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Politik und Kultur in Lateinamerika

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Von einem politischen Schattentheater und anderen Dingen

Rafael Palacios | | Artikel drucken
Lesedauer: 4 Minuten

Ein Blick auf die Ereignisse des 2. Dezember 2007 genügt, um sich das damalige politische Manöver der Opposition in Erinnerung zu rufen. Mit dem gescheiterten Referendum über die Verfassungsreform sollte die immer noch mehrheitliche Unterstützung der Bevölkerung für den Präsidenten verschleiert werden.

Wenn es auch zutrifft, dass die Opposition durch die erfolgreichen Gouverneurswahlen vom 23. November 2008 in ihrem Bemühen, Chávez aus dem Amt zu bringen, Fortschritte gemacht hat, so trifft es ebenso zu, dass sie als politische Kraft noch immer keine repräsentative Gestaltungsmacht darstellt. Wer einen Gouverneursposten gewinnt und die Mehrzahl der Bürgermeisterposten desselben Bundesstaates verliert, kann sich diesen Sieg nicht schönreden.

Die Statistiken sind demnach nur ein Schattentheater, um die öffentliche Meinung regelrecht zu verführen. Trotzdem haben die bloßen Resultate die Strategie beider politischer Lager in erheblichem Maße beeinflusst. Einerseits sieht sich die Opposition in der Lage, die Gelegenheit nutzen zu können, um eine Mehrheit gegen eine eventuelle Verfassungsänderung zu versammeln, die Chávez eine Wiederwahl ermöglichen würde. Und andererseits meint sich das chavistische Lager auf dem Weg der ideologischen Intensivierung des revolutionären Prozesses.

Ein guter Freund brachte es kürzlich auf den Punkt, als er meinte, der Verlust einiger Gouverneursposten war eben auch eine Folge der verfehlten ideologischen Intensivierung dieses Prozesses.

Man kann die Tatsache, dass das sozialistische Projekt auf das Engste mit dem Handlungsspielraum des Staates und der Kompetenz seiner politischen Akteure verbunden ist, nicht leugnen. Es war die Regierung, die eine immense Erwartungshaltung unter der besitzlosen Bevölkerung ausgelöst hat und sie hat der Macht des Volkes nahezu eine Vorrangstellung im politischen Geschehen eingeräumt.

Die Art und Weise, in der die staatlichen Institutionen vorgehen, macht allerdings einen Fortschritt auf ideologischer Ebene fast unmöglich und darin liegt auch der Rückschlag bei den Wahlen begründet. Das abstrafende Wahlverhalten war eine Antwort auf diese Inkonsequenz.

Diese Erkenntnis genügt aber noch nicht, um die Komplexität des politischen Prozesses in Venezuela zu verstehen. Diesen Kampf Davids gegen Goliath kann man nicht auf einen einzigen Indikator reduzieren, der eine Stimmenmehrheit vorherzusagen vermag.

Der entscheidende Punkt ist, dass sich der politische Diskurs im Moment zu sehr auf nebensächliche Dinge konzentriert und dadurch versäumt, eine umfassende Debatte über die politische Zukunft zu führen. Allerlei theoretische Verwirrungen haben dabei eine entscheidende Rolle gespielt und sowohl den Fokus als auch die Komplexität des Problems aus den Augen verloren.

Wir diskutieren nicht nur über den Kampf gegen den Kapitalismus, dessen raffgierige Anhänger wir noch immer sind, sondern vielmehr über ein neues Politikkonzept. Im Endeffekt bedeutet dies, ein Konzept zu finden, um verschiedene Politikkonzepte einander gegenüber zu stellen, Konzepte um einen effizienteren und repräsentativeren Staat zu ermöglichen. Eine Art „zweckmäßigen Staat“, in dem wir eine neue Vision der Gesellschaft und des Sozialismus´, die wir uns wünschen, entwerfen können.

Auf jeden Fall ist es nicht leicht zu verstehen, nicht einmal mit dem uns eigenen magischen Realismus, dass nach fast 10 Jahren mit dieser Regierung und etlichen Jahren des Redens vom Sozialismus, heute Politiker der alten Garde, die in die Blockade der Ölindustrie und den Putsch von 2002-2003 involviert waren, in öffentliche Ämter gewählt werden.

Man muss verstehen, welche Auswirkungen der 23. November im chavistischen Lager selbst hatte.
Es ist nicht einfach, in zehn Jahren Regierungsarbeit ein stärkeres politisches Bewusstsein zu erzeugen und auf ein bestimmtes Ziel zu konzentrieren. Aber im alltäglichen Leben fällt es den einfachen Menschen schwer zu erkennen, dass die Politik an sich ein ideologisch-strategisches Gebilde ist, oft spielt das keine Rolle.

Die beträchtliche Polarisierung der Gesellschaft auf der einen Seite und die soziale Einbindung aller Venezolaner auf der anderen sind Sachverhalte, die selbst für die beste politische Verwaltung nahezu unversöhnlich bleiben. Es bleibt also demnach zu klären, wie dies geschehen kann.

Dieser Artikel erschien bereits am 9. Januar 2009 in EL NACIONAL. Veröffentlicht mit freundlicher Genehmigung des Autors.

Übersetzung aus dem Spanischen: René Steffen.

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