Über die Autoren
Mark Weisbrot ist Co-Direktor des Center for Economic and Policy Research (Zentrum für Wirtschafts- und Politikforschung, CEPR) in Washington; Rebecca Ray und Luis Sandoval sind wissenschaftliche Mitarbeiter am CEPR.
Danksagung
Die Autoren danken Dean Baker und Dan Beeton für ihre Hinweise und Jake Johnston, Juan Vazquez sowie Kunda Chinku für ihre Unterstützung bei Recherche und Lektorat.
Zusammenfassung
Diese Arbeit untersucht einige der wichtigsten wirtschaftlichen und sozialen Indikatoren, die die zehnjährige Regierungszeit von Hugo Chávez in Venezuela kennzeichnen. Sie geht auch auf die derzeitige wirtschaftliche Expansionsphase sowie auf Herausforderungen der Gegenwart und Zukunft ein.
Wichtige Punkte
- Die gegenwärtige Expansion der Wirtschaft begann, als die Regierung im ersten Quartal 2003 die Kontrolle über die staatseigene Ölfirma PDVSA erlangte. Seitdem hat sich das reale (inflationsbereinigte) BIP fast verdoppelt – es ist in 5,25 Jahren um 94,7 Prozent bzw. pro Jahr um 13,5 Prozent gewachsen.
- Der Großteil dieses Wachstums fand in den Wirtschaftsbereichen außerhalb der Ölbranche statt, wobei die Privatwirtschaft schneller gewachsen ist als die öffentliche.
- Während der gegenwärtigen wirtschaftlichen Expansionsphase wurde die Armut um mehr als die Hälfte reduziert; in der ersten Hälfte des Jahres 2003 galten 54 Prozent der Haushalte als arm, während es Ende 2008 noch 26 Prozent waren. Die extreme Armut ist noch weiter zurückgegangen, und zwar um 72 Prozent. Diese Zahlen beziehen sich jedoch nur auf das tatsächliche Einkommen; erweiterter Zugang zu Gesundheitsfürsorge und Bildung sind nicht berücksichtigt.
- Im Laufe des gesamten Jahrzehnts wurde der Anteil der armen Haushalte um 39 Prozent reduziert, die extreme Armut um mehr als die Hälfte.
- Auch die Ungleichheit, gemessen am Gini-Koeffizienten, ist stark zurückgegangen. Der Koeffizient ist von 47 im Jahr 1999 und 48,1 im Jahr 2003 auf 41 im Jahr 2008 gefallen.
- Die realen (inflationsbereinigten) Sozialausgaben haben sich von 1998 bis 2006 pro Person mehr als verdreifacht.
- Im selben Zeitraum ist die Säuglingssterblichkeit um mehr als ein Drittel gefallen. Die Zahl der staatlichen Ärzte, die in der medizinischen Grundversorgung der Bevölkerung tätig sind, hat sich von 1999 bis 2007 um das 12-fache erhöht, wodurch Millionen Venezolaner, denen sich diese Möglichkeit zuvor nicht bot, Zugang zur Gesundheitsversorgung erhalten.
- Im Bildungswesen sind große Erfolge zu verzeichnen, besonders in der akademischen Bildung, wo sich die Zahl der Einschreibungen (altersunabhängig) von 1999/2000 bis 2007/2008 mehr als verdoppelt hat.
- Auch auf dem Arbeitsmarkt gab es im letzten Jahrzehnt erhebliche Verbesserungen: Die Arbeitslosenquote fiel von 11,3 auf 7,8 Prozent, während der Expansion sogar um mehr als die Hälfte. Wesentliche Verbesserungen sind auch an anderen Indikatoren des Arbeitsmarktes ablesbar.
- Im untersuchten Jahrzehnt hat sich die Zahl der Personen, denen Sozialleistungen zuteil werden, mehr als verdoppelt.
- Im gleichen Zeitraum ist die gesamte Staatsverschuldung von 30,7 auf 14,3 Prozent des BIP gefallen. Noch stärker hat die Auslandsverschuldung abgenommen: Sie ging von 25,6 auf 9,8 Prozent des BIP zurück.
- Die Inflation ist auf etwa demselben Stand wie vor 10 Jahren, am Jahresende lag sie bei 31,4 Prozent. Während des letzten halben Jahres ist sie jedoch gesunken (gemessen an Dreimonats-Durchschnittswerten) und wird in diesem Jahr angesichts des weltweit hohen Deflationsdrucks wahrscheinlich weiter zurückgehen.
Aktuelle Situation und zukünftige Herausforderungen
Die größte unmittelbare Herausforderung für Venezuela ist wie für die meisten Länder die weltweite Wirtschaftsrezession. Die Wirtschaft des südamerikanischen Landes wird hauptsächlich durch die Ölpreise, die seit dem letzten Höchststand im Juli vergangenen Jahres um etwa 70 Prozent gefallen sind, beeinträchtigt. Bei Preisen von unter 45 USD je Barrel venezolanischen Öls würde das Land ein Leistungsbilanzdefizit verzeichnen. Da es aber über Reserven von schätzungsweise 82 Milliarden USD verfügt, könnte es ein moderates Leistungsbilanzdefizit eine Zeitlang finanzieren, beispielsweise sogar dann, wenn die Ölpreise in den nächsten zwei Jahren auf dem niedrigen Stand von heute bleiben sollten. Doch Wirtschaftswissenschaftlern zufolge und mit Blick auf die Terminmärkte ist davon nicht auszugehen: Für Dezember 2010 wird das Barrel mit ca. 60 USD veranschlagt.
Da Probleme mit der Zahlungsbilanz unwahrscheinlich sind, besteht die wichtigste Herausforderung für Venezuela in der nahen Zukunft darin, ein angemessenes Finanzpaket zu verabschieden. Mittelfristig sollte es auch seinen Wechselkurs auf ein wettbewerbsfähigeres Niveau bringen, um die Wirtschaft vom Öl unabhängig zu machen. Aufgrund der reichlichen Reserven wird das Land in absehbarer Zeit jedoch kaum unter einer erzwungenen Geldentwertung zu leiden haben.
Einführung
Hugo Chávez Frías wurde im Dezember 1998 erstmals zum Präsidenten Venezuelas gewählt und trat vor zehn Jahren, im Februar 1999, sein Amt an. Chávez ist eine kontroverse Persönlichkeit und die meisten Betrachtungen seiner Amtszeit sind polarisiert oder auf andere Weise ideologisiert und zum größten Teil negativ. Diese Arbeit untersucht in kurzer Form die wichtigsten wirtschaftlichen und sozialen Indikatoren des letzten Jahrzehnts sowie die aktuelle Situation und gegenwärtige Herausforderungen. Sie stützt sich dabei auf unstrittige Daten. Einige der wichtigsten Daten wurden kaum publik gemacht, obwohl sie öffentlich zugänglich sind.
Wirtschaftswachstum
Abbildung 1 zeigt das reale BIP Venezuelas für jedes Quartal von 1998-2008 (im letzten Jahr nur die ersten beiden Quartale).[1] Wie der Kurvenverlauf zeigt, wurde das Wachstum offenbar von verschiedenen Ereignissen erschüttert, wozu auch politische Instabilität und Streiks gehören.
ABBILDUNG 1
Reales BIP Venezuela (saisonbereinigt)
Das Wachstum der venezolanischen Wirtschaft während der Chávez-Jahre kann unterschiedlich interpretiert werden. Eine Methode betrachtet das Wachstum des BIP seit der Wahl Chávez’ zum Präsidenten im ersten Quartal des Jahres 1999. Die aktuellsten (saisonbereinigten) Daten sind für das zweite Quartal 2008 erhältlich. Aus diesen Angaben lässt sich folgern, dass die Wirtschaft um 47,4 Prozent gewachsen ist, d.h. in 9,25 Jahren um 4,3 Prozent jährlich. Pro Kopf sind dies ca. 18,2 Prozent bzw. jährlich 1,9 Prozent. Zwar bedeutet dies eine enorme Verbesserung nach den zwei Jahrzehnten wirtschaftlichen Niedergangs, die der Chávez-Ära vorausgingen, doch ist das Wachstum moderat und entspricht in etwa dem Durchschnitt in der Region.
Es ist jedoch irreführend, das gesamte Jahrzehnt in Betracht zu ziehen, denn die Regierung Chávez hatte erst seit dem ersten Quartal 2003 Kontrolle über die staatliche Erdölgesellschaft PDVSA. In den ersten vier Jahren unterlag die Firma, die zu dieser Zeit die Hälfte der Staatseinnahmen und 80 Prozent der Exporteinnahmen beisteuerte, der Kontrolle von regierungsfeindlichen Personen. Zudem gebrauchten die Manager von PDVSA ihre Kontrolle über diese wichtigen Ressourcen dazu, die Regierung zu destabilisieren und sie sogar (vorübergehend) zu stürzen. Unter diesen Umständen konnte der Staat nicht viel tun, um das wirtschaftliche Wachstum zu fördern.
Aus diesem Grund könnte man das Wachstum von dem Moment an messen, als die Regierung die Kontrolle über PDVSA erlangte, also im ersten Quartal 2003. Der Nachteil ist hier, dass es sich bei einem Teil des Wachstums seit dieser Zeit um den Aufschwung nach einer tiefen Rezession handelt. Trotzdem lässt sich die Leistung der Chávez-Regierung so besser beurteilen als durch die Betrachtung der gesamten Dekade. Außerdem war selbst der Aufschwung in der Anfangsphase für die Regierung schwer durchzusetzen, denn dies war kein normaler wirtschaftlicher Prozess, sondern eine tiefe Rezession, die mit beträchtlicher Sabotage in der Ölindustrie einherging. Als der Streik endete, sagten Analysten in der Wirtschaftspresse voraus, dass die Erholung langsam erfolgen und schmerzhaft sein würde und dass es große Schwierigkeiten bereiten würde, die Erdölförderung wiederherzustellen.
Untersucht man das Wachstum ab dem ersten Quartal 2003, so stellt man fest, dass das reale BIP in 5,25 Jahren um 94,7 Prozent wuchs, dies entspricht jährlich 13,5 Prozent. Die Wirtschaft wuchs also extrem schnell, wie jeder historische oder internationale Vergleich zeigt. Das Pro-Kopf-Wachstum betrug 78,8 Prozent bzw. 11,7 Prozent jährlich.
Eine andere Methode zur Messung des Wachstums, die die Auswirkungen des Aufschwungs nach dem Ölstreik 2002-2003 unberücksichtigt lässt, beginnt mit dem Zeitpunkt, an dem das BIP seinen Höchststand nach der Rezession erreichte. Dies war im dritten Quartal 2004. Auf der Grundlage dieser Messung lässt sich sagen, dass das BIP in 3,75 Jahren um 37,2 Prozent gestiegen ist, also um 8,8 Prozent pro Jahr. Pro Kopf sind es 28,2 Prozent (6,9 Prozent jährlich). Auch mit dieser Herangehensweise stellt man ein sehr rasantes Wachstum fest, wie auch der Vergleich mit fast allen internationalen und historischen Werten zeigt.
TABELLE 1
Venezolanische BIP-Wachstumsraten im zeitlichen Verlauf
Quelle: Banco Central de Venezuela (BCV), 2009a.
Jeder sinnvolle Vergleich lässt also die Schlussfolgerung zu, dass die Entwicklung der venezolanischen Wirtschaft in den Jahren der Chávez-Regierung sehr erfolgreich verlaufen ist. Dies trifft umso mehr zu, wenn man diesen Zeitraum mit den zwei Jahrzehnten vor Chávez’ Wahl vergleicht, als die Wirtschaft des Landes einen Rückgang des Pro-Kopf-BIP erlebte, und zwar einen der weltweit schlimmsten in diesem Zeitraum: Von 1978-1998 sank Venezuelas Pro-Kopf-BIP um 21,5 Prozent.
Abbildung 1 zeigt anhand einzelner Beispiele, wie die Wirtschaft durch äußere Einwirkungen, vor allem politische Instabilität, beeinflusst wurde. Als Chávez sein Amt antrat, waren die Ölpreise auf dem niedrigsten Stand seit 22 Jahren, das erste Jahr seiner Amtszeit war noch durch negatives Wachstum gekennzeichnet. Zum ersten Quartal 2000 kehrte sich dieser Trend um und die Wirtschaft wuchs bis zum dritten Quartal 2001, einer Zeit großer politischer Instabilität. Im Dezember 2001 organisierte die venezolanische Handelskammer FEDECAMARAS einen Generalstreik gegen die Regierung. Die politische Instabilität und die damit verbundene starke Kapitalflucht hielten bis April 2002 an, als die gewählte Regierung durch einen Militärputsch gestürzt wurde. Sie wurde innerhalb von 48 Stunden wiedereingesetzt, doch die Stabilität kehrte nicht zurück, da die Opposition weiterhin versuchte, die Regierung durch außergesetzliche Maßnahmen zu stürzen. Das Wachstum blieb auch den Sommer und Herbst 2002 hindurch negativ, und danach wurde die Wirtschaft durch den oppositionsgeführten Ölstreik vom Dezember 2002 bis Februar 2003 getroffen. Er stürzte sie in eine schwere Rezession, während der das Land ca. 24 Prozent seines BIP einbüßte. Die Wirtschaft begann sich im zweiten Quartal 2003 zu erholen und ist seitdem rasant gewachsen, mit einem leichten Tief im ersten Quartal 2008.
Aspekte des Wirtschaftswachstums
Wie aus Abbildung 2 und Tabelle 2 hervorgeht, lag der Großteil des Wachstums während der derzeitigen Expansionsphase außerhalb des Erdölsektors. Nachdem die Förderung nach Beendigung des Streiks wieder angelaufen war und es im Jahre 2004 einen sprunghaften Anstieg von 13,7 Prozent gegeben hatte, verzeichnete dieser von 2005 bis 2007 sogar ein negatives Wachstum. Doch selbst 2004 war der Nicht-Ölsektor schneller gewachsen als der Ölsektor.
Beachtenswert ist auch, dass trotz Ausweitung der Staatsausgaben während der Chávez-Jahre der Privatsektor schneller gewachsen ist als der öffentliche. Dies ist auch in der derzeitigen Expansionsphase der Fall, eine Ausnahme bildet lediglich das Jahr 2008, in dem der öffentliche Sektor annähernd das gesamte Wachstum in den ersten drei Quartalen ausmachte.
Die am schnellsten wachsenden Branchen sind das Finanz- und Versicherungswesen, welches während der gegenwärtigen Expansion um 258,4 Prozent angewachsen ist (jährlich durchschnittlich 26,1 Prozent), der Bausektor (159,4 Prozent Wachstum bzw. 18,9 Prozent pro Jahr), Handel und Reparaturdienste (152,8 Prozent bzw. 18,4 Prozent pro Jahr), Transport und Lagerung (104,9 bzw. jährlich 13,9 Prozent) sowie der Kommunikationssektor (151,4 bzw. jährlich 18,3 Prozent). Die verarbeitende Industrie wuchs während der Expansion um 98,1 Prozent (13,2 Prozent jährlich).
TABELLE 2
Wirtschaftswachstum nach Sektoren, in Prozent (1998-2007)
Quelle: Banco Central de Venezuela (BCV), 2009a.
Anmerkungen:
a. Wachstum in den ersten drei Quartalen 2008, verglichen mit demselben Zeitraum 2007.
b. Einschließlich privater Landwirtschaft, Gastronomie, private Hotels und verschiedene Zweige des öffentlichen Sektors
ABBILDUNG 2
BIP-Wachstum, prozentuale Veränderung im Jahresvergleich nach Sektoren
Quelle: Banco Central de Venezuela (BCV), 2009a.
Armut und Ungleichheit
Wie aus Tabelle 3 ersichtlich ist, sind Armut und extreme Armut während der gegenwärtigen Wachstumsphase stark zurückgegangen. Der Anteil der armen Haushalte ist um mehr als die Hälfte gesunken, von 54 Prozent in der ersten Hälfte des Jahres 2003 auf etwa 26 Prozent Ende 2008. Der Anteil extrem armer Haushalte sank sogar noch stärker: um 72 Prozent auf 7 Prozent aller Haushalte. Das ist eine beachtliche Errungenschaft, die Venezuela dem Ziel näherbringt, die extreme Armut völlig zu beseitigen. Dabei sollte erwähnt werden, dass die Millenniumsziele der Vereinten Nationen für den Zeitraum von 1990 bis 2015 eine Halbierung der extremen Armut fordern.
Nimmt man die erste Hälfte des Jahres 1999 als Ausgangspunkt, dann wurde der Anteil armer Haushalte um 39 Prozent reduziert, und zwar von 42,8 auf 26 Prozent. Die extreme Armut sank um über die Hälfte, von 16,6 auf 7 Prozent.
Auch die durch den Gini-Koeffizienten gemessene Ungleichheit hat stark abgenommen. Seit der Wahl von Chávez ist der Koeffizient um fast sechs Punkte gefallen, von 46,96 auf 40,99 Prozent. Während der gegenwärtigen Expansion fiel er noch stärker, nämlich von 48,11 auf 40,99 Prozent, also um über sieben Punkte. Um eine Vorstellung vom Ausmaß dieser Veränderung im Bereich der Einkommensverteilung zu bekommen, kann man die Bewegung des Koeffizienten mit einer ähnlichen Bewegung in die umgekehrte Richtung vergleichen: Von 1980 bis 2005 ist der Gini-Koeffizient für die USA von 40,3 auf 46,9[2] gestiegen; in diesem Zeitraum gab es eine starke (nach oben gerichtete) Einkommensumverteilung.
TABELLE 3
Armut, extreme Armut und Ungleichheit 1995-2007
Quelle: Instituto Nacional de Estadística (INE), 2009; República Bolivariana de Venezuela und Fundación Escuela de Gerencia Social (FEGS), 2009.
Anmerkung: Die Angaben für 2008 sind vorläufig, Änderungen vorbehalten.
Gesundheit und Bildung
Gesundheit
Die Gesundheit der Venezolaner, besonders der Kinder, hat sich durch die Sozialpolitik der Regierung in den vergangenen zehn Jahren verbessert. Wie in Abbildung 4 zu sehen ist, sank die Säuglingssterblichkeit um über ein Drittel von 21,4 auf 13,7 Todesfälle je 1000 Lebendgeburten. In gleichem Maße hat die Kindersterblichkeit abgenommen – von 26,5 auf 17,0 Todesfälle pro 1000 Lebendgeburten. Am meisten profitierten Säuglinge im Alter von einem bis elf Monaten: Die postneonatale Sterblichkeit konnte um mehr als die Hälfte reduziert werden, von 9,0 auf 4,2 Sterbefälle pro 1000 Lebendgeburten.
ABBILDUNG 3
Säuglings- und Kindersterblichkeit während Chávez‘ Amtszeit
Quelle: Sistema de Indicadores Sociales de Venezuela (SISOV), 2009.
Anmerkung: Säuglingssterblichkeit: Kinder unter einem Jahr, neonatale Sterblichkeit: Kinder unter einem Monat, postneonatale Sterblichkeit: Kinder zwischen einem und elf Monaten, Kindersterblichkeit: Kinder unter fünf Jahren.
Ähnliche Verbesserungen gab es bei der Versorgung mit Lebensmitteln. Die durchschnittliche Kalorienzufuhr ist von 91,0 Prozent der empfohlenen Menge im Jahr 1998 auf 101,6 Prozent im Jahr 2007 gestiegen. Noch wichtiger ist, dass Todesfälle wegen Unterernährung um mehr als die Hälfte gesunken sind, zwischen 1998 und 2006 von 4,9 auf 2,3 pro 100000 Einwohner. Zwei neue Programme haben dazu beigetragen, dieses Ziel zu erreichen. Zum einen das Schulernährungsprogramm Programa Alimenticio Escolar (PAE), das kostenloses Frühstück, Mittagessen und Pausenversorgung bietet. Es lief 1999 an und versorgte damals eine Viertelmillion Schüler, 2008 waren es vier Millionen. Zum anderen das Netzwerk der staatlichen Lebensmittelgeschäfte Mercal, das bei seinem Start im Jahre 2003 45662 t stark preisreduzierter Lebensmittel verkaufte, im Jahr 2008 stieg diese Zahl auf 1,25 Millionen t.[3]
Eine weitere Verbesserung im Gesundheitsbereich besteht darin, dass Trinkwasser und Abwasser- sowie Abfallentsorgung heute für eine viel größere Zahl Venezolaner zur Verfügung stehen als vor Chávez‘ Wahl. Abbildung 5 zeigt, dass 1998 80 Prozent der Bevölkerung Zugang zu Trinkwasser hatten und 62 Prozent an die Abwasser- und Abfallentsorgung angeschlossen waren. Im Jahre 2007 waren es bei der Trinkwasserversorgung 92 Prozent und bei der Abwasser- und Abfallentsorgung 82 Prozent. Im Vergleich zu 1998 haben heute also etwa vier Millionen Venezolaner mehr Zugang zu sauberem Trinkwasser und fünf Millionen mehr haben Zugang zur Abfall- und Abwasserentsorgung.
ABBILDUNG 4
Zugang zu sauberem Wasser und Abfall- sowie Abwasserentsorgung 1998-2007
Quelle: Sistema de Indicadores Sociales de Venezuela (SISOV), 2009.
Diese Errungenschaften wurden durch eine erhebliche Erweiterung des Zugangs zu medizinischer Versorgung unterstützt. Von 1999 bis 2007 ist die Zahl der Ärzte, die die staatliche medizinische Grundversorgung gewährleisten, um mehr als das Zwölffache gestiegen (von 1628 auf 19571), wodurch Millionen armer Venezolaner, die zuvor keinen Zugang dazu hatten, medizinische Versorgung erhalten. 1998 gab es 417 Notaufnahmen, 74 Rehabilitationszentren und 1628 Einrichtungen zur Primärversorgung, während es im Februar 2007 721 Notaufnahmen, 445 Reha-Zentren und 8621 Zentren der Primärversorgung (einschließlich der 6500 Ambulatorien in zumeist armen Gegenden) waren. Diese neuen öffentlichen Gesundheitszentren verzeichneten insgesamt über 250 Millionen Konsultationen – jedes 37000 seit Beginn des Programms. Seit 2004 unterzogen sich 399662 Personen einer Augenoperation, die ihnen ihr Sehvermögen zurückgab. Und während im Jahre 1999 nur 335 HIV-Patienten eine staatlich finanzierte antiretrovirale Therapie erhielten, waren es 2006 bereits 18538.[4]
Bildung
Sowohl für Kinder und Jugendliche als auch für Schüler im Erwachsenenalter sind Verbesserungen bei der Bildung erkennbar. Die Zahl der Einschreibungen von Schülern im Kinder- und Jugendalter ist deutlich gestiegen, wie Abbildung 7 verdeutlicht. Die Anzahl der Schüler, die einer ihrem Alter entsprechenden Bildungsstufe angehören, ist im Bereich der Grundbildung (Klasse 1-9) von 85 auf 93,6 Prozent gestiegen. Die Einschreibungen für die sekundäre Bildungsstufe haben noch stärker zugenommen: War anfangs ein Fünftel der Bevölkerung für solche Angebote eingeschrieben, so war es zum Ende der betrachteten Periode über ein Drittel.
Bei den Kindern im Alter von 5 bis 14 Jahren sind es 8,6 Prozent mehr, die an der Grundbildung teilnehmen, dies entspricht nahezu einer halben Million Kinder, die anderenfalls keine Bildung erhalten würden. Im Bereich der sekundären Bildung bedeuten die verbesserten sozialen Investitionen, dass von den Kindern zwischen 15 und 19 Jahren zusätzliche 14,7 Prozent (fast 400000 Kinder) die Schule weiter besuchen können.[5]
Die größten Zunahmen gibt es in der akademischen Bildung: Vom Schuljahr 1999/2000 bis zum Schuljahr 2006/07 ist die Anzahl der Einschreibungen um 86 Prozent gestiegen, und vergleicht man das Ausgangsjahr 1999/2000 mit dem Schuljahr 2007/08, dann liegt die Steigerung sogar bei geschätzten 138 Prozent.[6]
Außerdem hat die Regierung Chávez 2003 die sogenannte Ribas-Mission ins Leben gerufen, die Erwachsenen die Rückkehr zur Sekundarschulbildung ermöglicht. Im Jahre 2005 schlossen die ersten Erwachsenen ihre Ausbildung ab. In den ersten drei Jahren haben über eine halbe Million Menschen das Programm absolviert, also etwa drei Prozent der erwachsenen Bevölkerung des Landes.[7] Auch ein breit angelegtes Alphabetisierungsprogramm wurde aufgelegt, die sogenannte Robinson-Mission.[8]
ABBILDUNG 5
Enschreibungen für Grund- und Sekundarschulbildung
Quelle: Sistema de Indicadores Sociales de Venezuela (SISOV) , 2009.
Anmerkung: Die schmale Linie zeigt die Prozentzahl der Einschreibungen aller Schüler im schulfähigen Alter (gross enrollment), die breite Linie zeigt, wie viele Schüler einer bestimmten Altersgruppe eine diesem Alter entsprechende Bildungsstufe besuchen (net enrollment). Die Werte des ersten Indikators können also 100 Prozent übersteigen, die des zweiten dagegen nicht. Ein Unterschied zwischen beiden kommt zustande, wenn es Einschreibungen von Schülern gibt, die nicht der für eine Bildungsstufe üblichen Altersgruppe angehören.
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[1] saisonbereinigt
[2] United States Census Bureau. 2006. “Current Population Survey, 1968 to 2006 Annual Social and Economic Supplements, Table A-3.” [http://www.census.gov/hhes/www/income/histinc/p60no231_tablea3.pdf]
[3] SISOV (2009).
[4] Daten des Gesundheitsministeriums vom 16. Februar 2007 (Ministerio del Poder Popular para la Salud, 2007. “Logros de la Misión Barrio Adentro I al 16 de febrero de 2007”.)
[5] Diese Schätzungen beruhen auf den Angaben des Instituts für Statistik (Instituto Nacional de Estadísticas, INE) zum Alter der Bevölkerung im Jahr 2008; demnach gab es 5522489 Kinder im Alter von 5 bis 14 Jahren und 2703056 Kinder im Alter von 15 bis 19 Jahren (INE 2009).
[6] Die Schätzungen der Einschreibungen in der akademischen Bildung von 2006 bis 2008 stammen vom Ministerium für Planung und Entwicklung (Ministerio del Poder Popular para la Planificación y Desarrollo, 2008: „Logros de la Revolución en un país de 28 millones de habitantes”, October, Caracas, Venezuela). Schätzungen der Bevölkerungszahl gibt das Institut für Statistik (Instituto Nacional de Estadísticas, INE) heraus.
[7] SISOV (2009).
[8] Über das Ausmaß und die Effektivität der Mission Robinson hat es einige Diskussionen gegeben, siehe Rodríguez, Francisco und Ortega, Daniel (2006): „Freed from Illiteracy? A Closer Look at Venezuela’s Robinson Literacy Program.” sowie Middletown, CT: Wesleyan University, Department of Economics; Rosnick, David und Weisbrot, Mark (2008): “’Illiteracy’ Revisited: What Ortega and Rodríguez Read in the Household Survey”. Center for Economic and Policy Research, Washington, D.C.
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Literaturangaben:
BanCaribe. 2008. “Informe Económico Mensual,” No. 86 (November). _http://www.bancaribe.com.ve/uploads/INFORME_ECONOMICO_MENSUAL_86.pdf (Der Link konnte am 15.02.2012 nicht mehr aufgerufen werden.).
BCV (Banco Central de Venezuela), 2009a. “Indicadores: Información Estadística.” Online database. Consulted 2 February 2009. http://200.74.197.130/c2/indicadores.asp.
BCV (Banco Central de Venezuela), 2009b. “Reservas.” Consulted 13 February 2009. http://www.bcv.org.ve/excel/2_1_1.xls?id=28.
SISOV (Sistema Integrada de Indicadores Sociales de Venezuela), 2007. “Logros.” Caracas: Ministerio del Poder Popular para la Planificación y Desarrollo. Consulted 2 February 2009. _http://www.sisov.mpd.gob.ve/estudios/detalle.php?id=158 (Der Link konnte am 15.02.2012 nicht mehr aufgerufen werden.).
SISOV (Sistema Integrada de Indicadores Sociales de Venezuela), 2009. “Indicadores.” Caracas: Ministerio del Poder Popular para la Planificación y Desarrollo. Online database. Consulted 2 February 2009. _http://www.sisov.mpd.gob.ve/indicadores/ (Der Link konnte am 15.02.2012 nicht mehr aufgerufen werden.).
INE (Instituto Nacional de Estadística), 2008. “Resumen de Indicadores Sociodemográficos 1998-2008. Caracas: Ministerio del Poder Popular para la Planificación y Desarrollo. Consulted 2 February 2009. _http://www.ine.gov.ve/resumenindicadoressociales/descarga/ (Der Link konnte am 15.02.2012 nicht mehr aufgerufen werden.)ResumenIndicadoresSociodemograficos.zip.
INE (Instituto Nacional de Estadística), 2009. Homepage. Caracas: Ministerio del Poder Popular para la Planificación y Desarrollo. Online database. Consulted 2 February 2009. http://www.ine.gov.ve/.
Palma, Pedro A. 2008. „La Crisis Global y sus Impactos en Venezuela“, Presentation at the forum Global Financial Crisis and its Impact on Venezuela, Venezuelan-American Chamber of Commerce, November 4, 2008. _http://www.venamcham.org/eventos/crisis/palma.pdf (Der Link konnte am 15.02.2012 nicht mehr aufgerufen werden.)
Rosnick, David and Mark Weisbrot. 2009. “Inflation Experiences in Latin America, 2007-2008.” Washington, DC: Center for Economic and Policy Research (February). _http://www.cepr.net/index.php/publications/reports/inflation-experiences-in-latin-america,-2007-2008/ (Der Link konnte am 15.02.2012 nicht mehr aufgerufen werden.).
Weisbrot, Mark and Rebecca Ray, 2008. “Oil Prices and Venezuela’s Economy.” Washington, DC: Center for Economic and Policy Research (November). _http://www.cepr.net/index.php/publications/reports/oil-prices-and-venezuela-s-economy (Der Link konnte am 15.02.2012 nicht mehr aufgerufen werden.).
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Übersetzung aus dem Englischen: Anja Kanbach
Der Original-Bericht wurde im Februar 2009 vom Center for Economic and Policy Research Washington veröffentlicht. Die Veröffentlichung an dieser Stelle erfolgte mit freundlicher Genehmigung der Autoren.
Bildquellen:
01. Hugo Chávez. Presidencia de la República del Ecuador
02. Sämtliche Abbildungen und Tabellen stammen aus dem Original-Bericht des CEPR.
Diese Auflistung ist eine Beleidigung und Hohn für das gesamte venezolanische Volk.Chavez hat das Land in 10 Jahren in den wirtschaftlichen Ruin regiert. Gesundheitswesen,Schulwesen,Infrastruktur am Ende. Inflation an 30 %.Lebensmittelverteuerung an die 600%. Kriminalität,vervierfacht (Morde, Raub, Entführungen). Korruption ins uferlose unter der Regierung gestiegen.
Quelle: ICH,ich wohne da,und einige Millionen Venezolanos.
schoen das mal so aufgelistet zu sehen…. zu Angiven… warum wählen sie ihn wieder?
@Angiven
Lesen und Rechnen hilft!
a) Die Inflation ist auf demselben Stand wie vor Amtantritt Chavez’s
b) 30% Inflation pro Jahr ergibt nach 10 Jahren 1378% – die Lebensmittelpreise sind aber nach Ihren Angaben nur um 600% gestiegen. Was werfen Sie ihm nun vor? Das das wichtigste Gut für inzwischen nahezu alle erschwinglich ist?
c) Trotz der Inflation hat sich das BIP in gut 5 Jahren knapp verdoppelt, ohne Inflationsbereinigung wäre es das 8-fache!
@Angiven ich denke mal Die oben genannten Tabellen sprechen für sich viva Chavez