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Printausgaben

Isabel – ein Straßenkind in Rio

Elisa Gärtner | | Artikel drucken
Lesedauer: 11 Minuten

Als ich dieses Buch das erste Mal in der Hand hielt und den Titel las, hatte ich eine ganz andere Vorstellung von dem, was in dem Buch steht. Doch als ich die ersten Seiten überflogen hatte, konnte ich gar nicht richtig fassen, was da stand, weil ich es so schrecklich fand, wie die Armen dort ums Überleben kämpfen müssen, und wie Touristen und die reicheren Bürger von Rio mit den Straßenkindern umgehen. Ich wollte also nicht mehr weiterlesen.

Doch als ich das Buch zur Seite gelegt hatte, hielt ich es nicht lange aus, ich wollte unbedingt wissen, wie es die Straßenkinder schaffen, ihr Leben auf der Straße zu meistern und zu überleben, also las ich weiter.

In dem Buch, ISABEL – EIN STRASSENKIND IN RIO handelt es sich, wie der Titel schon sagt, um ein Mädchen namens lsabel. Sie ist 8 Jahre alt, eine Schwarze, hat lockige Haare und große braun-schwarze Augen. Sie lebt mit ihren fünf Geschwistern und ihren Eltern in einer Wellblechhütte einer Fazenda (Farm) im Landesinneren von Brasilien. Ihre Familie ist sehr arm.

Sie und ihre 11 Jahre ältere Schwester Sandra saßen gerade unter einer Palme und träumten von einem reichen Amerikaner, den Sandra heiraten wird, als plötzlich zwei Männer von der Fazenda den toten Körper des Vaters der beiden Mädchen vor deren Füße geworfen wurde. Die Familie hatte nun kaum noch Geld und mußte die Wellblechhütte verlassen. Eines Nachts hörte lsabel, daß Sandra nach Rio de Janeiro abhauen wollte. In diesem Augenblick hatte lsabel nur noch einen Wunsch: Mit ihrer Schwester zusammen nach Rio zu gehen. lsabel meinte, daß Sandra nun ihren reichen Amerikaner heiraten würde und sie nie wieder zu hungern brauchten. Doch die romantischen Träume der Mädchen zerbrachen bald. Anfangs teilten sie sich das „Brot verdienen“. Sandra ging auf den Strich, was sie auch schon zu Hause auf der Fazenda getan hatte, und lsabel bettelte, was sie nur ungern tat. Sandra wollte bald ihre eigenen Wege gehen und fuhr mit einem reichen Zuhälter nach Sao Paulo. lsabel wußte jedoch nichts davon und blieb. Sie schloß sich schließlich einer Kinderbande an und lernte, von Betteln und Diebstahl zu leben.

Anfangs mußte sie betteln gehen, da sie für den Handtaschendiebstahl noch zu jung und langsam war. Doch Luiz, das ist der Anführer der Jugendbande, in die er sie auch aufnahm, versprach ihr, daß sie, wenn sie schnell genug ist, mit ihm zusammen arbeiten darf. Seine und nun auch ihre Arbeit bestand darin, reichen, älteren Touristinnen, die nicht mehr so schnell sind, die Handtaschen zu stehlen. Das war anfangs etwas schwierig, aber allmählich steigerte sich lsabel. Luiz kam einmal ein paar Tage nicht „nach Hause“. Als „zu Hause“ bezeichnen die Straßenkinder ihre Höhlen oder Tonnen, in denen sie leben. In dieser Zeit versuchte lsabel, alleine Handtaschen zu rauben. Doch das war ein großer Fehler, denn sie wurde geschnappt und ins Kinderheim geschafft. Dort erging es ihr nicht besser als auf der Straße. Sie wurden von der Aufseherin geschlagen, nur weil Spielzeug tauschten, was sie soeben von zwei alten Damen geschenkt bekommen hatten und zu essen bekamen sie nur irgendeine wässrige Suppe.

Schließlich wagten sie, ein älterer Junge und ein jüngeres Mädchen einen Fluchtversuch. lsabel war die erste, die über die Mauer und den Stacheldraht hinweg war, nun sollten das kleine Mädchen und der Junge folgen, doch plötzlich ertönte ein Schuß und keiner von beiden folgte lsabel über die Mauer und den Stacheldraht. Nun wollte sie nur noch eins: Die Bande, aber vor allem Luiz wiederfinden. Luiz war wie ein Bruder zu ihr und er kümmerte sich um sie als wäre sie seine Schwester. Als sie ihn endlich wiederfand, hieß es, Essen besorgen. Doch lsabel war wegen des Kinderheims aus der Übung und wurde von einem älteren Mädchen festgehalten, als sie und Luiz eine Brieftasche stehlen wollten, lsabel glaubte, jetzt würde sie wieder ins Kinderheim kommen, doch dann geschah etwas, was niemand erwartet hatte, Sandra tauchte plötzlich auf und rettete lsabel. In dieser Nacht schliefen Luiz, lsabel und die Gruppe nicht wie sonst in den Höhlen unter der Brücke, da die Todesschwadronen, eine Einheit von Polizisten, denen es nicht gefiel, daß die Straßenkinder die Touristen verscheuchen, indem sie überall bettelten und klauten, „aufräumten“. Denn mit den Touristen verschwindet auch das Geld. Es waren schon viele Straßenkinder und auch Kinder armer Familien verschwunden. Später fand man sie auf irgend einer Müllkippe, tot und schlimm zugerichtet, indem ihnen die Zunge oder die Ohren abgeschnitten oder die Augen ausgestochen wurden. (Jawohl, Sie haben richtig gelesen, in solchen armen Ländern nimmt man keine, oder kaum Rücksicht auf die Armen und erst recht nicht auf die Straßenkinder.)

Doch nun wieder zu jener Nacht: sie schliefen in ein paar Tonnen am Strand. lsabel war die Erste, der Luiz seinen neuen Schlafplatz zeigte. lsabel wird am späten Abend plötzlich aufgeweckt. Sie kroch aus der Tonne und schaute sich nach Luiz um, doch da war kein Luiz!!! Dann sah sie, was an ihre Tonne gestoßen war – ein toter Mann! Zuerst rannte sie weg, doch dann viel ihr ein, daß der Mann sicher Geld bei sich hatte, rannte zurück und nahm sein Geld. Das ganze Geschehen beobachtete eine Wahrsagerin, die nicht weit von lsabel am Strand saß. Sie kam auf lsabel zu und wollte das Geld des toten Mannes. Dafür durfte lsabel bei ihr wohnen. Sie hieß Dona Mary, und weissagte für die Touristen und reiche Bürger. lsabel fühlte sich bei Dona Mary geborgen.

Eines Tages stand Luiz plötzlich vor der Tür. Dona Mary kannte ihn, sie hatte seiner Mutter geholfen, ihn zur Welt zu bringen. Er war von einer Kugel verwundet worden. lsabel war glücklich, ihren „Bruder“ nach langer Zeit endlich wieder zu sehen. Er erzählte ihr, er habe in Säo Paulo einen alten Kumpel getroffen, der meinte, es sei dort besser. Luiz wolle sich die Gegend dort mal anschauen, er komme später wieder, um lsabel zu holen. Nachdem seine Wunde geheilt war, ging er für ein paar Monate wieder in die andere Stadt. Als sie Luiz dann wiedersah, hatte sie merkwürdige Gefühle im Bauch, die sie bisher nicht kannte. – Sie hatte sich in Luiz verliebt. Er war nun nicht mehr nur ein Bruder für sie! Sie schliefen später auch mit einander. Er brachte jedoch eine traurige Nachricht mit; auf lsabels Wunsch hin, erzählte ihr Luiz, daß ihre Schwester erstochen wurde war. lsabel konnte das einfach nicht glauben. Diesmal blieb Luiz. Bald wollten beide wieder hinaus, eine Bande gründen und sich selbst durchs Leben kämpfen, wie sie es bisher auch taten. Als sie Dona Mary wieder einmal besuchten, war diese jedoch tot!!! Sie wollten wissen, was geschehen war, doch niemand konnte es ihnen sagen.

Sie taten sich mit anderen Straßenkindern zusammen und wurden mehr und mehr. Luiz schlief ab und zu mit einem anderen, älteren Mädchen aus der Gruppe, die schon auf den Strich arbeiten ging. lsabel konnte das nicht mehr mit ansehen und dachte sich: Was die kann, das kann ich auch!!! Als sie am nächsten Tag mit dem Geld ankam, das sie bei ihrer „Arbeit“ bekommen hatte, freute sich Luiz zwar über das Geld, doch er nahm es nicht an, weil er nicht wollte, daß lsabel mit anderen Männern schläft. Schließlich nahm er es aber doch an. Eines Nachts kam lsabel nicht zur Gruppe, weil Luiz immer noch mit dieser älteren Tussi schlief. Auf seine Frage hin, warum sie letzte Nacht nicht da war, sagte sie ihm dies auch. Er akzeptierte dies und meinte, es sei schließlich ihre Sache, wie sie sich Geld verdiene. Daraufhin schlief er nun auch wieder mit lsabel. Sie wechselten ihren Schlafplatz jetzt jede Nacht, weil ein Aufräumkommando (die sogenannten Todesschwadronen) wieder verstärkt „aufräumte“.

Als lsabel eines Nachts mal wieder arbeiten war und nachts zum Schlafplatz kam, schliefen da kein Luiz und keine Bande. Sie suchte bis zum nächsten Abend überall, wo die Bande hätte sein können, doch sie fand niemanden. Nach ein, zwei Tagen traf sie dann Sidney. Sie wollte von ihm wissen, was in jener Nacht passierte. Er erzählte ihr, ein Aufräumkommando sei mal wieder unterwegs gewesen und sie haben

alle Straßenkinder mitgenommen, die sie hatten finden können. Er erzählte auch, es sei eines der schlimmsten Kommandos gewesen. Sie erfuhr von Sidney auch, daß sie ihren Luiz und den Rest der Gruppe wahrscheinlich tot auf irgend einer Müllkippe finden wird. Als lsabel gerade losrennen wollte, um auf den umliegenden Müllkippen nach ihnen zu suchen, bot ihr Sidney noch schnell an, mit ihm und den anderen überlebenden Straßenkindern aus der Stadt zu fliehen, lsabel dankte und lief los.

Sie suchte auf allen Müllkippen, von denen sie dachte, dort könnten sie sein. Sie glaubte nicht, daß Luiz tot war. Auf einer der Müllkippen sah sie plötzlich zwei nackte Füße hinter einer Kiste. Sie rannte hin, es war Luiz … tot! Der Kopf war eine einzige blutige Masse, die Ohren abgeschnitten. Aber seine Augen hatte er noch. Sie starrten ins leere Nichts. Er war mit mehreren Schüssen getötet worden.

Sie vergrub Luiz in einem Loch im Müllberg. Sie kann einfach nicht begreifen, daß Luiz jetzt nicht mehr bei ihr ist. Schließlich suchte sie sich eine Höhle, in der sie sich verkriechen konnte. Am nächsten Tag wollte sie zu Sidney gehen und mit ihm und den anderen aus der Stadt fliehen. Und kurz bevor sie einschlief, hatte sie das Gefühl, daß sich etwas in ihrem Bauch bewegte, denn sie war schwanger – von Luiz.

Ich bin zwar erst 14 Jahre alt und weiß noch nicht sooooo gut, wie das ganze Elend in der Welt zustande kommt, aber ich denke, ich weiß schon recht gut, daß die reicheren Menschen größtenteils schlecht sind, so, wie sie mit den Straßenkindern umgehen.

Ich persönlich finde dieses Buch teilweise erschreckend, aber teilweise auch gut. Erschreckend, weil ich es nicht richtig glauben kann, daß die Bürger und Touristen so schlimm mit den Straßenkindern dort in Rio und sicher auch in den anderen armen Städten und Ländern umgehen. Die Straßenkinder können schließlich auch nichts dafür, daß sie auf der Straße leben müssen und meist keine Familie mehr haben. Und anstatt ihnen zu helfen, hacken sie auch noch auf ihnen herum und bringen sie um, weil sie dem Geld im Wege stehen.

Jetzt fragt ihr euch sicher, warum sie dem Geld im Wege stehen. Nun, das kommt daher, weil sie Hunger haben, also brauchen sie etwas zu essen. Doch Geld haben sie nicht, also müssen sie betteln gehen, und das machen sie meistens bei Touristen, da die das meiste Geld haben. Den Touristen gefällt das aber nicht, sie fühlen sich belästigt und kommen im nächsten Jahr nicht wieder. Durch die Touristen verdienen aber viele Bürger ihr Geld, also müssen die Straßenkinder verschwinden. Und die einfachste Methode, sie zu beseitigen, ist, sie einfach umzubringen. Das Schlimme ist, das machen sie auch, und zwar eine Einheit von Polizisten, die der Staat schickt. Die Polizei müßte ja eigentlich Leben retten und nicht vernichten. Und der Staat müßte eigentlich Geld dazu beisteuern, daß die Straßenkinder Essen haben und ein halbwegs normales Leben führen können.

Es gibt nur ganz wenige Menschen, die den Straßenkindern wirklich helfen, indem sie spenden, oder ihnen wenigstens etwas zu essen geben. Aber selbst, wenn man spendet, weiß man nie, wo das Geld wirklich hinkommt.

Was mich auch sehr erschreckt hat war, daß es den Kindern im Heim so schlecht geht. Sie werden von den Aufseherinnen geschlagen, anstatt daß die den Kindern helfen. Am schlimmsten ist jedoch, daß es überhaupt erst so weit kommen mußte.

Doch nun zu den positiven Dingen. Ich finde das Buch toll, weil einem dadurch die Augen geöffnet werden. Jetzt weiß ich sehr gut, wie schlecht es vielen Menschen auf der Erde geht, wieviel Leid sie ertragen müssen und wie mies ihr Leben aussieht. Ich finde es toll, daß die Straßenkinder untereinander zusammenhalten, wenn Gefahr droht. Im Buch hat lsabel auch ihre ganze Gruppe verloren und war ganz allein. Doch Sidney, ein anderer Bandenchef, hat sie aufgenommen.

Ich hoffe, daß es durch dieses Buch bald mehr Menschen geben wird, die das Elend dieser Welt beseitigen wollen. Vor allem hoffe ich, daß die Regierung bald etwas gegen die wachsende Armut macht. Es gibt Menschen, die schwimmen nur so im Geld, und die müßten mehr dafür tun, daß es den Armen bald besser geht. Die Regierungen der betroffenen Länder, oder sogar der ganzen Welt, müßten sich zusammentun und gemeinsam gegen die Armut, den Hunger usw. kämpfen, und sich nicht gegenseitig bekämpfen, denn durch Krieg wird alles nur noch schlimmer.

Ich bewundere Mecka Lind, die stark genug war und den Mut dazu hatte, dieses Buch zu schreiben und somit vielen Menschen die Augen öffnet. Und all den Menschen, die nicht glauben wollen, daß es auf der Welt so ungerecht zugeht, oder die es nicht glauben wollen, empfehle ich dringendst, dieses Buch zu lesen!!!

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