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Bolivien: Rassismus und Gewalt in Sucre

Redaktion | | Artikel drucken
Lesedauer: 4 Minuten

Die gewalttätigen und rassistischen Übergriffe gegen indigene Anhänger der Regierungspartei von Evo Morales (MAS) in Sucre vom Mai diesen Jahres (2008), die uns erst im Nachhinein (August) bekannt geworden sind, werden selbstverständlich trotzdem in unserem Bolivien-Tagebuch aufgenommen, da – wie wir finden – sie einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden sollen, ja müssen. Die Fakten und Hintergründe dieser Vorgänge wurden unseres Erachtens nur unzureichend in den deutschen Medien wiedergegeben – die Dokumentation von Cesar Brie, welche die Ereignisse audiovisuell festgehalten hat (siehe weiter unten), ist ein erschreckendes und menschenverachtendes Zeugnis jener Ereignisse.

Der folgende Text ist ein Auszug (Zitat) aus dem Menschenrechtsreport Nr. 55 der Gesellschaft für bedrohte Völker vom Juni 2008 „Indigene Völker verteidigen neue Rechte gegen alte Machtstrukturen„.

„In der Hauptstadt Sucre, Department Chucisaca, kam es am 24. Mai zu rassistischer Diskriminierung und Gewalt. Eine Gruppe der Opposition attackierte Indigene, die an einer Veranstaltung mit Präsident Morales teilnehmen wollten, mit Steinen, Stöcken und Tritten. Mehr als 20 Menschen erlitten schwere Verletzungen. Die Angreifer demütigten ihre Opfer zusätzlich, indem sie ihnen die Kleidung wegnahmen und sie zwangen, vor ihnen auf Knien zu rutschen. Auch ihre Dokumente und ihr Geld wurden ihnen gestohlen. Anwesende Sicherheitskräfte wurden ebenfalls attackiert und hatten daraufhin den Ort des Geschehens verlassen. Die Veranstaltung wurde erfolgreich verhindert. Morales sagte seinen Auftritt wegen des Widerstands der Opposition ab.

Diese Geschehnisse in Sucre machen auf erschreckende Weise deutlich, dass es Gruppen innerhalb der Opposition gibt, die dem Streben der indigenen Völker Boliviens nach Mitbestimmung und der Tatsache, dass sie von einem indigenen Präsidenten regiert werden, mit Gewalt begegnen. Sie zeigen, wie die traditionelle Oligarchie ihren Macht- und Überlegenheitsanspruch nicht aufgeben will. Der Glaube an die eigene ethnische Überlegenheit und die Abwertung der indigenen Völker durchziehen alle Debatten der zivilen und politischen Handlungsträger der Opposition in den östlichen Verwaltungsbezirken. In den Privatmedien unter Kontrolle der Oberschicht wird einseitig, manipulierend und aufhetzend über die indigenen Völker und ihre politischen und kulturellen Aktivitäten berichtet. Wiederholt kam es zu verbalen und körperlichen Angriffen auf die indigenen Politikerinnen und Politiker, auf die Vorsitzende der Verfassunggebenden Versammlung, Silvia Lazarte, und auf andere indigene Führungspersönlichkeiten und Menschenrechtler. In Santa Cruz wurden „schwarze Listen“ mit „Feinden“ in der Stadt aufgehängt, auf denen z.B. die Namen des Präsidenten der CIDOB und anderer indigener Vertreter, aber auch von Menschenrechtlern, die für indigene Rechte eintreten, wie der Leiter der Nichtregierungsorganisation CEJIS, zu lesen sind. In verschiedenen Regionen haben sich Schlägertrupps gebildet. Die rechtsextreme Jugendunion Unión Juvenil Cruzenista, der bewaffnete Arm des Bürgerkommittees „Pro Santa Cruz“ wurde beim Referendum in Beni Anfang Juni zum Einsatz gebracht. Ihre Fahrten nach Beni und ihr dortiger Aufenthalt wurden von den Oppositionsgruppen aus Santa Cruz gesponsert. Im Vorfeld und an den Tagen der Autonomie-Referenden am 4. Mai in Santa Cruz und bei Abstimmungen der Verfassunggebenden Versammlung und bei der Untersuchung von Landkonflikten kommt es verstärkt zu Gewalt und Rassismus gegenüber Angehörigen von indigenen Völkern.

Die bolivianische Regierung reagiert darauf im Allgemeinen passiv und ohne Gegengewalt, scheint jedoch dem Ausmaß und der Art der Gewalt hilflos gegenüber zu stehen. Wenn über Vorkommnisse wie in Sucre Untersuchungen eingeleitet werden, so werden sie häufig auf regionaler Ebene ausgebremst. Auch die wiederholten. Appelle für Dialog und Verständigung, Toleranz und Achtung der Menschenrechte von Seiten der Interamerikanischen Menschenrechtskommission und anderer internationaler Institutionen bleiben angesichts der mangelnden Bereitschaft der Opposition wirkungslos. Der bolivianische Vizeminster für soziale Bewegungen, Sacha Llorenti, hat den Prozess in Bolivien mit dem Umbau der Gesellschaft nach Ende der Apartheid in Südafrika verglichen, wobei die bolivianische Regierung der Vision einer umfassenderen Veränderung der gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Gegebenheiten folge.“ (GfbV, 2008).


Im Folgenden präsentieren wir den ersten Teil der weiter oben bereits angesprochenen Dokumentation „Humillados y ofendidos“ von Cesar Brie, die aus 6 Teilen besteht, welche alle (leider nur) als Youtube-Video vorliegen. Aus Platzgründen verweisen wir auf die Teile 2 – 6 nur per Link.

[youtube]http://de.youtube.com/watch?v=27i9SsZOFT0[/youtube]

Teil 2: Cesar Brie – Humillados y Ofendidos 2 – Sucre, Bolivia 2008

Teil 3: Cesar Brie – Humillados y Ofendidos 3 – Sucre, Bolivia 2008

Teil 4: Cesar Brie – Humillados y Ofendidos 4 – Sucre, Bolivia 2008

Teil 5: Cesar Brie – Humillados y Ofendidos 5 – Sucre, Bolivia 2008

Teil 6: Cesar Brie – Humillados y Ofendidos 6 – Sucre, Bolivia 2008


Dieser Beitrag ist Bestandteil unseres Quetzal Bolivien-Tagebuchs: Bolivia en Movimiento Bolivia en Movimiento - Das Quetzal Bolivien-Tagebuch

1 Kommentar

  1. Fernando De la Cruz sagt:

    Herr Brie verdreht Tatsachen.
    Sein Film über die Beleidugung von Indios in Sucre verschweigt die Ursache des Ganzen: Die Massaker von La Calancha, wo Das Regime von Evo Morales die Bevölkerung von Sucre brutal niederschlug.
    Cesar Brie hat mit seinem Film Kulturprostitution betrieben und die Gesellschat für bedrohte Völker sollte besser recherchieren.

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