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Honduras – ein Kurzportrait

Peter Gärtner | | Artikel drucken
Lesedauer: 3 Minuten
Honduras - Kurzporträt (193 Downloads )

Honduras gilt gemeinhin als Muster einer Bananenrepublik. Dies hängt nicht in erster Linie damit zusammen, dass das Land tatsächlich während des 20. Jahrhunderts ein weltweit führender Bananenproduzent und -exporteur war. Ausschlaggebend für diese Etikettierung sind vielmehr die erdrückende Dominanz US-amerikanischer Multis in diesem Sektor und die daraus resultierende Monoproduktion, die die Wirtschaft des Landes fast ein Jahrhundert lang prägte. Zwar hat sich seit den 1970er Jahren die Exporttstruktur stärker diversifiziert, geblieben sind jedoch die extreme Schwäche und Servilität der lokalen Elite in Politik und Wirtschaft gegenüber externer Bevormundung. In historischer wie auch wirtschaftlicher Hinsicht war Honduras lange das zentralamerikanische Schlusslicht.

Bliebe man bei dieser Charakterisierung als „Bananenrepublik“ und „Schlusslicht“ stehen, dann wäre das jedoch nur die halbe Wahrrheit. Es macht die Paradoxie des honduranischen Entwicklungspfades aus, dass das Schlussslicht in mehrfacher Hinsicht als regionaler Vorreiter in Erscheinung trat, wobei sich anfängliche Nachteile später oft als Vorteile erweisen sollten. Zu den prägenden Ironien honduranischer Geschichte gehört eine gerade wegen der großen Armut schwer zu erklärende Revolutionsabstinenz, die nicht nur im direkten Kontrast zum Nachbarland Nicaragua steht, sondern sich scheinbar ebenfalls nicht mit der Pionierrolle der starken Arbeiter- und Bauernnbewegung vereinbaren läßt. Auch die Armee passt nicht ins zentralamerikanische Bild. Während bei allen drei direkten Nachbarn jahrzehntelang blutige Diktaturen herrschten, zeigten sich die honduranischen Militärs eher reformfreudig, was Mitte der 1970er Jahre sogar seinen Niederschlag in einer für damalige Verhältnisse ungewöhnlich weitreichenden Agrarreform fand.

Selbst das Parteiensystem fällt mit seiner erstaunlichen Stabilität, die sich zugleich mit einer gewissen Antiquiertheit paart, aus dem Rahmen. Seit über hundert Jahren teilen sich Konnservative und Liberale die Regierung, wenn auch immer wieder unterbrochen durch Bürgerrkriege, Militärinterventionen seitens der USA (bis Mitte der 1930er Jahre) und das Eingreifen der Armee (1950er bis 1970er Jahre). Andere politische Parteien oder Bewegungen hatten bis heute keine Chance, das festgefügte Zwei-Parteien-System dauerhaft aufzubrechen.

Auch in sozioökonomischer Hinsicht weicht Honduras von der zentralamerikanischen Regel ab. Kaffeeproduktion und -export, Markenzeichen der wirtschaftlichen Entwicklung der anderen vier Schwesterrepubliken, erlebten erst mit etwa hundert Jahren Verrspätung einen gewissen Aufschwung, ohne jedoch die strukturelle Prägung durch die Bananen-Enklave überwinden zu können. Die verpasste „Kaffee-Chance“ bezahlte die ohnehin schon rückständige und schwache Oligarchie – anders als in El Salvador, Guatemala oder Costa Rica – mit einem machtpolitischen und ökonomischen Schattendasein.

Im Zentralamerika-Konflikt (1979-1990) wurde die relative politische Stabilität des Landes von den USA dafür mißbraucht, Honduras zum „unsinkbaren Flugzeugträger“ gegen die revolutionär gefährdeten Nachbarstaaten auszubauen. An der Grenze zum sandinistischen Nicaragua wurden die sogenannten Contras durch die CIA zur konterrevolutionären Interventionsstruppe aufgepäppelt. Seine Rolle als Frontstaat gegen die revolutionären Bewegungen Zentralamerikas kostete Honduras letztlich seine durch Reformfreudigkeit und geminderte soziale Polarisierung gekennzeichnete Sonderstellung innerhalb der Region. Heute wird das traditionelle Negativ-Image als Bananenrepublik durch ausufernde Gewalt, Korruption, Reformstau und gesellschaftliche Fragmentierung komplettiert. Die als gutmütig und freundlich geltenden Honduraner werden damit zu Opfern einer Politik verpasster Chancen, die die wenigen Trümpfe honduranischer Entwicklung leichtfertig verspielt hat und sich nun nur noch in Machtsicherung übt. Innerhalb Zentralamerikas gehört Honduras damit – ähnlich wie Nicaragua – zu den klaren Verlierern neoliberaler Globalisierung.

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