Medizinische Projektarbeit in Haiti
Ein Bericht von Haiti-Med. e.V.
Haiti, ein kleines, lang vergessenes Land in der Karibik, dessen Geschichte seit 500 Jahren eine Geschichte des Kampfes und der Unterdrückung ist, rückte in den letzten Jahren immer mehr ins Blickfeld der Öffentlichkeit. Nach dem Militärputsch gegen Pater Aristide am 30. September 1991 ist ein „bis auf die Knochen ausgeblutetes“ Land übriggeblieben.
Von 6,4 Millionen Haitianern leben 80 Prozent unter der Armutsgrenze. Ein Prozent der Bevölkerung verfugt über die Hälfte des Volkseinkommens. 90 Prozent der Haitianer sind Analphabeten, die Hälfte der Bevölkerung ist arbeitslos. Die durchschnittliche Lebenserwartung (Frauen 56 Jahre, Männer 54 Jahre) ist aufgrund chronischer Unterernährung, schlechter medizinischer Versorgung und mangelnder Hygiene die niedrigste in Lateinamerika. Die Säuglingssterblichkeit liegt bei 12 Prozent (zum Vergleich: 0,7 Prozent in Deutschland). Ein Arzt hat 7 873 Patienten zu betreuen, für l595 Haitianer steht ein Krankenbett zur Verfügung. In den Slums von Port-au-Prince z.B. ist die Wasserversorgung katastrophal, meist gibt es pro Person einen Liter Wasser am Tag.
UNSERE ARBEIT
Haiti-Med., im März 1991 neugegründet aus dem seit 1984 bestehenden „Verein zur medizinischen Unterstützung des Gesundheitswesens in Haiti“ legt den Schwerpunkt seiner Bemühungen auf die Förderung von Projekten, die abseits von den Tätigkeitsfeldern großer humanitärer Organisationen und vom Bereich der politischen Einflußnahme liegen. Das Ziel dieser Projektarbeit ist die Gesundheitsversorgung als strukturgebundene Einrichtung.
Um unter den gegebenen politischen Verhältnissen aktiv werden zu können, haben wir indirekten Kontakt mit unseren Partnern in Haiti aufgenommen, damit eine Zusammenarbeit durch entsprechende Kontaktadressen gesichert werden konnte.
So haben wir mit hochmotivierten, zuverlässigen Partnern zusammengearbeitet, deren humanitäre Ziele nicht anzweifelbar waren.
Unsere Strategie ist einfach: wir vermeiden es, parallele Institutionen zu schaffen, um die Zahl der Arbeitskräfte klein zu halten und unnötige Interessenkonflikte zu umgehen. Die Krankenhäuser von Les Cayes und Jacmel ebenso wie das Rote Kreuz von Les Cayes funktionieren recht und schlecht. Das Problem besteht eher in der Materialbeschaffung, in der Organisation und der Anwesenheit von wirklich qualifiziertem behandelndem Personal. Wir müssen also diesen Zentren ermöglichen effizient zu funktionieren, indem wir dazu beitragen eine Situation der Ausgewogenheit herbeizuführen. Momentan geben wir uns die Aufgabe, diese Zentren mit medizinischem Material und Medikamenten zu versorgen, um, sobald es die Situation erlaubt, an der Ausbildung des Personals teilzuhaben.
Die Entsendung eines Tropenlabors ist in Vorbereitung. Dessen Einsatz soll eine flächendeckende, wenig personalintensive und technisch einfache Seuchenbekämpfung in die Wege leiten. Eine Durchseuchung der Bevölkerung von 40% mit chronischer Tuberkulose, 60% an Malaria, ca. 40% an Aids und von 60% an Erkrankungen mit Parasiten zeigt uns, welche riesigen Anstrengungen noch unternommen werden müssen.
PROJEKT IN DER STADT LES CAYES
Les Cayes ist eine Stadt mit 40 000 Einwohnern. Das Krankenhaus „L´Hopital Immaculee Conception de Cayes“ wird nur unzureichend genutzt. Die Probleme der Klinik sind schwerwiegend:
1926 gegründet, ist die Klinik mit 140 Betten für ein Einzugsgebiet von etwa 100 000 Einwohnern zuständig. Da sie aber letztlich das medizinische Zentrum für die ganze südliche Provinz des Landes darstellt, müssen eigentlich 500 000 Menschen versorgt werden! Das Krankenhaus arbeitet mit einem Budget von 4.000,- $/Monat, davon werden 1.000,- $ vom Staat subventioniert, der Rest von privaten Einkünften finanziert.
Die Klinik verfügt über eine Ambulanz und Abteilungen für Innere Medizin, Chirurgie, Pädiatrie sowie eine Entbindungsstation. In den Abteilungen fehlt es an medizinischen Material und die Apotheke hat keine Medikamente. Die hygienischen Bedingungen für Operationen sind denkbar schlecht und Komplikationen daher keine Seltenheit.
PROJEKT IN DER STADT JACMEL
Jacmel ist der Prototyp einer Kleinstadt in der Karibik. Das einzige Krankenhaus der Stadt, in Wirklichkeit ein Ambulatorium, ist mit den vier Grunddisziplinen Chirurgie, Innere Medizin, Frauenheilkunde und Kinderheilkunde ausgestattet. Die Bedingungen sind sehr kompliziert. Notoperationen sind oftmals unmöglich, weil der einzige Chirurg des Krankenhauses nicht anwesend und/oder das nötige chirurgische Material nicht vorhanden ist.
Von den schwierigen Bedingungen der genannten Kliniken ausgehend, hatten wir geplant, nach unserer Reise im Sommer 1991, einen Container mit Medikamenten und medizinischen Material von Strasbourg aus in Richtung Haiti auf die Reise zu schicken. Diesem Vorhaben war eine intensive Zusammenarbeit mit dem Gesundheitsministerium Haitis vorangegangen. Drei Wochen später putschte das Militär.
Jetzt gibt es endlich eine Möglichkeit, über einen Pfarrer einer Kirchengemeinde in Port-au-Prince, der die Verteilung des Materials und der Medikamente an die Projekte übernehmen wird, den Container nach über einem Jahr seiner Bestimmung zu übergeben. Das Problem: Es fehlt am Geld, denn die Lagerungskosten haben unser Budget fast erschöpft und der Transport würde ca. 10.000 DM kosten. Damit nun endlich diese notwendigsten Materialien einsetzbar sind, bitten wir alle unsere Leser um eine Spende.