weine!“ = das menschliche Leben in einen einzigen Satz! Venezuela ist auch die Heimat des „Sistema“ – welches seit 1995 vielen benachteiligten Jungendlichen das Studium eines Musikinstrumentes ermoeglicht. Das Jungenorchester Simon Bolivar von Venezuela ist weltberuehmt – und war auch beim Beethovenfest in Bonn eingeladen. Am Besten faengt man an mit ihren besten youtube Video — „Danzon No. 2“ mit welchen sie Europa verbluefft haben. Danzon No. 2 ist von dem mexikanischen Komponist Arturo Marquez. Der Danzon als Musikform entstand rund 1870 in Kuba – aus der Wurzel der Contradanza und afrikanischen Einfluss. Die Contradanza kam urspruenglich vom englischen „Country Dance“ des 17. Jahrhunderts, welches die Franzosen als „Contredanse“ uebernahmen und welches bei Mozart als „Contradanza“ in Kompositionen erschien.
Nachtrag: Die Augsburger Bankiers ware die Welser Familie und ihre Kolonie wurde „Klein-Venedig“ genannt. Die erst Hauptsiedlung wurde „Neu-Nuernberg“ genannt, nahe des Maracaibo-See (die heisseste Gegend Suedamerikas).