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Nicaragua: Der Dichter und Priester Ernesto Cardenal ist tot

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Lesedauer: 2 Minuten

noticias_Nicaragua_Ernesto_Cardenal_CCDiese Bilder haben sich eingeprägt: Die irgendwie etwas gelangweilten Gesichter von Gästen des Festaktes, die der Dankesrede des Geehrten lauschen; die Übersetzung seines Redemanuskriptes bleibt unbeachtet auf dem Schoß liegen, so als interessiere es nicht, was dieser zu sagen habe. Das war im Oktober 1980, der nicaraguanische Dichter und Vertreter der Theologie der Befreiung Ernesto Cardenal war gerade mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnet worden. Im Jahr zuvor hatten die Sandinisten die Somozadiktatur gestürzt und Cardenal gehörte als Kulturminister der sandinistischen Regierung an. Verständlich, dass sich im deutsche Publikum des Festakts nicht nur Sympathisanten fanden. Knapp drei Jahre später wird Papst Johannes Paul II. während seiner ersten Lateinamerikareise den revolutionären Priester mit großer Geste tadeln und im Jahr darauf vom Priesteramt suspendieren. Der Vorwurf des explizit politisch agierenden Papstes aus Polen betraf das politische Engagement Cardenals und der anderen Gemaßregelten. Ernesto Cardenal wird diesen Papst gut 20 Jahre später in einem Spiegel-Interview als ein Unglück für Lateinamerika und die Welt bezeichnen. Erst im vergangenen Jahr wurde diese Suspendierung wieder aufgehoben. Ernesto Cardenal Martínez, der aus einer einflussreichen Familie stammte, hatte zunächst Philosophie und Literaturwissenschaft studiert. Später zog er sich in ein Trappistenkloster zurück, studierte schließlich Theologie und wurde zum Priester geweiht. Von der Welt zog er sich indes nicht zurück. Sein politisches Engagement für die Armen treibt ihn zeit seines Lebens um; ob nun in seiner Gemeinschaft von Solentiname gegen Somoza, als Minister der sandinistischen Regierung oder in der Opposition gegen das System Ortega. Er selbst sagte über sich einmal, er sei zum Dichter geboren, weshalb er auch Priester geworden sei, um die Schönheit Gottes zu besingen. Für Cardenal, der bis zuletzt betonte, er bleibe ein christlicher Marxist, war die Theologie der Befreiung eher eine Theologie der Revolution, schließlich stehe die Kirche Jesu Christi auf der Seite der Armen. Am Sonntag, dem 1. März, ist Ernesto Cardenal in Managua verstorben. Seine letzte Ruhe wird er in Solentiname finden. (Bildquelle: Roman Bonnefoy_CreativeCommoms).

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