Sucht man Bolivien auf einer Karte, so findet man es im Zentrum des südamerikanischen Kontinents. Das Land grenzt im Norden und Osten an Brasilien, im Süden an Paraguay und Argentinien und im Westen an Chile und Peru. Neben Paraguay ist es das einzige Binnenland der Region, allerdings erst seit es im Pazifikkrieg gegen Chile im 19. Jahrhundert den Zugang zum Meer verloren hat; noch heute ein wunder Punkt und prägend für sein Verhältnis und seine Außenpolitik gegenüber dem Nachbarland Chile.
Nach Einschätzung einiger Wissenschaftler kann die Zivilisation der bolivianischen Anden auf mehr als 20.000 Jahre zurückblicken. Eine der einflussreichsten präkolumbischen Kultur war die der Tiahuanaco, welche sich rund um den Titicaca-See entwickelte und die Region zwischen 600 bis 1200 nach Christus beherrschte. Sie könnte – so eine These – sogar als direkte Vorfahrin der Inka-Kultur gelten, welche danach ein riesiges Imperium gründete, das die größten Teile Perus, Boliviens, Ecuadors und den Norden Chiles umfasste. Die bedeutendsten historischen Einschnitte für das Land, neben seiner Eroberung und der Ausbeutung der Silbervorkommen durch die Spanier ab 1531, waren die Unabhängigkeit von 1825, die Niederlagen im Salpeter-Krieg an der Seite Perus gegen Chile von 1879-1883 und im Chaco-Krieg gegen Paraguay von 1932-1935. In der jüngeren Vergangenheit zählte das Land zu den politisch instabilsten des Sub-Kontinents.
Einige der wohl schönsten Landschaftsbilder Boliviens stammen aus dem von den Anden umgebenen Altiplano, dem bolivianischen Hochland im Westen und Südwesten des Landes. Nach Osten gehen die Anden in das Bolivianische Bergland über, welches noch weiter östlich zum ausgedehnten Tiefland abfällt, das zum südlichsten Teil des Einzugsgebietes des Amazonas gehört. Im Südosten befinden sich die trockenheißen Ebenen des Gran Chaco. Die größte Stadt und wichtigstes Handelszentrum des Landes ist Santa Cruz, mit etwa 1,4 Millionen Einwohnern. Es folgt der Regierungssitz La Paz mit 835.000 Einwohnern. Die Hauptstadt Sucre zählt gerade einmal eine viertel Millionen Einwohner.
Bolivien gehört neben Guatemala zu den Ländern Lateinamerikas mit einer indigenen Bevölkerungsmehrheit. Statistische Angaben schwanken meist zwischen der Hälfte und bis zu zwei Dritteln der Bevölkerung, wobei jüngste Volkszählungen eher um die 50 Prozent angaben. Die Anzahl der Indigenen beträgt etwas mehr als 4 Millionen und umfasst 34 verschiedene Volksgruppen. Die mit Abstand größten Völker sind die im Hochland lebenden Quechua (2.899.000) und Aymara (1.785.000). Andere bevölkerungsreiche Gruppen sind die Chiquitano, die Chiriguano, die Tsimané und die Guaruyu.
Mit Evo Morales, einem Aymara und Koka-Bauern, hat das Land seit 2006 den ersten indigenen Präsidenten in seiner Geschichte, der den Weg zu einer neue Verfassung eingeschlagen hat, welche die Jahrhunderte andauernde Diskriminierung der Indigenen beenden soll und die natürlichen Ressourcen des Landes in Nationaleigentum überführt. Denn trotz seines Reichtums an Bodenschätzen (u.a. reiche Erdgas- & Erzvorkommen) ist Bolivien das ärmste Land Südamerikas. Etwa 60 Prozent der Bevölkerung leben unter der nationalen Armutsgrenze, fast ein Viertel muss mit weniger als 1 US-$ pro Tag auskommen. Die indigene Bevölkerungsmehrheit ist überdurchschnittlich stark von Armut betroffen und hat allgemein weniger Bildungs- und Berufschancen als europäischstämmige Bolivianer. Diese soziale Spaltung hat in den vergangenen Jahren zu schweren sozialen Konflikten geführt.
Ein zentraler Konflikt Boliviens ist der Koka-Anbau. Die Kokapflanze hat in den Anden eine Jahrtausende alte Geschichte und ist für die indigene Bevölkerung von wichtiger Bedeutung. Die Pflanze ist für sie heilig und wird bei Zeremonien und Ritualen verwendet. Neben der traditionellen Bedeutung des Koka hängen aber auch noch etliche Arbeitsplätze mit dem legalen Anbau der Pflanze zusammen. Die Kehrseite ist, dass aus ihr Kokain hergestellt werden kann. Bolivien gehört nach Kolumbien zu den größten Kokainproduzenten des Kontinents.
Natürlich darf abschließend nicht vergessen werden, dass Bolivien in den 1960er Jahren der Schauplatz des Versuches war, die sozialistische Revolution nach Südamerika zu tragen. Eng verbunden damit ist der Name Ernesto „Che“ Guevara, welcher bei diesem Unterfangen am 9. Oktober 1967 in La Higuera getötet wurde und spätestens dadurch zum weltweiten Symbol der Linken und des Kampfes für eine gerechtere Gesellschaft aufstieg.