Peru: Drei-Präsidenten-Woche mit bizarrem Moment
|Deutschland hatte ein Drei-Kaiser-Jahr, Peru eine Drei-Präsidenten-Woche. Damit bricht das Land, das schon viele Präsidenten „vor der Zeit“ verschlissen hat, alle Rekorde. Zu den Fakten: Am 09.11.2020 wurde Martín Vizcarra, seit 2018 Präsident des Landes und als solcher in der Bevölkerung mehrheitlich anerkannt, über ein Amtsenthebungsverfahren abgesetzt, das in den Medien als „legislativer Putsch“ bezeichnet wird. 90 Prozent der peruanischen Bevölkerung sollen dagegen gewesen sein. Die von 1993, aus der Amtszeit Fujimoris, stammende autoritäre Verfassung gestattet allein schon aufgrund ihres Passus‘ des „permanenten moralischen Unvermögens“ problemlose Amtsenthebung – ein Begriff, der anscheinend völlig frei interpretiert werden kann. Vizcarra hatte versucht, tiefgreifende Anti-Korruptions-Reformen durchzusetzen, darunter solche, die die Immunität der Parlamentarier und deren Wiederwahl ausschließen sollte. Doch der Kongress war dagegen und beschuldigte ihn, noch bevor entsprechende Ermittlungen Ergebnisse zeitigen konnten, … der Korruption – ein Kongress, in dem gegen 68 Abgeordnete wegen … Korruption … ermittelt wurde. Das ist bizarr. In einem solchen Fall von Amtsenthebung wird automatisch der Präsident der Legislative zum konstitutionellen Nachfolger: Folglich wurde am 10.11.2020 Manuel Merino „gesetzeskonform“ als Präsident eingesetzt, „un personaje sombrío y mediocre“ (eine finstere und mittelmäßige Persönlichkeit), die einst mit nur 5.000 Stimmen ins Parlament gekommen sein soll. Dagegen protestierte „die Straße“, die seinen Rücktritt forderte. In diesem Protest starben durch die Polizei zwei junge Männer, Inti Sotelo Camargo und Jack Brian Pintado Sánchez. Merino trat daraufhin zurück. Nun war es wieder die Sache des Kongresses, aus ihren Reihen die neuerliche Vakanz zu füllen: Nach dem Scheitern der Linken Rocío Silva Santisteban, die dabei die Mehrheit verfehlte, kam die Reihe an Francisco Sagasti Hochhausler (Bild). Er wurde schließlich gewählt und leistete am 17.11.2020 seinen Präsidenteneid. Sagasti, Mitbegründer des „zentristischen“ Partido Morado, ist in der Politik ein Newcomer, nimmt man seine Beratertätigkeit für einen Minister in der progressiven Militärregierung Juan Velasco Alvarados aus. Er hat an der Pennsylvania State University studiert, trägt einen Doktortitel dieser Universität, absolvierte seine bisherige Karriere vor allem bei Weltbank und UNO und gilt als liberaler Kompromiss-orientierter Politiker. Als eine seiner ersten Amtshandlungen entschuldigte er sich für den Mord an Inti und Jack. Sagasti soll bis zu den Wahlen am 28. Juli 2021 im Amt bleiben (Bildquelle: Feria-del-Libro-Ricardo-Palma_wiki_cc).