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Politik und Kultur in Lateinamerika

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An Gola genndsch morr dodsaufn oder Was wissen Sie sonst noch über Lateinainerika (eine Umfrage)

Gabriele Töpferwein | | Artikel drucken
Lesedauer: 6 Minuten

Befragungen sind in. Jeder und jedes gibt eine in Auftrag und so weiß das deutsche Volk, wie die ganz bestimmten Suppenwürfel schmecken, wie lieb es seinen Kanzler hat und ob die deutschen Männer können, wenn sie wollen. Was also – so fragte die QUETZAL-Mannschaft sich weise -steht einer eigenen, selbstgemachten Umfrage im Wege? So gut wie die Pythia aus dem bayerischen Wald (wir wollen hier gar nicht erst Namen nennen) sind wir fast allemal, wenn wir nur auf Suggestivfragen verzichten, Wobei das „fast“ eben durch diesen Verzicht begründet ist. Zumal wir uns für die bewährte Methode der Straßenumfrage (Was meinen die Leipziger zu…?/LVZ-Leser wissen jetzt bescheid) entschieden, die allseits beliebt ist, häufig angewendet wird und trotzdem methodisch nicht gerade viel taugt. In einem Punkt sind wir dabei vielen einschlägigen Meinungsforschungsinstituten eindeutig überlegen. Wir wissen nämlich um unsere Schwächen und sagen ganz ehrlich, daß unsere Ergebnisse alles andere als repräsentativ sind. Das dürfte auf dem deutschen Meinungsforschungsmarkt neu sein.

Um der langen Rede einen kurzen Sinn zu geben – wir haben also tatsächlich befragt. Dem Thema des QUETZAL entsprechend zu Lateinamerika. Da uns klar war, daß wir unsere potentiellen Probanden nicht über alles ausfragen können, was uns so interessieren würde, haben wir uns von Anfang an auf vier Fragen beschränkt und zwar auf folgende:

  1. Können Sie uns ein Land in Lateinamerika nennen?
  2. Was wissen Sie über dieses Land?
  3. Wann hat Kolumbus Amerika entdeckt?
  4. Wer ist Rigoberta Menchú?

Wir dachten uns, daß diese Fragen nicht zu schwierig, aber auch nicht zu einfach sind, so daß selbst wir sie hätten beantworten können. Tja, und was, glauben Sie, war die allererste Antwort auf unsere allererste Frage?? ANGOLA!!! Zunächst verstanden wir das als Hinweis darauf, daß Gondwana doch noch nicht so weit auseinandergedriftet ist, wie man allgemein annimmt. Als aber unser Gegenüber auf unsere schüchterne Rückfrage peinliches Berührtsein signalisierte, ließen wir von unserer Theorie wieder ab. Wobei wir uns bis heute in dieser Frage nicht so ganz sicher sind; immerhin erhielten wir diese Antwort mehr als einmal. Irgend etwas muß da sein mit diesem Angola…

Aber zurück zum Thema. Gut zwei Drittel unserer Befragten wußten uns mindestens ein Land zu nennen. Ein älterer Herr nannte sogar mehr als dreizehn, aber der offenbar nicht ausreichend geschulte Interviewer notierte bloß eins; womit dieser Bursche zweifellos die Leipziger Statistik versaut hat. Von den 20 oder so lateinamerikanischen Ländern kamen aber immerhin 13 zusammen. Der unbestrittene Favorit in der Gunst der Leipzigerinnen ist Nikaragua (von 12% genannt), gefolgt von Argentinien, Brasilien, Chile und Kuba (jeweils 9%). Auch Bolivien und Ekuador schneiden mit je 6% noch ganz gut ab. Der Rest (6 Länder) kommt nur noch auf schlappe 3%. (Die vollständige Länderliste kann in der Redaktion angefordert werden.) Es gibt natürlich gute Gründe, daß gerade diese Länder so oft genannt werden. Das Dumme ist nur – so richtig plausible fallen uns nicht ein. Die Antworten auf Frage 2 vermögen da zwar Aufschluß zu geben, aber nicht ausreichend. Gut, da sind ein paar, die sich noch aus DDR-Zeiten mit Kuba verbunden fühlen und an Chile erinnert man sich auch, nicht wegen Corvalán, sondern wegen Erich. Ansonsten ist das Lateinamerika-Bild der Leipziger als sehr komplex zu bezeichnen, und mit Komplexen ist das so eine Sache. Lateinamerika – das heißt für Leipzig vor allem Kaffee, Musik (Folklore!), Urwald und Armut. Frau X. (22), Versicherungsvertreterin, begründet die Wahl ihrer Favoriten Brasilien und Kuba zusammenfassend folgendermaßen: „Da gibt’s nichts zu essen. Die Regierung ist schlecht. Die Grenze sollte aufgemacht werden.“ Und der Geschäftsfrau Y. (23) fielen zu Peru die Stichworte „Lima; Viele Leute und wenig Arbeit; Kinder werden von ihren Eltern verlassen“ ein. Zwei intellektuelle Herren (42 und 49) gingen mehr ins Detail, als sie, auf Ecuador Bezug nehmend „Bananenproblem, Pullover, Folkloremusik, schlimmere Sachen“ nannten. Daneben gab es die Sympathiebekundung für die Sandinisten ebenso wie das Pärchen, das seinen letzten Urlaub in der Dominikanischen Republik verbracht hat und trotzdem nichts zu sagen wußte. Man muß ja sein Urlaubsland wirklich nicht unbedingt kennen.

Unsere leichteste Frage brachte verblüffende Ergebnisse. Mit der Entdeckung Amerikas kennt man sich ja nun aus seit diesem Jahr 1992. Selbst der Papst hatte sich daran erinnert, daß seine Herde seinerzeit größer wurde. Doch weit gefehlt – nur 50% (!!!!) der Leipzigerinnen wußten hier die richtige Antwort, oder die mehr oder weniger richtige. Wir ließen schließlich eine Toleranzgrenze von +/- 20 Jahren. In kleinen Dingen sind wir sehr großzügig. Ganz exakt war lediglich ein knappes Drittel. Insgesamt gesehen reichte die vorgeschlagene Zeitspanne, in welcher die folgenreiche Kolumbusfahrt gewesen sein könnte, von 1472 bis zum Jahre 1800. Ganz Clevere sagten einfach: „Vor 500 Jahren.“ Und ließen uns rechnen.

Bleibt also Frage Nr. 4, unsere „Intelligenztestfrage“ (zu leicht sollte es ja auch nicht sein). Vermutlich war sie zu schwer, oder wir haben den Namen nicht gut ausgesprochen oder vielleicht zu gut (natürlich diese Mexikaner!). Jedenfalls konnten nur 8% diese Frage auf Anhieb beantworten. Gut ein Viertel wußte nach einer kurzen Erklärung (Nobelpreisträgerin) aber, von wem die Rede ist. Das hat uns dann wieder Mut gemacht. Wie das überhaupt die gesamte Befragung tat. Immerhin hatte ein Viertel alle vier Fragen richtig beantwortet, jedenfalls innerhalb der von uns gesetzten Toleranzgrenzen. Und um ehrlich zu sein – ich hatte ein viel schlechteres Ergebnis erwartet. Für die Leipziger ist Lateinamerika zwar nicht besonders groß, aber es existiert, was bei manchen ortsansässigen Drucker-Zeugnissen nicht unbedingt so klar gesagt werden kann. Außerdem – wer weiß denn, was die Leute in dem kleinen Lateinamerika von unserem großen Deutschland wissen. Auf jeden Fall werden wir uns dieser Frage später noch intensiv zuwenden. Momentan sammeln wir noch für die Anreise zum Befragungsort. Das könnte Managua sein oder Buenos Aires oder Rio. Das muß noch entschieden werden. Vielleicht fahren wir auch nach Angola. Oder so…

P.S. Hier noch ein als Umdenkhilfe für erfahrene Meinungsumfragenleser gedachter Hinweis. Wenn wir Leipzigerinnen sagen, meinen wir natürlich nicht die Leipzigerinnen, sondern nur die paar Hanseln, die wir rein willkürlich auf der Straße angesprochen haben. Das waren übrigens ganze 34. Die Prozentangaben rechnen Sie gefälligst selbst in absolute Zahlen um. Wir haben schließlich nie behauptet, die Befragung wäre repräsentativ. Uns reichtse!

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