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Der Weg zu Zelayas Rückkehr: Geld, Waffen und soziale Bewegungen in Honduras

Benjamin Dangl | | Artikel drucken
Lesedauer: 19 Minuten
Honduras - Der Weg zu Zelayas Rückkehr (160 Downloads )

Präsident Manuel Zelaya nach seiner Rückkehr nach Honduras: Ich bin hier in Tegucigalpa. Ich bin hier zur Wiederherstellung der Demokratie und um zum Dialog aufzurufen. (Foto: TeleSUR_)Fast drei Monate nachdem er durch einen Militärputsch gestürzt wurde, kehrte der honduranische Präsident Manuel Zelaya nach Honduras zurück. „Ich bin hier in Tegucigalpa. Ich bin hier zur Wiederherstellung der Demokratie und um zum Dialog aufzurufen“, sagte er den Reportern. Der hart umkämpfte Weg bis zu seiner Rückkehr stellte die regionale Diplomatie auf die Probe, forderte Washington heraus und rüttelte die sozialen Bewegungen in Honduras wach.

Unlängst bei einem Interview am Strand – eine tropische Brise wehte das sandige Ufer entlang – erzählte Roberto Micheletti, der honduranische Anführer des Militärputsches, einem Reporter von Fox News: „Dies hier ist ein ruhiges Land und ein glückliches Land.“[1] Seit Micheletti am 28. Juni die Macht übernahm, ist Honduras jedoch alles andere als ruhig und zufrieden.

Michelettis De-facto-Regime hat das Land mit eiserner Hand regiert, während demokratische Bürgerbewegungen immer mehr Auftrieb erhielten durch nahezu ununterbrochene Streiks, Straßensperren und massive Proteste auf den Straßen. Der Putsch setzte eine Bewegung in Gang, die inzwischen weit mehr anstrebt als die Wiedereinsetzung Zelayas – und zwar die Umgestaltung des Landes mithilfe einer neuen Verfassung. Micheletti sagt, dass die Präsidentschaftswahlen wie geplant im November stattfinden, obwohl wenige Honduraner, Regierungen und internationale Organisationen angesichts der Gewaltsituation im Land die Wahlergebnisse anerkennen wollen.

Mindestens elf Gegner des Putsches kamen seit Zelayas Amtsenthebung ums Leben.[2] Rund 1500 Menschen wurden nach dem Umsturz aus politischen Gründen festgenommen und zahlreiche Anhänger Zelayas zusammengeschlagen.[3] Es wurden Büros von Via Campesina angegriffen, und die honduranische Organisation Feministinnen im WiderstandEl Tiempo berichtete von bewaffneten Gruppen in Kolumbien, die demobilisierte Paramilitärs für den Söldnereinsatz in Honduras rekrutierten. Honduranische Unternehmer engagierten diese Paramilitärs für ihre eigene private Sicherheit. sprach von 19 seit dem Putsch dokumentierten, durch Polizeibeamte verübte Vergewaltigungen.[4] Die Zeitung Zeitung El Tiempo berichtete von bewaffneten Gruppen in Kolumbien, die demobilisierte Paramilitärs für den Söldnereinsatz in Honduras rekrutierten. Honduranische Unternehmer engagierten diese Paramilitärs für ihre eigene private Sicherheit.

Obwohl Zelaya ein recht gemäßigter Präsident war, forderte seine Politik die Eliten weit genug heraus, um sie zu einem rechtsgerichteten Putsch zu bewegen. Während Zelayas Amtszeit wurde der Mindestlohn um 60 Prozent angehoben, das Einkommen stieg von rund 6 US-Dollar pro Tag (etwa 4 Euro) auf 9,60 US-Dollar pro Tag (etwa 6,50 Euro).[6] Zelaya gewährte Kleinbauern Zuschüsse, kürzte die Zinssätze der Banken und verringerte die Armut.[7] Salvador Zuniga, Vorsitzender des Indigenenrats COPINH, sagte: „Einer der Gründe, der den Staatsstreich provoziert hat, war die Zustimmung des Präsidenten zu einer Petition der Feministinnenbewegung zur ‚Pille danach’. Opus Dei machte mobil, die fundamentalistischen evangelikalen Kirchen zusammen mit all den reaktionären Gruppen ebenfalls.“[8]

„Vielleicht hat er Fehler gemacht“, sagte die honduranische Lehrerin Hedme Castro über Zelaya, „aber er irrte stets auf Seiten der Armen. Darum werden sie bis zum Schluss für ihn kämpfen.“ Sie erzählte weiter: „Es geht nicht um Präsident Zelaya. Es geht um mein Land. Viele Menschen haben ihr Leben gelassen, damit wir eine Demokratie haben können. Und wir können nicht zulassen, dass eine Gruppe von Eliten sie uns wieder wegnimmt.“[9]

Ohne die Bedeutung der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) zu beachten, rief US-Außenministerin Hillary Clinton Zelaya und Micheletti zum Treffen mit Costa Ricas Präsidenten Oscar Arias auf, um so eine Lösung für die Krise zu finden. Viele glauben, Clinton machte den Schritt, um Bedingungen an Zelayas Rückkehr zu knüpfen und um Zeit zu schinden bis zu den Wahlen im November. Zelaya akzeptierte die von Arias vorgeschlagene Lösung, die seine Rückkehr zur Präsidentschaft mit eingeschränkter Macht umfassen sollte sowie eine Amnestie für all diejenigen, die politische Verbrechen im Land begingen. Micheletti lehnte Arias’ Lösung ab.[10]

Während Repressionen gegen Putschgegner zunahmen, wuchs auch die Demokratiebewegung in Honduras. Der breite Zusammenschluss von Aktivisten hat die Unterstützung vieler Regierungen der Region sowie den Rückhalt der honduranischen Verfassung von 1982, die besagt: „Niemand schuldet weder einer Regierung Gehorsam, die widerrechtlich die Macht an sich reißt, noch denen, die öffentliche Funktionen oder Ämter durch den Einsatz von Waffen übernehmen… Die Bürger [dieses Landes] haben das Recht, zum Mittel des Aufstands zu greifen, um die verfassungsrechtliche Ordnung zu verteidigen.“[11] Dieser Aufstand findet jetzt statt.

Stimmen des Widerstands in Honduras

Seit Zelaya gestürzt wurde, kam es fast täglich im ganzen Land zu Protesten, Streiks und Straßenblockaden. Viele der Interviews mit Aktivisten, die sich an diesen Protesten beteiligten, bieten einen Einblick in die Beziehung zwischen Zelaya und der Bewegung und einen Ausblick auf das, was dem Land noch bevorstehen könnte.

„Dieser Aufstand ist friedlich und organisiert, und er ist nicht hoffnungslos. Die Putschisten verzweifeln – sie konnten bisher nicht einen einzigen Tag in Ruhe regieren, und wir werden sie besiegen“, sagte Israel Salinas, ein Anführer der Nationalen Front gegen den Staatsstreich in Honduras und Mitglied der Gewerkschaft Honduranischer Arbeiter.[12]

Über die gegenwärtige Situation unter dem Regime Michelettis berichtet Honduras’ Frauenrechtsaktivistin Marielena: „Das heute ist nicht das Gleiche wie in den 80ern. Es gibt eine Bürgerbewegung, wie sie sich die Putschisten niemals vorgestellt haben … Zelaya hat es geschafft, ein Symbol für den gesellschaftlichen Unmut zu werden, der sich über Jahre hinweg angestaut hat.“[13]

Bertha Cáceres, eine Leiterin des COPINH, der Nationalen Front gegen den Staatsstreich, und Mutter von vier Kindern betont die Bedeutung der Verfassungsgebenden Versammlung für die Revision der honduranischen Verfassung. Dieses von Zelaya und weiten Teilen der honduranischen Bevölkerung unterstützte Drängen auf eine Reform der Verfassung war einer der Gründe für den Staatsstreich. Wenn sie über die Versammlung spricht, sagt Cáceres: „Wir wären erstmals in der Lage, einen Präzedenzfall für die Emanzipation der Frauen zu schaffen und anzufangen, diese Formen der Herrschaft zu durchbrechen. Die aktuelle Verfassung erwähnt Frauen an keiner Stelle, nicht ein einziges Mal. Um also unsere Menschenrechte, unsere sexuellen, politischen, sozialen und wirtschaftlichen Rechte als Frauen durchzusetzen, müssen wir diesem Herrschaftssystem entgegentreten.“[14]

Cáceres spricht über die Arbeit der Frauenbewegung für eine neue Verfassung, „um mit dem Glauben aufzuräumen, dass andere das Recht haben, über unsere Körper zu entscheiden, und um endlich zu garantieren, dass Frauen die Besitzer ihrer Körper sind und eigenständige Rechte über diesen besitzen. Es ist ein politischer Akt; ein politisches Vorhaben… Die Möglichkeit, Zugang zu Land, Boden, Kultur, Gesundheit, Bildung, Kunst und zu würdiger, angemessener Arbeit sowie zu vielen anderen Dingen zu haben und zu garantieren, all das sind Aspekte, die wir in diesem Prozess einer neuen Verfassungsgebenden Versammlung garantieren müssen, was wiederum zu einem wirklichen Befreiungsprozess führt.“[15]

Gilberto Rios von der Front gegen den Staatsstreich erzählt, wie der Putsch große Teile der Bevölkerung wachgerüttelt hat. „Als wir in der Vergangenheit die Menschen zu Protesten in den Straßen aufriefen, kamen sie zwar, aber nicht in der Zahl, die wir heute erleben. In den letzten Tagen fanden Protestaktionen statt, die am Morgen anfingen und den ganzen Tag anhielten. Nachts gibt es in den größeren Städten Autokonvois. Das zeigt, dass die Arbeiter teilnehmen und dass auch der Mittelstand auf die Straße geht.“ Zudem bekräftigt er, dass die gesamte Bewegung unmittelbar vom Volk ausgeht. „Die linken Parteien sehen ein, dass sie die Bürgerbewegung nicht steuern.“ [16]

Die wissenschaftliche Direktorin der Universidad Nacional Autónoma de Honduras, Leticia Salomón, bemerkt daher: „Egal wer die Wahlen im November gewinnt: Die nächste Regierung wird sich mit dieser wichtigen gesellschaftlichen Kraft auseinandersetzen müssen, wenn sie das Land auch nur annährend regieren will.“[17]

Die Welt isoliert die Übergangsregierung

Die Welt isoliert die Übergangsregierung - Putsch-Präsident Roberto MichelettiBeim Nordamerika-Gipfel im August dieses Jahres in Mexiko äußerte sich US-Präsident Barack Obama: „Die Kritiker, die sagen, die USA habe in Honduras nicht ausreichend eingegriffen, sind die gleichen Leute, die sagen, wir würden immer eingreifen und dass die Yankees aus Lateinamerika verschwinden sollen. Beides auf einmal geht nicht.“[18] Dabei ist alles, was die meisten von den USA erwarten, dass sie gemeinsam mit der Organisation amerikanischer Staaten (OAS) multilateral vorgehen, so Greg Gandin, Autor und Professor für Geschichte an der New York University. Getan haben die USA das Gegenteil, indem sie sich der OAS widersetzten und Costa Ricas Präsidenten Arias zum Vermittler zwischen Micheletti und Zelaya ernannten. Zudem nahmen die USA durch ihre finanzielle Unterstützung an die Übergangsregierung alles andere als eine neutrale Position ein.[19] Tatsächlich hat Washington von Anfang an einseitig gehandelt, als die USA nicht dem Beispiel anderer Nationen folgten, mehr Druck auf die Übergangsregierung auszuüben.[20]

Allerdings sagte Ian Kelly, Sprecher des US-Außenministeriums, am 3. September: „Zum gegenwärtigen Zeitpunkt wären wir nicht in der Lage, die Ergebnisse der Wahlen [im November in Honduras] zu akzeptieren.“[21] Zelaya freute sich über diese Nachrichten aus Washington. Er sagte, dieser Schritt „bringt die USA auf eine Linie mit Lateinamerika, denn es wurde zuvor noch nicht gesagt.“[22]

Neben den USA kündigen auch die EU, die OAS, Gewerkschaftsführer in Honduras und Mitglieder der Front gegen den Staatsstreich an, die Wahlergebnisse nicht anerkennen zu wollen.[23] Honduranische Unternehmer entwickelten hingegen ihren eigenen Plan, um die Zahl der Wähler zu erhöhen: Sie werden all denjenigen einen Rabatt gewähren, die ihre Stimme abgaben und anschließend mit der Tinte am Finger in ihr Geschäft kommen, womit sie zeigen, dass sie gewählt haben.[24]

Letztendlich entzog das US-Außenministerium mehr als einem Dutzend offizieller Vertreter der Übergangsregierung ihre US-Visa, unter ihnen auch Micheletti.[25] Die USA könnten aber noch weiter gehen und den Regierungsmitgliedern die Nutzung von US-Banken untersagen.

Verschiedenste Zahlungen der USA, anderer Regierungen und Institutionen an Honduras wurden seit dem Staatsstreich eingestellt. „Am 3. September gab das US-Außenministerium die Einstellung von 33 Millionen US-Dollar (ca. 22 Mio. Euro) bekannt, davon 11 Mio. US-Dollar aus dem Millennium Challenge Account und etwa 22 Mio. US-Dollar aus Fonds des Außenministeriums“, so Lateinamerika-Analystin Laura Carlsen. Laut Internationalem Währungsfonds (IWF) bleiben Honduras durch den Staatsstreich 150 Mio. US-Dollar an Hilfszahlungen verwehrt.[27] Ein Sprecher des IWF sagte, man habe drei Tage nach dem Putsch sämtliche Zahlungen an das Land eingestellt.[28]

Am 2. Juli stoppten die USA folgende Zahlungen: 1,9 Mio. US-Dollar von der US-Behörde für Entwicklungszusammenarbeit (USAID) und 16,5 Mio. US-Dollar an Militärzahlungen.[29] Die Interamerikanische Entwicklungsbank und die Central American Bank of Economic Integration (CABEI) stoppten die Kreditvergabe an Honduras’ Regierung.[30] Auch die UN sperrte verschiedene Formen der Hilfen an Honduras.[31] Zusätzlich stellte die EU 92 Mio. US-Dollar an Hilfszahlungen ein, und die OAS beendete ihre Zahlungen und begann, Handelsembargos gegen die Übergangsregierung zu verhängen.[32]

Dennoch: „Aus legalistischen Gründen geht [das US-Außenministerium] nach wie vor nicht so weit, den Putsch einen ‚Militärputsch’ zu nennen“, erklärt Adam Isacson vom Zentrum für Internationale Politik in Washington. „Das heißt, dass einige Hilfsleistungen gegen Armut aufrecht erhalten bleiben; Soldaten, deren Ausbildung bereits bezahlt wurde, werden nicht wieder zurück nach Honduras geschickt und das Außenministerium kann Hilfszahlungen flexibel wiederherstellen, sobald die Demokratie zurückkehrt.“[33]

„Vertreter des Außenministeriums haben sich dagegen entschieden, legal festzulegen, dass in Honduras ein Militärputsch stattgefunden hat und dass die Anwendung von Artikel 7008 des Außenhandelsgesetzes erforderlich ist“, erläuterte Carlsen.

„Sie versicherten den Reportern, dass alle Fonds, die unter Artikel 7008 ausgesetzt werden könnten, jetzt ausgesetzt sind… Das Außenministerium gab zu, dass 70 Mio. US-Dollar an Hilfszahlungen – mehr als doppelt soviel wie die gestoppten Gelder – immer noch an die Übergangsregierung gehen.“[34]

Die Organisation Cross-Border Network mit Sitz in Kansas City, die nach dem Staatsstreich als Delegation Honduras besuchte, berichtete: „Wir trafen den US-Botschafter, der zustimmte, dass es ein Militärputsch war, auch wenn das Außenministerium ihn nicht so nennt, und dass damit die gesetzlichen Bestimmungen umzusetzen sind, wonach noch bestehende Hilfszahlungen einzustellen sind.“[35]

US-Präsident Barack Obama und US-Außenministerin Hillary Clinton haben sich stets geweigert den Putsch in Honduras als einen solchen offiziell zu bezeichnen (Foto: The White House)Den Putsch einen solchen zu nennen, würde laut Grandin „automatisch bestimmte Einstellungen, finanzielle Zahlungseinstellungen, auslösen und müsste zudem vom Kongress bestätigt werden. Und das ist eine Auseinandersetzung, die Barack Obama und Hillary Clinton meiner Meinung nach nicht wollen. Denn die Republikaner, angeführt von Connie Mack und anderen außenpolitisch und hinsichtlich eines Regierungswechsels konservativer Politiker, haben die Angelegenheit aufgegriffen, um Barack Obama mit Hugo Chávez und den lateinamerikanischen Linken in Verbindung zu bringen. Und sie wollen die Sache sicherlich nicht vor den Kongress tragen, wo darüber debattiert werden würde, denn das Geschehen einen Putsch zu nennen, müsste vom Kongress bestätigt werden.“[36]

Die Obama-Regierung muss allerdings einsehen, dass das, was auf dem Spiel steht, wichtiger ist als der Gewinn einer politischen Auseinandersetzung in Washington. Es geht um die Zukunft eines Landes und vielleicht einer ganzen Region.

„Die wahre Bedeutung des Staatsstreiches in einem der ärmsten und schwächsten Länder der Hemisphäre… liegt in der Prüfung, die er dem interamerikanischen System auferlegt“, sagt Jorge Heine von der Balsillie School für Internationale Beziehungen. „Wenn es […] (die USA, die Übers.) nicht schaffen, die Demokratie in Honduras wiederherzustellen, dann schaffen sie es nirgendwo. Die Botschaft wäre demnach ganz eindeutig: Putschisten können ungestraft vorgehen.“[37]

Washingtons Verbindungen zum Staatsstreich

Jahrelang hat Washington in Mittelamerika eine blutige Rolle gespielt, und dieser Staatsstreich führt dieses Erbe fort, während er neuen Vorbildcharakter gewinnt. Fernando „Billy“ Joya kehrte als Michelettis Sicherheitsberater auf die politische Bühne von Honduras zurück, nachdem er in den 1980ern dem Todesschwadron Bataillon 316 angehörte, so Grandin. Bataillon 316 war eine paramilitärische Einheit, die Hunderte Menschen verschwinden ließ.[38] Joya wurde in Chile während der Pinochet-Diktatur von der chilenischen Polizei ausgebildet. Die CIA gründete das Bataillon 316, um die Unterdrückungsmaßnahmen anzuwenden, die bereits gegen „Subversive“ in Argentinien und Chile genutzt wurden.[39]

Als US-Botschafter kam John Negroponte 1981 nach Honduras. Während er dort war, stieg der Militärhaushalt des Landes von 3,6 Millionen US-Dollar im Jahr 1981 auf 77,8 Millionen US-Dollar im Jahr 1985, dem Zeitpunkt, „an dem sich seine Mission erfüllte – in Nicaragua waren die Contras gegründet und in El Salvador die Diktatur sichergestellt“, so Dick Emanuelsson, Reporter in Honduras.[40] Vor dem Staatsstreich am 28. Juni traf sich Negroponte mit Micheletti auf einer Reise, die in erster Linie dazu dienen sollte, Zelaya davon zu überzeugen, den US-Militärflughafen Palmerola in Honduras nicht in einen Zivilflughafen umzuwandeln.[41]

Auch der Venezolaner Robert Carmona-Borjas hat sich der Übergangsregierung in Honduras angeschlossen. Er war 2002 in Venezuela am Umsturzversuch gegen Präsident Hugo Chávez beteiligt. Carmona-Borjas’ Arcadio-Stiftung begann 2007 eine Medienkampagne gegen Zelaya.[42]

Lanny Davis, Anwalt von Bill Clinton und Wahlkampfberater von Hillary Clinton, betrieb in Washington Lobbyarbeit für die honduranischen Umstürzler und Eliten. Einige der Unternehmen, die den Staatsstreich in Honduras unterstützen und von Davis in Washington repräsentiert werden, sind US-Unternehmen wie Russell, Fruit of the Loom und Hanes – alle profitierten von den niedrigen Löhnen, von neoliberaler Politik und vom scharfen Vorgehen gegen Gewerkschaftsrechte im Land.[43] Vor kurzem sagte Davis vor dem Kongress im Namen der Anführer und Befürworter des Staatsstreiches aus und sorgte dafür, die Medien für die Seite des Staatsstreichs zu gewinnen.[44]

Eine Woche vor dem Staatsstreich trafen sich der stellvertretende Außenminister für Angelegenheiten der westlichen Hemisphäre Thomas Shannon und der Staatssekretär im Außenministerium Craig Kelly mit honduranischen Vertretern, die letztendlich am Staatsstreich beteiligt waren.[45] Tage vor dem Putsch luden John McCain und Vertreter des International Republican Institute spätere Anführer des Umsturzes zu einem Treffen nach Washington ein.[46]

Zudem haben US-Unternehmen beträchtliches Gewicht im Land: 2006 gingen 70 Prozent des honduranischen Exports in die USA, und 52 Prozent der Importe kamen aus den USA. Im gleichen Jahr betrugen die US-Investitionen im Land mehr als 568 Millionen US-Dollar (rund 380 Millionen Euro), das entspricht zwei Dritteln der Auslandsinvestitionen.[47]

Eine Bewegung größer als Zelaya

Proteste der Bevölkerung gegen den Staatsstreich in Honduras (Foto: TeleSUR_)So wie der Staatsstreich die geopolitische Landschaft der Region verändert, so wird die Leidenschaft der Bevölkerung Honduras wohl für immer umwandeln. Und das könnte Michelettis Erbe sein – mit dem Sturz eines gemäßigten Präsidenten regte er die Revolution an.

Zelaya räumt ein, dass bei dem Versuch, aus der politischen Sackgasse auszubrechen, in der Honduras sich befindet, vieles von der Bewegung gegen den Staatsstreich in Honduras abhängt. „Diese Bewegung ist nun sehr stark. Sie kann niemals zerstört werden“, sagt er.[48]

Die Anführer des Staatsstreiches „lagen hier falsch, sie haben sich verkalkuliert“, erklärt die honduranische Aktivistin Bertha Cáceres von der Front gegen den Staatsstreich/COPINH. „Sie sagten, es gäbe nur zwei Tage Widerstand, und damit lagen sie falsch. Die Bevölkerung hat gezeigt, wozu sie fähig ist… zu einem viel längeren Kampf.“[49]

Gilberto Rios von der Front gegen den Staatsstreich sagt über die Parallelen dieses Staatsstreichs mit anderen des letzten Jahrhunderts, die noch immer die Region prägen: „Die Oligarchen führten den Staatsstreich nach alter Manier durch, doch die Menschen und die Welt haben sich verändert.“[50]

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Bildquellen:

  • [1] Manuel Zelaya: TeleSUR_
  • [2] Roberte Micheletti: TeleSUR_
  • [3] Barack Obama und Hillary Clinton: The White House
  • [4] Proteste der honduranischen Bevölkerung: TeleSUR_

Anmerkungen:

[1] Interview mit Roberto Micheletti, Fox News, (17. September 2009). http://www.foxnews.com/search-results/m/26446742/robertomicheletti-pt-1.htm#q=micheletti

[2] Greg Grandin, „The Battle for Honduras and the Region,“ The Nation, (12. August 2009). http://www.thenation.com/doc/20090831/grandin/print

[3] Daniel Luban, „US-Honduras: State Dept Condemns ‚Coup d’Etat‘, Curtails Aid,“ IPS News, (3. September 2009) http://ipsnews.net/news.asp?idnews=48323

[4] „Group Says Honduran Cops on Rape Spree Since Coup,“ Latin American Herald Tribune. http://www.laht.com/article.asp?ArticleId=341851&CategoryId=23558

[5] Unidad Investigativa, „Estarían reclutando ex paramilitares para que viajen como mercenarios a Honduras,“ El Tiempo. http://www.eltiempo.com/colombia/justicia/estarian-reclutando-ex-paramilitares-para-que-viajencomo-mercenarios-a-honduras_6086547-1

[6] Ginger Thompson, „President’s Ouster Highlights a Divide in Honduras,“ The New York Times, (8. August 2009). http://www.nytimes.com/2009/08/09/world/americas/09honduras.html?pagewanted=print

[7] Tom Hayden, „Zelaya Speaks,“ The Nation, (4. September 2009). http://www.thenation.com/doc/20090921/hayden_zelaya

[8] Laura Carlsen, „Coup Catalyzes Honduran Women’s Movement,“ America Program, (20. August 2009).

[9] Ginger Thompson, „President’s Ouster Highlights a Divide in Honduras,“ The New York Times, (8. August 2009). http://www.nytimes.com/2009/08/09/world/americas/09honduras.html?pagewanted=print

[10] Juan Ramón Durán, „Honduras: Vote to Go Ahead Despite Int’l Refusal to Recognise,“ IPS News, (9. September 2009). http://www.ipsnews.net/news.asp?idnews=48385

[11] Jennifer Moore, „Honduras‘ Historic Two Months,“ América Latina en Movimiento, (28. August 2009).

[12] Dick Emanuelsson, „Military Forces Sow Terror and Fear in Honduras,“ Americas Program, (13. August 2009).

[13] Laura Carlsen, „Coup Catalyzes Honduran Women’s Movement,“ America Program, (20. August 2009).

[14] Ibid.

[15] Laura Carlsen and Sara Lovera, „Honduran Constitutional Assembly Would Be a Step Toward the Emancipation of Women,“ Americas Program, (19. August 2009).

[16] Kiraz Janicke and Federico Fuentes, „Honduras – Resistance leader: US is behind the coup,“ Green Left Weekly, (7. September 2009). http://www.greenleft.org.au/2009/809/41602

[17] Jennifer Moore, „National opposition to coup becomes a social force,“ América Latina en Movimiento, (12. September 2009). http://alainet.org/active/32978 =en

[18] Cheryl W. Thompson and William Booth, „Obama Vows to Focus on Borders,“ Washington Post, (11. August 2009). _http://www.washingtonpost.com/wpdyn/content/article/2009/08/10/AR2009081001797.html (Der Link konnte am 15.02.2012 nicht mehr aufgerufen werden.)

[19] Greg Grandin, „The Battle for Honduras and the Region,“ The Nation, (12. August 2009). http://www.thenation.com/doc/20090831/grandin/print

[20] Amy Oyler, „The Resurgence of US Interventionism in Latin America,“ Z Communications, (31. August 2009). http://www.zcommunications.org/znet/viewArticle/22466

[21] Ian Kelly, „Termination of Assistance and Other Measures Affecting the De Facto Regime in Honduras,“ US Department of State, (3. September 2009). http://www.state.gov/r/pa/prs/ps/2009/sept/128608.htm

[22] Tom Hayden, „Zelaya’s Coup,“ The Nation, (3. September 2009). http://www.thenation.com/doc/20090921/hayden_web

[23] Juan Ramón Durán, „Honduras: Vote to Go Ahead Despite Int’l Refusal to Recognise,“ IPS News, (9. September 2009). http://www.ipsnews.net/news.asp?idnews=48385

[24] „Honduran Resistance Boycotts Elections,“ Weekly News Update on the Americas, (13. September 2009). http://weeklynewsupdate.blogspot.com/2009/09/wnu-1004-honduran-resistance-boycotts.html

[25] „State Dept. Revokes Visa of Leader of Honduran Coup Government,“ Democracy Now!, (14. September 2009). http://www.democracynow.org/2009/9/14/headlines#7

[26] „US stops issuing visas in Honduras,“ Al Jazeera, (26. August 2009). http://english.aljazeera.net/news/americas/2009/08/200982601353122962.html

[27] Jorge Heine, „It’s time for Canada to take a strong stand on Honduras,“ The Globe and Mail, (18. September 2009).
http://www.theglobeandmail.com/news/opinions/its-time-for-canadato-take-a-strong-stand-on-honduras/article1287401/

[28] „Honduran Resistance Boycotts Elections,“ Weekly News Update on the Americas, (13. September 2009). http://weeklynewsupdate.blogspot.com/2009/09/wnu-1004-honduran-resistance-boycotts.html

[29] Ibid.

[30] Mark Weisbrot, „IMF: Stop Funding Honduras,“ The Guardian Unlimited, (3. September 2009). http://www.guardian.co.uk/commentisfree/cifamerica/2009/sep/03/imf-honduras-aid-zelaya

[31] „EU threatens further sanctions on Honduras,“ Reuters, (15. September 2009). http://www.reuters.com/article/homepageCrisis/idUSLF361596._CH_.2400

[32] Amy Oyler, „The Resurgence of US Interventionism in Latin America,“ Z Communications, (31. August 2009). http://www.zcommunications.org/znet/viewArticle/22466

[33] Adam Isacson, „Another Baby Step on Honduras,“ Huffington Post, (3. September 2009). http://www.huffingtonpost.com/adam-isacson/another-baby-step-on-hond_b_276972.html

[34] Laura Carlsen, Americas MexicoBlog, „Honduran Coup Squeezed From Above and Below – But is it Enough to Restore Democracy?,“ (10. September 2009). http://americasmexico.blogspot.com/2009/09/hondurancoup-squeezed-from-above-and.html

[35] OneWorld, „US Chided for Aiding Honduras Despite Coup,“ Common Dreams, (9. September 2009). _http://www.commondreams.org/print/46772 (Der Link konnte am 15.02.2012 nicht mehr aufgerufen werden.)

[36] „US Cuts More Aid to Honduras as Zelaya Meets Clinton in Washington,“ Democracy Now!, (4. September 2009).
http://www.democracynow.org/2009/9/4/us_cuts_more_aid_to_honduras

[37] Olivia Ward, „Raising the stakes in Honduras,“ The Star, (6. September 2009). http://www.thestar.com/printArticle/691633

[38] Greg Grandin, „The Battle for Honduras and the Region,“ The Nation, (12. August 2009). http://www.thenation.com/doc/20090831/grandin/print

[39] Dick Emanuelsson, „Honduras: The Frontline in the Battle for Democracy,“ Americas Program, (10. August 2009). _http://americas.irconline.org/am/6337 (Der Link konnte am 15.02.2012 nicht mehr aufgerufen werden.)

[40] Ibid.

[41] Michaela D’Ambrosio, „The Honduran Coup: Was it a Matter of Behind-the-Scenes Finagling by State Department Stonewallers?,“ Council on Hemispheric Affairs, (16. September 2009). _http://www.coha.org/2009/09/the-honduran-coup-was-it-a-matter-of-behind-the-scenes-finaglingby-state-department-stonewallers/ (Der Link konnte am 15.02.2012 nicht mehr aufgerufen werden.)

[42] Greg Grandin, „The Battle for Honduras and the Region,“ The Nation, (12. August 2009). http://www.thenation.com/doc/20090831/grandin/print

[43] Amy Oyler, „The Resurgence of US Interventionism in Latin America,“ Z
Communications, (31. August 2009). http://www.zcommunications.org/znet/viewArticle/22466

[44] Mark Weisbrot, „Who’s in charge of US foreign policy?“ The Guardian Unlimited, (16. Juli 2009). http://www.guardian.co.uk/commentisfree/cifamerica/2009/jul/16/honduras-coup-obama-clinton/print

[45] Michaela D’Ambrosio, „The Honduran Coup: Was it a Matter of Behind-the-Scenes Finagling by State Department Stonewallers?,“ Council on Hemispheric Affairs, (16. September 2009). _http://www.coha.org/2009/09/the-honduran-coup-was-it-a-matter-of-behind-the-scenes-finaglingby-state-department-stonewallers/ (Der Link konnte am 15.02.2012 nicht mehr aufgerufen werden.)

[46] Amy Oyler, „The Resurgence of US Interventionism in Latin America,“ Z Communications, (31. August 2009). http://www.zcommunications.org/znet/viewArticle/22466

[47] Amy Oyler, „The Resurgence of US Interventionism in Latin America,“ Z Communications, (31. August 2009). http://www.zcommunications.org/znet/viewArticle/22466

[48] Tom Hayden, „Zelaya Speaks,“ The Nation, (4. September 2009). http://www.thenation.com/doc/20090921/hayden_zelaya

[49] Laura Carlsen and Sara Lovera, „Honduran Constitutional Assembly Would Be a Step Toward the Emancipation of Women,“ Americas Program, (19. August 2009).

[50] Kiraz Janicke and Federico Fuentes, „Honduras – Resistance leader: US is behind the coup,“ Green Left Weekly, (7. September 2009). http://www.greenleft.org.au/2009/809/41602

Benjamin Dangl ist Autor des in Kürze erscheinenden Buches „Dancing With Dynamite: Social Movements and States in Latin America,“ (AK Press, 2010). Er ist Herausgeber von TowardFreedom.com, einer progressiven Perspektive auf das Weltgeschehen. E-Mail: Bendangl@gmail.com

Übersetzung aus dem Englischen: Katja Schmiedgen

Original-Beitrag „The Road to Zelaya’s Return: Money, Guns and Social Movements in Honduras“ in: t r u t h o u t | News Analysis vom 22. September 2009. Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung von Benjamin Dangl.

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