Quetzal Vogel
News Icon
Quetzal

Politik und Kultur in Lateinamerika

Template: single_noticias
Noticia

El Salvador: Rutilio Grande selig gesprochen

Redaktion | | Artikel drucken
Lesedauer: 4 Minuten

Noticias_El Salvador_Pbro_Rutilio_Grande_Bild_wiki_ccAm 22. Januar 2022 wurde in San Salvador, vor dem Monument „Al Divino Salvador del Mundo“, Pater Rutilio Grande selig gesprochen. Wegen der Pandemie war die Zahl der Gäste auf 6.000 beschränkt. Präsident Bukele war allerdings genauso wenig unter ihnen wie Bürgermeister Durán. Anwesend war Vizepräsident Félix Ulloa. Mit der Messe zur Seligsprechung endete ein kirchlicher Prozess, der 2014 seinen Anfang genommen hatte. Zelebriert wurde sie – im Auftrag von Papst Franziskus – von Kardinal und Weihbischof Gregorio Rosa Chávez. Dieser hatte einst eine wichtige Rolle im salvadorianischen Friedensprozess gespielt, seinerseits gekrönt vom Friedensvertrag von Chapultepec vor genau 30 Jahren. Die Ehre der Seligsprechung wurde dabei nicht nur Pater Grande zuteil, sondern auch Manuel Solórzano, Nelson Lemus (und damit erstmals salvadorianischen Laien) und dem italienischen Franziskaner Cosme Spessotto. Alle vier gelten in der katholischen Kirche schon länger als Märtyrer, was eine Seligsprechung legitimiert. Märtyrer wurden sie, weil sie am 12. März 1977 bzw. am 14. Juni 1980, noch vor dem Beginn des Bürgerkrieges, von einer Todesschwadron bzw. der Nationalgarde erschossen wurden. Die Schwadron operierte auf Betreiben der oligarchischen Unternehmer-Vereinigung FARO, und der Mord geschah auf einer Landstraße. Pater Grande, der Küster Solórzano und der erst 16jährige Lemus fuhren auf ihr zum Gottesdienst in ihr Heimatdorf El Paisnal. Ihre Leichen wurden in Tücher gewickelt und vor den Altar der Pfarrkirche gelegt. Drei Jahre später wurde auch Bruder Spessoto getötet, in seiner Kirche, kurz vor einer Eucharistiefeier. Insgesamt sind 20 salvadorianische Geistliche, darunter zwei Bischöfe, vier US-amerikanische Nonnen sowie sechs in ihrer Mehrheit spanische Jesuiten-Patres bzw. -Professoren der Zentralamerikanischen Universität ermordet worden. Zum bekanntesten Opfer wurde zweifellos der vom Vatikan 2015 heiliggesprochene Erzbischof Oscar Arnulfo Romero. Beide, Grande und Romero, waren, wiewohl nicht kritiklos, freundschaftlich verbunden. Pater Grande erfüllte bei der Bischofsweihe Romeros das Amt des Organisators und Zeremonienmeisters. Und, dies vor allem, es war Rutilios gewaltsamer Tod, der – den zu jener Zeit noch konservativen „Lieblingskandidaten der Oligarchie“ – Romero so erschüttern sollte, dass sich dieser entschloss, seinem Freund zu folgen und fortan dezidiert die Repression im Land anzuprangern. Drei Jahre später wurde er selbst von ebendieser Repression gemeuchelt. Dass Rutilio die genannte „Umkehr“ Romeros bewirkt hat, bezeichnete Papst Franziskus als „Wunder“. Damit kann nun auch Im Fall von Rutilio Grande der – stets langwierige – Vorbereitungsprozess einer Heiligsprechung auf den Weg gebracht werden. Grande, geboren 1928, hatte zunächst, in Spanien, noch eine vorkonziliare Ausbildung erhalte, war aber dann, in Belgien, mit den Ideen des II. Vatikanischen Konzils und der 1968 von der Bischofsversammlung in Medellín verkündeten (befreiungstheologischen) „Option für die Armen“ in Berührung gekommen. Anfangs Katechet in der Gesellschaft Jesu, wurde „Tilio“ bald, nicht zuletzt aufgrund dieser Eindrücke, Priester in seinem Heimatdorf El Paisnal. Hier setzte er sich für die christlichen Basisgemeinden ein, an denen sich in El Salvador mehr als 2.000 Bauern beteiligten. Zu Beginn eher unsicher und verschlossen, wurde er letztlich von den Bauern als konsequenter Verfechter der sozialen Rechte der Landbevölkerung geschätzt, gar als „zärtlicher“ Priester geliebt. Berühmt geworden ist seine Predigt vom 13. Februar 1977, in der er verkündete: „Ich fürchte, Brüder und Schwestern, wenn jetzt Jesus von Nazareth von Galilea nach Judäa zurückkäme – so als ob von Chalatenango nach San Salvador – würde man ihn (…) bereits in Apopa gefangen nehmen und ins Gefängnis werfen.“ Die christlichen Basisgemeinden standen in engem Bezug zu den Bauerngewerkschaften FECCAS und UTC, die ihrerseits Verbindungen zu Guerillas eingingen. Daher galt auch Rutilio Grande, obwohl er die pastorale Tätigkeit ausdrücklich von der politischen trennte und gegen jede, auch die linke, Gewalt auftrat, seinen Feinden als „Kommunist“. (Bildquelle: wiki_cc)

Kommentar schreiben

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert