Mehr Privilegien für wenige unter dem Deckmantel des Umweltschutzes
Als im Januar 2013 das chilenische Parlament ein neues Fischereigesetz verabschiedete, war die internationale Öffentlichkeit erfreut über die Anstrengung der chilenischen Regierung, das Prinzip der Nachhaltigkeit in die neue Gesetzesinitiative aufgenommen zu haben. Der Fischfang vor Chiles Küsten sollte fortan stärker Umweltschutzaspekten unterliegen. Doch in Chile sah die Sache ganz anders aus. Bereits 2012 unternahmen zahlreiche GegnerInnen des Gesetzentwurfs Anstrengungen, das Gesetz zu verhindern. Vor ungefähr einem Monat wurden dann auch noch Bestechlichkeitsvorwürfe im Zusammenhang mit der Verabschiedung des Gesetzes laut. Eine Debatte wurde entfacht über die Nähe von PolitikerInnen zu den vom Gesetz begünstigten Unternehmen. Die chilenische Öffentlichkeit diskutierte vehement über die Angemessenheit und Legitimität des Gesetzes, bis schließlich sogar zwei oppositionelle Abgeordnete den Präsidenten Sebastián Piñera darum baten, es außer Kraft zu setzen. Seitdem finden immer wieder Protestaktionen gegen das Fischereigesetz statt. Neben den Korruptionsvorwürfen geht es dabei vor allem um die negativen sozialen Folgen. Und auch der Umweltschutz kommt bei genauerer Analyse nicht so gut weg. Daher mobilisieren sich AktivistInnen im ganzen Land und machen auf Demonstrationen sowie bei Blockaden von Straßen und Häfen auf die Schattenseiten des Gesetzes aufmerksam. Die Regierung ignoriert jedoch bisher die Forderungen der AktivistInnen und reagiert auf die Proteste mit Wasserwerfern, Tränengas und Verhaftungen.
Das neue Gesetz
Das Fischereigesetz überwacht und reguliert das industrielle sowie das traditionelle Fischereiwesen und beabsichtigt, durch begrenzte Fangobergrenzen die Fischvielfalt vor den Küsten Chiles zu schützen und zu erhalten. So dürfen die traditionellen KleinfischerInnen 55 Prozent der gesamten Fangobergrenze fischen, während den industriellen UnternehmenInnen bis zu 45 Prozent des Gesamtfangs zugestanden wird. Zugleich weist das neue Gesetz den FischerInnen festgelegte Fanggebiete zu, die sie nicht überschreiten dürfen. Dementsprechend sind die ersten fünf Meilen des Meers, die an die chilenische Küste grenzen, ausschließlich für den Fang durch die traditionellen FischerInnen vorgesehen. Ihre Boote dürfen eine Länge von 18 Metern nicht überschreiten. Die erste Seemeile im Speziellen ist zudem nur solchen KleinfischerInnen zugeteilt, deren Boote bis zwölf Meter lang sind. Die industriellen FischerInnen erhalten ihrerseits die Erlaubnis, nach den ersten fünf Seemeilen bis zur Außengrenze des chilenischen Territoriums zu fischen, das Zweihundert Meilen von der Küste entfernt endet.
Nach über einem Jahr schaffte es die Regierung, den Gesetzesvorschlag am 9. Januar dieses Jahres trotz zahlreicher rechtlicher Überprüfungen und der Widerstände im Parlament sowie in der Öffentlichkeit durchzusetzen. Im Kontext der aktuellen Welle der sozialen Proteste, der Krise der amtierenden Regierung sowie der baldigen Präsidentschafts- und Parlamentswahlen im November dieses Jahres werden insgesamt alle neuen Gesetze und Gesetzesvorschläge kritischer beäugt und intensiver diskutiert. So verwundert es kaum, dass oppositionelle Präsidentschafts- und Abgeordnetenkandidaten nun die Abschaffung oder wenigstens eine Änderung des Fischereigesetzes vorschlagen, um den Unmut der Bevölkerung für sich zu nutzen [1]. Die aussichtsreichste Präsidentschaftskandidatin, die ehemalige Präsidentin Chiles Michelle Bachelet, (Sozialistische Partei), nutzt beispielsweise die allgemeine Kritik und verspricht bei gewonnenen Wahlen, das Gesetz genau zu prüfen und gegebenenfalls abzuschaffen.
Internationale Organisationen wie Greenpeace oder der World Wide Fund For Nature (WWF) loben hingegen das Gesetz, da es Kriterien für die Erhaltung der Artenvielfalt im Meer aufstellt. Insbesondere befürworten diese Institutionen, dass die Fangobergrenzen nun von unabhängigen wissenschaftlichen Komitees festgelegt werden und nicht wie beim Vorgängergesetz von einem Rat, der sich aus RegierungsvertreterInnen und FischfangunternehmerInnen zusammensetzt. Aufgrund der Komplexität der Konsequenzen, die sich aus dem neuen Gesetz ergeben, ist auf den ersten Blick nicht klar, wie es zu beurteilen ist. Daher lohnt es, das Gesetz einmal genauer unter die Lupe zu nehmen und es auf seinen Inhalt hin zu überprüfen.
Die Bedeutung des Fischfangs in Chile
Wirtschaftlich gesehen ist der Fischfang für Chile zentral, nicht zuletzt auch aufgrund des über 4.000 Kilometer langen Küstenstreifens. Chile ist einer der zehn bedeutendsten Fischexporteure der Welt [2], und auch für den Binnenmarkt ist der Fisch von großer Bedeutung. Jedes Jahr werden durch den industriellen Fischfang geschätzte drei Milliarden US-Dollar eingenommen.
Der industrielle Fischfang begann in den 60-er Jahren insbesondere im Norden des Landes mit dem Ziel, Fischfett und -mehl zu produzieren. Nachdem die Bestände der Peruanischen Sardelle durch Überfischung und klimatische Veränderungen ein Jahrzehnt darauf stark zurückgegangen waren, weitete sich der industrielle Fischfang auf den Süden Chiles aus. In den letzten Jahren verringerte dann der Staat die Fangobergrenzen aufgrund der Überfischung weiterer Fischarten, was sich stark auf die chilenische Wirtschaft und Gesellschaft auswirkte. Schließlich leben im ganzen Land tausende Familien vom Fischfang.
Die Lage der industriellen FischereiunternehmerInnen seit der Gesetzesänderung
Besonders stark am neuen Fischereigesetz wird kritisiert, dass damit die industriellen Fischfangrechte hauptsächlich an vier große Konzerne gehen, die dann für einen Zeitraum von zwanzig Jahren für insgesamt 92 Prozent des industriellen Fischfangvolumens exklusive Rechte erhalten. Diese vier Unternehmen sind im Besitz von sieben chilenischen Familien, die seit Jahrzehnten zu den reichsten des Landes gehören. Zusätzlich werden die Fischfangrechte nach Ablauf der Frist automatisch jeweils um denselben Zeitraum erneuert, so dass die vier Konzerne quasi auf ewig den Großteil des chilenischen Fischfangs dominieren können. Als ein Hauptargument für die Begünstigung dieser vier Unternehmen gibt die chilenische Regierung an, dass diese einen historisches Anspruch auf die Fischfangrechte hätten, weil sie in der Vergangenheit in den Fischfang investiert haben und dieses Geschäft schon so lange betreiben. Da diese kleine Gruppe der UnternehmerInnen den Großteil des industriellen Fischmarktes kontrolliert, ist es für neue AkteurInnen fast unmöglich, in den Fischfangsektor einzusteigen. Schließlich bleiben für andere industrielle Unternehmen lediglich acht Prozent der Fangrechte übrig. Letzterer Aspekt wird von den GesetzesgegnerInnen kritisiert wie auch die Tatsache, dass der Staat mit diesem Gesetz die Umsetzung des Privatisierungsmodells der chilenischen Ressourcen vorantreibt. Denn es ist unter bestimmten Bedingungen möglich, die Fangrechte zu verkaufen, was bedeutet, dass damit die natürlichen Ressourcen des chilenischen Meers privatisiert werden.
Im Gegensatz zum WWF kritisieren chilenische UmweltschützerInnen, dass das Gesetz das industrielle Fischen mit Schleppnetzen zulasse, bei dem große Netze hinter den Schiffen über den Meeresboden gezogen werden. Diese Methode ist zwar weltweit stark verbreitet, jedoch auch sehr umstritten. Denn bei ihr werden zahlreiche Meerestiere eingefangen, die nicht von wirtschaftlichem Nutzen für die FischerInnen sind und deshalb wieder zurück ins Meer geworfen werden (der so genannte Beifang). Viele Lebewesen überleben dies nicht, was gravierende Folgen für die Ökosysteme und die Artenvielfalt hat.
Problematisch ist auch die starke Überfischung von ungefähr der Hälfte aller chilenischen Arten [3]. So ging der Fang der chilenischen Makrele von fünf Millionen Tonnen in den 90er Jahren auf ungefähr 0,7 Tonnen im Jahr 2012 zurück [4]. Die Fischvorkommen, werden aber nicht allein von der Überfischung bedroht, sondern auch durch diverse andere Phänomene beeinträchtigt, wie zum Beispiel die Meeresverschmutzung.
Die Folgen für die traditionellen KleinfischerInnen
Nach Ansicht der rund 80.000 traditionellen FischerInnen werden deren Möglichkeiten durch das neue Gesetz stark eingeschränkt. Obwohl sie nun 55% der Fangrechte erhalten, können sie diese nicht vollständig ausschöpfen, weil ihnen das Gesetz Fangquoten für einige Fische zuteilt, deren Artenerhaltung gefährdet ist. In den chilenischen Gewässern ist die Hälfte aller Fische vom Aussterben bedroht. Deshalb verlangten die FischerInnen von der Regierung, dass die Zone, in der nur sie fischen dürfen, auf zehn Meilen ausgeweitet wird, damit sie genug Fisch fangen können. Die traditionellen FischerInnen sehen die Schuld für das geringe Fischvorkommen hauptsächlich bei den industriellen UnternehmerInnen, weil jene infolge des Einsatzes von Schleppnetzen das Meer überfischen.
Saúl Lagos, traditioneller Fischer aus Lebu (einer Kleinstadt südlich von Concepción), meint, dass die industriellen FischereiunternehmerInnen vom neuen Gesetz stark bevorzugt werden und stellt ernüchternd fest: „Obwohl wir nicht so weit aufs offene Meer raus möchten, sind heute die verbleibenden Fischvorkommen so gering, dass wir es wagen müssen, dass wir unser Leben und das von Kollegen riskieren müssen. Die Gesetze begrenzen uns Fischer stark, aber die Industriellen können ungehindert fischen“. Auch Cosme Caracciolo, ein Wörtführer des Nationalen Rates der Verteidigung der Meeresgüter, ist Saúls Meinung und sieht die Schuld für die geringen Fischvorkommen bei den großen Unternehmen. Er meint, dass „es nicht die Idee ist, mehr zu fischen, sondern besser zu fischen. Nicht zu fischen, um reich zu werden, sondern um zu leben. Das hier ist nicht nur ein Problem der traditionellen Fischer, sondern des ganzen Landes“ [5].
Für die traditionelle Kleinfischerei besteht zudem ein Problem darin, dass die Fangrechte verkäuflich, pachtbar und übertragbar sind. Es ermöglicht den industriellen UnternehmerInnen, die Fangrechte zu erwerben und dann den traditionellen Fischfang zu dominieren. So ist es bereits jetzt Gang und Gäbe, dass ein industrielles Fischereiunternehmen den KleinfischerInnen die Fangrechte abkauft, dann entweder zusätzlich die Boote ersteht oder Renovierungen der Boote durch Kredite ermöglicht. Dadurch sind die traditionellen KleinfischerInnen in beiden Fällen vom Unternehmen abhängig: Entweder müssen sie nun das Boot vom Großunternehmen mieten oder dessen Kredit mit hohen Zinsen abzahlen. Letztlich ist es das Ziel der großen Unternehmen, dass die zuvor unabhängigen KleinfischerInnen für sie arbeiten und ihnen den Fang zu ihren Konditionen verkaufen müssen, um ihr Einkommen zu sichern. Die traditionellen FischerInnen kritisieren, dass die industriellen Unternehmen auf diese Weise indirekt Zugang zu den fünf Meilen erhalten, die ursprünglich nur ihnen zugedacht sind. Zudem monieren die KritikerInnen des Gesetzes das darin inhärente Entwicklungsmodell des Staates, wonach der extremen Privatisierung Tür und Tor geöffnet würde. Denn die Fangrechte können auch an internationale InvestorInnen verkauft werden, was die Möglichkeit zu Spekulationen bietet. Damit verlieren die Meeresressourcen ihren Status als Gemeingüter aller ChilenInnen, welche diesen als Grundrecht zustehen. Sie werden zu Produkten des internationalen Marktes. Mirko Caracciolo, ein Fischer aus San Antonio (Stadt bei Valparaíso), betont, dass es ihm nicht allein um potenzielle wirtschaftliche Vorteile geht, die er durch das Gesetz haben könnte. Für ihn ist das Fischen mehr als nur eine Möglichkeit, Geld zu verdienen. Das Handwerk ist für FischerInnen auch Identität und Kultur, was die Regierung verstehen solle: „Wir sind nicht die Besitzer des Meeres, wir sind Teil des Meeres…wir erkennen nicht an, dass jemand das Meer besitzt“ [5]. Daher möchten die traditionellen FischerInnen keine Privilegien oder Vorteile durch das Gesetz erhalten oder mit Geld mehr Fangrechte erwerben. Sie sehen das Fischen als ihr gegebenes Recht an. Sie verstehen auch nicht, dass die industriellen Unternehmen aus Geldgier das Meer überfischen. Sie selbst fischen, um leben zu können und weil es ihre Kultur ist. Viele Versäumnisse sind in dem Gesetz zu erkennen, die sich nicht nur auf die konkrete Höhe der Fangrechte beziehen.
Zudem schützt das Gesetz weder die Rechte der zahlreichen ArbeiterInnen, die als Angestellte bei den Fischereiunternehmen direkt vom Fischfang abhängig sind, noch jene derer, die indirekt von diesem abhängen, indem sie zum Beispiel als FischverkäuferInnen, als BootsbauerInnen oder im Transportwesen arbeiten. Gerade letztere gehören meist zu den ärmsten Bevölkerungsschichten und sehen sich Problemen wie schlechten Arbeitsbedingungen, unsicherem Einkommen und fehlender Sozialversicherung ausgesetzt.
Die soziale Schere geht weiter auseinander
Insgesamt befürchten die KritikerInnen des Gesetzes, dass die Neuregelung der Fischerei die wirtschaftliche Konzentration des Kapitals und damit die bereits große Einkommensungleichheit im Land noch verstärkt. Chile war schon 2011 – vor der Verabschiedung des Gesetzes – das Land mit der größten Ungleichheit bei der Einkommensverteilung unter den OECD-Mitgliedsstaaten. Während in den OECD-Ländern im Jahr 2011 das reichste Zehntel der Bevölkerung durchschnittlich neun Mal mehr verdiente als das ärmste Zehntel, verdient das reichste Zehntel in Chile 27 Mal mehr als das ärmste [6]. Die Wirtschaftskommission für Lateinamerika und die Karibik (CEPAL) stellte fest, dass Chile auch innerhalb Lateinamerikas zu den Ländern mit der größten Ungleichheit bei der Einkommensverteilung gehört [7].
Heikle Fragen zum Verfahren
Viele Menschen in Chile kritisieren nicht nur den Inhalt des neuen Gesetzes, sondern auch, wie es ausgehandelt und genehmigt wurde. Abgesehen von den Korruptionsvorwürfen wird kritisiert, dass die indigenen Völker Chiles zu keinem Zeitpunkt des Verfahrens in die Diskussion einbezogen worden sind. Dies sei eine Verletzung der ILO-Konvention 169 der Vereinten Nationen, die Chile im September 2009 ratifizierte. Sie verpflichtet unter anderem zur formellen Einbeziehung der indigenen Völker, sollten diese von Gesetzen und Projekten betroffen werden [8]. Nachdem diese Einbeziehung bis zur Verabschiedung des Gesetzes unterblieben war, klagen traditionelle FischerInnen sowie Mapuche-Gemeinden – jedoch ohne Erfolg – vor dem Verfassungsgericht mit der Absicht, dessen Verabschiedung zu verhindern.
Weiterhin wird am Verfahren kritisiert, dass drei ParlamentarierInnen befangen seien, da sie selbst oder ihre nahen Verwandten Anteile an Fischereiunternehmen haben. Es wurde gefordert, dass sie sich bei den Diskussionen im Parlament sowie bei den Abstimmungen in beiden Kammern enthalten, was diese am Ende jedoch nicht taten.
Eine Bilanz
Wie Greenpeace und andere internationale Organisationen betonen, ist es sicherlich ein Fortschritt, dass das Konzept der Nachhaltigkeit in das neue Gesetz mit aufgenommen wurde. Jedoch bleiben Zweifel bestehen, ob dieser neue Ansatz weit genug geht, um die Ökosysteme und die Artenvielfalt zu schützen. Weiterhin scheint die Anerkennung der Interessen ausgewählter Unternehmergruppen für die Politik das Hauptanliegen zu sein. So treibt auch dieses Gesetz die wirtschaftliche Konzentration an und hilft nicht dabei, das drängende Problem der sozialen Ungleichheit und der Armut im Land zu bekämpfen. Großer Unmut macht sich breit, weil es in diesem Fall zusätzlich um die natürlichen Ressourcen des Landes geht, von denen nur wenige profitieren, obwohl sie nach der Verfassung allen BürgerInnen gehören. Für viele KritikerInnen ist das Prinzip der Nachhaltigkeit nicht allein ein Ökologisches. Sie verlangen von der Regierung, dass sie Nachhaltigkeit auch im sozialen und wirtschaftlichen Sinne versteht und dementsprechend das Gesetz ändert.
Darüber hinaus wird das traditionelle Fischen nicht als kulturelle Eigenheit der FischerInnen anerkannt, die sie von Generation zu Generation weitergeben. Die Regierung betrachtet jegliches Fischen als eine rein wirtschaftliche Variable und wird daher nicht allen Betroffenen gerecht. Das Gesetz zielt beispielsweise überhaupt nicht darauf ab, die Arbeitsbedingungen der KleinfischerInnen und der ArbeiterInnen im industriellen Sektor zu verbessern. Daher werden von den GegnerInnen nicht allein die Höhe der zugeteilten Fischfangobergrenzen und die Größe der Fanggebiete kritisiert. Sie stellen sich ebenfalls gegen das chilenische Entwicklungsmodell als Ganzes und dagegen, wie dieses die natürlichen Ressourcen des Landes verwaltet und ausverkauft. Der oppositionelle Sozialist und Abgeordnete Marcelo Díaz lehnt das Gesetz insgesamt ab und macht deutlich, dass er ihm nichts Positives abgewinnen kann: “Ich bin gegen das Fischereigesetz. Es hält die Privatisierung des Meeres aufrecht und ist die Aushändigung unserer Meeresressourcen, die allen Chilenen gehören, an sieben Familien, was mir inakzeptabel erscheint“ [9]. Es geht bei dieser Debatte auch darum, das politische System Chiles als solches zu kritisieren und die Art und Weise, wie Politik gemacht wird. Wie auch bei anderen sozialen Protesten im Land, geht die Kritik über den spezifischen Sektor hinaus und fordert das System als Ganzes heraus.
So kurz vor den Präsidentschafts- und Parlamentswahlen erhitzen sich erneut die Gemüter und die Fischer nutzen die Gelegenheit, um sich Gehör zu verschaffen. Bis Ende des Jahres werden die Proteste gegen das Gesetz daher wohl kaum abebben. Nachdem die Kritik am Fischereigesetz bei Präsident Piñera auf keinerlei Resonanz gestoßen war, versuchen es Parlamentarier, welche von Vereinigungen der traditionellen FischerInnen, Gewerkschaften und UmweltaktivistInnen unterstützt werden, nun in einer anderen Instanz. Die Prüfung des Gesetzes im Parlament sei notwendig, da das Verfahren von korruptem Verhalten einiger Abgeordneter gekennzeichnet gewesen sei, die zu enge Beziehungen zu den industriellen Fischereiunternehmern unterhielten. So bleibt es abzuwarten, ob die KritikerInnen auf diese Weise eine Änderung des Fischereigesetzes bewirken können oder ob der Fall vielleicht nach den Wahlen erneut aufgerollt wird.
Literatur:
[1] Diario Concepción, 2. June 2013, www.diarioconcepcion.cl
[2] FAO: El Estado Mundial de la Pesca y la Acuicultura, 2012, www.fao.org.
[3] Subsecretaría de Pesca y Acuicultura: Estado de situación de las principales pesquerías chilenas – 2012, 2013, www.subpesca.cl.
[4] FAO: Op. Cit.
[5] Detailliertere Informationen finden sich in dem spanischsprachigen Dokumentarfilm: “Mala Pesca”, www.youtube.com/watch?v=5LaQsAYkxQ0.
[6] OECD: An Overview of Growing Income Inequalities in OECD Countries: Main Findings, 2011, www.oecd.org.
[7] Organisation der Vereinten Nationen: Panorama Social de América Latina, 2012, www.cepal.org.
[8] Siehe: www.ilo.org/indigenous/Conventions/no169/lang—es/index.htm.
[9] El Observatodo, 19. Noviembre 2012, www.elobservatodo.cl.
Bildquelle: [1]-[3] Quetzal-Redaktion,Cristián Becerra Abarca,[4] Quetzal-Redaktion, cs.