Im Jahr 2002 wird die paramilitärische Autodefensas Unidas de Colombia (AUC) von den USA als terroristische Organisation eingestuft und die Auslieferung von Anführern, die des Drogenhandels beschuldigt werden, gefordert. Zur gleichen Zeit drängt der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag darauf, gegen die AUC vorzugehen, wenn die kolumbianische Regierung nicht selbst eingreift. Im Jahr 2005 reagiert der kolumbianische Kongress auf den internationalen Druck mit dem Gesetz „975 – Justicia y Paz“ (Gerechtigkeit und Frieden). Die paramilitärischen Truppen sollten demobilisiert werden, ein wichtiger Schritt, um dem schon seit mehr als 60 Jahren anhaltenden Bürgerkrieg entgegenzuwirken. Über mehrere Jahrzehnte vertrieben, folterten, mordeten die Paramilitärs in Kolumbien. Die Zahl der Opfer lässt sich bis heute nur schwer schätzen. Intention des neu erlassenen Gesetzes ist die Bestrafung derer, denen die Ermordung Tausender Menschen angelastet wird. Die Strafprozesse gegen die Anhänger der AUC sollten den Opfern der über 973 vertriebenen Familien und Angehörigen von mindestens 48.000 verschwundenen Kolumbianern endlich Gerechtigkeit bringen, sie über ihr Schicksal aufklären und die Täter bestrafen.
„Impunity“ zeigt in eindrucksvoller Weise die Barrieren, um dieses Ziel zu erreichen, und das Scheitern, die kolumbianischen Paramilitares zu demobilisieren. Die beiden Regisseure Juan José Lozano und Hollman Morris berichten über die Bedeutung der Paramilitärs für die wirtschaftlichen und politischen Eliten Kolumbiens und einem zu schwachen Justizapparat, der es kaum vermag, die Mordfälle der AUC aufklären zu können, geschweige denn sie zu ahnden. Je weiter die Untersuchungen über die Verbrechen der Paramilitärs fortschreiten, desto deutlicher wird die Tatsache, dass die Wahrheit wohl nie im vollen Umfang aufgedeckt werden wird.
Der Film wurde 2011 mehrfach in Den Haag, Toulouse und Genf mit Preisen geehrt. „Impunity“ kommt der Komplexität des Phänomens des Paramilitarismus in Kolumbien auf die Spur. Wer verhalf den Gruppen zum Erfolg? Wodurch konnte sich die AUC in solch einem Umfang erst entwickeln? Welche Motive gab es für die Morde und die Vertreibungen Zehntausender Kolumbianer?
Die Geständnisse des Anführers unter dem Decknamen „HH“ führten die Ermittler zu einem komplexen System, in dem weitreichende und kaum im vollen Umfang aufklärbare Verflechtungen der AUC mit Geschäftsleuten, Politikern, Drogenhändlern und multinationalen Unternehmen bestanden, die jahrzehntelang die brutalen Machenschaften der Paramilitares unterstützt und gesteuert haben, um ökonomische und politische Macht zu erlangen oder zu erhalten. Von etwa 32.000 Anhängern stellten sich lediglich 600 den Prozessen. Der Rest ging straffrei aus. Während der Verfahren wurden mehr als 1.200 Anhänger ermordet, um ihre Aussagen zu verhindern. Circa 1600 Paramilitärs wurden wegen ähnlicher Verbrechen wieder verhaftet. Es gibt heute zwar keine AUC mehr, dennoch sollen nach wie vor über 70 paramilitärische Splittergruppen operieren.
„Impunity“ bringt dank einer Reihe von Originalaufnahmen aus den 1990er Jahren über die Art und Weise des Vorgehens der AUC und der Dokumentation von über fünf Jahren Aufarbeitung ihrer Straftaten zumindest etwas mehr Licht in die dunkle Wahrheit ihre Verbrechen. Auf Gerechtigkeit warten die vielen tausend Opfer wohl vergeblich. Die eilige Entscheidung der kolumbianischen Regierung, einige Anführer an die USA auszuliefern, wo sie wegen Drogenhandels relativ kurze Haftstrafen absitzen werden, bedeutet für den Rest der Anhänger die Straflosigkeit ihrer Taten.