Seit dem 02. Juni 2009 steht die Schmelzhütte in La Oroya still. Nachdem mehrfach Umweltauflagen der peruanischen Regierung nicht erfüllt wurden, hieß es plötzlich, das Geld sei ausgegangen. Zahlreiche Banken (v.a. PNP Paribas) haben Doe Run Perú die Kreditlinien gekürzt. Neben 150 Millionen US-Dollar Lieferanten-Krediten benötigt das Unternehmen schätzungsweise 120 bis 160 Millionen US-Dollar, um eine umweltgerechte Produktion in dem Werk wieder anzufahren. Außerdem hat Doe Run Perú 270 Millionen US-Dollar Steuerschulden beim peruanischen Staat.
Jetzt droht dem Unternehmen sogar der Entzug der Lizenz. Sollte der Konzern nicht bis zum 24. Juli 2010 die Produktion wieder aufnehmen, bleibt wohl nur die Insolvenz. Aber die möchte scheinbar niemand. Denn zum einen käme sie dem Staat teuer zu stehen. Abgesehen von dem Ausfall der 270 Millionen Steuerschulden müsste er auch für viele der Umweltschäden rings um La Oroya aufkommen und zöge den Zorn der Arbeiter auf sich. Zum anderen ergeben sich für etwa 35 Minenunternehmen der peruanischen Zentralanden seit dem Stillstand von Doe Run Perú ungemein lange Transportwege. Neue Aufkäufer sind Glencore International und Trafigura Beheer durch die Tochtergesellschaft CorminCallao SAC, die inzwischen 1,3 Millionen Tonnen Zink, Blei und Kupferkonzentrate über den Hafen von Callao handelt, immerhin 62 Prozent der Gesamtkapazität des Hafens. Ein Teil der Aufbereitung der Metallerze erfolgt nun in Asien.
Die Bedeutung der Schmelzhütte und Gießerei in La Oroya wird deutlich, wenn man sich die Produktionszahlen von 2008 vor Augen führt. Der damals viertgrößte Exporteur Perus bereitete 114.259 Tonnen Blei, 43.440 Tonnen Zink, 53.831 Tonnen Kupfer und 1,1 Millionen Kilogramm Silber auf. Durch den Preisverfall an den internationalen Rohstoffbörsen um über 50 Prozent fuhr Doe Run Perú aber einen Verlust von 124 Millionen US-Dollar ein. 500 der 3500 Beschäftigten wurden entlassen.
Seitdem sieht es düster aus in La Oroya, obwohl sich seit langem wieder einmal blauer Himmel mit reiner Luft über die knapp 3750 Meter hoch gelegene Stadt breitet. Kein grauer Dunst hängt mehr in dem Tal, die Bleiwerte im Blut der Anwohner sinken. Aber die Arbeitslosenquote liegt jenseits der 50 Prozent, da indirekt bis zu 20.000 Menschen von dem Unternehmen abhängen. Obwohl die Regierung in Lima im September 2009 erneut die Frist zur Erfüllung der Umweltauflagen verlängert und das Unternehmen die Wiederaufnahme der Produktion für November, für Januar, dann für Mai 2010 angekündigt hatte, ruht die Arbeit im Werk weiter.
Es wurde schon spekuliert, Glencore könnte Doe Run Perú übernehmen. Bisher profitiert das schweizerische Unternehmen ausgezeichnet vom Produktionsausfall. Im März 2010 unterzeichnete es eine Absichtserklärung mit Doe Run Perú und gewährte auch einen Kredit. Trotzdem ist es mehr als fraglich, ob Glencore den Betrieb mit den überalterten Anlagen und der hohen Verschuldung übernimmt.
Inzwischen hat Doe Run Perú der Regierung zugesagt, bis zum 27.07.2010 die Produktion wieder zu starten. Und das Unternehmen wird dann vermutlich erneut die Umweltauflagen nicht einhalten. Wie seit mehr als zehn Jahren. Denn bereits 1997, als Doe Run die Schmelzhütte von Centromin Perú im Zuge der Privatisierung übernommen hatte, sollte das Umweltprogramm PAMA (Programa de adecuación del manejo ambiental) umgesetzt werden; die drei Entschweflungsanlagen gibt es immer noch nicht. Als Grund führte Doe Run Perú Verluste in ihren Büchern an, die sich in den Jahren 1998 bis 2004 angehäuft hätten. Zugleich schüttete das Unternehmen aber 130,7 Millionen US-Dollar an den Mutterkonzern und Aktienbesitzer aus. Daran wird sich wohl im Falle der Wiederaufnahme der Produktion nichts ändern. Der peruanische Staat mag erneut die Fristen für die Umsetzung des Umweltprogramms verlängern, warnen, drohen – aber am Ende bleibt alles beim Alten.
Bildquelle: Matthew Burpee